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Mein Mann (irre langer Text, entschuldigt bitte)

Verfasst: 23:02:2009 14:52
von AmoebeMS
Hallo liebes Forum,

ich muss ein paar Fragen loswerden.

Die folgende Situation bot sich mir am Wochenende: als mein Mann am Freitag nach der Arbeit nach Hause kam, war ich unendlich froh, dass er endlich da war. Dann verschwindet nämlich meine Angst. Ich bin nicht allein. Hurra!

Zu meiner Überraschung war er in Redelaune. Oh nein, nicht jetzt. Ich will nicht. Bin doch nur froh, dass du da bist. Müssen wir jetzt auf meinen Ängsten herumkauen? Hilfe! Ich will nicht reden. Es geht mir doch gerade gut, warum dann darauf herumkauen.

Nach den üblichen hin und her,…
Er: „Das ist nur dein Kopf“.
Ich: „Weiß ich“.
Er: „Du hast doch alles“
Ich: „Weiß ich“
Er: „Rede mit mir“
Ich: „Tue ich doch“
Er: „Stell dich vor den Spiegel!“
Ich: „Warum?“
Er schiebt mich davor und sagt: „Ich finde dich wunderschön, fang an endlich wieder an dich zu glauben!“
Ich kriege meine Kinnlade nicht mehr zu und fange an (zum ersten Mal!) zu heulen.

Dann stellt er mir eine Aufgabe. Ich soll mich hinsetzen und aufschreiben, warum ich Angst habe, unzufrieden bin und was ich ändern will. Tja, da saß ich nun. Eine geschlagene Stunde lang!! Heraus kam dabei (und das teile ich mal offen mit Euch, warne aber, es ist lang), dass ich Stress habe, erschöpft bin, mich selber nicht mag, meinen Körper nicht mag, perfekt sein will, mir Aufgaben stelle, diese aber eher langsam angehe und Angst davor habe zu versagen, was ich aber natürlich nicht tue, ich gehe Dingen aus dem Weg und so weiter.

Frage: Hat er Recht, wenn er sagt, dass es nur die Angst vor der Überforderung ist und einfach Unzufriedenheit? Ich habe Stress, bin vielen neuen Situationen ausgesetzt und habe somit plötzlich Angst. Unbegründete Angst. Bin aber einfach UNZUFRIEDEN und denke, dass ich allein keinen Ausweg mehr finde. Alles sei nur Kopfsache!!!

Jetzt komme ich zu den vielen vielen Fragen (ich habe zwar keine PPD, aber ich habe ähnliche Angst bzw. ZG), die ich aufgeschrieben habe. Kennt Ihr sie?

Seid Ihr mit Euch zufrieden? Z.B. mit Eurem Körper? Findet Ihr Euch hübsch? Geht Ihr zum Sport, seid in Vereinen aktiv? Habt Ihr ein paar Kilos zuviel auf den Rippen, wollt diese abarbeiten, tut es trotzdem nicht. Rafft Ihr Euch auf? Ist meine Ehe eigentlich glücklich? Versteht mich mein Partner wirklich? Liebt er mich eigentlich, auch mit den ZGs? Ich hätte gerne einen Partner, der mich wirklich versteht. Können mir andere eigentlich ansehen, wenn ich depressiv bin? Ich will kein Mitleid, doch … eigentlich will ich Mitleid. Seid Ihr nur für die Kinder da, Kindergarten, abholen, kochen, spielen, Krabbelgruppen, spielt Mama-Taxi und denkt vielleicht zuwenig an Euch? Spiele ich auch genug mit den Kindern? Der Tag hat leider NUR 24 Stunden, von denen ich wahrscheinlich 6 Stunden heule oder auch nur grüble und nichts gebacken bekomme. Oder bekomme ich doch etwas geschafft und bilde mir alles nur ein? Geht Ihr abends mit Freunden aus und fühlt Euch wohl? Discobesuche? Kino? Spielabende? Theater, Oper, gute Videofilme? (Oh Mann, habe ich gestern bei Brokeback Mountain geheult) Was ist mit einem Friseurbesuch? Ich sehe aus wie ein Zombi. Gönnt Ihr Euch neue Klamotten, geht zum Shoppen, allein oder auch mal mit Freundinnen? Habt Ihr Freundinnen? So richtig gute Freundinnen, meine ich. Brennt das Licht bei meinen Nachbarn? Ist jemand im Haus? Lebt Ihr für die Kinder? Was tue ich denn für mich? Ach, was soll ich schon für mich tun, habe ja gar keine Zeit dazu. Und wenn ich Zeit dazu hätte, dann traue ich mich nicht aus dem Haus. Was ist mit den Problemen anderer? Kümmert Ihr Euch auch um deren Probleme, schreit aber eigentlich selbst laut nach Hilfe, aber eben nur in Euren Gedanken. Was ist mit der Angst, kommt sie irgendwann, ganz plötzlich, abends, morgens, wenn Ihr allein seid oder auch wenn der Ehemann da ist? Ich kippe gleich tot um! Hilfe. Denkt Ihr das auch manchmal? Tue ich mir gleich selbst etwas an? Vielleicht. Nein, tue ich nicht. Wieso auch? Ich bin nur unzufrieden! Ich bin unzufrieden mit meiner Lage!!! Warum sollte ich mir oder meinen Kindern etwas antun, wenn ich nur verdammt unzufrieden bin. Und wenn ich verdammt noch mal so unzufrieden bin, dann muss ich etwas tun, oder? Aber was? Hups, das Karussell in meinem Kopf dreht sich wieder.

Es sind eigentlich nur MEINE Gedanken. Ich habe hier auch die IHR-Form verwendet, um Euch persönlich anzusprechen und zu fragen, ob Ihr Euch wieder findet. Irgendwo. Ich antworte auf viele dieser Fragen bedauerlicherweise noch mit einem NEIN. Leider. Habe ich vielleicht einfach nur STRESS, „Kopfstress“, fühle mich überfordert in neuen Situationen, mag mich selbst nicht mehr und weil ich UNZUFRIEDEN bin, grüble ich eher in mich hinein als etwas gegen meine Unzufriedenheit zu unternehmen?! Kommen meine Ängste wegen meiner plötzlichen Unsicherheit? Wie gesagt, ich schreie nur leise nach Hilfe, unternehme aber nichts oder nicht genug. Gut, ich mache eine Therapie und nehme ADs. Ist aber nur der Anfang. Natürlich brauche ich Hilfe. Aber was tue ich denn für mich? Lasse ich vielleicht lieber den Kopf hängen und bemitleide mich selbst. Ich möchte endlich wieder in den Spiegel schauen, stolz auf mich sein, mich hübsch finden und diese Ängste wegpusten (meine stehen zur Zeit auch auf dem Balkon!).

All diese Fragen und Gedanken sind mir in der Vergangenheit schon hier und da durch den Kopf geschossen und mein Mann hat mich am Wochenende dazu gebracht, dass ich sie aufschreibe und mich fragen soll, was ich jetzt gedenke zu tun und ob ich zufrieden bin. Er denkt nämlich, dass ich mit mir selbst nicht im Reinen bin und dass meine Ängste aus dieser Unsicherheit resultieren. Ich will eigentlich keine Antwort, was ICH tun soll, denn die habe ICH SELBST bereits beantwortet und muss es jetzt nur noch umsetzen. Ich möchte gerne diskutieren und mich austauschen. Vielleicht ist ja jemand von Euch geneigt den Roman zu kommentieren. Negativ oder positiv.

Entschuldigt bitte den langen Text. Ich möchte hier auch nicht philosophisch klingen oder so was. Darum geht es mir nicht. Ich möchte auch keine Ursachenforschung betreiben. Auslöser gibt es immer viele. Darauf wollte ich gar nicht eingehen. Ich rede von dem hier und jetzt. Es sind nur MEINE Gedanken (sogar nur ein Bruchteil davon, grins). Ist jemand da draußen auch einfach nur unzufrieden mit sich selbst, so wie ich?

Sei mir alle geherzt.

LG Amöbe

Verfasst: 23:02:2009 18:11
von ubure
Liebe Amöbe,

zwei Dinge:

1. Dein Mann meint es sicherlich sehr gut, und versucht, Dir zu helfen, auf eine Weise, die ihm als schlüssig erscheint. Da er leider nicht für eine Weile in Deinen Schuhen laufen kann, ist er schlicht nicht in der Lage zu verstehen, was ZG, Ängste, Depressionen sind. "Nur in Deinem Kopf, ja, da hat er Recht, aber so einfach ist es leider nicht. Das fällt schon fast in dieselbe Kategorie wie "Reiß Dich doch mal zusammen!". Ich möchte den Versuch Deine Mannes keinesfalls schmälern, aber man sieht halt deutlich, dass er von der Wahrheit sehr weit weg ist (was aber nciht seine Schuld ist - wie soll er das auch wissen).
Deine Unzufriedenheit mit bestimmten Situationen wird nicht dadurch beseitigt, dass Du bestimmte Dinge änderst. Du musst Dinge in Deinem Kopf ändern, sonst nützt Dir alles Glück auf Erden nichts. Und das ist die Krux bei dem Ganzen.

2. Die Fragen, die Du Dir selber stellst, stellen wir uns alle, mal mehr, mal weniger, je nach Gesundheitsgrad, würde ich jetzt einfach mal sagen.
Entscheidend sind nicht diese Fragen, sondern: würdest Du Abends ausgehen, Dich mehr pflegen, zum Friseur gehen, Sport treiben, etc.? ud dann die nächste, noch wichtigere Frage: würde das etwas in Deinem Befinden ändern? Wenn Du das bejahen kannst, dann ist es ganz einfach: tu das, was Du Dir vorstellst. Wenn Du das nicht kannst, warum kannst Du es nicht? Was hindert Dich daran? Oder ist es vielleicht doch nciht so wichtig für Dich, hängt nicht Dein Lebensglück davon ab?
Versteh mich nicht falsch: gewisse Dinge musst Du einfach in Angriff nehmen, um wieder geradeaus, ohne ZG etc. denken zu lernen, und das kann all das sein, von dem Du geschrieben hast. Ein Friseurbesuch kann soviel Wohlbefinden bedeuten, aber er hält die Gedanken nicht dauerhaft in der Spur.
Es ist aber ein Unterschied zu sagen, man ist einfach unzufrieden, weil man Abends nicht mehr so oft weg kann, wegen der Kinder etc., oder dieses diffuse Unwohlein zu spüren,das keinen richtigen Grund hat und das auch nicht weggeht, nur weil man jedes Wochenende auf der Spur ist oder immer top frisiert und gechminkt. Verstehst Du, was ich meine?

LG,
inez

Verfasst: 23:02:2009 23:00
von djosch
grins,süß,wie dein mann versucht,dir zu helfen,auch wenn es nicht unbedingt der knaller therapieversuch ist,versuch es postitiv zu sehen,daß er sich damit befasst und VERSUCHT dir zu helfen, daß ist doch schonmal was...!;-)

so,jetzt zu deiner Frage bzgl der vielen Fragen...:
ja,ich bin zwar schlank,aber auch nicht immer zufrieden mit meinem körper, hier ein paar gramm zuviel,dort in paar "Körbchen" zuwenig, und v.a. viel zu untrainiert im vergleich zu früher mangels zeit und v.a. Antrieb zum Sport,hmpf...
glaube aber,diese Problem hat fast jeder,unabhängig von irgendwelchen Depressionen... und natürlich wird die Depression mit der überwindung des inneren Schweinehundes und der Verbesserung der Körperform besser,aber das ist ja soooo schwrr,seinen A...hochzubekommen!!!

Das mit den Zweifeln an der Beziehung und der Liebe des Partners kenne ich auch,meistens oder fast immer-eigentlivh immer,wenn ich ehrlich bin- ohne Grund...

ich will auch nicht,daß man mir es anmerkt und bin ein super "Fassadenbauer" ,amn will ja kein abfälliges Mitleid, wobei,eben,wie Du schreibst,manchmal will man es doch!!!

Und ich denke auch,daß ich nix gebacken bekomme, ich denke,weil man immer nur negativ denkt und außerdem so ein "normaler " Alltag so viele kleine Aufgaben und Erledigungne beinhaltet,daß man sie sich nicht merkt und am Ende des Tages beim Resumee nicht mehr weiss und deshalb denkt,"mensch,habe heute wieder nix erledigt,nichtmal gestaubsaugt habe ich,was habe ich eigentlich den ganzen tag gemacht,ich versager!!!

Weggehen tun wir leider nicht so oft,nehmen es uns oft vor,aber wegen schlecht schlafendem baby und faulheit unsererseits klappts irgendwie nie und man landet doch wiedr vor der glotze (oder im internet,kicher...)

friseur habev ich letztens endlci hmal wieder gemacht,zehn euro waschen schneiden,selber föhnen, hat echt gutgetan und man hat trotzdem nicht so ein schlechtes gewissen wegen der kohle!!!
shoppen ist nicht so mein ding nd z.zt. auch nicht so viel kohle,da macht es auch keinen spass,wenn man weiss,daß man es sich eigentlcich nicht erlauben kann...

gute freundinnen habe ich wenige,so richtige zumnidest,viele oberflächliche,aber eine oder zwei,mit denen ich,auch leider wegen der entfernugn meist über tel, wenigstens win bißchen über probleme reden kann,das tut dann echt gut!
habe mcih übrigens letztens uach mal gezwungen,neuen,noch nicht so guten freundinnen ein bißchen von meinm problem mti der PPD und den ZGs zu erzählen,auch wenn ich dachte,mensch.,was textets du jetzt halbfrende leute voll,statt die fassade aufrecht zu erhalten,aber das feedback lässt weitere versuche zu,war echt nett, eher mitgefühl und hilfe!!!

ja, ich liege oft abend im bett und denke: "oh gott,gleich hast du nen herzinfarkt oder shclaganfall und dein freund wacht morgen auf und du liegst tot neben ihm und konntwst ihm nichtmal mehr tschüß sagen" uswuswusw

bei mir ist es eher,daß ich denke"warum habe ich diese ZGs und bin so unglücklich,ich bin doch eigentlcih garnicht unzufrieden,habe ja auch echt keinen grund" deshalb kann ich auch nur wenig ändern an meiner grundsituation

So,habe versucht,die fragen,bei denen ich mich angesprochen fühlte,zu beantworten,vielleicht hilfts dir ja;-)
GLG Andrea

Verfasst: 24:02:2009 8:19
von Marika
Hallöchen!

Ich kenne all die Fragen natürlich auch. Und ich denke so wie djosch, dass sie nicht mal unbedingt mit einer Depression zu tun haben, wohl aber die INTENSITÄT dieser Grübelei und das Empfinden dabei.

Jeder Mensch stellt sich sicher all die Fragen, die du hier aufgelistet hast - das ist normal und man darf auch mal unzufrieden sein mit sich, der Umwelt, mit seiner Situation. Ich z.B. bin sonst eigentlich sehr zufrieden mit mir und so wie ich mein Leben gestalte - aber heute morgen z.B. bin ich grantig!!! Ja, bin einfach grantig aufgestanden, habe die Milchpackung fallen gelassen, habe Kopfschmerzen, da ich eine Ohrenentzündung habe, sollte gleich mal meinen sonst so geliebten Morgensport machen und mag heute so gar nicht. :x Dann sind meine Haare im Moment soooo wähhhh, obwohl ich erst beim Friseur war und meine Figur passt mir heute auch nicht, obwohl ich grad 6 Kilo abgenommen habe und mit Größe 36/38 nun wirklich nicht motzen darf. Dann kommt heute eine Bekannte mit Sohn auf Besuch - sonst freue ich mich immer drauf - heute graust mir davor. Man kann also sagen - heute ist nicht mein Tag. :roll: :wink:

Der Unterschied zu früher oder zu deinen Gedanken ist aber, dass dieser Zustand einfach nur eine Tagesverfassung ist, die jeder Mensch mal hat und nicht das ganze Denken den ganzen Tag drum kreist. So wie ich deine Beiträge verfolgt habe, entstehen deine Gedanken zwar schon auch aus Unsicherheit - aber diese Unsicherheit resultiert aus der depressiven Episode und den Ängsten die sie mit sich bringt. Deshalb wirst du UNSICHER und solche ganz normalen Fragen die jeder sich mal stellt, kreisen bei dir wie eine Endlosschleife durch den Kopf.

Dein Mann hat etwas richtiges gesagt: Glaub wieder an dich selbst! Das stimmt, ist aber nicht so einfach hin zu kriegen, wie er es gesagt hat. Du steckst in einer Depressiven Episode mit Ängsten, da braucht es schon seine Zeit (also bis AD und Therapie greifen), um wieder SELBSTVERTRAUEN UND SELBSTLIEBE aufzubauen!!! Also im Ansatz hat dein Mann recht - nur das ERREICHEN ist viel schwerer und erfordert viel mehr Arbeit, als er sich vorstellen kann. Es ist wie mit einem gebrochenen Bein (mein Lieblingsbeispiel :wink: ): Man konnte vorher ganz normal gehen, doch bricht man sich ein Bein, geht erstmal gar nix mehr. Dann lernt man mit Gips gehen (in unserem Fall mit AD und mit Therapie lernen wir, wieder "normal" zu denken), kommt der Gips dann weg, ist das Bein ganz dünn und empfindlich und man muss langsam wieder Muskeln antrainieren und lernen das Bein wieder zu belasten - niemand würde erwarten, dass man gleich wieder einen Marathon läuft oder das Bein mit blossem Willen heilen zu lassen. Nur bei psychischen Erkrankungen glauben die Menschen, man muss nur positiv denken - dann geht es wieder. Das ist aber nicht so, denn eine Depression ist genau so organisch - also im Gehirn mit den Botenstoffen angesiedelt, wie eine andere Krankheit. Sie hat NICHTS mit Willensschwäche zu tun.

Noch ein Unterschied zu deinem Grübeln jetzt in deiner depressiven Episode und dem "unzufrieden sein" von mir heute ist, dass ich heute in der Lage bin, AKTIV was zu ändern, als gegen diese "schlechte Laune" gegen zu steuern. Steckt man aber wie du in einer Depression, ist das schlicht und einfach NICHT MÖGLICH!!! Man steht vor einem Berg von Sorgen, Ängsten und Unsicherheiten, dass einem schon wieder der Mut und der kleinste Funken Antrieb vergeht. Das hängt sehr stark eben mit dem Serotonin und den anderen Botenstoffen im Gehirn zusammen, die bei dir im Moment einfach im Ungleichgewicht sind. Daher bist auch DU im Ungleichgewicht. Die meisten Menschen denken, man könne alle Gefühle und Emotionen alleine mit dem Willen beeinflussen. Aber genau das geht nicht, denn das menschliche Empfinden ist ganz, ganz stark (ich trau mich gar nicht zu schreiben "zur Gänze") von den Botenstoffen und deren richtigen Konzentration abhänging. Das läßt sich nicht mit dem Willen beeinflussen.

So meine Liebe, hab wieder mal einen Roman getippt - dachte mir, ich machs dir gleich mal nach! :wink: Kannst du damit was anfangen?

Liebe Grüße von

Verfasst: 24:02:2009 13:56
von sol
Hallo Amoebe!
Oh ja ich kenne diese Fragen/Gedanken alle.

Was hat mir gut getan:

Figur: Eines Tages kam die Schulfreundin meiner Tochter, die auch ein kleines Geschwisterchen hat, und als unsere Tochter meinte "Meine Mama hat immer noch so ein Babybauch". Da war die Antwort. Ach meine Mama hat auch einen und den find ich toll.

Natürlich gibt es bei mir Tage da bin ich mit meiner Figur unzufrieden. Aber ich sage mir auch immer wieder, Eh du hast 3 Kinder und bist nicht mehr 20 Jahre alt. Ich habe einfach mittlerweile den Körper einer reifen Frau und nicht eines jungen Mädchens. Vielleicht schaust du auch einfach mal, welchen Teil von deinem Körper gefällt dir besonders?
Viel hat mir regelmäßiger Sport, (ich mache Yoga/pilates einmal in der Woche) geholfen zu merken, da kommen Muskeln wieder und so langsam verändert sich der Körper. Regelmäßgige Bewegung tut einfach gut und ist bei Depressionen unwahrscheinlich wichtig!!!

Was ich mal gemacht habe und dies war ein Tip eines Ergotherapeuten in der Klinik, ich habe mir mit kleinen Zettel in unterschiedlichen Farben einfach die Tätigkeiten aufgeschrieben, die in der Woche anfallen und habe bewusst Zeiten für mich gewählt. Ich habe auch Zeiten wie Haushalt machen, Kochen, Kinder in die Kita bringen, Zeit mit meinem Mann etc...
Als ich die Übung beim ersten Mal machen sollte, frage mich die Therapeutin und wo haben sie ihren Haushalt? Dawurde mir klar, dass ich dem einen sehr geringen Stellenwert gebe- klar wir bekommen ja dafür nichts bezahlt- aber hallo, es ist eine RIESEN Arbeit und nicht mal ebenbei getan!
DAs ganze habe ich aufgeklebt- besser ist wenn man eine Magnettafel hat und es hängt in meinem Arbeitszimmer als Erinnerung. Ich halte mich nicht immer dran, aber es bleibt da als Orientierung wie organisiere ich meinen Alltag und wo habe ich Zeiten für mich.

Als ich in der Tagesklinik war sollten wir auch Dinge benennen, die uns Spaß machen oder mal Spaß gemacht haben und wir sollten wöchentlich uns eins aussuchen. Jeder kleiner Schritt ist ein Schritt in die richtige Richtung. Sich nicht vornehmen- dreimal in der Woche Sport zu machen, wenn man weiss, man schafft es eh nicht. Es reicht einmal aus.

Wichtig ist einfach Wohlfühlmomente zu haben, dazu gehört vielleicht die Badewanne mit netten Kerzen, sich einzucremen mit einem netten Öl, einen Abend gemeinsam mit dem Mann uvm. Mach doch mal eine Liste, dir fallen bestimmt viele Sachen ein und nimm dir nur eins vor. Ich gehe auch viel zu selten mit meinem Mann aus- da ein Babysitter für drei Kinder zu finden doch immer gleich ins Geld schlägt. Aber immer häufiger suchen wir uns bewusst einen Film und sei es auf DVD aus und schauen ihn gemeinsam an. Dazu einen netten Rotwein..., ich hatte dann auch Sachen wie alleine einen Cappuccino trinken. Nach einer gewissen Zeit habe ich gemerkt wie wichtig es ist Zeit auch für sich zu haben- es musst nicht lange sein, aber es hilft. Wichtig ist es sich auch immer klar zu machen, dass man einen Rhythmus braucht- nicht erst alle 1/2 Jahr zum Frisör sondern regelmäßig und das es eine Mischung aus aktiven und passiven Sachen ist. Aktiv in dem Sinne, ich mache etwas wie malen, basteln, spazieren gehen, Sport, Musik- Vielleicht hast du ja auch ein altes Hobby, was du wieder aufgreifen magst. Wichtig hier es regelmäßig zu tun. Ich weiss wie schwer es ist sich aufzuraffen in der Depression- ich habe lange Zeit Kunsttherapie gemacht, dies war für mich super wichtig. Ich hatte einen festen Termin und konnte dann malen, töpfern...

Vielleicht magst du auch mal unter "Reddemann" googlen. Sie hat ganz viele Stabilisierungsübungen und in ihrer Therapiearbeit ist es ganz wichtig, dass der Patient Wohlfühlübungen macht.
Es gab eine Zeit da konnte ich meinen Körper kaum leiden und hatte auch immer wieder psychosom. Schmerzen in den Armen. So hatte ich dann die Aufgabe täglich meine Arme einzucremen. Oh wie habe ich es am Anfang gehasst,. aber nach und nach habe ich wohlgefallen daran gefunden.

Eine ganz tolle Übung hat mir meine Traumatherapeutin beigebracht. Nennt sich auch Wohlfühlort. Man stellt sich einen Ort vor an dem man gerne sein würde- kann real sein oder auch nur in der Imagination. Dann stellt man sich wie vor ein Kunstwerk. Bild im Museum- denkt daran und im nächsten Augenblick kommt man wieder zur Realität. MAn kann dann auch real zur Seite treten. Diese Übung jeden TAg 10 mal machen. Scheint irre viel, hilft aber. NAch einer Weile erreicht man ein wohlgefallen, schönen Augenblick, Freude. Wichtig ist, dass man an diesem Ort keine Menschen trifft- vor allem nicht den eigenen Mann, Kinder, Verwandte etc. da falls man mal im STreit mit denen ist, die Übung dadurch gestört wird. Im Gehirn entstehen dann neue Verknüpfungen und nach einer Weile macht man diese Übungen automatisch. Wichtig ist, dass man sie wirklich häufig macht. Auch wenn man am Anfang nicht gleich Wohlgefallen spürt. Nach einer Weile wird es zur Routine. Ich habe diese Übung gerne morgens beim Wachwerden gemacht oder auch immer wieder Abends vor dem Schlafengehen. Sie ist sehr kurz und bewirkt ganz viel. Ich hatte mir sogar immer einen super blauen Himmel vorgestellt und wenn ich heute ein leuchtendes Blau sehe, kommt diese Übung oft von alleine.

Oh jetzt ist dies eine lange Mail mit Ideen geworden. Vielleicht ist ja etwas für dich dabei.
Gruß

Verfasst: 25:02:2009 16:10
von AmoebeMS
Hallo Ihr Lieben,

vielen Dank für Eure schönen Antworten und verzeiht, dass ich mich jetzt erst wieder melde. Das „warum“ schreibe ich zum Schluss.

Ich habe Eure Texte mehrfach (!) lesen müssen und sie haben geholfen, mich aber auch nachdenklich gestimmt. Ich habe mir mal bei jedem von Euch einen Punkt herausgesucht, der mir sehr wichtig erscheint in meiner Situation.

Inez, du hast mich zum Nachdenken gebracht, weil ich mir schon vor langer Zeit eigentlich eingestehen musste, dass ich die Ängste ohne Medis und Therapie einfach nicht loswerde. Meine Unzufriedenheit war wohl schon immer da, wurde aber durch die Ängste noch schlimmer. Ich packte nichts mehr an,… aber wegen der Angst und nicht, weil ich nicht wollte. Dinge an mir, mein Handeln, ja, ändern kann ich das immer. Geht davon aber die Angst unbedingt weg? Hmmm. Ohne Medis und Therapie? Nein, bei MIR nicht.

Andrea, hier ein weiterer gut gemeinter Therapieversuch meines Göttergatten (des Knallers): ich berichtete ihm auch mal, dass ich Angst habe gleich tot umzufallen oder einen Herzinfarkt zu kriegen. Und was, wenn ich dann ausgerechnet dabei mit den Kindern allein zu Hause bin? Was tun die Jungs dann? Ist jemand zu Hause? Ich habe mich nirgends verabschiedet. Ja, ja, sind deinen Gedanken ähnlich. Und weißt du was das Dreibein zu mir sagte: Er sagte, ja und? Dann bist du eben tot! Was hast du dann noch für ein Problem? Du lebst dann nicht mehr. Die Gedanken müsste ich mir ja dann wohl machen, was mit mir und den Kindern ist. Das Problem hab ich dann und nicht mehr du. Du bist ja tot.

Irgendein Kommentar dazu? Mir fiel jedenfalls damals keiner dazu ein. Schockzustand!
Das seltsame an der Sache ist aber, dass ich in vielen Momenten der Panik und Angst an diese seine Aussage gedacht habe und ich wieder ruhiger wurde. Irgendwo stimmt es ja. Ich wäre dann nicht mehr da. Punkt. Aber ich WILL ja da sein. Unbedingt sogar. Also sage ich der Angst weiter fröhlich Guten Morgen, Moin, Tach oder Mach dich vom Acker.

Find ich übrigens toll, dass du dich auch Freundinnen/Mitmenschen langsam öffnest. Die Resonanz ist manchmal sogar sehr überraschend. Im „besten“ Fall haben sie selbst ähnliche Probleme. Mach weiter so. Das Fassadenbauen überlassen wir besser den Handwerkern.

Marika, ich habe den Unterschied von Tagesverfassung mit und ohne Depression verstanden. Danke. Ich werde den Medis und der Therapie die Zeit geben, dass sie anschlagen. Die Botenstoffe sollen wieder ins Gleichgewicht. Ist angekommen. Ich denke, der WILLE ist es aber trotzdem, der unser Handeln beeinflusst. Ich hatte nämlich den WILLEN mir Hilfe zu suchen und den WILLEN endlich dieses Medi zu nehmen. Dann kann mir mein WILLE aber auch wieder helfen, Situationen anzugehen, in denen ich Angst habe oder hatte. Mein WILLE bringt mich dazu, z.B. mich wieder ans Steuer zu setzen, obwohl ich in dieser Situation schon Angst ausgesetzt war und deshalb das Autofahren auch mal eine zeitlang zum Kotzen fand. Ich hatte es gemieden. Jetzt fahre ich aber wieder und sage mir, komm nur Angst. Verstehst du das? Ich könnte jetzt tausend Beispiele anbringen. Tue ich aber nicht. Ich habe schon wieder einen Roman geschrieben. Wie gesagt, Medis und Therapie sind extrem wichtig, wenn man wirklich an Depressionen leidet. Dann kommt der Kampf mit der Angst, der Panik und den ZG erst mal weiterzuleben, bis sie schwächer werden und abklingen. So ungefähr richtig?

Hallo Sol, du hast ganz viele tolle Bespiele gebracht. Das ist es ja genau, was ich brauche. Beispiele, wie ich in verschiedenen Situationen mit der Angst umgehen soll, wenn das eine oder andere schon erprobte nicht richtig fruchtet. Besonders der Wohlfühlort gefällt mir. Den Rest werde ich noch googlen. Hab vielen Dank. Siehst du, Erfahrungen helfen anderen ungemein.

Ich habe das Laptop in den letzten Tagen nicht benutzt, weil ich mich endlich wieder mal etwas länger und intensiver mit meinen Kindern beschäftigt habe. Endlich wieder vorlesen, gemeinsam spielen, basteln, kneten, halt Dinge, dich ich viel meinen Kindern selbst überlassen habe, weil es mir nicht gut ging. Jetzt habe ich zumindest etwas wieder gemeinsam mit ihnen gemacht, wir waren an Karneval unterwegs, haben uns verabredet und so weiter. Ich habe gemerkt, dass meine Angstgefühle immer nur sehr kurz, wenn überhaupt da waren. Sie huschten mehr oder weniger an mir vorbei.

An einem Morgen wachte ich gegen 5 Uhr auf. Mein Körper fühlte sich gelähmt an. Die Angst stieg in mir hoch. Warum genau, weiß ich bis heute nicht. Der Adrenalinspiegel stieg merklich an! Panik. Ich fühlte zuerst, ob mein Mann neben mir lag. Ja, tat er. Gut. Dann sagte ich LAUT: „Guten Morgen, du beschiss…. Angst! Auch schon wach?“ Und dann schlich sie sich plötzlich weg. Langsam, aber sie verschwand. Und ich schlief wieder ein. Stand in einem Buch. Und half. Danke für den Tipp mit dem Buch.

Ich drücke Euch alle ganz herzlich und danke unendlich für Eure Unterstützung. Schön, dass Ihr da seid.

LG Amoebe

Verfasst: 26:02:2009 8:32
von Marika
Hallo Amöbe!

Ich bewundere dich sehr, für deine Willensstärke wieder gesund zu werden, deinen Mut dich der Angst zu stellen und deiner berechtigten Hoffnung, die depressive Episode irgendwann hinter dir zu lassen. Das ist im Akutzustand, in dem du dich noch befindest, sehr schwer - trotzdem schaffst du es und das ist ganz, ganz toll! Das hast du wahrlich deinem WILLEN zu verdanken, wie du ganz richtig geschrieben hast!!!!! Ich meinte wirklich nur den Botenstoffwechsel, den wir nicht mit dem Willen beeinflussen können, aber dieser Funken von "ich will etwas tun, damit es mir besser geht", der ist IN DIR und genau deshalb wirst du es auch schaffen.

Wirklich super, wie du an dir arbeitest, super toll!

Liebe Grüße von