Seite 1 von 1

Ich kann langsam nicht mehr

Verfasst: 02:08:2009 18:45
von Leuchtkäfer
Hallo Ihr Lieben,

ich bin echt fertig. Die Tage bei meinen Eltern waren nicht wie erhofft eine Hilfe, sondern sehr schwierig. Der Kleine klammert sich sehr an mich, fängt passend zum Alter an zu fremdeln. Ich finde sein Bedürfnis nach Nähe schwierig und fühle mich so schlecht deswegen. Ich kann doch nicht nur mit dem Kleinen kuscheln, wenn ich das will. Die beiden reden mir zwar nicht rein, aber der Kleine wird keine Minute in Ruhe gelassen, dementsprechend waren die Nächte.
Ich konnte mich da gar nicht gegen wehren, bin da noch zu doll Tochter und nicht Mutter. Deswegen habe ich ein schlechtes Gewissen.

Die Nächte sind gerade gruselig, ab zwölf ist er stündlich wach und um halb sechs ist er erstmal für einige Stunden wach. Tagsüber geht alles drunter und drüber, ich erkenne gar kein Muster mehr.
In den Zeiten, wenn er schläft, muß ich immer grübeln und auch nachts kann ich wieder nur schwer einschlafen.

Ich habe Angst, ihn nicht satt zu bekommen, will aber irgendwie auch nicht ganz mit dem Stillen aufhören.

Dann habe ich Angst, ihm, wenn ich wieder so wütend bin , etwas anzutun, diesen Gedanken kann ich kaum aushalten, das ist so schlimm. Auf dem Balkon habe ich Angst, daß er mir über die Brüstung fällt, obwohl lich gar nicht nah dran stehe.

Dazu kommt, daß der KLeine soviel quengelt und ich nicht weiß warum. Ich kann das nicht aushalten. Mein Mann läßt ihn auch mal quengeln oder weinen, wenn er sich kümmert, da kann ich dann meine freien Minuten auch nicht genießen. Ich denke immer, er weint wegen mir.

Dann kommen dauernd Gedanken über meine Gefühle während der Geburt und der ersten Zeit hoch. Daß ich so unglücklich mit dem Baby war und so überfordert und ich finde das so schlimm, jetzt erst zu begreifen, wie es mir da ging, es war schrecklich. Ich habe einen egentlich schönen Moment als so schrecklich empfunden, das tut mir so weh.

Ich kann das alles im Moment kaum aushalten und möchte, daß es aufhört. Ich weiß, daß ich Geduld haben muß, aber die kann ich kaum aufbringen. Dann habe ich so Angst vor den kürzeren Tagen, wenn man nicht mehr soviel raus kann und alles so dunkel ist.

Ich kann nicht mehr.
Ich mußte mir das mal von der Seele schreiben und hoffe, daß das was hilft.

Leuchtkäfer

Verfasst: 02:08:2009 20:34
von Deria
Liebe Leuchtkäfer,

ich kann deine Gedanken sehr gut verstehen und auch die Angst vor dem, was du denkst und fühlst.
Ich frage mich, ob es außer deinem Mann noch andere gibt, die dich evtl. mal unterstützen? Nur mal für ein entspanntes Bad lang?

Als Mutter tue das, was du innerlich fühlst. Wenn du mit deinem Sohn kuscheln willst, dann kuschel...du wirst spüren, er kann da nicht genug von bekommen.
Dieses Gefühl: bloß nicht zu nahe heranlassen, niemanden...würde ja auch heißen: ich werde verbindlich und ich übernehme Verantwortung.
Ich war auch völlig überfordert und wenn ich heute noch einmal ein Kind bekommen würde: ich würde Haushalt, Haushalt sein lassen, ich würde die freie - stündliche Zeit, wo sie dann mal schlief - für mich nutzen: faulenzen, lesen, ausruhen, CD hören.
Es ist so schwierig, da ist plötzlich ein kleiner Mensch, der ganz viel braucht. Und man kann den eben nicht abstellen wie eine sprechende Puppe - Batterien raus und in die Ecke stellen.

Überlege dir doch für die dunkle Zeit schon heute, was ihr evtl. unternehmen könnt. Vll. einen Schwimmkurs machen, Babynachmittag mit anderen Müttern, Kurse für MuKiTu (Mutter-Kind-Turnen)...
..und Kerzen und Licht...die Augen von dem Kleinen werden im Kerzenschein ganz doll leuchten.

Ich hätte mir für mich etwas mehr Gelassenheit gewünscht und auf die Angst etwas falsch zu machen aus meinem Kopf gestrichen.
Das geht natürlich nicht so einfach.
Aber, vll kannst du ein bißchen loslassen.
Wir Mütter machen das schon instinktiv richtig.

Wenn du glaubst, er wird nicht satt, dann leihe dir aus der Apotheke eine Babywaage und wiege ihn nach dem Stillen. Und wenn es zu wenig ist, dann füttere dazu. Niemand würde dich dafür steinigen, meine Tochter ist ein Flaschenkind und ist wunderbar groß geworden...

Liebe Grüße
Deria

Ich werde ganz direkt, entschuldige, ist meine Ansicht

Verfasst: 02:08:2009 21:04
von AmoebeMS
Hallo Leuchtkäfer,

ich habe den Ratschlag schon mal jemandem gegeben und ich bin auch damit angeeckt, aber ich vertrete diese Meinung nun mal. Seit ICH Mutter bin, bin ICH die Mutter und nicht die Oma und nicht der Opa und nicht die anderen! Es ist MEIN Kind und es ist MEIN Leben.

Du musst trotzdem eins bedenken: manche Großeltern sehen ihre Kinder und ihre Enkelkinder nicht oft. Sie reden einem vielleicht nicht direkt etwas ein, aber indirekt schon. Eine gesunde Mutter sieht dies als leichten Wellenschlag, bei einer Mutter mitten in einer PPD oder Depression kommen diese indirekten Ratschläge oder allein nur das Verhalten manchmal als Flutwelle an. Daher rate ich trotzdem dazu, auch in einer prekären Lage mal laut loszuschreien, dass es sich um MEIN Kind handelt und dass der Vater und ich die Eltern sind und am besten wissen, was für das Kind gut ist.

Aber:

Jetzt zu deinen Gedanken: Kind schläft nicht, weder tags- noch nachtsüber, kein Muster, isst nicht gut, schreit nur. Und so weiter und sofort. Leuchtkäfer, sorry, wenn ich so deutlich werde: aber deine Hormone spielen dir einen gewaltigen Streich. Du siehst Dinge, du übertreibst Dinge, beziehst sie direkt auf dich und du wirst wütend darüber. Du bist aber daran nicht schuld, meine Liebe. Nein, deine Hormone sind es. Und du verstehst es immer noch nicht! Du wirst das nicht ohne ein Medikament in den Griff kriegen. Und dazu rate ich dir endlich mal ganz dringend!!!!! Lass dir von einem Arzt endlich ein AD aufschreiben. Irgendwann hast du keine Wahl mehr, weil du einen Zusammenbruch erlebst. Sei klug und beuge dem endlich vor. Bitte lese dir mal deine Einträge seit Anmeldung hier durch. Tue dir selbst den Gefallen. Vielleicht öffnet sich ja ein Auge.

LG AmoebeMS

P.S. Entschuldige meine Offenheit!

Verfasst: 02:08:2009 21:37
von Leuchtkäfer
Hallo zusammen,

Danke für die schnellen Antworten.

Deria, das ist eine gute Idee mit den Plänen für dunkle Tage, damit ich etwas vorhabe. Das mit der Waage werde ich nicht machen, das würde mich noch mehr verunsichern, allerdings werde ich meine Hebamme nochmal nach Tips fragen, ich habe sonst niemanden mit kleinen Kindern, den ich nach Erfahrungen fragen kann.

Nina, ja, die Geduld. Woher bloß nehmen? Aber das war noch nie meine Stärke.

Amoebe: Ich mag tatsächlich nicht hören, was Du da schreibst. Eben, weil ich immer noch denke, ich bin selber Schuld und muß mich nur anstrengen.
Das mit den Beiträgen habe ich schon selber getan, heute vormittag. Ich will einiges daraus mitnehmen zur Therapie, denn da fehlen mir sonst oft die Worte, um konkret zu beschreiben, wie es mir geht und was ich fühle.
Mir ist schon klar, daß es seit ca. einem Monat kontinuierlich schlechter wird.
Aber in meinem ach so toleranten Leben gestehe ich jedem zu, krank zu sein und z.B. ein Antidepressivum zu nehmen, nur mir nicht, denn das empfinde ich als persönliche Schwäche.
Aber ich habe ja schon vor ein paar Tagen Euch und meinem Mann versprochen, es bei der Therapeutin kommende Woche anzusprechen. Das wird mir nicht leicht fallen, aber ich will es trotzdem machen.

Meine letzten Beiträge schreien doch förmlich nach dem Rat," nimm doch endlich etwas", den ich dann ja nun auch mehrfach bekommen habe.

Deine Offenheit sehe ich Dir, Amoebe, nicht nach. Jede(r), die hier schreibt, muß damit rechnen, Dinge zu lesen, die ihr nicht gefallen. Das ist ja manchmal auch gut so, sonst könnte ich es auch in ein Buch schreiben.

Was für ein verdammter Scheiß, ich habe echt die Nase voll davon.

Grüße von Leuchtkäfer

Verfasst: 02:08:2009 21:42
von ubure
Also, zum Teil ist das ganz normal, was Du empindest, das hat noch nicht mal soviel mit Depressionen oder dem ganzen Zeug zu tun.
Allerdings ist die Intensität Deiner Empindungen schon übertrieben, woür Du aber nichts kannst, sondern, wie die Kollegin Amoebe bereits so einfühlsam erörtert hat 8) woran Deine Hormone schuld sind.

Wie lange geht das nun schon bei Dir? Sorry, bin gerade nicht im Bilde über Deine genaue Situation. Sobald ich das weiß, werde ich auch eine Empehlung loswerden, wenn Du gestattest.

Mir ist es damals schon öfter mal passiert, dass ich etwas lauter klarstellen musste, wer nun die Mutter des Kindes ist. Damals war das oensichtlich nötig, für mich aber auch die anderen. Sehr bald traute sich, ehrlich gesagt, keiner mehr, uns dreinzureden. Und das war auch gut so. Heute würde ich wohl einfach nur "Jaja" sagen und auf meine Art und Weise weitermachen.

Du wirst sehen, dass alles besser läuft, wenn's bei Dir besser läuft. Gönn Dir etwas Genesung und tu was dafür, okay?

LG,
Inez

Verfasst: 03:08:2009 19:37
von Leuchtkäfer
Hallo,

ich habe mich wieder ein bißchen eingekriegt und etwas nachgedacht.

1. Nachts wird jetzt, wie es sich seit Wochen gut eingespielt hatte, einmal gestillt. Wenn der Kleine dann noch Hunger oder Durst anmeldet gibt es die Flasche von meinem Mann.

2. Ich schalte einen Gang runter und ruhe mich konsequent aus, wenn mein Sohn tagsüber schläft und mache was im Haus, wenn mein Mann da ist.

3. Ich probiere dieses zehn Minuten-Ding einmal am Tag aus (dann was Räumen oder so) und mehr erstmal nicht.

4. Alle doofen Gedanken schreibe ich jetzt mal auf. Auch wenn ich dafür noch keine schlauen Gegengedanken finde, kann ich später vielleicht darauf zurück kommen.

5. Wenn sich mir die Frage nach dem "Warum ich?" ständig aufdrängt will ich STOP im Kopf sagen, denn das bringt mich nicht weiter.

6. Wenn mich jemand fragt, wie es geht, will ich offen sagen, daß ich dies oder jenes gerade schwierig finde und mir nicht ein falsches Grinsen an den Ohren festtackern. Das heißt ja noch nicht, daß ich mein Herz auf der Zunge tragen muß, so bin ich nun mal nicht und das ist o.k.

7. Ich habe Fotos von mir und meinem Sohn ausgedruckt und hinten auf jedes etwas geschrieben, was mit ihm schön ist oder gut klappt, die hängen über dem Wickeltisch.

8. Ich habe das Buch Ängste verstehen und überwinden bestellt.

9. Ich gehe wieder joggen, ganz ohne Druck, einfach um Agressionen los zu werden (hat schon dreimal geklappt).

10. Zuguterletzt werde ich diesen Beitrag ausdrucken und in die Handtasche stecken und bei Bedarf vorkramen.

Danke, daß Ihr in den letzten Tagen den ganzen Mist aus meinem Kopf ausgehalten habt. Daß ich das hier alles immer schreiben durfte, hat geholfen jetzt nochmal in eine andere Richtung zu denken.

Einen schönen Abend noch wünscht
Leuchtkäfer

Verfasst: 03:08:2009 19:48
von AmoebeMS
Bild

zu Punkt 3. Inez-"dämliche"-10-Minutes waren oft meine Rettung.

zu Punkt 8. Lesen und in die Handtasche zusätzlich zu deinem Zettel packen.

zu Punkt 0. Nicht erwähnt: ein Medikament (du weisst, was ich meine).

LG Anna

Verfasst: 04:08:2009 22:45
von Fritzi
Hallo Leuchtkäfer!

Wenn ich deine Beiträge lese, dann spüre ich bei dir ganz viele Schuldgefühle, ein megamäßiges schlechtes Gewissen. Ich kenne das von mir selbst auch und ich muss sagen, ich habe es in den letzten paar Monaten geschafft, mich davon fast zu befreien. Was mir dabei am meisten geholfen hat, war immer wieder mir selbst zu sagen: ICH DARF DAS. Zum Beispiel hatte ich Probleme mit dem Stillen, ich konnte es nicht ertragen, dass ein kleines Wesen so abhängig ist, dass ich Nähe zulassen muss, wenn mir überhaupt nicht danach ist. Ich hatte teilweise regelrecht Angst davor und sooo ein schlechtes Gewissen (Was bin ich für eine Mutter, wenn ich mit dem Stilen nicht klarkomme?!?) Und dann habe ich in der Therapie gelernt, dass ich diese Gefühle einfach mal zulassen und annehmen und dann schauen soll, was passiert. Und es war seltsam: Sobald ich mir erlaubt hatte, auch mal keinen Bock aufs Stillen zu haben oder mal Angst davor zu haben, lief es damit plötzlich immer besser und besser. DU DARFST DAS! Du darfst auch mal keine Lust haben auf Kuscheln. Deswegen bist du keine schlechte Mutter, sondern einfach nur ein normaler Mensch mit eigenen Wünschen und Bedürfnissen. Deswegen liebst du dein Kind nicht weniger! Und glaub mir, sobald du in dem Punkt etwas gelassener wirst, wird auch dein Kleiner entspannter und die Nächte werden angenehmer.

Fehlender Schlaf verändert die Psyche übrigens enorm, das ist der reine Wahnsinn. Ich habe das so gemacht, dass mein Freund und ich in getrennten Zimmern geschlafen haben. Er schlief im SchlaZi mit der Kleinen und brachte sie dann zu mir ins WoZi zum Stillen. Denn es ist ja so, dass man als Mutter öfter wach wird, auch wenn Baby einfach nur unruhig schläft. Mittlerweile ist es so, dass unsere Kleine im eigenen Bettchen in ihrem Zimmer schläft, ganz in unserer Nähe, und ich sie zum Stillen rausnehme (so ca. um 5-6 Uhr morgens) und dann in mein Bett nehme. Das erleichtert den Alltag enorm!!! Übrigens schlafen mein Freund und ich immer noch getrennt :wink: Einfach weil wir momentan so besser schlafen und momentan beide den Schlaf einfach brauchen. Man muss eben Prioritäten setzen :)))

Liebe Leuchtkäfer, ich wünsche dir sehr, sehr, dass du lernst, dich selbst mehr anzunehmen und zu lieben. Sei nicht so streng zu dir, ich bin mir 100% sicher, dass du eine super Mama bist!

LG
Fritzi