Seite 1 von 1
Geht wieder in die falsche Richtung
Verfasst: 19:12:2005 15:25
von Carlotta
Hallo die Damen,
länger ging´s mir gut, richtig gut sogar. Jetzt hänge ich seit ein paar Tagen wieder voll drin in meiner Angst. Ich flüchte mich ja dabei in meinen Krankheitswahn, der Schwindel wird als Tumor gewertet, das Herzrasen als Infarkt. Ok, wir hatten das ganze Wochenende hier einen Magen-Darm-Virus, alle vier krank, da kann man sich natürlich generell nicht sooo gut fühlen. Und ich habe bemerkt, dass es eigentlich IMMER um meine Beziehungen zu anderen geht, das ist das Hauptthema. Also, ständig denke, alles hängt von mir ab, ich muss alle glücklich machen, alle retten, keiner darf mir böse sein etc. Und ich bin mir NIE sicher, dass zB mein Freund auch bei mir bleibt, ob ich nicht irgendwann alleine dastehe. Ich habe jetzt ja schon 1,5 Jahre Therapie hinter mir und in so Momenten wie heute sehe ich schwarz: das mir das alles gar nix gebracht hat, ich da nie mehr rauskomme etc. Ich weiss, es sind Schwankungen (die man ja auch ohne Medis hat), aber ich verzweifle da noch dran

Wer von Euch kennt das - insbesondere diese ätzenden körperbezogenen Ängste und diese ewigen Schuldgefühle, dass das Wohl aller von einem selbst abhängt? Ein kurzes Beispiel: wenn morgens Elisa, die Kleine aufwacht, habe ich ein ganz schlechtes Gewissen, wenn ich zuerst schnell noch einen Kaffee trinke und mich dann erst um sie kümmere. Oder: gestern ging es der Großen besser, ich konnte aber nicht mit ihr raus, weil die Kleine Fieber und mein Freund noch den Virus hatte. Ich weiss, dass man diesen Anforderungen NIE gerecht werden kann, es allen recht zu machen und trotzdem versuche ich es ständig. Und dann kommt der Druck und die Angst. Habt Ihr ein paar Tipps, wie man sozusagen mehr bei sich bleiben kann? Huch, das ist jetzt aber lang geworden und vielleicht auch bisschen wirr, viele Grüße Charlotte
Verfasst: 19:12:2005 16:08
von sunshine
Hallo liebe Charlotte,
ich bin -wie du- momentan auch auf der dunkleren Seite...
Ich hab nach 4Monaten Medis absetzen einen Rückfall erlitten, jetzt greifen die Tabletten auch nicht so richtig...
...aber jetzt zu dir:
zu beginn habe ich immer geglaubt, es ist körperlich, also irgendein Organ spinnt oder ist krank -drum gehts mir so.
Aber mittlererweile habe ich diese Ängste nicht mehr, weil ich so oft Angstsituationen durchgestanden habe und es ist nichts passiert.
Oft denk ich mir: hätt ich jetzt wirklich einen Infarkt, ich würd wohl dran sterben, weil ich alle Symptome missachten und als Panikattacke abtun würde

)))))
Dein anderes Thema ist ja geradezu ein Bilderbuchsymptom für die Krankheit.
Wir werden wohl alle auch so erzogen worden sein, immer lieb zu sein und das bestmögliche zu machen, sonst hat uns Mama oder Papa nicht mehr lieb...
Das verfolgt uns halt bis ins Erwachsenenalter, jetzt willst du natürlich immer noch allen alles Recht machen, was aber eine Illusion ist!!!!!
Ich weiß ganz genau wie es dir geht, man hat ja auch echt das Gefühl es hört niiiiiiiiiiiiiiiieeeeeeeeee mehr auf, aber das stimmt nicht!!!!!!!
Ein Arzt in der Psychiatrie hat zu mir gesagt:
Man muss erst durch die Hölle gehen, bevor man in den Himmel kommt!
Kommen vielleicht auch deine Tage? Meistens wirds dann ja auch nochmal schlimmer...
Bei mir manchmal davor, währen, oder danach - oder permanent!!!!
Liebe Charlotte - ich kann dich grad gar nicht gut aufbauen-bin selber im Loch - trotzdem wünsch ich dir alles, alles Gute,
auf dass dieser Sch.... uns endlich in Ruhe läßt!!!!!!
Deine Leidensgenossin
Christine[/b]
Verfasst: 19:12:2005 16:11
von Nora
Liebe Charlotte,
so etwas ähnliches kenne ich von mir auch. Ich dachte auch immer, ich muß alles erledigen, alles im Griff haben, jedem gerecht werden damit mich bloß alle mögen. Und dann wurde mir mal wieder alles zuviel und bei mir äußert sich daß dann weniger in Angst als in Agressivität und schlechter Laune.
Ich lerne gerade, daß ich nicht immer alles gut machen muß, damit man an man festhält. Das ist sehr schwer, aber ich mache Fortschritte. Dabei hat mir auch die Therapeutin in der Selbsthilfegruppe geholfen. Sie sagt stets, man muß nicht immer gleich springen, wenn die anderen ein Bedürfnis äußern. Und man soll mehr auf sich selbst hören. Ohne gleich Schuldgefühle zu haben. Ruhig den anderen Grenzen aufzeigen, eingestehen, daß man es gerade nicht schafft, etc. Und je öfter ich das ausprobiert habe, desto mehr habe ich gemerkt: es ist gar nicht schlimm. Man liebt mich trotzdem. Je mehr solcher Erfahrungen ich mache, desto selbstsicherer werde ich. Außerdem versuche ich, mir selbst Zeit zu geben aus meinem erlernten Verhalten rauszutreten. So schnell kann ich mich da nicht ändern, aber das ist normal und auch ich habe hin und wieder Rückschläge. Und die ziehen dann auch runter, denn meistens kommen mehrere Sachen auf einmal - wie so oft im Leben.
Sei nicht so streng mit Dir, Charlotte. Du bist für alle da, versuchst stets alles richtig zu machen, lieb + gut zu sein, etc. Das ist zwar sehr lobenswert, aber Du vergißt Dich selbst dabei. Wer rettet Dich? Gib anderen die Chance, für Dich da zu sein und Dir manches abzunehmen. Sie können das und werden trotzdem zu Dir stehen.
LG,
Nora
Verfasst: 19:12:2005 17:01
von Ava
Hallo Charlotte,
ich bin davon überzeugt, dass dieser Anspruch, es allen recht machen zu wollen, sich dafür verantwortlich zu fühlen, dass es den anderen gut geht, ein Hauptauslöser für PPD ist - auch bei mir.
Das ist ein Teufelskreis, dieses Beziehungskarussell, und die Angst, die Du beschreibst, die kenne ich auch sehr gut, man hat Angst, dass es schief geht, obwohl man sich alle Mühe gibt...
Meine besten Zeiten hatte ich immer, wenn ich - mehr oder weniger - "mein Ding" gemacht habe, es mir dadurch gut ging, und ich dadurch wiederum auch viel ausstrahlen und viel geben konnte - an andere. Also das Auftanken ist wichtig, glaube ich, und das weißt Du sicher selbst am Besten, wo und wie Du das kannst!
Vielleicht Mantras sprechen: Ich bin wichtig, zuerst der Kaffee, dann kann ich mich besser kümmern, warum nicht???
Furchtbar, wie wir uns alle niederknüppeln mit diesen Ansprüchen - wir sind doch keine Heiligen, keine Retter und keine Übermütter, eigentlich sollte jeder in jedem Alter lernen, für sich verantwortlich zu sein - Du kannst Deine Tasse Kaffee mitnehmen oder Deinem Kind sagen, dass Du ihn erst austrinkst, und dann kommst....
Wir verdienen auch, dass auf uns ein bißchen Rücksicht genommen wird, oder?
Liebe Grüße und gib´ nicht auf!
Ava
Verfasst: 19:12:2005 20:13
von Marika
Liebe Charlotte!
Hey, komm ich drück dich mal. Solche Tiefs sind ganz, ganz gemein - ich kann da sehr gut mit dir fühlen. Was die Mädels vor mir geschrieben haben, kann ich nur bestätigen: Wir müssen lernen, wirklich unsere Wünsche und Bedürfnisse wahrzunehmen und vor allem anzunehmen. Das ist ein Lernprozess, in dem auch ich noch stecke.
Ich muss sagen, dass ich gerade in einem tollen Hoch stecke, in dem ich immer mehr Erkenntnisse erlange, wie ich eigentlich schon mein ganzes Leben MICH selbst verleugnet habe und zuliebe anderer Menschen eine ganz andere Identität angenommen hatte. Das erlernte "du musst es als Mädchen/Frau allen recht machen und immer lieb sein" hat das seinige beitgetragen. Und wieder kommt so ein Hoch in dem Moment, da ich mir - nach längerer Pause - wieder eine BACHBLÜTENMISCHUNG habe machen lassen. Es ist wirklich auffallend, wie ich Fortschritte mache, wenn ich Bachblüten nehme. Wäre dass nicht vielleicht ein Versuch wert??? Ich kann nur sagen, sie helfen mir enorm. Obwohl ich auch immer skeptisch war. Man sie sich in jeder Apotheke mischen lassen.
Übrigens hat mein Noah jetzt auch Bachblüten bekommen, weil er im Moment wohl gerade in der "8 Monats Angst - Phase" steckt und sehr schlecht schläft. Er hat sie heute das erste Mal bekommen und ich bin gespannt wie die Nacht wird. Jetzt schläft er mal auf jeden Fall.
Liebe Charlotte, nicht aufgeben. Dieses Tief geht sicher auch vorbei und du wirst gerade dann merken, dass du vielleicht wieder einen Schritt weiter gekommen bist. Vielleicht versuchst du es mal mit den Bachblüten?
Sie ganz lieb umarmt!
Verfasst: 19:12:2005 21:04
von Carlotta
Hallo Sunshine, Nora, Ava und Marika,
Ihr habt ja alle so Recht und baut mich in meinem Tief richtig auf. Ehrlich, Eure Antworten sind besser als jede Therapie (gut, dass ich Euch nicht bezahlen muss, ich könnte es auch gar nicht, denn Eure Hilfe ist unbezahlbar :) Oft denkt man ja in diesen Tiefs, meine Güte, ich bin einfach ein Idiot und mache mir das Leben unnötig schwer. Aber so einfach ist es nicht. Ich habe ja auch schon viele lichte Momente gehabt, wo ich auch wie Du Nora und Ava mein Ding gemacht und bemerkt habe, dass mich trotzdem keiner verlässt. Ich merke auch, wenn ich arbeite, geht es mir besser. Oder eben war der Bruder meines Freundes da, Chef eines Verlages, der schon Manuskripte von mir gelesen hat und meinte, ich solle endlich mal was schreiben, ich wäre gut :) Das baut auf, denn ich traue mir zur Zeit mal wieder NIX zu. ich frage mich auch, WARUM kommt so ein Tief? Ist es das Ende meiner Therapie, Weihnachten, kranke Kinder? Wenn ich die Auslöser wüßte, könnte ich mir ja sagen: AHA, siehste, das ist jetzt Stress für Dich, deswegen biste nervös. Das heißt aber nicht, dass Du schwerkrank bist. Denn damit löst man seine Probleme nicht, sich hinzustellen und Bestätigung durchs Leiden zu finden. Mein Vater hat diese Rolle bei meiner Mutter übernommen, mein Freund macht das aber nicht, und eigentlich muss ich ihm dankbar dafür sein, denn so fordert er mich auf, mein Verhalten zu überdenken. Ich habe absolut keinen Gewinn "durch" meine Hypochondrie, ganz im Gegenteil, meine Freundin meinte heute, es NERVT langsam, meine Befürchtungen. Vor allem, weil nix rauskommt, ich falle nicht um, sondern muss "einfach" sagen, was ich will. Ich komme da wieder raus, das mit den Bachblüten probiere ich mal, hier gabs doch so ein online-Teil, vielleicht kann ich da auch bestellen. "Echte" AD´s mag ich jetzt nimmer nehmen, nach der langen Zeit, ich will ja gerade auch von meinem Blocker loskommen, er ist bloss eine Krücke. Mädels, ich drück Euch zurück, was würde ich ohne Euch machen? Wieder so lang, aber es tut sooo gut, darüber zu schreiben. Vielen Dank für Eure Hilfe und liebe Grüße Charlotte
Verfasst: 20:12:2005 9:55
von kathrin66
hallo charlotte,
also erst einmal, kopf hoch, ich schicke dir kraft!
das mit dem " alle glücklich machen", da dachte ich auch, dass ist der job einer frau/mutter. falsch gedacht!!!!!!!!! man kann sein bestes tun, ist aber wie alle anderen auch nur ein mensch. KANN MAN GLÜCK ERZWINGEN? nein, man kann gute vorraussetzungen schaffen, aber sich dabei nicht vergessen. und wenn bei euch ein virus krassiert, dann tritt langsamer und versuche auch an dich zu denken. erst einmal müßt ihr alle wieder gesund sein! auch du, dann geht es wieder seinen normalen weg.
körperbezogene ängste sind meine heimat gewesen. ich will das nicht mehr. es ist mir nie etwas passiert und wenn dann doch mal was kommt, dann kann ich es auch nicht ändern. andere werden auch krank.
und wenn ich die kontrolle verliere, was meine größte angst ist, dann habe ich pech gehabt!
noch was zu deinem beta blocker. ich nehme ja auch obsidan.(bluthochdruck in der PPD) die werden auch gegen generalisierte angst eingesetzt. und wenn du den jetzt absetzt, dann mach das sehr sehr langsam, sonst kommt die angst ganz schnell zurück.und manchmal um so heftiger!
also kopf hoch, es wird besser wir helfen dir!
liebe grüße
kathrin
Verfasst: 20:12:2005 10:10
von Carlotta
Hi Kathrin,
ja klar, mach ich langsam mit dem Blocker. Bei mir liegt ja kein organischer Bluthochdruck vor und ich nehme zur Zeit eh eine niedrige Dosis (2,5 mg Bisoprolol) und den halbiere ich jetzt erst mal für 4 Wochen oder so. Ich merke ja selbst am besten, was passiert. "Hochfahren" kann ich ja immer wieder. Für Angststörungen ist der Blocker nämlich nur bedingt gut, er reduziert zwar das Herzrasen, aber wenn das eh seelisch ist, muss man an der Ursache was tun und nicht an den Symptomen. Ich habe ausserdem eher niedrigen Blutdruck, so dass mich der Blocker noch müder macht

Ja, ich will das auch nicht mehr, mit der Hypochondrie, und in all den Jahren ist nix passiert. Ich weiss manchmal auch nicht, warum ich da so dran festhalte. Aber ich gebe natürlich nicht auf und sage Dir vielen Dank für Deine lieben Worte, viele Grüße Charlotte
Verfasst: 20:12:2005 15:49
von Emily
Liebe Charlotte,
Mensch tut mir echt leid das es dir wieder schlechter geht. Aber das ist bestimmt, ganz bestimmt nur so eine Phase. Wenn ich krank bin fühle ich mich auch depresiver wie normal. Dann kommt halt leichter alles hoch. Mein Mann kann das mit den Zwangsgedanken bald auch nicht mehr hören. Ich habe auch immer Angst das ich irgendwenn damit auf die Nerven falle. Aber so ist nunmal unsere Krankheit und du kannst nichts dafür!!! Ich glaube wenn man soetwas nicht hat kann man sich gar nicht vorstellen wie Ängste einen Quälen können. Aussenstehende meinen wohl wenn man nur wollte könnte man es abstellen. Es ist halt auch langwierig, mein Mann dachte wohl auch als es mir besser ging es ist vorbei, so einfach ist es halt nicht. Laß es dir gutgehen, entspanne dich so oft wie es geht, beschäftige dich mit etwas das deine Gehirnzellen mit was anderem Beschäftigt sind, lies ein gutes(positives) Buch,
Alles,alles Gute
Emily
P.S Es geht wieder vorbei