Hallo Nicole,
ich kann Deine Gedanken total gut verstehen! Die Kinder treiben einen manchmal in den Wahnsinn! Ich glaube, das geht fast jeder Mutter so.
Meine Tochter ist gerade 15 Monate und ich kann nur sagen: Heute war der Horror! Nein, das stimmt nicht! Es war schlimmer! Ich konnte ihr gar nichts recht machen, sie hat nur gequengelt, wollte auf meinen Arm, dann wieder runter, hat mir immer am Hosenbein gezogen -

Also, was diese Gefühle angeht, bist Du nicht allein!
Ich hatte mir auch vorgenommen, dass meine Tochter bei mir nie würde schreien müssen, ich wollte ein liebevolles, vertrauensvolles Verhältnis zu ihr aufbauen und an guten Tagen scheint das auch irgendwie zu klappen. Aber dann kommen schlechte Tage und ich ziehe alles in Zweifel, frage mich, warum sie so einen Grund hat, zu quengeln, obwohl sie doch eigentlich weiß, dass ich immer parat stehe!
Was ich zu Deiner Situation sagen kann ist, dass Dein Kleiner sicherlich merkt, dass Du Deine eigene schwierige Kindheit versuchst auszugleichen. Dafür sind Kinder sicher sehr sensibel / empfänglich. Es ist ihm natürlich nicht bewusst, aber er "spürt" diesen wunden Punkt bei Dir, er merkt genau, an welcher Stelle er Dich piesacken kann. Du kannst ihm keine perfekte Mutter sein, ich denke, das weißt Du selber. Es ist ja auch die Frage, was eine perfekte Mutter überhaupt ist. Eine, die keine "wunden Punkte" hat? Was Du ihm geben willst, ist dass, was Du selber zu wenig bekommen hast. Das ist ein sehr nachvollziehbarer Ansatz und wird ihm gut tun. Trotzdem hast Du Grenzen. Das ist normal. Du spielst mit ihm, bietest ihm viel, etc. und das ist anstrengend. Wenn es dann noch "schlechte Tage" sind, umso mehr.
Ich glaube, auch, wenn der Zusammenhang jetzt nicht von mir hergeleitet wird, liegt der richtige Knackpunkt für Dein Problem darin, dass Du darum trauerst, selber nicht solche Aufmerksamkeit von Deiner Mutter bekommen zu haben, wie Du jetzt an Deinen Sohn weitergeben willst. Noch dazu bekommst Du von Deiner Mutter Signale, die Deine Bemühungen um Deinen Sohn lächerlich erscheinen lassen. Das ist verletzend.
So, wie Deine Mutter sich ungewöhnlich wenige um Euch "gekümmert" zu haben schien, scheinst Du Dich ungewöhnlich viel zu kümmern. Für beide Verhaltensweisen gibt es Gründe. Die für Dein Verhalten kennst nur Du. Die für das Verhalten Deiner Mutter nur sie selbst. Fest steht, dass es ja, wie in den meisten Fällen im Leben, um den "goldenen Mittelweg" gehen sollte. Der ist bekanntlich schwierig zu finden und noch schwieriger einzuhalten, aber ich halte es für ein Problem, dass Du in meinen Augen etwas "wettmachen" willst, was Deine Mutter versäumt hat. Ich kann zwar die Tragweite dieses Problems für Dich noch nicht ganz abschätzen, aber ich bin sicher, dass Du ein "normaleres" Verhältnis zu Deinem Sohn entwickeln kannst, wenn Du Dich auch mit dem Geschehen von früher versöhnen kannst.
In diesem Sinne, MICI