Beim Lesen des Satzes „Mit der Geburt eines Kindes wurde nicht nur ein Baby geboren, sondern auch eine Mutter!“ aus dem Beitrag von Feebie musste ich sofort anfangen zu heulen. Eure ganzen Beschreibungen, die ich hier lesen kann, beruhigen mich einerseits. Andererseits habe ich das Gefühl, ich stecke gerade mitten in etwas, was ich nicht richtig benennen kann. Ich hoffe, dass hier der richtige Platz ist, mal all das, zumindest schriftlich, los zu werden, was mich bewegt:
Meine Tochter ist im März geboren, sie ist jetzt fast neun Monate alt. Ich bin vor kurzem vierzig geworden. Die Kleine ist ein echtes Wunschkind, bewusst entstanden, sie hat sich sogar 5 Wochen vor der “Zeugung“ (was für´n bescheuertes Wort) angekündigt – aber das ist eine andere Geschichte.
Mit meinem damaligen Partner war ich zu dieser Zeit ungefähr 3 Jahre zusammen. Wir haben nie zusammen gelebt. Nachdem er sich in der Mitte der Schwangerschaft in eine Andere verliebt hat, bin ich in ein Loch gestürzt. Sooo lange habe ich darauf gewartet und gehofft, schwanger zu werden. Ich hatte es gar nicht mehr für möglich gehalten. 15 Jahre ohne Verhütung, ich bin nie schwanger gewesen. Und plötzlich war klar, ich werde Mama, ich hab es an einem ganz bestimmten Tag gewusst, zwei Tage später ist es dann passiert. Wir wurden schwanger und ich wusste es sofort. Und dann verlässt mich dieses A……. kurz nachdem ich wegen Blutungen im Krankenhaus lag. Jetzt, nachdem so viel Zeit vergangen ist, bin ich mir sicher, dass ich diese Trennung überhaupt noch nicht verarbeitet hab. Es war einfach noch nicht möglich.
Ich lag von der 22. bis 34. Woche im Krankenhaus mit vorzeitigen Wehen und durfte das Bett für ca. ¾ der gesamten Zeit nur zum Toilettengang verlassen. Gut, dass man so was nicht vorher weiß. In den letzten 6 Wochen vor der Geburt war ich zu Hause, weil es keine medizinischen Indikationen für einen Krankenhausaufenthalt gibt, der diesen hätte rechtfertigen können. Ich bekam eine Haushaltshilfe. Allein die letzten Monate haben mir so sehr zugesetzt, dass ich eigentlich zu dieser Zeit schon von Depressionen hätte reden können. Meine Güte, ich merke beim Schreiben, dass ich unheimlich viel aus dieser Zeit vergessen habe. Es kostet mich viel Mühe, das aufzuschreiben, um alles irgendwie nachvollziehbar zu machen. Ich scheue mich davor, aber ich denke, das gehört zum Schlüssel, der die Tür zu den Ursachen meines derzeitigen Zustandes öffnen könnte. Meine Ängste in fast der gesamten Schwangerschaft bezogen sich permanent auf den möglichen Verlust meines Kindes. Nie konnte ich entspannt empfinden und genießen, dass ich schwanger bin und mich auf die Zukunft freuen. Einerseits die ständigen Wehen (die Partusistenbehandlungen waren furchtbar – sie sollten und haben zum Glück mehrfach die Wehen gebremst) und andererseits das ans Bett gefesselt-sein ohne Unterstützung des Partners. Ich wollte ihn nicht sehen. Hatte Angst, dass das noch mehr Wehen ausgelöst hätte. Freunde kamen eher selten, alle hatten ihren eigenen Verpflichtungen nachzugehen. Ich hab mich völlig allein gefühlt, war es ja eigentlich auch. Meine Schwangerschaft hatte ich mir schöner vorgestellt. Ich komme schon wieder an einen Punkt, an dem ich merke, ich kann das alles noch gar nicht richtig aufschreiben. Es schnürt mir die Kehle zu, wenn ich anfange, genauer darüber zu berichten.
Eine Haushaltshilfe wird mir seitens der GKV (DAK) nicht gewährt. Ganz im Gegenteil; sie lässt vom MdK fragen, ob nicht vielleicht eher eine Betreuung durch das Jugendamt erforderlich sei. Unglaublich. Abgesehen davon, dass ich immer mehr an Substanz verliere, so fühlt es sich jedenfalls an, gedeiht meine Tochter prächtig. Ist doch was
Das, was ich weiß, ist, dass ich dringend Hilfe brauche. Ich bin mal wieder an einem Punkt, wo ich mit dem Allein-sein, mit dem Allein-machen und dieser Einsamkeit nicht mehr klar komme. Ich hab sehr wenig Kraft zur Verfügung, merke ich. Und ich fühl mich so verdammt ausgelaugt. Nichts ist verarbeitet. Alles lodert da drinnen. Ich erlebe mich als eine Mischung aus depressiven und aggressiven Zuständen. Ich mache alles alleine. Weder Mutter, ne Schwester oder ne nette Nachbarin stehen mir zur Seite. Gute Freundinnen, die mich wirklich kennen, wohnen alle eher weiter weg oder sind mit ihren eigenen Familien ziemlich beschäftigt. Ich hab kaum noch Sozialkontakte, brauche ganz dringend Austausch. Irgendwie finde ich keinen Kontakt zu Alleinerziehenden oder anderen netten Frauen. Alles ist so anstrengend. Immer muss ich mich erklären. Alles an zur Verfügung stehender Kraft gebe ich an meine Kleine weiter. An manchen Tagen geht es mir gut. Warum, weiß ich dann gar nicht. Dieses Hin und Her - damit komm ich überhaupt nicht klar. Ich möchte nicht mein altes Leben wieder haben, aber ich möchte so gern mal wieder regelmäßig am Leben Teil haben. Genießen können, entspannen, durchatmen, gute Gespräche haben, nicht immer nur funktionieren – 24 Stunden am Tag. Und vor allem würde ich mein Glück so gern teilen. Wenn ich allerdings in den Spiegel gucke, dann, … tja, dann sehe ich nicht mich, sondern eine abgearbeitete Frau ohne Glanz in den Augen, die irgendwie nicht glücklich aussieht.
Das kann´s doch nicht sein. Ich würd mich sehr über Reaktionen von Euch freuen. Wenn Ihr Fragen habt, stellt sie bitte. Ich weiß nicht, ob das hier alles verständlich geschrieben ist. Viele Infos stehen hier nicht im Text. Ich möchte und kann nicht alles auf einmal aufschreiben – hab auch Angst davor, dass mich das alles noch mehr umhauen könnte. Mir ist auch klar, dass hier niemand übermorgen vor meiner Tür steht und sagt: Komm, ich geh jetzt mal mit Dir zu einer Gruppe, um Dich da anzumelden. Aber im Prinzip ist es genau das, was ich brauche. Jemanden, der mit mir solche Wege geht, zumindest die ersten. Oder brauche ich diesen Menschen gar nicht? An manchen Tagen kommt es mir vor, als lebe ich neben mir her. An anderen, als sei jetzt alles klar. Mir fehlt (m)ein Partner, mein Selbstbewusstsein, Menschen, mit denen ich teilen und gemeinsam erleben kann. Ich überlege schon seit längerem in eine WG zu ziehen. Möglichst mit einer allein erziehenden Person, egal ob Mama oder Papa, krieg allerdings nicht die Kurve, da aktiv zu werden. Ich hör jetzt auf zu schreiben. Hab das Gefühl, dass da nichts Konstruktives mehr zustande käme.
Der Vater meiner Tochter kümmert sich übrigens unregelmäßig, d.h. er ist oft verhindert, verschiebt Papatage wie es ihm gerade passt oder nimmt sie gar nicht wahr. Hat da seine eigene Prioritätenliste. Meine Not nimmt er sehr wohl wahr aber er steht weder regelmäßig unterstützend zur Seite, hält sich immer wieder nicht an Abmachungen. Ohne ihn wäre es wahrscheinlich sogar noch einfacher. Aber der Kontakt zwischen Vater und Tochter ist wichtig. Ob mir das schmeckt oder nicht.
Erstmal viele Grüße an dieser Stelle.
Luna