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Ich habe Angst

Verfasst: 04:11:2010 0:03
von FINN88
Hallo ich habe echt angst, das ich nie wieder mein altes Leben ohne Angst(Todesangst) aufnehmen kann. Mich quält die Sorge das es mich immer begleiten wird für den rest meines Lebens...werde ich den rest meines Lebens Tabletten nehmen müssen?Ich bin doch noch so jung und hatte mich so auf ein intaktes Familienleben gefreut und nun sowas...werde ich trotz AD noch Angstzustände haben?

Verfasst: 04:11:2010 8:38
von Marika
Hallo meine Liebe,

ich kann dich soooo gut verstehen. Mir ging es vor 5,5 Jahren ganz genau so: ich konnte mir nicht vorstellen, je wieder ein normales, oder gar schönes Leben zu haben! Glücklichsein? Schien mir für immer verloren. Ich sah mich sogar schon in einer geschlossenen "Gummizelle", weil ich überzeugt war eine Gefahr für mein Kind zu sein - wollte mich sogar selber einweisen lassen. Ich dachte ebenfalls, ich bekomme bestimmt ganz starke Tabletten, werde für immer in einer Klinik sein müssen, usw.usw...

Nichts davon ist eingetreten! :D Ich bekam ein AD und begann eine tolle Therapie. Und nach und nach ging es bergauf. Das erste halbe Jahr war schon noch ein bissl ein Kampf ab und an, weil es auch mit AD noch zu Tiefs kommen kann. Das ist ganz normal, aber diese Tiefs sind dann viel milder, als dein jetziger Zustand. Eigentlich hat dieser Umstand auch was gutes: Denn es zeigt das ein AD kein Medikment ist, dass einen nur "zudröhnt", sondern dass man total klar ist und eben auch durch diese Tiefs gezwungen wird, ZU VERARBEITEN bzw. sich in der Therapie den Ängsten usw. zu stellen. Also man nimmt nicht nur ein Tablettchen und gut ist, nein es ist auch ganz wichtig sich dem ganzen gedanklich zu stellen um zu VERARBEITEN!!!

Aber das allgemeine Befinden wird durch ein AD erstmal schon auf ein gutes, erträgliches Niveau gestellt. Deine Ängste werden recht schnell viel, viel besser werden, da das AD ja den Botenstoffwechsel (sprich das Serotonin, Noadrenalin oder Dopamin usw.) wieder in die Balance bringt, wie sie sein sollten. Nur mit dieser richtigen Balance fühlt man sich auch gesund. Daher wird ganz viel schon durch das AD allein besser bis sehr gut. Eine begleitende Therapie kann dann auch für langfristig in deinem Gehirn bewirken, dass evtl. alte vielleicht sogar krankmachende Verhaltensmuster aufgebrochen und durch neue gesunde ersetzt werden. So stehen die Chance sehr gut, dass AD - nach ausreichend langer Einnahme (man sagt: nach Eintreten einer Beschwerdefreiheit sollte das AD mind. 6 Monate - besser noch ein Jahr genommen werdne, um einen Rückfall so gut möglich zu verhindern) zu reduzieren und irgendwann komplett abzusetzen!

Also - du wirst wieder glücklich sein, ich habe es selbst erlebt. Mir geht es heute so gut, wie die ganzen mehr als 30 Jahre vorher nicht!!! Ich bin glücklich, genieße mein Leben in vollen Zügen, liebe meinen Sohn über alles - kurz: ich habe ein tolles, schönes Leben!!! Und das wirst du auch haben!

Sagst du uns dann, wie es bei deinem Hausarzt war????

Liebe Grüße von

Verfasst: 04:11:2010 14:50
von Leuchtkäfer
Hallo FInn,

es ist leider ganz normal, daß Du jetzt so doll Angst hast, daß alles so schlimm bleibt, wie es gerade ist.
Das wird es aber ganz sicher nicht. Schau, eine Depression ist eine Krankheit wie jede andere und deswegen heilt sie auch wieder. Gerade eine PPD ist sehr gut heilbar.
Ein AD kann Dir sehr gut helfen. Es ist nur so, daß es vier bis sechs WOchen braucht, bis es seine Wirkung voll entfaltet, weil es den Stoffwechsel im Gehirn beeinflußt und das geht nicht von heute auf morgen.
Dur wirst in der Anfangszeit auch noch mit dem AD die Symptome haben, die Du jetzt hast, aber sie werden immer weniger werden.

Wenn Du mit einem AD anfängst, heißt das nicht, daß Du es Dein Leben lang nehmen mußt. Du kannst es mit Hilfe eines Psychiaters oder des Hausarztes auch langsam wieder absetzen.
Aber das alles ist erst der zweite Schritt. Es ist wichtig, daß es Dir jetzt schnell wieder besser geht, damit Du genau das, was Du möchtest: Das Glücklichsein in einer eigenen kleinen Familie, bald erleben darfst.

Hol Dir ganz schnell Hilfe, geh zu Deinem Hausarzt, denn mit einer Überweisung zum Psychiater bekommt man wirklich schneller einen Termin.

Aber nochmal: Es wird nicht so schlimm bleiben, wie es jetzt ist, es wird wieder alles viel besser, ganz sicher.
Diese Ängste kennen wir alle hier und die ganz schlimme akute Zeit ging bei allen mit der richtigen Hilfe bald vorbei.

Grüße von Leuchtkäfer

Verfasst: 04:11:2010 20:55
von AmoebeMS
Liebe Finn88,

ein herzliches Willkommen auch von mir.

Und damit du meinen amoebschen Humor etwas besser kennenlernst, möchte ich dich hier arg bitten, mir nicht den Rang abzulaufen, und dir bessere todbringende Erkrankungen auszudenken, die du vermeintlich hast, denn ab.) ich hatte sie alle und b.) so viel Phantasie wie ich hast du nicht;-))

Somit kenne ich alle deine Gefühle und Bedenken, auch bezüglich Antidepressiva und erst Recht die, nicht aus dem ganzen Unsinn wieder heraus zu kommen. Doch ich bin raus, mit Rückschlägen, sicher, aber nicht in diesem Umfang, wie du es heute noch erlebst bzw. wie ich sie damals erlebt habe.

Das Wochenende überlebst du;-)) Keine Frage.

Zu den Maßnahmen, die du eh schon vor hast, und die meine Vorgänger dir bereits als Hilfe mitgeteilt haben, würde ich dir ganz speziell raten, dir mal ein Buch zu besorgen. Doris Wolff „Ängste verstehen und überwinden“. Aber das Buch sollte nicht nur gelesen werden, sondern man muss damit auch intensiv arbeiten und zb die genannten Fallbeispiele auf einen selbst „umschreiben“. Das ist aber recht einfach, doch man muss im Falle der aufkommenden Angst und ggf. Panik diese Beispiele dann auch versuchen umzusetzen. Das Buch war eine lange Zeit lang mein täglicher Begleiter in der Handtasche, weil auch Atemübungen im Angstfall angesprochen werden. Aber auch Rescue Tropfen und in meinem Fall Mimulus Bachblüten (danke Marika heute noch dafür), also Bachblüten standen auf meiner Fensterbank.

Du hast einen längeren Weg vor dir, sicher, aber sei dir gewiss, dass du nicht alleine bist, denn das bist du nicht!!! Huhu, hier sind wir alle und winken dir zu, die gleiches erlebt haben und erleben. Du hast ein paar Aufgaben vor dir herauszufinden, was dir gut tut. Das ist ein Ansporn, eine Aufgabe eben. Mir half die Therapie, das AD und die Hausaufgaben zu Hause, die Bücher, die Bachblüten, Homöopathie, Tiefenentspannung nach Jacobsen, etc. Aber das Umpolen der Gedanken mit dem Buch von Frau Wolff war eigentlich entscheidend, so wie auch in meiner Therapie besprochen.

Ach ja, als ich zum ersten Mal diese richtigen Attacken bekam, lag ich gerade gemütlich in der Wanne und als ich aus ihr ausstieg, sah ich plötzlich im Spiegel meinen Hals nicht mehr. Ehrlich, Kopf und Rumpf waren eine Einheit. Ich lies mich von meinem damaligen Vermieter in die Notaufnahme bringen und wurde mit einer Lutschtablette entlassen. Sicher, ich hatte keine PPD, denn meine Kinder waren schon lange geboren, aber den Auslöser habe ich entdeckt. Ist aber zunächst egal. Allein das Gefühl völlig hilflos zu sein, weil man sicher gleich ohnmächtig wird oder gleich tot umkippt, kenne ich zugenüge, denn man hat ja eine schwerwiegende Erkrankung, nur welche?

Ich sage dir welche: PPD. Und die ist verdammt gut behandel- und heilbar.

LG AmoebeMS

P.S. Viel Glück beim HA und herzliche Glückwünsche nachträglich. Lass deine Schilddrüse untersuchen, wenn nicht schon geschehen.