Was hat es auf sich...

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Anna2006

Was hat es auf sich...

Beitrag von Anna2006 »

...mit Geistern und Dämonen.
Mein Gott, das klingt schon gleich wieder zu schizo...sorry!
Aber ich mache mir darüber Gedanken und guckt mal im Netz, da gibt es einige.
Ich kannte auch 0-8-15-Normale Mütter, die an Geister geglaubt haben...

Mein Problem ist folgendes:
In der Kirche wird bis heute an hohen Feiertagen ein "kleiner Exzorzismus"gesprochen (ich hasse dieses Wort schon und finde schrecklich, dass da sowas überhaupt gesprochen wird...)

Ich bin sehr christlich oder gottgläubig erzogen.
Meine Eltern gehen bis heute immer in die Kirche, auch unter der Woche.
Vor jedem Essen wurde ein Kreuzzeichen gemacht, fast zwanghaft...
Aber man stellt seine ELtern als Kind ja nicht in Frage.

Ich denke eben manchmal, wer weiß, vielleicht gibt es solche Geister und Dämonen echt und DIE machen die Leute psychisch krank?
Zugleich finde ich die Gedanken blöd, aber BEWEISEN, dass es nicht so ist, kann ja keiner...

Meine Gedanken und anderen Symptome sind so abstrus oft, dass ich zu solchen Gedanken komme.
Mein Vater hat mir auch mal von seiner Tante erzählt, die wohl auch psych. Probleme hatte und die hätte dann wohl immer gesagt"Teufel, lass ab von mir!"
(Oh Gott was ein Schwachsinn finde ich, und doch diese Unsicherheit, es könnte was wahres dran sein...)

Meine Thera meint dann immer:
Ihre gesamte Umwelt/Familie hat Ihnen das doch nahegelegt, wie sollten sie überhaupt was anderes denken können?
(Hat sie ja recht...)

Ich frage mich halt nur, ob ihr an sowas glaubt, ich finde den Gedanken ziemlich furchterregend und hoffe, es gibt solche Ungeheuer nicht...
Meine damalige Psychiaterin, bei der ich anfangs parallel war sagte einfach:
Und selbst wenn es sowas gibt, so ist Gott, das Gute dennoch STÄRKER!!!

Das fand ich ganz schön!!!

Aber:Ich hoffe echt, es gibt solche Besessenheit vom Teufel oder dergleichen nicht wirklich,...


Ich schäme mich jetzt schon für den Text, weil es sich schon wieder so psychotisch und irre anhört, sorry...


Vielleicht kann mir ja jemand was dazu sagen!

Lieben Gruß,
Anna
ubure

Beitrag von ubure »

Liebe Anna,

ich kann Deine Bedenken schon ganz gut nachvollziehen und möchte Dir Folgendes dazu sagen:

Die Lehre der Kirche beruht in den allermeisten Fällen auf Bildern, Metaphern, und das hat auch seinen Grund: als die allerwenigsten Menschen des Lesens und Schreibens fähig waren, hat man versucht, ihnen die Inhalte der Lehre Christi auf möglichst einfache Weise, also mit Hilfe von Bildern und Vergleichen, nahe zu bringen (das kannst Du auch an den Glasbildern in den Fenstern von vielen Kirchen sehen - das war auch eines der Mittel zur Verständigung). Das Böse - ein zuegegebenermaßen schwer greifbarer Begriff - wurde also mit Hilfe von schrecklichen Wesen, dem Teufel als Inbegriff und anderen Dämonen, dargestellt.
Damals konnte man sich psychische Krankheiten ja noch weniger als heute vorstellen (wenn man die Kommentare von manchen Menschen so hört :roll: ) und so war es viel einfacher, den Teufel damit in Verbindung zu bringen.
Dass auch heute noch Exorzismen gelesen werden, habe ich schon mitbekommen, aber standardmäßig an Feiertagen etc.? Wo gehst Du denn zur Kirche? Naja, im Endeffekt ist es ja nichts anderes als die Bitte an Gott, das Böse, das Übel auszutreiben.

Auch ich bin ein sehr gläubiger Mensch, auch wenn ich nicht sehr oft in die Kirche gehe (aber das eine bedingt ja nicht das andere), und ich glaube sehr wohl an gute und weniger gute Kräfte, aber die haben keine reale Form, sondern sind eher Gedanken.

Lies doch mal "Die Einführung ins Christentum" von Papst Benedict, damals noch Kardinal Ratzinger natürlich, das wird sehr viele Fragen klären.

LG,
Inez
Anna2006

Beitrag von Anna2006 »

Liebe Ubure,

vielen vielen Dank für Deine lange Antwort.
Das hat mich beruhigt und es hilft, sich Dinge von der Seele zu schreiben...
Ich werde nachher gleich mit den Kids in die Bibliothek gehen und nach dem Buch schauen.

Liebe Grüße
Anna :-)

P.S.
An Ostern oder an Taufen wird immer gefragt, "ob man dem Satan, als dem Urheber alles Bösen, widersagt.
Sogar an der Taufe meines Kleinen...
Die Kirche nennt das den kleinen Exzorzismus...
Blöd...
ubure

Beitrag von ubure »

Siehst Du, diesen kleinen Exorzismus kenne ich natürlich, wusste nur nicht, dass er sich wirklich so nennt!

Naja, wie ich schon sagte, eine vereinfachte Formel aus alten zeiten - vieles hält sich ganz einfach sehr lange, auch wenn es nicht mehr zeitgemäß erscheint. Andererseits können sich viele Menschen gerade mit den alten traditionen der katholischen Kirche gut identifizieren, sie finden darin Beständigkeit, Konstanten, die sonst im Leben fehlen. Der Anker sozusagen.
Und natürlich ist es nach wie vor für sehr viele Menschen einfacher, vom Teufel zu sprechen als sich, sagen wir mal intellektueller damit auseinander zu setzen.
Alles nichts besonders Verwerfliches, auch wenn es für meinen Geschmack zu viele schlichte Gemüter auf der Welt gibt, aber das ist wieder ein anderes Problem. :wink:

Das Buch ist auf jeden Fall lesenswert, denn der gute Herr Ratzinger ist einfach ein ziemlich kluger Mann, da mag man zu ihm stehen, wie man mag, das kann niemand bestreiten.

LG,
inez
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallo meine Liebe!

Also ich glaube überhaupt nicht daran, dass Dämonen oder Geister Menschen psychisch krank machen. Früher hielt ich es noch eher für möglich, heute aber da ich mich mit diesem Thema der psych. Erkrankungen auseinander gesetzt habe und verstehe, was für ganz weltliche Dinge da im Gehirn passieren, dass es zu bestimmten Symptomen usw. kommt, glaube ich an sowas gar nicht mehr.

Ich verstehe aber durchaus dein Angst, besonders weil du in einem sehr gläubigen Haus aufgewachsen bist. Und ich stimme Inez zu, wenn sie sagt, dass man halt früher sich gerade die psych. Erkrankungen so gar nicht erklären konnte. Da war der Teufel eine sehr gute und schnelle Erklärung dafür.

Aber heute mit dem Wissen - ne, da bin ich dann doch für "Serotonin, Dopamin, Noradrenalin, Synapsen, Botenstoffe, orbitofrontaler Kortex....usw.usw.usw...... :wink: :lol:

Liebe Grüße von
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Zoraya

Beitrag von Zoraya »

Mit der katholischen Kirche kenne ich mich nicht so aus, aber ich kenne es aus dem Orient, dass dort selbst im Alltag andauernd die Rede vom bösen Blick oder von Verwünschungen ist. Ich kenne keinen Orientalen, der nicht irgendwie ein wenig daran glaubt.

Einerseits kann man sich ein bisschen mit derartigem Gedankengut trösten, wenn man es aber übertreibt, kann man davon im schlimmsten Falle paranoid werden, ich habe da ein konkretes Beispiel von einem ehemaligen Freund im Kopf. Dieser Freund beging in seinem Leben schwerwiegende Fehler, hielt sich aber für verhext, d. h. er sah die Ursache seines Scheiterns nicht in seinen eigenen Handlungen sondern darin, dass ihn irgend jemand nur Böses an den Hals wünschen würde. Dadurch beging er immer neue Fehler... er war zum Schluss so besessen von dem Gedanken, verfolgt und verhext zu werden, dass es ihn in die Psychiatrie gebracht hat.

Für mich ist Geisterglaube eher ein Mittel, um Menschen in Angst zu versetzen. Sicher kann der Neid und der Hass einer anderen Person einem schaden, wenn diese Person einen z. B. ins schlechte Licht rückt oder Intrigen spinnt. Aber dabei handelt es sich ja um eine konkrete Person und nicht um so was diffuses wie Dämonenglaube oder ähnliches. Es gibt bestimmt viele Dinge und Phänomene, die man sich auch heute nicht erklären kann, aber an Geister glaube ich definitiv nicht.

LG
Zoraya
ubure

Beitrag von ubure »

Das Thema finde ich schon recht interessant, aber da kommt man ja schon in Richtung Philosophie, was im Prinzip endlose Diskussionen bedeutet.
Auf jeden Fall ist es nicht so einfach zu sagen: "Das gibt es, das nicht." Wir wissen nicht wirklich viel.

LG,
Inez
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