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Hallo an alle, ich bin neu ...

Verfasst: 28:12:2011 22:09
von Scrolland
Hallo,

seit vielen Monaten lese ich Eure Beiträge und möchte mich zuerst bei Euch bedanken - dieses Forum hat mir in vielen traurigen Stunden Mut und Hoffnung gegeben.

Ich möchte mich Euch gerne vorstellen: ich bin 37 Jahre, verheiratet und habe zwei tolle Söhne, 8 und 2 Jahre alt.

Bevor ich an PPD erkrankte, führte ich, so dachte ich, "das perfekte Leben": ein toller Sohn, einen liebevollen Ehemann, tolle Eltern und Geschwister und einen guten Job - außerdem hatten wir gerade unser Traumhaus gebaut. Was uns jetzt komplett machen würde, war ein zweites Kind. Unser Wunschkind wurde im Sommer 2009 geboren. Die Schwangerschaft verlief prima, ich hatte keinerlei Probleme. Mein Großer wurde damals per Notkaiserschnitt geboren und beim zweiten Mal wollte ich "alles richtig machen" - ich wollte eine Spontangeburt. Leider musste unser Kleiner dann ebenfalls per Notkaiserschnitt geholt werde, ich hatte nach 15 h des Versuchens einen Geburtsstillstand. Die Enttäuschung, vor allem über mich selber, war riesengroß. Hinzu kam, dass ich nach nur sieben Wochen sofort abstillen musste (mit Tablette), da ich ständig Brustentzündungen hatte. Ach hier war ich maßlos von mir enttäuscht, obwohl ich vom Verstand wusste, dass ich nicht wirklich etwas dafür konnte. Kurz nachdem ich zu Hause war, kam noch beruflicher Stress hinzu, der mich noch monatelang beschäftigen sollte (verpasste berufliche Chance ...) Dass etwas nicht mit mir stimmte, wurde mir erst nach ca. 10 Monaten nach der Geburt meines Sohnes so richtig bewusst - ich fühlte mich zwar oft wir zerschlagen, überfordert und leer; aber dass das nicht normal ist, wurde mir erst klar, als wirklich schlimme, aggressive Gedanken in Bezug auf meinen kleinen Sohn kamen. Ich bekam eine wahnsinnige Angst und erkannte mich selbst nicht wieder; nach ungefähr 5 Wochen vertraute ich mich meinem Mann an - ich konnte einfach nicht mehr: ich konnte kaum mehr schlafen, die Gedanken kreisten ständig, ich hatte zum ersten Mal Panikattacken, das kannte ich bis dahin überhaupt nicht. Ich hatte auch große Ängste um meine Kinder. Das Schlimmste waren aber diese wirklich fiesen Gedanken, die ich leider auch jetzt noch ab und zu habe (vor allem wenn ich Stress hatte und dann zur Ruhe komme). Mein Mann hatte und hat nach wie vor sehr viel Verständnis für mich und brachte mich als echtes Nervenbündel zunächst zu meinem Gyn; der vermittelte mir einen Termin bei einer Psychotherapeutin, bei der ich auch heute noch in Behandlung bin. Im Sept. 2010 diagnostizierte sie eine PPD mit ZG und Angststörung; als Medikation erhielt ich Mirtazapin, das ich auch heute noch nehme. Die Geburt, das Abstillen, der berufliche Stress - all das ließ mich als echte Versagerin fühlen; hinzu kommt noch mein Perfektionsanspruch bzgl. Kinder, Ehe, Haushalt, Arbeit (ich arbeite seit ca. einem Jahr wieder) an mich selber - es war/ist sehr, sehr schwer für mich zu akzeptieren, dass ich nicht alles perfekt hinbekommen kann ...

Zur Zeit geht es mir leider echt nicht gut, und dass, obwohl die letzten beiden Monate prima waren - ich dachte, ich bin endlich stabil. Ich hatte beruflich heftigen Stress (viele Überstunden über die letzten vier Wochen). Ich denke, dass das der Auslöser war. Es fing wieder an, als ich jetzt in Urlaub ging und zur Ruhe kam. Ist das bei Euch mit Tiefs auch so?!? Fies ist dieses Gefühl der Hoffnungslosigkeit und Ungeduld (werde ich je wieder gesund, werde ich je wieder unbeschwert sein können?) Aber ich weiss, es geht auch wieder bergauf! Ich habe auch schon einiges mit meiner Thera aufgearbeitet - mein vermeintlich perfektes Leben war / ist nämlich nicht perfekt - was für ein Anspruch ist denn das auch?!?

Es hat ziemlich lange gedauert, bis ich die PPD als meine Krankheit angenommen habe, es wissen auch nur mein Mann, meine Eltern und meine Geschwister von der PPD.

So, das ist meine Geschichte - vielen Dank für´s Lesen. Ich freue mich, dass ich mich jetzt aktiv im Forum beteiligen kann.

Liebe Grüße
Scrolland

Verfasst: 28:12:2011 23:30
von mici
Hallo Scrolland,

herzlich Willkommen im Forum! Das, was Du beschreibst, kennen wir hier mehr oder weniger alle! Vieles von dem ist unserer eigenen Geschichte sehr ähnlich, insbesondere der Perfektionsanspruch bezogen auf Kinder, Familie und Beruf aber auch Deine "Versagensgefühle" bezogen auf die Geburt und die Stillerei! Auch Deine sonstigen Symptome sind sehr typisch für eine PPD, leider!

Doch Du hast die meisten wichtigen Schritte bereits unternommen, damit Du Dich irgendwann wieder ganz gesund schätzen kannst! Sehr gut ist, dass Du Deinen Mann eingeweiht hast, dass Du eine Psychotherapie machst und Mirtazapin nimmst. Wie kommst Du mit dem AD zurecht? Fühlst Du Dich dadurch gut stabilisiert? Was für eine Therapieform machst Du?

Was mir auffällt, ist, dass Dir Dein Beruf sehr wichtig zu sein scheint und Du vielleicht in verantwortungsvoller Position arbeitest? Was genau machst Du? Beruflicher Stress als erneuter Auslöser für schlechte Phasen wäre auch keine Seltenheit, von daher meine Frage, ob es mögich wäre, den beruflichen Stress zu reduzieren? Das wäre aus meiner Sicht sehr wichtig, damit Du Dich stabilisieren kannst.

Ansonsten bleibt mir nur zu sagen, dass diese Zeit im Jahr, in der die Tage so kurz sind und Weihnachten und Jahreswechsel anstehen wirklich immer eine sehr anstrengende Zeit ist, es ist also nicht verwunderlich, dass man diese besondere Zeit auch mit besonderen Gefühlen erlebt. Gut ist sicherlich, dass Du Dein AD in einer höheren Dosis nimmst, das mache ich im Winter auch oft. Ich habe auch mal Mirtazapin genommen (30 mg) und war mit dem AD eigentlich auch sehr zufrieden!

So, mein Eindruck ist auf jeden Fall, dass Du bei uns goldrichtig bist :wink: und ich hoffe, dass Dir der Austausch hier hilft, damit Du Dich bald wieder richtig gut fühlst! Du wirst wieder gesund, ganz sicher!!!

MICI

Verfasst: 28:12:2011 23:49
von ubure
Hallo,

auch von mir herzlich willkommen!

Ich möchte eigentlich das von mici Gesagte nur kurz ergänzen und sagen, dass bei Dir vor allem die Therapie sehr wichtig ist und weiter sein wird, denn Du musst da einiges in Deinem Kopf zurecht rücken. Aber da seid Ihr ja wohl schon dabei, wie ich daran sehe, dass Du Deinen ursprünglichen Anspruch an das Leben (das nur lebenswert ist, wenn es perfekt ist) jetzt endlich in Frage stellst. Vor allem: was ist perfekt? Woran wird das gemessen? Am Ikeakatalog? Oder am Gehaltszettel? Und für wen perfekt? Die anderen? Ach ja, damit bist Du bei mir sowieso an der richtigen Adresse, da fang ich ja gleich zu diskutieren an, was jetzt aber absolut nicht gefragt ist, also Klappe, Frau U.

Was lernst Du denn so in der Therapie?

LG,
Inez

Verfasst: 29:12:2011 15:39
von Scrolland
Hallo Mici und Inez!

Vielen Dank für´s Willkommen! Also, bzgl Eurer Fragen: Mit dem Mirtazapin komme ich gut zurecht - ich konnte nicht schlafen und seitdem ich Mirta nehme schlafe ich super; allerdings bin ich auch mittags, wenn ich nach Hause komme total müde und lege mich dann eine Stunde auf´s Ohr. Noch geht das, da mein Kleiner noch Mittagsschlaf macht und der Große macht dann meist Hausaufgaben oder er macht auch eine Pause. Ich weiß nicht, ob das einfach normale Müdigkeit ist oder vom Mirta?! Panikattacken habe ich seit der Einnahme auch nur selten gehabt. Meine Stimmung, glaube ich, wurde durch das Mirta nicht unbedingt besser. Die einzige spürbare Nebenwirkung ist, dass ich einfach immer essen könnte. Hab daher ein paar Kilo zugenommen. Meine Thera hatte mich aber vorgewarnt und so achte ich halt bisschen ´drauf ... Mici, du fragst, ob ich durch Mirta stabilisiert bin - wann ist man denn überhaupt stabil? Meinen Alltag mit zwei Kindern und Arbeit bekomme ich ganz gut hin und die letzten beiden Monate ging´s mir gut - kaum ZG´s, gute Laune, zweitweise habe ich sogar vergessen, dass ich PPD habe - und nun dieses Tief!

Meine Arbeit ist mir schon wichtig, ich arbeite als Betriebswirtin im Bereich Marketing; ich gehe täglich in´s Büro (bis mittags) und es macht mir (meistens;-)) Spass; leider fallen häufig Überstunden an und das nervt!!! Ich weiß aber z. Zt. echt nicht, wie ich das Problem lösen kann: einfach die Arbeit liegen lassen, aber irgendwann kommt der Bumerang zurück.

Seit einem gutem Jahr mache ich eine tiefenpsychologische Therapie und ein großes Problem waren die Geburten meiner Söhne, die beide nicht so wirklich rund liefen - ich fühlte mich einfach als Versagerin und schlechte Mutter, weil ich es einfach nicht schaffte, sie allein auf die Welt zu bringen. Die eine Hebamme hatte in den Geburtsbericht von meinem Großen geschrieben:"Sie hat nachher nicht mehr mitgearbeitet..." Das hat mich sehr getroffen, denn ich habe wirklich alles getan - über 2,5 Tage lang - um mein Kind spontan zu gebären. Ich hatte insgesamt 6 Hebammenschichten in diesen Tagen, keine Schmerzmittel, keine PDA, Wehentropf, bis der Arzt einen Notkaiserschnitt durchführte, weil es unserem Kind dann nicht mehr gut ging. Ist ein Kapitel, an das ich nicht gerne dachte. Die Geburt von unserem Kleinen endete dann ähnlich, allerdings hatte ich nur eine Teilnarkose. In der Therapie wurde dann ein EMDR bei mir durchgeführt - die Wirkung dieser Behandlung war nicht unmittelbar spürbar, aber nach einigen Wochen und Monaten machte sich in meinem Kopf der Gedanke breit, dass ich nicht versagt habe bei den Geburten, sondern dass ich die Umstände annehmen konnte wie sie waren, und dass es auch eine Leistung ist, dies auszuhalten und zwei gesunden Kindern das Leben geschenkt zu haben. Dies hat vor allem meine Beziehung zum Kleinen sehr positiv beeinflusst. Ein zweiter Punkt in der Therapie ist mein hoher Anspruch an mich selber - ich habe einfach Angst davor, etwas falsch zu machen oder nicht gut genug zu machen, vor allem auch im Job. Ich vermeide Konfrontationen und ertappe mich oft dabei, es allen "recht machen zu wollen". Das habe ich mir aber in den letzten Monaten ziemlich abgewöhnt und ich merke, wie gut mir das tut. Aber ich glaube, hier habe ich noch eine echte Baustelle.

Oje, mein Kleiner weint, Erkältung!!

Erstmal liebe Grüße
Scolland

Verfasst: 29:12:2011 18:23
von mici
Das mit der Gewichtszunahme hatte ich auch vom Mirta, aber es ist ja generell eine eher harmlose Nebenwirkung eines AD. Und es ist auch genau die richtige Maßnahme, dann eben sein Essverhalten ein bisschen in den Blick zu nehmen und nicht mehr wahllos alles in sich hineinzuschaufeln, wie man das vielleicht noch vor der Einnnahme des AD gewohnt war.

Dass Du auch mittags müde bist und Dich dann hinlegst ist sehr gut! Denn Dein Körper braucht viel Ruhe und für viele Frauen ist es eine große Herausforderung, die Ruhezeit des Kindes auch für sich als Ruhezeit zu nutzen. Da bist Du vielen von uns voraus!!

Mit der Stabilisierung meinte ich eigentlich genau das, was Du beschreibst, also ob Du den Alltag mit zwei Kindern und Job gut hinbekommst. Das scheint ja der Fall zu sein und u.U. dient Dir das Mirta dabei als gute Unterstützung und so soll es ja sein! Dass Du trotz Mirta ein Tief hast ist normal, schließlich wirst Du durch die Einnahme eines AD ja nicht zu einem anderen Menschen, der keine Höhen und Tiefen mehr kennt, sondern Du bist einfach besser in der Lage, Höhen und insbesondere Tiefen als solche wahrzunehmen und entsprechend auf sie zu reagieren. Ich nehme seit Jahren AD und habe natürlich trotzdem noch Tiefs!

Eine tiefenpsychologische Therapie erscheint mir in Deinem Fall auch eine gute Lösung, weil Du ja offensichtlich relativ belastbar bist, effizient arbeiten kannst und eben Deinen Alltag ganz gut im Griff hast. Aber Du hast leider traurige / traumatische Dinge erlebt, die es aufzuarabeiten gilt! Dafür ist eine tiefenpsychologisch fundierte PT genau das richtige. Insofern tust Du schon sehr viel Gutes für Dich, viele Frauen melden sich hier im Forum an und für die ist es ein ganz neuer Gedanke, evtl. ein AD zu nehmen oder sich um eine Therapie zu kümmern! Du bist also auf einem sehr guten Weg!!

MICI

Verfasst: 29:12:2011 20:44
von Scrolland
Es tut gut zu hören, dass ich auf dem richtigen Weg bin - gerade im Moment, wo ich das Gefühl habe, alles ist mir zuviel - dabei habe ich Urlaub

:roll:

Deine Infos zum AD sind sehr interessant - so habe ich das noch gar nicht gesehen. Ich bin wohl einfach zu ungeduldig, ich denke oft, jetzt nimmst Du schon so lange das Medikament, machst die Therapie und trotzdem haut´s mich wieder vom Sockel Ich glaube aber auch, dass ich die Sympthome der PPD am Anfang schlichweg ignoriert habe, so dass ich erst diese ZG´s entwickelt habe, bis ich mich wahrgenommen habe.

Vielen Dank für Deinen Zuspruch Mici, kann ich gerade gut gebrauchen!!!

LG

Verfasst: 30:12:2011 0:11
von Schnuti33
Hallo Scrolland,
ich möchte nur kurz etwas zum Mittags hinlegen sagen. Ich finde auch das steht uns zu. Ich geniese die Zeit in der mein Sohn Mittagsschlaf macht. Es ist halt meine Mittagspause und die steht wohl jedem zu :wink:

Verfasst: 01:01:2012 19:46
von Scrolland
Hallo Schnuti,

so ist das bei mir auch, ist die erste Pause, die ich am Tag habe und da habe ich auch kein schlechtes Gewissen! Ich hoffe, dass der Kleine noch lange Mittagsschlaf macht :-) Wie alt ist denn Dein Sohn?

Viele Grüße

Verfasst: 01:01:2012 21:58
von Schnuti33
HAllo Scrolland,
unser Kleiner ist 18 1/2 Monate alt und zum Glück ne Schlafmütze. :wink: