Nun endlich unsere "Kindergarten-Geschichte"
Verfasst: 09:01:2012 10:39
Guten Morgen,
wie seit längerem angekündigt habe ich nun endlich mal unsere "Kindergarten-Geschichte" aufgeschrieben.
Wir sind umgezogen als unser Sohn noch nicht ganz 2 Jahre alt war. Ich bin dann hier im Ort sofort einmal die Woche mit ihm in eine Mutter-Kind-Krabbelgruppe gegangen. Im Gegensatz zu den anderen Kindern, die sich dort frei im Raum bewegten, spielten, tobten, mit anderen Kontakt aufnahmen, klebte Alexander wie eine Klette an mir. Ich sollte überall mit hingehen. Wenn er ein Spielzeug haben wollte, holte er es und kam schnell zu mir zurück. Wenn er überhaupt mit anderen Kindern interagierte, dann nur im Sinne von Hauen wenn er was haben wollte was ihm das andere Kind nicht überlassen wollte oder wenn man ihm was wegnehmen wollte. Ich wusste dass das Verhalten einigermassen normal ist, aber andere Mütter haben so doof reagiert dass ich das vehement unterbunden habe. Das ging so von Februar bis September. Da löste sich die Gruppe auf. Zwischendurch waren wir einmal die Woche im Waldkindergarten schnuppern. Auch dort gab es ein doofes Erlebnis. Eine Mutter hatte immer ihr Baby dabei. Einmal wollte er es streicheln und wie Zweijährige so sind, ging das Temperament mit ihm durch und er kratzte das Baby an der Wange. Die Mutter hat mich zur Schnecke gemacht und ich habe meinem Sohn eingeimpft dass er ja das Baby in Ruhe lassen soll und überhaupt keine Kinder schubsen und hauen soll. Noch heute, 1,5 Jahre später ist seine einzige Erinnerung an den Waldkindergarten, wenn das Thema darauf kommt oder wir in die Richtung fahren „da hab ich dem Baby weh getan“.
Ab September bin ich einmal, später zweimal die Woche, mit ihm zum Mutter-Kind-Turnen gegangen. Dort dasselbe Spiel. Alle anderen Kinder kamen an, liefen los, rannten, tobten, hatten Spass – mein Sohn klebte an mir und schaute nur zu oder machte nur mit wenn ich auch mitmachte. Erst als ich einmal sehr energisch wurde und sagte, wenn Du nicht mitmachst, gehe ich nicht mehr mit Dir hin, wurde es besser. Aber nur eine Zeitlang, dann ging es langsam wieder rückwärts.
Im September 2010 – da war er genau 2,5 Jahre alt, beschlossen wir es mit dem Kindergarten zu versuchen. Wir wollten einfach, dass er endlich Kontakt zu anderen Kindern bekommt und ausserdem hatte ich den Eindruck, er langweilt sich zuhause und ich brauchte auch Luft und Zeit für mich, denn zuhause ist er ja beinahe genauso klettig und ich kam lange Zeit zu gar nichts. Das war ein Gemeindekindergarten mit 4 Gruppen a 25 Kindern mit 2 Betreuerinnen plus eine Krabbelgruppe mit 12 Kindern. Also insgesamt um die 110 Kinder die da in dem Haus rumtobten. Es war eine schöne Einrichtung, hell, viel Platz, riesiger Garten mit Spielplatz, aber natürlich sehr laut. Nach dem kurzen Morgenkreis konnten die Kinder machen was sie wollten, bei den vielen Kindern schien es mir auch unmöglich, sich wirklich um sie zu kümmern. Ich blieb drei Tage dabei, am vierten versuchten wir eine erste Trennung. Es wurde rausgegangen und er freute sich wirklich drauf, er ist sehr gerne draussen. Er liess sich auch von der Erzieherin anziehen und stand dann mit den anderen Kindern in einer Reihe und wartete darauf dass es rausgeht. Ich habe mich dann verabschiedet und ihm gesagt ich gehe kurz einkaufen, bin aber schnell wieder zurück. Ich hatte das Gefühl er versucht es wirklich. Er stand da, versuchte die Tränen wegzudrücken und dann brach es aus ihm raus und er fing jämmerlich an zu weinen. Ich hatte wirklich das Gefühl, er bekommt das einfach noch nicht hin mit der Trennung. Wir haben es dann noch ein paar Tage probiert, aber selbst die Erzieherin mit viel Erfahrung meinte, er sei noch nicht reif dafür.
Dann hatte ich am letzten Tag mit ihm dort noch einen Unfall, bin die Treppe runtergestolpert und habe mir drei Bänder gerissen. Musste dann ins Krankenhaus, das war kurz vor seinem Mittagsschlaf und Papa wollte ihn schlafen legen. Er hat so geschrien und getobt dass ihn mein Mann nichtmal aus dem Auto bekommen hat. Die ganze Zeit nur Mama, Mama. Mein Mann ist dann mit ihm wieder zu mir ins Krankenhaus und wir haben die Nanny angerufen. Die hat es dann geschafft ihn zu beruhigen, mit ihm zu uns nach Hause zu fahren und ihn hinzulegen. In dieser Woche mit dem Kindergartenversuch kamen dann auch die ganzen alten Probleme wieder, die wir schon während der Bau- und Umzugsphase hatten. Wachte schreiend aus dem Schlaf auf – egal ob morgens oder nach dem Mittagsschlaf – und liess sich ewig nicht mehr beruhigen. Wachte nachts mehrmals weinend auf. Einmal hatte ich einen Arzttermin wegen meinem Bänderriss, ich war kaum in der Praxis rief mein Mann an. Er stand schreiend im Flur, drehte sich permament um sich selbst wie aufgezogen und schrie Mama, Mama bis zum erbrechen. Das dauerte bis ich wieder zuhause war.
Noch Monaten danach, wenn wir in den Ort rüberfuhren zum einkaufen und an der Ampel standen, an der es auch zum Kindergarten ging, sagte er panisch „Nein Bianca“ (das war dort die Erzieherin die sich um ihn kümmerte).
Damit ich überhaupt mal ein bisschen Zeit für mich habe, schlug unsere Nanny dann vor, dass sie probiert ob er bei ihr übernachtet. Ich blieb dreimal heimlich dabei um mich davon zu überzeugen dass alles gut läuft und es war überhaupt kein Problem. So hatten wir das letzte Jahr durch dann einmal die Woche einen Tag und eine Nacht ohne Kind. Im Sommer verlangte er dann von sich aus sogar, zweimal zu übernachten. Da sie schwanger war und Zeit hatte, war das auch kein Problem. Allerdings forderte er, wenn er bei ihr war, die volle Aufmerksamkeit und Beschäftigung mit ihm. Aber er hat sich immer riesig drauf gefreut und fragte schon kurze Zeit nachdem er zurück war, wann er wieder hindarf.
Dann im September letzten Jahres der neue Kindergartenstart. In einem anderen Kindergarten, direkt bei uns in der Gemeinde (Wir sind so ein geteilter Ort, Hauptgemeinde und Nebengemeinden). Es ist eine private Einrichtung, nur zwei Gruppen a 18 bzw. 19 Kinder, zwei Vollzeitkräfte pro Gruppe plus zwei Halbtagskräfte plus eine Praktikantin und eine Fachberaterin. Er hat auch sofort seine Bezugserzieherin ins Herz geschlossen, sie war mal bei uns zu Besuch und er hat sofort Vertrauen zu ihr gehabt und ist mit ihr losgezogen. Das war also erstmal kein Problem.
Ich lese viel im Forum „Rund-ums-Baby“, da gibt es ein Unterforum „Entwicklung von Kleinkindern“ das betreut wird von Herrn Dr. Posth, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut. Er vertritt die „moderne“ Ansicht der Bindungstheorie nach John Bowlby, über die auch Professor Brisch, Leiter der von Haunerschen Kinderklinik in München, mehrere Bücher geschrieben hat. Es ist ein völlig anderer Ansatz als die alten Erziehungsmethoden, die doch oft eher Dressur mit Grenzen setzen, Auszeit, Schlafprogrammen etc. ist. Er setzt auf Regeln und Kooperation und ist bei der Fremdbetreuung ein absoluter Verfechter der sanften Ablösung. Es gibt da mittlerweile noch mehrere Abhandlungen im Internet, z.B. http://www.erziehungswerkstatt.at/einge ... garten.htm, http://www.sicherebindung.at/uebergaenge.html. In Krippen wird auch mehr und mehr nach dem sogenannten „Berliner Modell“ gearbeitet. Die Zeiten in denen die Eltern aus den Einrichtungen verbannt wurden und akzeptiert wurde dass die Kinder erstmal schreien, scheint also langsam vorbei zu gehen.
Genauso wollte ich das machen und hatte mir vorgenommen, dass wir uns alle Zeit der Welt nehmen und dass mein Sohn jetzt mit 3,5 Jahren reif ist und auch sprachlich viel viel weiter also noch ein Jahr davor. Da konnte er sich im Kindergarten wirklich noch nicht verständlich machen. Das Konzept wird auch vom Kindergarten so unterstützt. Ich bin also ganz zuversichtlich an die Sache rangegangen und bin die ersten drei Wochen komplett mitgegangen. Wir sind auch immer nur so um die zwei Stunden dageblieben, weil er ja noch Mittagsschlaf machte und nach dem Kindergarten wirklich geschafft war. In der vierten Woche probierte ich dann aus dem Gruppenraum rauszugehen und mich im Vorraum im Elterncafe aufzuhalten. Nur leider blieb mein Sohn dann auch nicht im Gruppenraum sondern kam zu mir aufs Sofa. Ich habe ihm deutlich signalisiert dass ich das nicht gut finde, habe mich überhaupt nicht um ihn gekümmert, habe gelesen – er sass wortlos blass und sichtlich gestresst die ganze Zeit neben mir. Eskaliert ist es dann als ich auf Toilette wollte und er selbst da mitgehen wollte. Ich hab ihn dann stehen lassen, er fing sofort an zu schreien und mir nachzulaufen. Ich hab mich dann im WC eingeschlossen und er stand schreiend davor.
Nachdem das einige Tage so weiterging und ich mich überhaupt nicht von ihm wegbewegen konnte ohne dass er losweinte, beschloss mein Mann zu übernehmen. Er konnte das einigermassen zeitlich einrichten mit der Arbeit. Die ersten Tage lief es ganz gut, er konnte im Flur sitzen und arbeiten und wenn sie draussen waren, auch mal einen Spaziergang machen. Dann liess er ihn stundenweise alleine, z.B. wenn sie in den Wald gegangen sind. Das funktionierte auch so lala. Aber er fragte permanent nach uns und wann wir ihn wieder abholen. Jeden Morgen nach dem Aufwachen ist der erste Satz „Muss ich heute in den Kindergarten“? Abends beim einschlafen der letzte Satz „Muss ich morgen in den Kindergarten“? Mit der Zeit sass er dann schon heulend bei mir am Frühstückstisch, er will nicht in den Kindergarten. Wir haben deutlich signalisiert dass es keine Alternative gibt. Er geht in den Kindergarten. Punkt. Wenn wir ihn abholen mussten weil er Theater machte, haben wir sauer oder enttäuscht reagiert. Er sagt dann Sätze wie „ich will in den Kindergarten“ oder „ich gehe gern in den Kindergarten“ weil er natürlich mittlerweile weiss dass wir das von ihm erwarten. Gleichzeitig heult er aber los dabei. Wir haben dann die Trennungssituation umgestaltet. Wir gehen nicht mehr mit nach oben, sondern die Erzieherin holt ihn unten ab sodass ER von uns weggehen kann. Die gängige Psychologenmeinung geht dahin dass ein Kind die Trennung besser erträgt wenn sie von ihm selbst ausgeht. Ein paar Tage ging das gut, dann ging wieder das Geschrei los und ich habe ihn weinend dort gelassen. Oft fängt er schon auf der Fahrt dorthin wieder mit weinen an. Einmal ist es so eskaliert als ihn mein Mann hinbrachte, dass er ihm schreiend nachlief und mein Mann schlussendlich die Tür mit Gewalt zumachen musste und die Erzieherin ihn festhalten musste.
Einer der Erzieher meinte nun letzte Woche wir sollten sein Weinen gelassener nehmen. Also nicht sauer und enttäuscht sein, sondern ganz normal reagieren als wäre nichts gewesen, wenn er wegen Geschrei abgeholt werden muss. Das werden wir uns jetzt erstmal zu Herzen nehmen. Die Erwartungshaltung und der Druck auf ihn sind sonst wohl zu gross.
Weiter geht es mit Theater im Morgenkreis. Der ist sehr ruhig und relativ lang. Die Kinder müssen still sitzen und dürfen nicht reinreden. Es werden geometrische Figuren gelegt und benannt. Das kann bis zu 30 Minuten dauern. Seine nächste „Taktik ?? „ war dann, kurz nach Beginn des Morgenkreises mit Weinen anzufangen sodass seine Erzieherin mit ihm raus ist und mit ihm alleine gespielt hat, damit die anderen in Ruhe ihren Kreis machen konnten. Auf unseren Vorschlag hin wurde der Morgenkreis dann etwas abgewandelt, jetzt gibt es manchmal Erzählkreis oder sie singen was und bewegen sich. Danach gibt es nämlich noch einen grossen Morgenkreis mit beiden Gruppen im Foyer. Das fanden wir und auch andere Eltern ein bisschen viel stillsitzen für so Kleine.
Überhaupt hängt er, wenn er dann mal alleine dort ist, praktisch nur bei seiner Erzieherin und will dass sie sich mit ihm beschäftigt und mit ihm spielt. Er geht wenig auf andere Kinder zu und nimmt auch keine Angebote der anderen Erzieherinnen an (Werkraum, Vorlesen etc.). Auch wenn andere Kindern ihn holen wollen verweigert er meistens. Seine Erzieherin ist auch bei den anderen Kindern sehr beliebt und die fingen natürlich irgendwann an zu meutern weil sie auch mal wieder neben ihr sitzen und was mit ihr spielen wollten. Mittlerweile wird das ausgelost ….
Er hat auch Schwierigkeiten dort auf die Toilette zu gehen und isst auch meistens nichts dort. Wenn ich ihn dann abhole macht er sich hungrig über seine Brotzeitdose her.
Dazu wurden gleich nach dem Start die Nächte wieder unruhig – wie im Jahr zuvor. Weinend aufwachen, viel reden im Schlaf, Nein, Nein rufen etc.
Dann kam noch dazu dass er plötzlich nicht mehr zur Nanny wollte. Wir hatte ihn im September und Oktober noch ein paarmal zum übernachten dort gelassen weil er es ja so gewohnt war. Ich fand es zwar komisch dass er nicht mehr danach verlangte, dachte mir aber nichts dabei. Das letzte Mal als ich ihn dort lassen wollte, fing er dann bitterlich an zu weinen als ich wegfahren wollte und sie gestand mir dann, dass er schon die letzten Male immer nach Hause wollte und viel geweint hat. Sie wollte nichts sagen um mir nicht die letzten freien Tage und Nächte zu verderben, da sie ja im Dezember Termin hatte. Ich habe ihn dann wieder mit nach Hause genommen und er hat kein einziges Mal mehr nach Übernachtung oder überhaupt seiner Nana gefragt ….
Ab Anfang Dezember waren wir dann alle dauernd krank sodass eh keine Konstanz in die Sache kam. Also habe ich ihm versprochen dass ich die erste Woche im Januar wieder mitgehe, quasi neue sanfte Eingewöhnung. Es lief auch ganz ok, er hing nicht die ganze Zeit bei mir sondern hat auch mal mit anderen Kindern gespielt die ihn allerdings permanent wieder rufen mussten. Es waren auch durch die Ferien erst ganz wenige Kinder da. Wir hatten ihm dann klar gesagt dass er ab heute wieder alleine hingeht. Heute früh ging noch alles gut, kein „Muss ich heute in den Kindergarten“ nach dem Aufwachen, auch das Frühstück lief noch ok. Erst als dann mein Mann kam und ich ihn für den Kindergarten angezogen habe, fing er wieder an zu weinen. Man merkte deutlich dass er versucht es zu unterdrücken. Im Auto hat er sich dann wohl wieder beruhigt und im KiGa fing er wieder an zu weinen. Die Erzieherin hat ihn wohl gleich auf den Arm genommen und ging mit ihm nach oben, sonst wäre er meinem Mann wieder nachgelaufen.
Jetzt sitze ich hier und schreibe meinen „Roman“ fertig den ich heute früh um 5.00 h angefangen hatte und frage mich wie es ihm wohl geht …
Und obwohl mein Mann bisher derjenige war, der anfing die Meinung von Dr. Posth in Frage zu stellen und sagte, da muss er jetzt durch, fängt er jetzt plötzlich auch an zu zweifeln und sich zu fragen ob ich einfach weiter mitgehen soll bis es sich wirklich von selbst fügt und er mich von sich aus wegschickt. Und ich bin hin- und hergerissen. Einerseits will und brauche ich diese Zeit vormittags, andererseits will ich ihm kein Trauma zufügen. Wenn sich das zu einer richtigen Trennungsangst auswächst werden wir die richtigen Probleme nämlich später erst noch bekommen ….
Ich werde berichten wie es gelaufen ist. Wenn es interessiert, kann ich auch den Austausch mit Dr. Posth zum Thema mal reinstellen.
Viele Grüsse
Die Maus
wie seit längerem angekündigt habe ich nun endlich mal unsere "Kindergarten-Geschichte" aufgeschrieben.
Wir sind umgezogen als unser Sohn noch nicht ganz 2 Jahre alt war. Ich bin dann hier im Ort sofort einmal die Woche mit ihm in eine Mutter-Kind-Krabbelgruppe gegangen. Im Gegensatz zu den anderen Kindern, die sich dort frei im Raum bewegten, spielten, tobten, mit anderen Kontakt aufnahmen, klebte Alexander wie eine Klette an mir. Ich sollte überall mit hingehen. Wenn er ein Spielzeug haben wollte, holte er es und kam schnell zu mir zurück. Wenn er überhaupt mit anderen Kindern interagierte, dann nur im Sinne von Hauen wenn er was haben wollte was ihm das andere Kind nicht überlassen wollte oder wenn man ihm was wegnehmen wollte. Ich wusste dass das Verhalten einigermassen normal ist, aber andere Mütter haben so doof reagiert dass ich das vehement unterbunden habe. Das ging so von Februar bis September. Da löste sich die Gruppe auf. Zwischendurch waren wir einmal die Woche im Waldkindergarten schnuppern. Auch dort gab es ein doofes Erlebnis. Eine Mutter hatte immer ihr Baby dabei. Einmal wollte er es streicheln und wie Zweijährige so sind, ging das Temperament mit ihm durch und er kratzte das Baby an der Wange. Die Mutter hat mich zur Schnecke gemacht und ich habe meinem Sohn eingeimpft dass er ja das Baby in Ruhe lassen soll und überhaupt keine Kinder schubsen und hauen soll. Noch heute, 1,5 Jahre später ist seine einzige Erinnerung an den Waldkindergarten, wenn das Thema darauf kommt oder wir in die Richtung fahren „da hab ich dem Baby weh getan“.
Ab September bin ich einmal, später zweimal die Woche, mit ihm zum Mutter-Kind-Turnen gegangen. Dort dasselbe Spiel. Alle anderen Kinder kamen an, liefen los, rannten, tobten, hatten Spass – mein Sohn klebte an mir und schaute nur zu oder machte nur mit wenn ich auch mitmachte. Erst als ich einmal sehr energisch wurde und sagte, wenn Du nicht mitmachst, gehe ich nicht mehr mit Dir hin, wurde es besser. Aber nur eine Zeitlang, dann ging es langsam wieder rückwärts.
Im September 2010 – da war er genau 2,5 Jahre alt, beschlossen wir es mit dem Kindergarten zu versuchen. Wir wollten einfach, dass er endlich Kontakt zu anderen Kindern bekommt und ausserdem hatte ich den Eindruck, er langweilt sich zuhause und ich brauchte auch Luft und Zeit für mich, denn zuhause ist er ja beinahe genauso klettig und ich kam lange Zeit zu gar nichts. Das war ein Gemeindekindergarten mit 4 Gruppen a 25 Kindern mit 2 Betreuerinnen plus eine Krabbelgruppe mit 12 Kindern. Also insgesamt um die 110 Kinder die da in dem Haus rumtobten. Es war eine schöne Einrichtung, hell, viel Platz, riesiger Garten mit Spielplatz, aber natürlich sehr laut. Nach dem kurzen Morgenkreis konnten die Kinder machen was sie wollten, bei den vielen Kindern schien es mir auch unmöglich, sich wirklich um sie zu kümmern. Ich blieb drei Tage dabei, am vierten versuchten wir eine erste Trennung. Es wurde rausgegangen und er freute sich wirklich drauf, er ist sehr gerne draussen. Er liess sich auch von der Erzieherin anziehen und stand dann mit den anderen Kindern in einer Reihe und wartete darauf dass es rausgeht. Ich habe mich dann verabschiedet und ihm gesagt ich gehe kurz einkaufen, bin aber schnell wieder zurück. Ich hatte das Gefühl er versucht es wirklich. Er stand da, versuchte die Tränen wegzudrücken und dann brach es aus ihm raus und er fing jämmerlich an zu weinen. Ich hatte wirklich das Gefühl, er bekommt das einfach noch nicht hin mit der Trennung. Wir haben es dann noch ein paar Tage probiert, aber selbst die Erzieherin mit viel Erfahrung meinte, er sei noch nicht reif dafür.
Dann hatte ich am letzten Tag mit ihm dort noch einen Unfall, bin die Treppe runtergestolpert und habe mir drei Bänder gerissen. Musste dann ins Krankenhaus, das war kurz vor seinem Mittagsschlaf und Papa wollte ihn schlafen legen. Er hat so geschrien und getobt dass ihn mein Mann nichtmal aus dem Auto bekommen hat. Die ganze Zeit nur Mama, Mama. Mein Mann ist dann mit ihm wieder zu mir ins Krankenhaus und wir haben die Nanny angerufen. Die hat es dann geschafft ihn zu beruhigen, mit ihm zu uns nach Hause zu fahren und ihn hinzulegen. In dieser Woche mit dem Kindergartenversuch kamen dann auch die ganzen alten Probleme wieder, die wir schon während der Bau- und Umzugsphase hatten. Wachte schreiend aus dem Schlaf auf – egal ob morgens oder nach dem Mittagsschlaf – und liess sich ewig nicht mehr beruhigen. Wachte nachts mehrmals weinend auf. Einmal hatte ich einen Arzttermin wegen meinem Bänderriss, ich war kaum in der Praxis rief mein Mann an. Er stand schreiend im Flur, drehte sich permament um sich selbst wie aufgezogen und schrie Mama, Mama bis zum erbrechen. Das dauerte bis ich wieder zuhause war.
Noch Monaten danach, wenn wir in den Ort rüberfuhren zum einkaufen und an der Ampel standen, an der es auch zum Kindergarten ging, sagte er panisch „Nein Bianca“ (das war dort die Erzieherin die sich um ihn kümmerte).
Damit ich überhaupt mal ein bisschen Zeit für mich habe, schlug unsere Nanny dann vor, dass sie probiert ob er bei ihr übernachtet. Ich blieb dreimal heimlich dabei um mich davon zu überzeugen dass alles gut läuft und es war überhaupt kein Problem. So hatten wir das letzte Jahr durch dann einmal die Woche einen Tag und eine Nacht ohne Kind. Im Sommer verlangte er dann von sich aus sogar, zweimal zu übernachten. Da sie schwanger war und Zeit hatte, war das auch kein Problem. Allerdings forderte er, wenn er bei ihr war, die volle Aufmerksamkeit und Beschäftigung mit ihm. Aber er hat sich immer riesig drauf gefreut und fragte schon kurze Zeit nachdem er zurück war, wann er wieder hindarf.
Dann im September letzten Jahres der neue Kindergartenstart. In einem anderen Kindergarten, direkt bei uns in der Gemeinde (Wir sind so ein geteilter Ort, Hauptgemeinde und Nebengemeinden). Es ist eine private Einrichtung, nur zwei Gruppen a 18 bzw. 19 Kinder, zwei Vollzeitkräfte pro Gruppe plus zwei Halbtagskräfte plus eine Praktikantin und eine Fachberaterin. Er hat auch sofort seine Bezugserzieherin ins Herz geschlossen, sie war mal bei uns zu Besuch und er hat sofort Vertrauen zu ihr gehabt und ist mit ihr losgezogen. Das war also erstmal kein Problem.
Ich lese viel im Forum „Rund-ums-Baby“, da gibt es ein Unterforum „Entwicklung von Kleinkindern“ das betreut wird von Herrn Dr. Posth, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut. Er vertritt die „moderne“ Ansicht der Bindungstheorie nach John Bowlby, über die auch Professor Brisch, Leiter der von Haunerschen Kinderklinik in München, mehrere Bücher geschrieben hat. Es ist ein völlig anderer Ansatz als die alten Erziehungsmethoden, die doch oft eher Dressur mit Grenzen setzen, Auszeit, Schlafprogrammen etc. ist. Er setzt auf Regeln und Kooperation und ist bei der Fremdbetreuung ein absoluter Verfechter der sanften Ablösung. Es gibt da mittlerweile noch mehrere Abhandlungen im Internet, z.B. http://www.erziehungswerkstatt.at/einge ... garten.htm, http://www.sicherebindung.at/uebergaenge.html. In Krippen wird auch mehr und mehr nach dem sogenannten „Berliner Modell“ gearbeitet. Die Zeiten in denen die Eltern aus den Einrichtungen verbannt wurden und akzeptiert wurde dass die Kinder erstmal schreien, scheint also langsam vorbei zu gehen.
Genauso wollte ich das machen und hatte mir vorgenommen, dass wir uns alle Zeit der Welt nehmen und dass mein Sohn jetzt mit 3,5 Jahren reif ist und auch sprachlich viel viel weiter also noch ein Jahr davor. Da konnte er sich im Kindergarten wirklich noch nicht verständlich machen. Das Konzept wird auch vom Kindergarten so unterstützt. Ich bin also ganz zuversichtlich an die Sache rangegangen und bin die ersten drei Wochen komplett mitgegangen. Wir sind auch immer nur so um die zwei Stunden dageblieben, weil er ja noch Mittagsschlaf machte und nach dem Kindergarten wirklich geschafft war. In der vierten Woche probierte ich dann aus dem Gruppenraum rauszugehen und mich im Vorraum im Elterncafe aufzuhalten. Nur leider blieb mein Sohn dann auch nicht im Gruppenraum sondern kam zu mir aufs Sofa. Ich habe ihm deutlich signalisiert dass ich das nicht gut finde, habe mich überhaupt nicht um ihn gekümmert, habe gelesen – er sass wortlos blass und sichtlich gestresst die ganze Zeit neben mir. Eskaliert ist es dann als ich auf Toilette wollte und er selbst da mitgehen wollte. Ich hab ihn dann stehen lassen, er fing sofort an zu schreien und mir nachzulaufen. Ich hab mich dann im WC eingeschlossen und er stand schreiend davor.
Nachdem das einige Tage so weiterging und ich mich überhaupt nicht von ihm wegbewegen konnte ohne dass er losweinte, beschloss mein Mann zu übernehmen. Er konnte das einigermassen zeitlich einrichten mit der Arbeit. Die ersten Tage lief es ganz gut, er konnte im Flur sitzen und arbeiten und wenn sie draussen waren, auch mal einen Spaziergang machen. Dann liess er ihn stundenweise alleine, z.B. wenn sie in den Wald gegangen sind. Das funktionierte auch so lala. Aber er fragte permanent nach uns und wann wir ihn wieder abholen. Jeden Morgen nach dem Aufwachen ist der erste Satz „Muss ich heute in den Kindergarten“? Abends beim einschlafen der letzte Satz „Muss ich morgen in den Kindergarten“? Mit der Zeit sass er dann schon heulend bei mir am Frühstückstisch, er will nicht in den Kindergarten. Wir haben deutlich signalisiert dass es keine Alternative gibt. Er geht in den Kindergarten. Punkt. Wenn wir ihn abholen mussten weil er Theater machte, haben wir sauer oder enttäuscht reagiert. Er sagt dann Sätze wie „ich will in den Kindergarten“ oder „ich gehe gern in den Kindergarten“ weil er natürlich mittlerweile weiss dass wir das von ihm erwarten. Gleichzeitig heult er aber los dabei. Wir haben dann die Trennungssituation umgestaltet. Wir gehen nicht mehr mit nach oben, sondern die Erzieherin holt ihn unten ab sodass ER von uns weggehen kann. Die gängige Psychologenmeinung geht dahin dass ein Kind die Trennung besser erträgt wenn sie von ihm selbst ausgeht. Ein paar Tage ging das gut, dann ging wieder das Geschrei los und ich habe ihn weinend dort gelassen. Oft fängt er schon auf der Fahrt dorthin wieder mit weinen an. Einmal ist es so eskaliert als ihn mein Mann hinbrachte, dass er ihm schreiend nachlief und mein Mann schlussendlich die Tür mit Gewalt zumachen musste und die Erzieherin ihn festhalten musste.
Einer der Erzieher meinte nun letzte Woche wir sollten sein Weinen gelassener nehmen. Also nicht sauer und enttäuscht sein, sondern ganz normal reagieren als wäre nichts gewesen, wenn er wegen Geschrei abgeholt werden muss. Das werden wir uns jetzt erstmal zu Herzen nehmen. Die Erwartungshaltung und der Druck auf ihn sind sonst wohl zu gross.
Weiter geht es mit Theater im Morgenkreis. Der ist sehr ruhig und relativ lang. Die Kinder müssen still sitzen und dürfen nicht reinreden. Es werden geometrische Figuren gelegt und benannt. Das kann bis zu 30 Minuten dauern. Seine nächste „Taktik ?? „ war dann, kurz nach Beginn des Morgenkreises mit Weinen anzufangen sodass seine Erzieherin mit ihm raus ist und mit ihm alleine gespielt hat, damit die anderen in Ruhe ihren Kreis machen konnten. Auf unseren Vorschlag hin wurde der Morgenkreis dann etwas abgewandelt, jetzt gibt es manchmal Erzählkreis oder sie singen was und bewegen sich. Danach gibt es nämlich noch einen grossen Morgenkreis mit beiden Gruppen im Foyer. Das fanden wir und auch andere Eltern ein bisschen viel stillsitzen für so Kleine.
Überhaupt hängt er, wenn er dann mal alleine dort ist, praktisch nur bei seiner Erzieherin und will dass sie sich mit ihm beschäftigt und mit ihm spielt. Er geht wenig auf andere Kinder zu und nimmt auch keine Angebote der anderen Erzieherinnen an (Werkraum, Vorlesen etc.). Auch wenn andere Kindern ihn holen wollen verweigert er meistens. Seine Erzieherin ist auch bei den anderen Kindern sehr beliebt und die fingen natürlich irgendwann an zu meutern weil sie auch mal wieder neben ihr sitzen und was mit ihr spielen wollten. Mittlerweile wird das ausgelost ….
Er hat auch Schwierigkeiten dort auf die Toilette zu gehen und isst auch meistens nichts dort. Wenn ich ihn dann abhole macht er sich hungrig über seine Brotzeitdose her.
Dazu wurden gleich nach dem Start die Nächte wieder unruhig – wie im Jahr zuvor. Weinend aufwachen, viel reden im Schlaf, Nein, Nein rufen etc.
Dann kam noch dazu dass er plötzlich nicht mehr zur Nanny wollte. Wir hatte ihn im September und Oktober noch ein paarmal zum übernachten dort gelassen weil er es ja so gewohnt war. Ich fand es zwar komisch dass er nicht mehr danach verlangte, dachte mir aber nichts dabei. Das letzte Mal als ich ihn dort lassen wollte, fing er dann bitterlich an zu weinen als ich wegfahren wollte und sie gestand mir dann, dass er schon die letzten Male immer nach Hause wollte und viel geweint hat. Sie wollte nichts sagen um mir nicht die letzten freien Tage und Nächte zu verderben, da sie ja im Dezember Termin hatte. Ich habe ihn dann wieder mit nach Hause genommen und er hat kein einziges Mal mehr nach Übernachtung oder überhaupt seiner Nana gefragt ….
Ab Anfang Dezember waren wir dann alle dauernd krank sodass eh keine Konstanz in die Sache kam. Also habe ich ihm versprochen dass ich die erste Woche im Januar wieder mitgehe, quasi neue sanfte Eingewöhnung. Es lief auch ganz ok, er hing nicht die ganze Zeit bei mir sondern hat auch mal mit anderen Kindern gespielt die ihn allerdings permanent wieder rufen mussten. Es waren auch durch die Ferien erst ganz wenige Kinder da. Wir hatten ihm dann klar gesagt dass er ab heute wieder alleine hingeht. Heute früh ging noch alles gut, kein „Muss ich heute in den Kindergarten“ nach dem Aufwachen, auch das Frühstück lief noch ok. Erst als dann mein Mann kam und ich ihn für den Kindergarten angezogen habe, fing er wieder an zu weinen. Man merkte deutlich dass er versucht es zu unterdrücken. Im Auto hat er sich dann wohl wieder beruhigt und im KiGa fing er wieder an zu weinen. Die Erzieherin hat ihn wohl gleich auf den Arm genommen und ging mit ihm nach oben, sonst wäre er meinem Mann wieder nachgelaufen.
Jetzt sitze ich hier und schreibe meinen „Roman“ fertig den ich heute früh um 5.00 h angefangen hatte und frage mich wie es ihm wohl geht …
Und obwohl mein Mann bisher derjenige war, der anfing die Meinung von Dr. Posth in Frage zu stellen und sagte, da muss er jetzt durch, fängt er jetzt plötzlich auch an zu zweifeln und sich zu fragen ob ich einfach weiter mitgehen soll bis es sich wirklich von selbst fügt und er mich von sich aus wegschickt. Und ich bin hin- und hergerissen. Einerseits will und brauche ich diese Zeit vormittags, andererseits will ich ihm kein Trauma zufügen. Wenn sich das zu einer richtigen Trennungsangst auswächst werden wir die richtigen Probleme nämlich später erst noch bekommen ….
Ich werde berichten wie es gelaufen ist. Wenn es interessiert, kann ich auch den Austausch mit Dr. Posth zum Thema mal reinstellen.
Viele Grüsse
Die Maus