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Nachblick knapp 1 1/2 Jahre später

Verfasst: 13:06:2009 19:57
von Maike
Hallo,

ich habe mal wieder meine Gedanken verfasst. Dieses mal ist es aber eher ein Nachblick auf die vergangene Zeit. Die Zeit, wo es mir schlecht ging....heute geht es mir wieder gut!
Und allen die das Licht am Ende noch nicht sehen....NIEMALS die Hoffnung und das Kämpfen aufgeben!!!!
Vielleicht hat ja einer lust zu lesen...:

Im Oktober 2007 kam unser kleiner Mika zur Welt. Er ist ein Wunschkind. Es sollte alles so toll werden....!

Aber alles wurde anders. Ich habe vermutlich meine schlimmste Krise in meinem Leben durchgemacht! U.a. war es die Geburt, die nicht so lief, wie man es sich wünscht, dass ich in eine postpartale Depression rutschte. Statt mein Kind zu lieben, die Zeit mit ihm zu genießen und glücklich zu sein war ich so sehr mit mir selber beschäftigt. Ich habe unendlich viele Tränen vergossen, wo ich in dem Moment kaum den Grund nennen konnte. Ich wurde stiller und nachdenklicher. In mir herrschte eine unendliche Leere! Ich fühlte mich schlecht, dachte ich wäre eine schlechte Mutter! Meine Wunschvorstellung das Gefühl, die Liebe zu meinem Sohn vom ersten Moment an spüren zu können, blieb bei mir aus! Ich habe funktioniert, mehr nicht...so dachte ich zumindest! Ich wollte diese Mutterliebe so sehr spüren können, es fehlte etwas! Mein Idealbild als Mutter platzte wie eine Seifenblase....!

Dass das eine Depression ist, unter der viele Mütter zu kämpfen haben, daran hab ich nie gedacht. Meiner Hebamme habe ich es zu verdanken, dass es früh erkannt wurde und ich dadurch meines Erachtens nur eine leichte Depression durchgemacht habe. Angela, meine Hebamme, hat erkannt und gehandelt. Sie hat mich an die Hand genommen und mich begleitet. Dass ich weinen darf, traurig sein darf und ganz wichtig, darüber reden muss, all das hat sie mir gelehrt. Und darüber werde ich ihr ewig dankbar sein. Für sie war es ihr Job, für mich war es ein großer Anker, an dem ich mich halten konnte. Durch Angela bin ich übern Frauenarzt zur Psychologin gegangen und nach 5 Monaten dann auch an die richtige Therapeutin gelangt.
Durch Gesprächstherapien konnte ich all das verarbeiten, was ich in den letzten fünf Monaten in mir nicht zuordnen konnte. Auch hier kann ich sagen, dass Antonia tolle Arbeit geleistet hat. Sie hat mein Vertrauen sofort erobert und es war einfach nur angenehm zu ihr zu gehen.

Heute bzw. seit Anfang diesen Jahres kann ich behaupten, dass ich den Kampf gegen diese Krankheit gewonnen habe! Es geht mir wieder gut. Ich weiß, dass ich mein Kind liebe und lebe mein Leben heute nicht in Trauer und Trübheit.
Diese Zeit hat dennoch Spuren, tiefe Spuren in mir hinterlassen. Ich habe eine Zeit lang versucht, dieses Kapitel abschließen oder besser wegschließen zu können, aber das hat nicht geklappt. Und heute ist mir klar, dass ich meine Vergangenheit nie wegschließen kann. Sie wird mich ein Leben lang begleiten. Nur hab ich mit der Zeit gelernt, dass man damit umgehen kann und somit die Gefühle, die immer weh tun werden, zu kontrollieren.

In dieser ganzen Zeit habe ich unendlich viel Unterstützung, Halt und Geduld von meiner Familie und Freunden bekommen. Außerdem habe ich neue, für mich mittlerweile wichtige Freunde, dazu gewonnen. Neben der professionellen Arbeit meiner Hebamme ist das sicherlich ein großer Baustein auf den man bauen kann. Mein Freund, Günter, hat unendlich viel Geduld und Liebe mit mir gehabt, meine Eltern waren immer für mich da und auch meine Freunde haben versucht für meine Situation Verständnis zu zeigen.
Wenn ich daran zurück denke, dann werde ich traurig, denn ich hatte das Gefühl meine Mutter mit meiner „Ablehnung“ zu verletzen! Sie war für mich da und wollte mir helfen. Mir auch ihre Erfahrung als zweifache Mutter weiter geben oder einfach als Mutter für die Tochter da sein. Ich habe es sicherlich zugelassen aber dennoch abgelehnt....es tut heute noch weh. Ich hatte das Gefühl sie damit zu verletzen.
Denn sie war für mich in dem Moment nicht so der Halt, wie sie es in meinem ganzen bisherigen Leben war. Der Halt war meine Hebamme. Ich hab mich sehr an sie geklammert. Wohl ein Grund, dass ich den Abschied von ihr nur schwer verarbeitet habe....! Ich habe das Gefühl mich bei meiner Mutter entschuldigen zu müssen....! Sie sah das alles nicht so wie ich es tat....dennoch werde ich immer ein schlechtes Gewissen haben!

Das Gefühl von mir selber so genervt zu sein, dass es schon teilweise Wut auf einem selber war, hat die Situation nicht leichter gemacht. So dass man den Gedanken hatte seine gesamte Umwelt damit zu nerven. Den Gedanken konnte ich auch schwer ablegen, auch wenn man mir IMMER das Gegenteil gesagt hat. Ich fühlte mich wie eine Klette...ein ganz unerträgliches Gefühl.

Die 1 ¼ Jahre haben mich geprägt....ich bin ein anderer Mensch geworden. Ein Mensch, der ich eigentlich nicht sein möchte. Denn ich glaube, dass ich stiller, nachdenklicher und viel mehr in mich gekehrter geworden bin. Keine Frage, dass ich wieder lachen und fröhlich sein kann. Aber ich bin nicht mehr die, die ich vorher war! Diese Tatsache wollte ich lange nicht wahr haben und habe mich genauso, wie ich meine Vergangenheit weg schließen wollte, dagegen gewährt. Heute kann ich sagen, dass ich es so hin genommen habe. Akzeptiert habe ich es eigentlich nicht, aber ich habe gelernt, dass es mir mit dem Abfinden dieser Tatsache besser geht und die Hoffnung, vielleicht doch irgendwann wieder die zu sein, die ich mal war, nicht aufgebe. Vielleicht soll es aber auch so sein und andere Leute nennen es reifer...ich weiß es nicht....eine der wenigen Fragen, worauf ich vermutlich nie ne Antwort finde.

Die Erfahrung zu machen sich in seinem eigenen Körper gefangen zu fühlen war eine schmerzhafte. Man wollte ausbrechen, etwas verändern, aber es klappte nicht! Wie ein Karussell, von dem man abspringen kann...immer wieder dreht es sich in die gleiche Richtung....zu schnell um abzuspringen....! Ich wollte teilweise einfach weg... wort wörtlich weg vor mir selber und meiner Situation....!

Mika war und ist ein sehr pflegeleichtes Kind! Er ist zuckersüß, entwickelt einen ziemlichen Dickkopf und es macht einfach nur Spaß ihm bei seinem Abenteuer LEBEN zuzuschauen und ihn zu begleiten.
Die große Verantwortung auf so ein kleines Wesen...auch das war vermutlich ein Auslöser dieser Depression. Ich will und wollte schon immer perfekt sein. Ich musste in der letzten Zeit extrem lernen, dass ich es nicht sein kann und es auch nicht brauche. Mit dem, was ich Mika gebe, bin ich hoffentlich eine gute Mutter! Und dennoch ist der Zweifel immer da, alles richtig zu machen in Sachen Erziehung oder einfaches Handeln als Mutter.
Wenn ich Günter zusehe, wie er mit Mika umgeht oder auch wie andere Mütter mit ihren Kindern umgehen, dann weiß ich, dass ich meinem Idealbild als Mutter nicht gerecht geworden bin. Die erste Zeit hat mich das traurig und wütend gemacht. Heute macht es mich sicherlich traurig aber auch hier habe ich gelernt, dass ich einfach so bin wie ich bin! Ich bin vermutlich keine Mutter, wo man die Mutterliebe, nach meinen Vorstellungen, sehen kann, so wie ich sie immer spüren möchte...! Außenstehende sehen das andere sicherlich andersJ, aber dennoch kann ich meine Gedanken deswegen nicht verdrängen.

Als Mika ganz klein war, bin ich abends immer in sein Zimmer gegangen um ihn beim schlafen zuzusehen. Heute tue ich das auch noch sehr gerne. Nur mit einem Unterschied....heute find ich ihn einfach nur süß und es macht mir Spaß ihn anzusehen. Vor über einem Jahr habe ich die Ruhe und Gelassenheit herbei gesehnt, die er beim schlafen ausgestrahlt hat.

In der ganzen Zeit habe ich, wie jetzt gerade, sehr viel geschrieben. Es war eine Erleichterung für mich, eine Art Selbsttherapie! Ich lese mir das heute noch oft durch...so wie gestern....! Nur habe ich gestern etwas bemerkt. Die ganze letzte Zeit, wo ich mir das immer wieder durchgelesen habe, habe ich auch meine Gefühle erlesen. Gestern habe ich mir beim Lesen eine Person vorgestellt, die das durchmacht. Ich habe das alles zum ersten mal mit anderen Augen gelesen. Es ist schwierig das auszudrücken, aber dieser Eindruck war für mich erstaunlich und soll mir wohl was sagen....!

Die Angst, das alles noch einmal durchzustehen ist sehr groß. Und nicht nur bei mir. Ich weiß gar nicht, wer von Günter und mir mehr Angst hat. Denn für ihn war es auch eine ganz fürchterliche Zeit. Ich danke und liebe ihn dafür, dass er sie mit mir zusammen durchgestanden hat! Dennoch ist der Wunsch noch einmal schwanger zu werden und dass alles besser wird unendlich groß. Und jetzt, wo es mir wieder gut geht, siegt sie vor der Angst....!


Die Postpartale Depression ist im Rückblick kein Monster dem ich jetzt noch ausgeliefert bin, sondern eine Krankheit mit der ich gekämpft habe und der ich jetzt begegnet bin (Danke Martina, für diesen tollen Satz :D )

Verfasst: 14:06:2009 6:58
von Marika
Hallo Maike!

Deine Worte sind unglaublich schön - du bescheibst die Krankheit PPD genau so wie sie ist - schrecklich, grauenhaft - aber auch als die Möglichkeit, zu lernen, zu reifen. Ich habe mich in ganz ganz vielen Dingen komplett wieder erkannt und nochmal gefühlt, was ich vor nunmehr 4 Jahren selber gefühlt und gelitten habe.

Maike - wegen deiner Mama: Ich kann deine Schuldgefühle gut nachvollziehen, aber sie werden auch noch vergehen!!! Ich selber hatte sie lange Zeit noch, als es mir wieder gut ging. Ich glaube dein Prozess ist noch nicht abgeschlossen, auch das akzeptieren dieser "neuen" Maike wird noch eintreten. Du bist auf jeden Fall als Siegerin aus "der Begegnung mit der PPD) heraus gegangen, was jetzt noch kommt ist noch die - ich nenne es "Verinnerlichung" dieser neuen wunderbaren Gaben, wie Nachdenklichkeit, Stille usw. die du gennant hast. Diese sind dir im Moment noch fremd, sie passen anscheinend nicht zu dir. In Wirklichkeit denke ich, sind es Seiten die du immer hattest, sie nur nicht gelebt hast. Du bist so zu sagen dabei dein "Mitte" zu finden - dazu gehört auch die Stille und das Introvertierte denke ich. Bei mir war es anders herum: Ich war immer die Stille - durch die überstandene PPD habe ich mehr Lebensfreude, Energie und Genuss in mein Leben lassen können - also auch die "Mitte" endlich gefunden. Das ging aber nicht von heute auf morgen - dieses Entwickeln dauert ganze 3 Jahre bei mir. Und diese neue "Marika" die ich heute bin, die gefällt mir sooo gut, dass ich die "Alte" wirklich nicht vermisse.

Du wirst da ebenfalls noch hinkommen, denn ich habe eben die Erfahrung gemacht, das "nur"mit dem Gefühl wieder gesund zu sein, der Gesamtprozess noch nicht abgeschlossen ist. Du wirst wie gesagt noch die Schuldgefühle deiner Mama gegenüber verlieren (hast du übrigens gewußt, dass das Vertrauen in eine "fremde" Person und nicht nahestehenden ein typisches Symptom einer Depression ist? Das machen viele durch und daher ist es nicht "deine Schuld") und du wirst ein gutes Gleichgewicht - sprich die innere Mitte - zusammen mit deinen bekannten Eigenschaften und den neuen erreichen. Es braucht nur ein bissl Zeit, bis dieser Prozess abgeschlossen ist. Und: ES WIRD AUFHÖREN, weh zu tun!!! Du wirst eines Tages an die PPD denken können, ohne Schuld, ohne Reue, ohne Schmerz... Warum? Weil du dann die gereifte Persönlichkeit bist, die SICH ALS NEUE MAIKE angenommen hat und sieht wie viel wertvoller das Leben sein.

Danke für deine wundbaren Gedanken, ich habe ganz oft beim Lesen eine Gänsehaut bekommen!

Liebe Grüße von

Verfasst: 14:06:2009 20:09
von Maike
Hallo Marika,

vielen Dank für Deine" Rückmeldung" auf meinen Bericht. Hab mir eigentlich gedacht, dass sich da bestimmt keiner drauf meldet, Warum auch? Es sind ja einfach nur niedergeschriebene Gedanken...!

Nein, das hab ich nicht gewußt, dass die Zuneigung zu eher "fremden" als zu vertrauten Personen ein typisches Anzeichen für die Depression ist. Aber wo Du das jetzt sagst....! Hab mich wirklich ganz extrem an meine Hebamme geklammert. In der ersten zeit durfte ich gar nicht daran denken, dass sie sich irgendwann mal verabschiedet. Es spielte sicherlich auch eine große Rolle, dass ich sie als Mensch unwahrscheinlich gerne mochte! Ich glaube, ich habe es in ihrer Gegenwart nicht so gezeigt, aber immer wenn sie weg war, wurde ich traurig und fühlte mich "allein". Sie wußte das, dass ich damit Probleme hatte und fühlte sich sehr geehrt! An dem Tag, wo sie sich verabschiedet hat, hat sie das wirklich behutsam gemacht. Ich denke heute noch oft an sie. Und manchmal fahre ich sie mit einer Freundin in der Klinik auch noch besuchen. Mein größter Wunsch ist es, dass sie bei meinem zweiten Kind auch bei mir ist....(sie macht das mit ihrer Kollegin zusammen, von daher ist es ne chance von 50%).
Ich weiß, dass ich irgendwann auch über diese Schuldgefühle bezüglich meiner Mutter hinweg kommen werde. Aber es tut echt weh, wenn ich nur daran denke. Als ob ich sonst was mit ihr getan habe. Ich hab sie ja schon an mich ran kommen lassen. Aber ich konnte nie sagen, dass ich erleichtert war, als sie da war...! Sie sah und sieht das alles nicht so wie ich. Für sie war es ok....!
Du hast geschrieben, dass Du genau das Gegenteil geworden bist. Weißt Du was? Genau das hat mich traurig gemacht....! Ich find das "schlimm", dass ich so viel ruhiger geworden bin (obwohl ich an sich eine ruhige Person bin...)! Aber vermutlich hast Du recht....und es soll einfach so sein! So schlimm kann diese Veränderung ja auch nicht sein, denn mich mögen trotzdem noch alle:D !

Es ist schon wahnsinn, was so eine Lebensphase an einem selber verändern kann....!

Ganz liebe Grüße

Verfasst: 15:06:2009 8:09
von Marika
Hallo Maike,

weil du sagtest - es hat dich traurig gemacht, weil ich "das Gegenteil geworden bin"... so ist es nicht. Ich bin eine Zeitlang sagen wir mal - überdreht gewesen, sehr extorvertiert, so als wollte ich das ausleben, was zwar schon immer da war, aber nie raus kam. Aber das war auch nur ein Phase in der Entwicklung meiner neuen (nicht ins Gegenteil!!!!!!) Persönlichkeit. Mit der Zeit bin ich wieder mehr ins introvertierte gekommen ohne aber die andere Seite zu verlieren - das war dann die MITTE!!!!! Und diese Mitte hatte ich früher nie - deshalb sage ich immer, ich bin eine NEUE MARIKA geworden, die aber noch ganz viel von ihren alten und wunderbaren Seiten hat, diese aber jetzt auch sehr gut mit den neuen Seiten verbinden kann.

Dass du nun noch ruhiger geworden bist, denke ich ist einfach, weil dein Prozess noch am Laufen ist und das nun eine "Phase" ist - in etwas so wie "Die Ruhe NACH dem Sturm", die Ruhephase, die Phase des Aufarbeitens, des "Aufräumens in sich selber" und kreieren dieser Maike, die nach ihrer "Mitte" sucht. Ich glaube nicht, dass diese extreme Ruhe, die dich im Moment nicht glücklich macht, bleibt. Sie ist aber dennoch nötig denke ich, deine Seele weiß schon warum. Gib dir ZEIT - du wirst deine Mitte finden, du bist noch nicht ANGEKOMMEN - da ordnet sich was neues in dir und ich denke dass auch diese ruhige Phase dir wertvolle Einsichten bringen kann.

Also liebe Maike - das Gegenteil von früher bin ich wirklich nicht geworden, da sind wie gesagt noch ganz ganz viele "Alte Marika Eigenschaften" die ich auch gar nicht missen möchte... :wink: Auch ich hatte die Phase, wo ich total in mich gekehrt war, noch stärker, als ich es eh schon war, dann kam die extrovertierte Phase und dann kam sie ... "die goldene Mitte".... das kommt bei dir bestimmt noch. Arbeite weiter und lass diese Entwicklungsschritte zu!!!

Ganz liebe Grüße von

Geschichte

Verfasst: 15:06:2009 9:28
von Leuchtkäfer
Hallo Maike,

ich freue mich für Dich, daß es Dir inzwischen wieder so gut geht. Du kannst stolz sein, daß Du das so gut geschafft hast.
Bei Deinem Beitrag ging es viel um das Schuldgefühl gegenüber Deiner Mutter, weil Dir in dieser Zeit anscheinend jemand anders eine größere Hilfe war. Ich wußte das übrigens auch nicht, daß es ein Zeichen der Depression ist, sich fremden Menschen zuzuwenden. Aber schau mal, das macht doch Sinn. Die kennen einen eben nur in dieser Ausnahmesituation und finden es nicht seltsam, weil sie Dich eben nicht ganz anders und lange kennen. Mit Deiner Mutter verbindet Dich Dien ganzes Leben, klar, daß es da schwerer sein kann, sich in so einer Phase zu zeigen und zu öffnen.

Mir geht es da ähnlich. Meine Hebamme ist auch ganz toll und war die erste, der ich von meinen Gedanken erzählt habe. Ich habe gleich gespürt, daß ich sie gerne öfter sehen wollte und wollte, daß sie da ist und -ja irgendwie- sich um mich kümmert. Mir fiel es auch schwer, als sie nach fünf Wochen nicht mehr borbei kam.

Ich habe auch das Gefühl, durch die Erfahrungen mit der Depression anders zu werden. Bisher finde ich das nicht schlimm. Es ist doch wie Marika sagt, es ist eine Facette unserer Person, die dazu gehört. Jeder Mensch macht doch im Leben Dinge durch, die ihn verändern. Bei uns ist es eben die Depression nach einem Kind. Bestimm kannst Du Deinen neuen Eigenschaften (ruhiger, nachdenklicher) mit der Zeit auch etwas positives abgewinnen. Sicher wirst Du dadurch Menschen kennenlernen, die Du sonst vielleicht nicht getroffen hättest.

Danke für Deinen Bericht, der macht Mut
Grüße von Leuchtkäfer

Verfasst: 15:06:2009 13:10
von AmoebeMS
Hallo Maike,

ich bekenne mich auch schuldig: ich habe deinen Text gerne und aufmerksam gelesen und auch bei mir erschienen die kleinen „Punkte“ auf der Haut. Grins.

Schönes Thema, welches du da angesprochen hast, die Veränderung der Persönlichkeit durch solche Erfahrungen, meine ich. Marika hat meiner Ansicht nach Recht. Der Prozess läuft noch! Die Hauptsache für mich wäre aber, dass das „Hauptproblem“ erst mal ad acta gelegt werden konnte. Das unsere Seele diese Zeit aber nicht vergisst, ist sicher. Wie wir aber damit umgehen, steht auf einem anderen Blatt, welches noch viel wichtiger ist.

Aber auch ich frage mich manchmal, in wie weit ich wieder die „Alte“ werde?! Geprägt hat mich die Sache allemal, keine Frage. Ich gehe ebenfalls viel nachdenklicher an manche Dinge heran und bin vielleicht auch ruhiger geworden. Doch ich schätze diese Seite, auch wenn ich manchmal die extrovertierte Amoebe vermisse. Doch wer weiß, vielleicht kommt diese Seite einfach irgendwann wieder?! Lichtblicke sind da, keine Frage. Darüber mache ich mir aber weniger die Gedanken, denn ich liebe momentan einfach nur das Leben, so wie es gerade ist. Das Leben zwar mit Therapie und Medikament, aber ein Leben, das sich lohnt es zu leben. Nämlich ohne die grässlichen Symptome meiner Depression. Es als Ruhephase zu bezeichnen, trifft es voll und ganz, denke ich. Wir erholen uns und arbeiten langsam auf. Auch das ist ein Teil des Prozesses. Ich bin jedenfalls gerne bereit meinen goldenen Mittelweg zu finden (bin auf dem Weg, aber noch nicht in der Mitte) und ihn dann auch so zu akzeptieren. Es klingt vielleicht seltsam, aber auf diese Phase in meinem Leben hätte ich auf der einen Seite gerne völlig verzichtet, jetzt wo sie aber da ist, will ich es nicht mehr ganz so missen, denn eine solche Erfahrung kann manche Menschen innerlich stärken.

Ich sage mir immer, dass ich gerne noch ein paar Jahre hier auf diesem Planeten leben möchte (früher dachte ich, mein Leben ist in der nächsten Minute vorbei) und ich heute nur möchte, dass ich mein Leben als einfach nur „schön“ rückblickend bezeichnen kann. Die hohen Ansprüche, die ich mir immer selbst als Ziel gesteckt habe, sind wie weggeblasen. Das Wort perfekt definiere ich heute gänzlich anders. Ich empfinde Ruhe als schön und entspannend. Das war früher nicht so. Ich bin vielleicht in vielen Situationen ruhiger, aber dafür habe ich das Genießen entdeckt. Und Selbstverständlichkeit definiere ich heute auch anders. Zusammengefasst: Druck, Zeit, Perfektionismus sind Gift für mich. Ruhe, Entspannung, Humor und Lachen tagein und tagaus stehen an der Tagesordnung (nach Möglichkeit). Ach ja und die Geduld! Trotzdem ist auch das ein hartes Stück Arbeit, aber mein goldener Mittelweg ist irgendwo da draußen. Da bin ich mir sicher! Ich bin noch auf der Suche.

Maike, ich werde mir im Laufe des Nachmittags ganz sicher mal alle deine Beiträge durchlesen. Grins. Ich wette aber jetzt schon mal eine Tafel Schokolade, dass die heute NEUE Maike früher sicher ganz anders geschrieben hat, oder? Was du alles Positives aus der Erfahrung mit deinem Mika hast ziehen dürfen,... süß fand ich deine Worte über das beim Schlafen zuschauen! So wie du über dein Kind schreibst – ja, ich schreibe das als Außenstehende bzw. nur Leserin – klingt das für mich sehr nach wahrer Mutterliebe, liebe Maike.

Auch ich danke für deinen Bericht.

LG AmoebeMS

Verfasst: 15:06:2009 21:41
von Maike
Hallo Ihr Lieben,

Ihr glaubt gar nicht, wie sehr ich mich über Eure Beiträge freue :D . Vielleicht auch, weil ich es einfach nicht erwartet habe...!

@Marika: Ich glaube ich weiß jetzt was Du meinst, mit der Mitte...! Die Zusammensetzung aus der ALTEN Maike und der NEUEN Maike. Und das zusammen ergibt einen neue Lebenserfahrung! Ja, Du hast recht. Und wenn ich drüber nachdenke, dann kann ich auch Gefallen daran finden....

@AmoebeMS: Ich fühle mich ein wenig geehrt, wenn Du nun wirklich meine ganzen Berichte gelesen hast :-) ! Ich denke, Du wirst die Tafel Schokolade gewinnen. Ich hab ja ganz viel geschrieben (für mich selber). Und heute sehe ich ja selber, dass es schon ein Unterschied zu dem ist, was ich letztes Jahr bzw. zu Anfang geschrieben habe.
Meine Mutter hat mir gerade am Telefon gesagt, dass sie mir schon lange mal sagen wollte, wie schön sie das findet, wie ich mit Mika bzw. wir beide so miteinander umgehen...dass da die Mutterliebe auf jeden Fall da ist. Ich glaub Euch bzw. mir selber das mittlerweile ja auch! Aber wenn man ein Idealbild hat, dann verfällt man dem leider immer wieder mal und dann rutsche ich wieder darein....!

@Leuchtkäfer: Mir ging es genauso. Ich wollte auch,dass meine Hebamme ständig bei mir ist und mich in den Arm nimmt. Es war wie Balsam auf der Seele wenn sie einen zur Begrüßung oder auch bei der Verabschiedung in den Arm genommen hat. Und das habe ich sehr vermisst, als sie nun nicht mehr bei mir war! Einfach dieser Wunsch von ihr in den Arm genommen und gedrückt zu werden....wenn diese Umarmung hätte reden können, wären es die Sätze: Es wird alles gut, und Du bist nicht alleine!

Als ich Eure Beiträge gelesen habe, da hatte ich Gänsehaut bzw. "Pipi" in den Augen :oops: . Aber ich habe mich gefreut und es ist wirklich enorm, was man hier in dem Forum für eine Bestätigung bekommt durch einfache Worte...!

Ganz liebe Grüße

Wow, kannst du toll schreiben!

Verfasst: 16:06:2009 12:18
von AmoebeMS
Liebe Maike,

so, es hat etwas länger gedauert, aber ich habe deine 90 Beiträge durch! Jetzt darfst du dich wirklich geehrt fühlen! Grins.

Glaubst du mir nicht? Ich beweise es dir:

ich werde auch nicht weit ausholen, denn sonst löse ich vielleicht nicht ganz so tolle Erinnerungen aus, deshalb halte ich mich so kurz wie nur möglich und eher Stichpunktartig. Was mir nahe ging waren Dinge wie die Weihnachtsfeier und die Frage, ob du deinen Sohn vermisst. Oder das Vorsingen, was dir schwer fiel. Dann die Wartezeit auf die Therapie, die du super überbrückt hast. Natürlich auch die Einnahme des Medikamentes und die erste schwierige Zeit bis es endlich zu wirken begann. Die Geschichte über Mika, die du hier veröffentlich hast und die eigentlich eine Hausaufgabe seitens der Therapie war (du nanntest es mal „Das Aufräumen im Kopf). Und später noch Marikas Ratschlag, dass du dich wohl noch im Nimmerland befindest, weil die Therapie zwar abgeschlossen war, aber die Verarbeitung dennoch weiterhin andauerte. Und wie war ich?

Weißt du am meisten beeindruckt hat mich aber doch, dass du a.) von Tag zu Tag, von Monat zu Monat immer liebevoller über die Entwicklung Eures Kindes sprachst und die Skepsis ganz langsam verschwand (Definition des Perfektseins einer Mutter). Und b.) habe ich deine Disziplin bewundert, besonders das Niederschreiben deiner Gefühle und Gedanken. ManOMeter, für dich war das wohl die beste Therapie überhaupt. Hut ab.

Was du selbst (!) mit harter Arbeit an dir in dieser Zeit erreicht hast,… ist dir das eigentlich so richtig bewusst?

GlG von einen beeindruckten AmoebeMS

P.S. Die Beziehung zu deiner Hebamme hab ich total vergessen. Ganz wichtig!!!!!
P.P.S. Und jetzt bitte nicht schon wieder Pipi in den Augen haben! Okay?

Verfasst: 16:06:2009 17:50
von Maike
Hallo AmoebeMS,

Du hast mich beeindruckt und die Tafel Schokolade (eine ganz dicke :D ) verdient! Wo muß ich sie hinschicken:D ? Und nein, ich hab dieses mal kein Pipi in den Augen :-) ich bin nur gerade durch Deine Worte 10 cm gewachsen...!

Ich fühle mich sehr geehrt, dass Du Dir wirklich die Mühe gemacht hast, meine Berichte zu lesen. Ich habe ja noch so viel mehr geschrieben, was ich ja gar nicht alles reingestellt habe (willst das auch lesen??? haha :D )!

Deine Worte waren mir bis ebend nicht bewust...mir war zwar schon bewust, dass das Schreiben eine Art Selbsthilfetherapie ist, aber dass das eigentlich harte Arbeit war, dieses mit Geduld und Disziplin zu tun hat (ich habe das Wort GEDULD in meiner schlimmen Phase gehasst!!! Und war eigentlich sehr ungeduldig!) um somit schneller wieder aus dem Loch heraus zu kommen.....NEIN, das war mir bisher nicht bewust! Aber DANKE für den Wink:D!

Die Beziehung zu meiner Hebamme...ja das war schon eigentlich unbeschreiblich. Ich kann heute nur sagen, dass ich GOTT dafür danke, sie gehabt zu haben. Dennoch habe ich mir durch das Klammern an meinen "Anker" den Abschied sehr schwer gemacht. Die Nachsorge fing noch nicht mal richtig an, da durfte ich gar nicht daran denken, dass sie geht ohne eine Träne zu verlieren..war kein schönes Gefühl...!

Und die Geschichte mit der Weihnachtsfeier....Du wirst lachen aber ich hatte vor kurzem eine ganz ähnliche Situation, wo aber alles gut war. Ich hatte mit meiner Handballmädels eine Abschlußfahrt Ende Mai, die von Mittwoch bis Sonntag ging. Natürlich ist Mika bei meinem Freund geblieben. Ich hab ihn vermisst und auch viel an zu Hause gedacht, aber mir ging es trotzdem gut! Ich hatte kein schlechtes Gewissen!

Ach, ich könnt jetzt noch viel mehr schreiben, aber in Grunde weißt Du ja alles :D !

Ganz liebe Grüße

Verfasst: 16:06:2009 18:40
von AmoebeMS
Hallo Maike,

grins, schon wieder ich. „Grins“ ist mein Lieblingswort, daran müsst Ihr Euch gewöhnen. Ich finde das Einbinden der Smilies als für mich zeitaufwendig (blöd, ich weiß).

Die Tafel Schokolade schicke bitte nach Münster. Warte noch bis Dezember, denn der Weihnachtsmann kennt mich. Ich liebe Toblerone!

Da ich eine begeisterte Leserin nun einmal bin, schicke ihm gleich deine „Doktorarbeit“ mit. Für mich hast du jetzt schon ein „summa cum laude“! So wie Schreiben für dich eine Therapie ist, so ist es das Lesen für mich (aber ich schreibe auch nur zu gerne; viel zu schnell und manchmal hitzköpfig, aber das Schnelle habe ich nun mal in der Ausbildung gelernt). Texte von mehreren Seiten gehen bei mir in kurzen Minuten über die Finger. Manchmal ohne Nachzudenken, ja, gebe ich zu und wenn ich erst Enter gedrückt habe, dann könnte ich mich manchmal gleich darauf wieder erwürgen, aber so bin ich nun mal.

Natürlich war alles was du geleistet hast harte Arbeit! Ich muss mich wundern, dass du das noch nicht so sahst bzw. es dir noch niemand gesagt hat. Oder doch? Egal. Den Wink habe ich dir gerne gegeben, weil er einfach STIMMTE!

Wozu soll man ein schlechtes Gewissen haben, wenn man als Eltern mal allein unterwegs ist? Wenn man weiß, dass die Kinder gut aufgehoben sind und verwöhnt werden, dann darf man selbst ja auch mal „verwöhnt“ werden, gell?

Wenn du noch viel mehr schreiben magst, dann weißt du ja wo wir zu finden sind!!!! Und ich weiß noch lange nicht alles, aber meine Neugier wurde gerade geweckt. Ich bin nicht die Fliege, die gerade durch Eure Wohnung surrt und alles beobachtet. Obwohl,… für einen Tag mal eine Fliege zu sein, würde mich schon reizen, vorausgesetzt ich entgehe den Klatschen.

Sei gedrückt.
AmoebeMS