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Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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heli

bin neu hier

Beitrag von heli »

Hallo !
Bin ziemlich verzweifelt.
Ich habe eine 4 Monate alte Tochter und leide seit ihrer Geburt an Depressionen. Das Traurige an der ganzen Sache ist, dass ich die meiste Zeit keine Freude an ihr habe. Obwohl sie sehr pflegeleicht und süss ist.
Morgens aufzustehen ist die Hölle. Ich bekomme keine Luft und frage mich warum ich wieder aufstehen soll, wenn der Tag eh nur eine Qual für mich ist. Dann denke ich wieder so egoistische Sachen: z.b. warum hast du dir das angetan, vorher warst du glücklich, jetzt fühle ich mich für immer angebunden und eingesperrt. Das Schlimmste für mich sind aber die fehlende Freude und Muttergefühle. Kann ich mein Kind jemals wirklich lieben und sagen, ich geb dich nie wieder her.????
lg
helga
Erika

Beitrag von Erika »

Hallo Helli,

erstmal sei lieb gegrüsst.Gut dass du hier geschrieben hast,jetzt musst du wissen dass du nicht mit deine Gedanken alleine bist.Wir alle haben uns mit solchen Fragen schon bescäftigt,es ist fast"Normal".Ich will ja auch ganz "normale" Mutter sein,es ist aber anders,etwas kommpliziert,aber es geht vorbei.Du liebst dein Kind,sonst wäre dir das alles egal dass du solche Gefühle hast!Oder?Du bist am Anfang und es braucht Zeit.Ich hab ja auch gedacht wennn man Kind bekommt alles ist toll und super,man ist überglücklich,aber ist bei manche anders.Mit dem Kind ändert sich alles,es ist nie mehr wie zuvor,und man kann nicht nur umschaltten,jetzt bin ich Mutter.Erwarte nicht zu viel von sich selbst,ok?
Warst du schon beim Arzt?
Bis später!

Erika
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Marika
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Registriert: 04:06:2005 16:05

Beitrag von Marika »

Liebe Helga!

Ich freue mich sehr, dich kennen zu lernen - sei ganz lieb willkommen hier!!! Und ich finde es ganz ganz toll, dass du dich überwunden hast, dich uns anzuvertrauen. Du merkst, dass du was ändern solltest und der erste Schritt dazu hast du getan!

Liebe Helga, ich kann mich der Erika voll und ganz anschließen: wir erwarten viel zu viel von uns. Wir haben ein gesundes Baby vor uns und erwarten einfach, so jetzt ist die Mutterliebe da und alles ist schön und rosarot. Aber wir sind ja Menschen und wir können nicht auf Knopfdruck reagieren. Diese Erwartungen die (von der Gesellschaft) an die Mütter übertragen wird, sieht in der Realität sehr oft gaaaaaaaaanz anders aus - nämlich so wie z.B bei dir und auch bei mir. Auch ich war traurig, hatte schlimme Angst und Panikattacken, schlechte Gedanken und weit und breit keine Mutterliebe. Ich bestand nur noch aus Angst.

Aber es gibt Hilfe und die habe ich mir geholt. Ich bin jetzt seit einem Jahr bei meinem Psychiater in Behandlung. Ich nehme ein Antidepressiva und und mache eine Verhaltenstherapie. Und ich bin dadurch ein "neuer Mensch" geworden - ich liebe meinen kleinen Sohn über alles und ich liebe mein Leben wieder. Das alles wirst du auch erleben - aber du mußt dir helfen lassen. Ich würde dir raten, such einen Arzt deines Vertrauens auf, der kann dich dann auch an einen Speziellisten (das sind Psychotherapeuten und Psychiater) überweisen. Manchmal braucht man ein Medi, aber es gibt auch viele Frauen, die es alleine mit einer Therapie schaffen. Auch die Naturheilkunde hat viele Hilfen bereit - ich selber schwöre auf Bachblüten.

Liebe Helga, ich hoffe ich konnte dir ein paar hilfreiche Tipps aufschreiben und dich ein bissl trösten. Hol dir Hilfe - du brauchst nicht länger unnötig zu leiden!!!

Liebe Grüße von
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
heli

Beitrag von heli »

Liebe Marika und Erika!

Vielen Dank für eure Antwort. Ich bin seit März bei einer Psychotherapeutin in Behandlung. Vom Neuologen habe ich ein AD verschrieben bekommen (Cirpralex 10 mg). Das nehme ich seit Mitte März. Leider geht es mir noch immer nicht wesentlich besser. Das die Mutterliebe auf "Knopfdruck" nicht entstehen kann, klingt eigentlich logisch. Leider bin ich aber ein sehr ungeduldiger Mensch. Wie lange hat es bei euch gedauert, bis ihr sagen konntet, ich liebe mein Kind und würde alles für sie/ihn tun :?:
Was mir auch zu schaffen macht, ist das ich den ganzen Tag alleine zuhause sitze (hatte früher einen abwechslungsreichen Beruf). Ich hatte das glaube ich unterschätzt. Man fühlt sich so isoliert von der "wirklichen" Welt.
lg
Helga
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Marika
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Registriert: 04:06:2005 16:05

Beitrag von Marika »

Liebe Helga,

oh ich verstehe dich voll und ganz. Auch ich habe das "Zu Hause sein" unterschätzt. Ich glaubte, mir würde mein Job nicht fehlen, aber es war nicht so. Wir verlieren dadurch auch einen Großteil von unserem Sozialen Netz - denn wir verbringen in unserem Beruf ja den ganzen Tag. Und plötzlich sind wir alleine mit dem Baby - keine lockeren Gespräche mehr, keine Geselligkeit, kein "sich eingebunden fühlen" in einen Prozess, den es bei der Arbeit gab. Diese Umstellung ist ganz enorm und wird meist gar nicht bedacht. Es ging mir genau wie dir. Deshalb habe ich angefangen, bei jedem Wetter mit einem Kleinen raus zu gehen. Raus in die Stadt bummeln, einen Kaffee trinken, die Oma von der Arbeit abholen usw....!

Ich nehme übrigens auch Cipralex - aber mittlerweile 30 mg. Bei mir ist es jetzt genau 1 Jahr her, dass ich krank wurde - Noah war damals grad mal 5 Wochen alt. Es dauerte schon 3 - 4 Monate, bis ich einigermassen durch den Tag kam und bis ich dann immer öfter spührte, dass da eine tief verschüttete Mutterliebe durch kam. Denn die ist da - auch bei dir. Sie ist nur im Moment total überschattet von der Depression. Daher kannst du sie nicht fühlen. Aber da ist sie!!!

Jetzt nach 1 Jahr fühle ich mich wirklich die meiste Zeit über sehr, sehr gut! Ich liebe meinen Kleinen unendlich und bin einfach nur glücklich, ihn zu haben. Als ich damals so weit war wie du, war ich davon allerdings auch noch meilenweit entfernt. Diese Krankheit braucht leider sehr viel Geduld. Und es gibt auch immer wieder mal Tiefs. Das heißt es geht einmal dann langsam besser und plötzlich kann so eine Schwankung auftreten und man glaubt, alles beginnt wieder von vorne. Das ist aber nicht so - die Krankheit verläuft in Wellen - mal biste oben, dann wieder unten. Aber die Hochs werden immer länger und die Tiefs nehmen ab - bis sie eines Tages gar nicht mehr kommen. Ich bin mitterlweile so weit, dass es mir 3 Wochen sehr gut geht, dann kann es mal wieder ein paar Tage geben, wo es nicht so der Hit ist, aber dann kommt schon wieder ein Hoch.

Dein Medi ist ja auch noch gering dosiert - da kann dein Arzt immer noch höher gehen, wenn du das Gefühl hast, es geht nicht vorwärts. Sprich ihn mal drauf an! Die Höchstdosis liegt ja bei 20 mg. Meine 30 mg sind wegen den Zwangsgedanken, unter denen ich gelitten habe. Da braucht man dann eine noch höhere Dosis.

Wie lange die Krankheit dauert, kann man leider nicht vorhersagen. Aber eines ist sicher: Es wird besser - versuch durch zu halten. Wir werden dir dabei helfen!

Liebe Grüße von
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Erika

Beitrag von Erika »

Liebe Helga,

ich leide unter PPD seit fast einem Jahr,und hab ich schon ganz schöne Momente mit meine Tochter,leider kommen immer wieder diese schlimme Rückfälle.Ich nehme jetzt Fluctine,bevor hab ich Citalon und Paroxetin genommen,hab auch Arzt gewechselt,weil leider nicht alle verstehen wie es uns geht.Du liebst dein Kind nur denkst zu viel nach(so wie wir alle).Ich bin auch sehr ungelduldig,aber unsere Krankheit braucht Zeit.Ich sage es immer,es wäre viel leichter wenn ich wissen könnte wenn es vorbei geht,aber so einfach ist es nicht.Weiis du,ich hab eine Freundin,die ganz "normale" Mutter ist und sie zeigt gar nicht so dass sie ihr Kind lieb hat,und sie denkt nicht dran,für sie ist Kind etwas was man haben muss,sie flippt manchmal aus und sagt:"Du Teufel,ich bring dich um!" und dann denkt gar nicht dran was sie gerade gesagt hat,aber wir quellen uns mit jede Kleinigkeit.Versuch irgendwelche Beschäftigung zu finden,was du regelmässig machen musst,so wirst du etwas abgelenkt.

Ich wünsche dir alles,alles Gute!
Melde dich!

Erika
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