Ich weiß nicht mehr, wie's weitergehn soll (lang geworden)

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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FlyingHeart

Ich weiß nicht mehr, wie's weitergehn soll (lang geworden)

Beitrag von FlyingHeart »

Hi ihr . . .
Ich weiß zwar nicht ob ich hier richtig gelandet bin, aber ich weiß nicht mehr weiter. Ich kann nicht mehr . . .
Aber mal von vorn . . .
Ich hatte am 23.12.05 bei Routineuntersuchung erfahren das ich schwanger bin (33. Woche) (Ja, sowas gibt’s). Wollte eigentlich nie Kinder haben, war also ungeplant und ungewollt. Für Abtreibung war's dann leider schon zuspät. Die FÄ guggte mich auch ziemlich merkwürdig an, als ich sofort sagte, dass ich abtreiben will. Hatte kurz vorher auch nach 3 Jahren Arbeitslos wieder arbeit gefunden. Nuja . . . Entbindungstermin wäre der 17.02.06 gewesen. Die FÄ lies mich mit der Nachricht auch dann einfach so stehn, schrieb mich nur sofort krank. Arbeite normal als Verkäuferin in einem Getränkemarkt. Ich also mit meinem Freund zu meinem Arbeitgeber noch total geschockt. Mein AG nahm das ganze auch nicht sehr gut auf. Er meckerte mich gleich an, wieso man so was nicht früher gemerkt hätte usw. Ich meinte dann nur noch, dass es keiner zu wissen braucht und er es bitte niemandem erzählt. Aber wie das nu so is wusste es auf einmal eine Arbeitskollegin und diese erzählte es natürlich jedem. So das ich sogar zuHause "belästigt" wurde. Alle fanden es sooo toll und gratulierten mir und ich dachte nur : Wieso denken alle das man sich darüber freut ?! Am 23.01. hatte ich dann morgens den 1. Termin bei ner Hebamme (abends sollte dann der GvK beginnen) sie untersuchte mich und meinte Blasensprung !!! Ich solle zur Sicherheit nochmal zur FÄ fahren. Gut wir dorthin und sie bestätigte es und schickte mich gleich ins Krankenhaus. Ich also meine Sachen zu Hause gepackt und meine Mutter fuhr mich ins KH. Dort wurde dann wieder untersucht und es hieß : MuMu 2 cm offen. Am 24.01. wurde dann mit Gel eingeleitet, nur half das irgendwie auch nichts. Meine Wehen waren so stark bzw. zogen mir in den Rücken. So das ich am Ende nicht mehr sitzen, liegen oder stehn konnte. Die Frage nach einer PDA war dann wie eine Erlösung. Ich willigte ein und mir wurde die PDA gelegt. Dadurch gingen aber die Herztöne der Kleinen bis unter 100. Und die eine Ärztin meinte, dass es evtl. ein Kaiserschnitt wird. Und innerhalb von Sekunden stand der ganze Kreissaal voll mit Leuten und jeder wollte etwas anderes von mir. Ich war am weinen, weil mir das alles viel zu viel wurde. Mein Schatz wusste auch nicht was er tun sollte und saß irgendwie hilflos da. Die PDA wurde dann hochgespritzt und dann landeten wir im OP. Mein Schatz immer bei mir. Und dann meinte der Arzt : Herzlichen Glückwunsch es ist ein Mädchen !!! Wir durften sie kurz sehn und dann wurde sie weggebracht. Als ich wieder in den Kreissaal gebracht wurde, wartete mein Schatz mit der Kleinen schon dort. Sie lag im Wärmebettchen und schlief. Ich hatte irgendwie gar keine Gefühle für die Kleine, sie war halt einfach nur da. Ich sollte eigentlich noch bis zum 30. dort bleiben, aber ich wollte unbedingt nach Hause. Ich sagte dass meine Hebamme oder FÄ mir den Faden ziehn kann und ich durfte endlich am 29.01. nach Hause. Im KH wurde mir leider auch gar nichts gezeigt. Weder richtig wickeln, noch baden, füttern oder sonstiges. Sie fauchten uns sogar an, als wir sie um 1 - 2 Windeln baten, als wir an dem So. nach Hause sind. "Sie dürften keine Sachen mit geben, blablabla" Die Hebamme half uns dann aber zum Glück mit Windeln aus. Mein Dad fuhr uns dann nach Hause und sie holten noch den Stubenwagen (wo ich früher schon drin gelegen hatte) vom Speicher. Nachdem meine Eltern und die Schwiegereltern weg waren, waren wir 3 also allein. Ich war am Anfang total überfordert mit der ganzen Situation und war oft am weinen. Ich hab irgendwie keine richtigen Gefühle für die Kleine. Sie ist halt einfach nur da . . . Ich kümmer mich zwar darum, fütter sie usw. Aber mehr ist da nicht. Bin immer froh wenn sie schläft oder mal bei den Omas / Opas ist. Wenn ich ab und an auf einer HP lese, welche Sorgen die Mädels sich machen, ob sie ihre kids mal über Nacht oder auch nur so zur Oma geben sollen . . . Ich kann das nicht nachvollziehn, es ist immer so eine Erleichterung. Ich hab schon so oft an Adoption gedacht und auch versucht meinem Schatz meine Gefühle irgendwie zu erklären. Aber er meinte nur : ich gebe die Kleine nicht weg. Also muss ich irgendwie damit zurecht kommen. *seufz* Nun geht er Arbeiten und ich sitz hier zu Hause mit der Kleinen rum. Wobei ich doch auch viel lieber wieder arbeiten würde, aber es geht ja leider nicht. Ich fühle mich irgendwie total mit der Situation überfordert und mir ist leider oft nach weinen auch wenn es nichts bringt. Aber irgendwie versteht mich keiner . . .
Gestern hab ich versucht mit meinem Freund zu reden und versucht zu erklären, dass ich keine Gefühle für die Kleine habe. Aber er meinte, dass das nicht so sei. Weil ich ja auch ab und an mit der Kleinen am Lachen sei usw. Ich versuchs ja, aber ich kann keine richtigen Gefühle aufbauen . . . Ist irgendwie nur wie, als wenn man kurz auf die Kleine einer Freundin aufpasst oder so . . . Und die Tatsache, dass wir alle 2 Wochen Samstags den Sohn von meinem Freund hier haben, hilft mir irgendwie auch nicht weiter. Ich kann mit den Kids einfach nichts anfangen. Als ich dann sagte, dass ich aber nicht alleine zu Hause sein möchte mit der Kleinen. Meinte mein Freund, dass ich ja auch spazieren gehen könnte oder einkaufen oder so . . . aber ich trau mich das nicht (ich weiß klingt blöde). Ich hab irgendwie „Angst“ in der Stadt oder so mit der Kleinen gesehn zu werden. Oder als angesprochen zu werden. Und dann die Kommentare : Och wie süß, goldig usw. bääähhhhhh Is doch schrecklich. Dann bleib ich lieber zu Hause. Wobei ich auch immer fast losheulen könnte ist, wenn jemand zu mir „Mama“ sagt. Ich hab zu meinem Freund schon öfter gesagt, dass ich nicht möchte dass er mich so nennt. Aber wie soll ich das meinen und seinen Eltern erklären ?!
:(
Sry, is en bissi durcheinander geschrieben . . . vielleicht versteht mich ja jemand :(

Liebe Grüße
Fly
Jenny

Beitrag von Jenny »

Ich denke schon, dass du bei uns richtig bist, obwohl ich natürlich net beurteilen kann, ob du eine Depression hast oder nicht.
Aber dass du keine Gefühle für dein Kind hast (ich übernehm das jetzt mal so von dir) kann ich gut nachvollziehen. Da wird einem quasi von jetzt auf nachher ein Kind aufs Auge gedrückt, ohne jede Vorbereitung, noch net mal ein vorhergehender Kinderwunsch! Da kann man nur geschockt sein. Jede andere Frau hat, selbst wenn die Schwangerschaft relativ spät bemerkt wird, pi mal Daumen ein halbes Jahr, sich mental vorzubereiten. Dir fehlt diese Zeit.
Das ist wie bei den Frühgeborenen: Die sind schon drei Monate (als Beispiel) auf der Welt und doch eigentlich grad erst geboren und so verhalten sie sich auch.
Du musst in deine Mutterrolle erst noch hineinwachsen und das wirst du sicher auch schaffen. Aber das geht nicht ohne professionelle Hilfe. Deshalb ist es gut, das du hier gelandet bist. Viele von uns sind durchaus therapieerfahren und können dir raten.
Verliere nicht den Mut, es gibt Leute (z.B. dein Freund) die zu dir stehen. Du wirst sehen, es wird alles seine Ordnung kriegen.
Muschelkalk

Beitrag von Muschelkalk »

Liebe Fly!

Ich denke erst mal, dass es toll ist, dass du uns "gefunden" hast. Momentan finde ich es nicht so wichtig, ob du eine PPD hast oder nicht. Fest steht, du bist in einer Lebenskrise - keine Wunder bei der Geschichte. Wende dich mit allen Ängsten und Bedenken an uns! Wir versuchen dir, so gut es eben geht, zu helfen.

Den ersten wichtigen (!) Tipp hast du schon erhalten: Geh zu einem Psychiater und stell dich dort vor! Der wird dir sicherlich eine Therapie empfehlen. Aber erst einmal sollte abgeklärt werden, ob und wie man dich stabilisieren kann. Dein Fall ist mit Sicherheit krass, da du von heute auf morgen Mutter werden musstest. Wie Jenny schon schreibt, normalerweise hat man zehn Monate Zeit, sich das klar zu machen und selbst dann ist es für die meisten Frauen noch ne Riesenumstellung.

Versuche jetzt erstmal, ein wenig durchzuschnaufen und geh so schnell wie möglich zum Arzt! Und lass dich nicht auf Montag in vier Wochen vertrösten. Du bist ein Notfall!!! (Sag das ruhig so zu diesem Vorzimmerdrachen). Und dann sehen wir weiter!

Ich schicke dir eine Portion Optimismus

Muschelkalk
Issa

Beitrag von Issa »

Liebe Fly,

"I wonna fly away, but it`s impossible" - so heißt eine Textzeile und die passt zu deinem Namen und zu deiner Situation. Nur einen Monat Zeit, um dich auf dein Kind vorzubereiten - das war definitv zu kurz. Kein Wunder, dass du erst am Tag, als du vom Krankenhaus nach Hause kamst, den Stubenwagen vom Dachboden holen konntest- die frühe Geburt hat dich einfach überrollt. Was du dringend brauchst ist Zeit, Zeit um dich in deine völlig neue Rolle einzufinden, um dich an dein Kind zu gewöhnen.

Wenn du die Arbeit so vermisst - kann niemand dein Baby übernehmen und du gehst wieder arbeiten? Wenn das auch wenige Mütter machen - möglich ist es schon. Gibt es einen bezahlbaren Krippenplatz in deiner Nähe??

Sei jedenfalls herzlich willkommen bei uns

sei lieb gegrüßt

Issa
Sas

Beitrag von Sas »

Hallo Fly,
herzlich willkommen hier. Du bist hier schon richtig. Ist ja der Hammer, was da passiert ist. Kein Wunder, dass Du Dich so besch...fühlst. Du hattest keine Zeit, dich vorzubereiten und Du hättest das Kind auch nicht bekommen, wenn Du die Wahl gehabt hättest. Ich finde es toll von dir, dass Du es mit der Kleinen doch probieren willst. Und ich bin mir sicher, dass Du doch Gefühle für sie hast. Sonst wärst Du nicht hier. Du kannst es momentan noch nicht empfinden, aber das lernst Du schon noch. Ja, das Muttersein muss man erstmal lernen, das müssen auch Mütter, die ihr Kind geplant haben. Bei Dir ist das noch komplizierter, als es eh schon ist, aber Du schaffst das. Such Dir erstmal Unterstützung von Ärzten und Therapeuten. Und Issas Rat mit der Krippe/sonstiger Betreuung finde ich auch ganz gut. Ich habe selbst schon ein Jahr nach der Geburt wieder zum Arbeiten angefangen und wenn ich nicht depressiv gewesen wäre, dann hätte ich schon nach dem Mutterschutz wieder angefangen. Das mit dem rausgehen verstehe ich auch total. Mich hat es auch immer angekotzt wenn mich wer als "glückliche junge Mutti" angelabert hat. Aber ich kann Dich nur ermutigen unter die Leute zu gehen. Gibt es nicht irgendwelche Krabbelgruppen, Mütter-Treffs usw. wo Du hingehen kannst? Hab nur Mut, Du wirst feststellen, dass bei den anderen auch nicht alles Eitelsonnenschein ist. Ich habe in unserem Mütterzentrum einige getroffen, die auch eine PPD hatten und mit denen ich mich sehr gut austauschen konnte. Du bist bei weitem nicht alleine, es gibt viele, die so fühlen wie Du.

Ich drücke dich jedenfalls mal.

Saskia
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