PPD oder Hormon-Chaos?

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nafftifftoffel

PPD oder Hormon-Chaos?

Beitrag von nafftifftoffel »

Hallo an alle,

ich weiß nicht recht, woran ich bin. Aber vielleicht erstmal zu meiner Geschichte:
als wir im März erfahren haben, dass ich schwanger bin, ist für uns ein großer Wunsch in Erfüllung gegangen. Die Schwangerschaft war bis auf eine kleine Blutung am Anfang schön und unkompliziert. Da ich noch Urlaub übrig hatte, konnte ich schon 9 Wochen vor Termin zu Hause bleiben und mich ganz in Ruhe vorbereiten. Und mir meine "Wunsch-Entbindung" zurecht träumen. Naja...
2 Wochen vor dem Termin sind wir dann spät abends mit Wehen in die Klinik gefahren. Die ganze Nacht hatte ich schmerzhafte, in 2-3 Minutenabständen kommende Wehen, die aber wirkungslos waren. Am nächsten Morgen, schon ziemlich entkräftet, beschloß man, mir eine PDA zu legen. Die saß nicht, und auch 2 weitere Versuche schlugen fehl. Als dann die Preßwehen anfingen, blieben auf einmal die Herztöne des Babies weg. Mir wurde ein Dammschnitt verpaßt, auch eine meiner Horrorvorstellungen. Und dann kam, nach über 30 Stunden ohne Schlaf oder Ruhepause, am 12.11.2006 um 14:22 Uhr unser kleiner Tobias zur Welt. Ich war einfach nur froh, dass es vorbei war und konnte mit dem kleinen Bündel auf meiner Brust gar nicht recht was anfangen.
Als ich dachte, im Zimmer angekommen, ich könnte endlich schlafen, wurde ich wieder eines besseren belehrt. 3 Tage im Krankenhaus und nur ca 3 Stunden Schlaf später war ich am Ende. Ich wollte nur nach Hause in mein Bett. Dazu kam, dass Tobi aufgrund eines verkürzten Zungenbändchens nicht richtig an die Brust wollte. Und zu Hause gings weiter. Ich konnte einfach nicht schlafen. Ich lag im Bett, die Gedanken rasten, der Druck in spätestens 2-3 Stunden wieder präsent sein zu müssen und der Kampf, den kleinen an die Brust zu kriegen ließen mich nur wach liegen. Ich empfand das Baby als Störfaktor, wollte, dass er verschwindet. Das Stillen wurde regelrecht zur Tortur, weil ich immer weniger Geduld und immer mehr Wut aufbrachte. Nach 11 Tagen hatte ich einen Zusammenbruch mit Heulkrämpfen und der Drohung wenn das Kind nicht verschwindet, kann ich für nichts garantieren. Meine Hebamme hatte die Möglichkeit einer PPD schon vorher gesehen und versucht, homöopatisch gegenzusteuern. Hat aber nicht viel geholfen. Noch am selben Tag fing ich an abzustillen, da ich das Stillen als größten Streßfaktor ansah. Am 13. Tag hatten wir dann ein Gespräch mit einer Psychologin einer Mutter-Kind-Station, die mir auch gleich 2 Medikamente mit gab: Cipramil 20mg morgens und Tavor 1mg zur Nacht. Nachdem ich mich in die Beipackzettel eingelesen hatte, entschied ich mich, statt des Tavors Noctamid einzunehmen, da ich die Wirkung auf mich kannte und es mir gut half. Nachdem ich abstillte, ging es mir von Tag zu Tag besser. Von meinem Gynäkologen sollte ich mir dann ein Rezept für die Medikamente holen. Dieser weigerte sich und meinte, wenn ich sowieso abstille, würde er mir erstmal ein Hormonpräparat verpassen, da hätte er gute Erfahrung mit gemacht. Der Östrogenspiegel ist nach der Entbindung so niedrig und das kann solche depressiven Folgen haben. Jetzt nehm ich seit 3 Tagen Cyclosa und es geht mir gut. Das mit dem Schlafen klappt zwar noch nicht ganz so gut, aber ich habe keine Panikattacken, keine Angst, kein Versagensgefühl und ich liebe mein Kind jeden Tag ein bischen mehr.
Ich hoffe von ganzem Herzen, dass wirklich nur das Hormonchaos für meine Gefühle und Ausbrüche verantwortlich war.

Etwas lang die Geschichte, aber ich mußte mir das mal von der Seele schreiben. Allen einen herzlichen Dank, die sie lesen und vielleicht sogar was kommentieren. Wie siehts z.B. bei Euch aus mit Erfahrungen den Hormonhaushalt, seine Entgleisung und die daraus resultierende Wirkung auf die Psyche betreffend?

So denn, ich freue mich auf Rückmeldung,
viele liebe Grüße,
Sandra
bellami1983

Beitrag von bellami1983 »

Hallo liebe Sandra,

schön, dass du dich zu uns gesellst und einen ganz dicken und herzlichen Glückwunsch zur Geburt eurer Tochter; ist ja noch gar nicht so lange her!

Weißt du, das Thema Hormone und Umstellung beschäftigt mich auch sehr, wobei ich bei mir davon ausgehe, dass Hormone sicher eine gravierende Rolle spielen werden, aber sich das mit meiner Persönlichkeit an sich wahrscheinlich hälftig verhält.
50 % Hormone, 50 % ich selbst. Ist mein jetziger Stand, da ich enorme starke depressive Einbrüche ein bis zwei Wochen vor der Mens habe, die sich ziehen bis zum Abklingen der Mens.

Was ist Cyclosa? Ein Hormonmittel? Was bewirkt es?

Ich denke dass es gut möglich ist, dass es bei dir vielleicht ein Hormonchaos war und sich nichts in Richtung PPD entwickelt, aber selbst wenn, du hast hier her gefunden und weißt ja schon relativ darüber Bescheid oder?
Dennoch wünsche ich dir, dass es bei den guten Gefühlen bleibt und das mit dem Schlafen bekommst du sicher auch noch hin!

Alles Liebe für euch

Isabell
lola

Beitrag von lola »

Liebe Sandra!


Das ist wirklich super, dass dir dieser Arzt zu dem geraten hat. Mich nimmt auch wunder was das genau ist???
Ich beschäftige mich auch sehr mit dem Thema der Hormone. Ich habe schon das Gefühl, dass bei mir irgend eine Hormonstörung vorliegt. Denn, was ich so fies finde, ich habe keine Probleme und würde mich eigentlich glücklich fühlen- wenn die Angst nicht wäre. Und woher kommt die? Es wäre schön, wenn es so einfach wäre und man könnte Hormone zu sich nehmen und alles wäre gut. Und vor allem, wie kann man heraus finden, ob was mit den Hormonen nicht stimmt...

Dann bleibt natürlich die generelle Frage, ist die Ursache einer PPD rein hormonell bedingt oder nicht oder nur teilweise...Na ja, ich weiss es leider nicht..

Liebe Grüsse und alles Gute

Lola
lola

Beitrag von lola »

Liebe Sandra!


Das ist wirklich super, dass dir dieser Arzt zu dem geraten hat. Mich nimmt auch wunder was das genau ist???
Ich beschäftige mich auch sehr mit dem Thema der Hormone. Ich habe schon das Gefühl, dass bei mir irgend eine Hormonstörung vorliegt. Denn, was ich so fies finde, ich habe keine Probleme und würde mich eigentlich glücklich fühlen- wenn die Angst nicht wäre. Und woher kommt die? Es wäre schön, wenn es so einfach wäre und man könnte Hormone zu sich nehmen und alles wäre gut. Und vor allem, wie kann man heraus finden, ob was mit den Hormonen nicht stimmt...

Dann bleibt natürlich die generelle Frage, ist die Ursache einer PPD rein hormonell bedingt oder nicht oder nur teilweise...Na ja, ich weiss es leider nicht..

Liebe Grüsse und alles Gute

Lola
nafftifftoffel

Beitrag von nafftifftoffel »

Hallo Lola,

ich glaube, die Angst resultiert zum großen Teil aus der enormen Umstellung des Körpers und aus der völlig neuen Lebenssituation. Wir sind doch alle Gewohnheitstiere und wenn sich eine Lebenssituation so sehr radikal und plötzlich ändert, reagieren wir mit solchen Gefühlen wie Angst und Unsicherheit. Der eine mehr, der andere weniger. Das ist natürlich nur meine Vermutung, für mich aber recht logisch. Und bei einigen Menschen scheint die einzig mögliche Therapie aus Antidepressiva und Schlafmitteln zu bestehen. Wobei ich schon der Meinung bin, dass man öfter erstmal einen Hormonstatus erstellen sollte (macht der Endokrinologe, so findet man heraus, ob mit den Hormonen was nicht stimmt), als gleich Psychopharmaka zu verabreichen. Und wenn man weiter stillen möchte, ist das mit dem Verabreichen von Hormonen auch nicht so einfach.
Nicht umsonst ist das Thema PPD so ein weites Feld, wenns dagegen ein Pauschalrezept gäbe, wäre alles einfacher.

Auch Dir alles Gute und ganz viel Kraft,
Sandra
nafftifftoffel

Beitrag von nafftifftoffel »

Hallo Isabell,

danke für die Glückwünsche und lieben Worte!
Ich stimme Dir da voll zu, die individuelle Persönlichkeit wird bei der Entstehung einer PPD sicher eine große Rolle spielen, aber wie ich schon lola geschrieben habe, es sollten öfter mal die Hormone gecheckt werden, bevor man zu den "Hammerwaffen" greift.
Cyclosa ist eigentlich eine Antibaby-Pille, hat aber einen höheren Östrogengehalt und eignet sich somit zur Hormontherapie. So hats mir mein Gynäkologe gesagt. Auf der Packung steht: zur Zyklusregulierung. Naja..
Heute hatte ich wieder einen Termin bei der Psychotherapeutin, auch sie hat zur Vorsicht geraten und gesagt, es könnte durchaus nochmal ein Einbruch kommen. Aber wichtig ist für mich, einen Adresse zu haben, wo ich mich hinwenden kann wenns wieder schlimmer wird und durch Familie und Freunde Unterstützung zu haben. Das wünsche ich allen, die so eine schwere Zeit durchmachen.

An dieser Stelle wünsche ich allen Betroffenen und ihren Angehörigen ganz viel Kraft die schlimme Zeit zu überstehen und den Mut, darüber zu sprechen. Je früher, desto besser. Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn man drüber spricht eröffnen sich Türen und Tore und man bekommt Hilfe, von wo man sie gar nicht erwartet hätte.

Alles Liebe,
Sandra
Mum

Beitrag von Mum »

Hallo,
auch ich hatte Depressionen und Panik nach der Geburt meines 3. Kindes.
Bei den ersten beiden ist alles gut verlaufen.
Ich war auch bei mehreren Ärzten, die mir sofort ein Antidepressiva verschreiben wollten, aber ich wollte es nicht nehmen.
Meine Gyn hat mir daraufhin ein Östrogengel verschrieben, welches ich jeden Tag einreiben musste, ca 4 Wochen lang, als ich zum erstenmal meine Regel wieder hatte, war alles wieder normal, ganz genau so wie früher.
Es ging nicht von heute auf morgen, aber die Abstände wurden immer länger insgesamt hatte ich die Depressionen "nur" 3 Monate.
Ich glaube es ist variable, bei mir lag es eben an den Hormonen.
Ich wünsche dir, das es bei dir auch "nur" an den Hormonen liegt, denn dann ist es wahrscheinlich bald vorbei

Ich drück dir die Daumen
nafftifftoffel

Beitrag von nafftifftoffel »

Hallo Mum,

schön zu hören, dass es noch andere "leichtere" Verläufe gibt. Langsam war ich schon am Zweifeln, weil alle Welt mir zur Vorsicht rät, es könne nochmal losgehen. Aber ich fühl mich soo viel besser seit ich abgestillt habe (was schon sehr geholfen hat, hätt ich gar nicht erst anfangen sollen, aber man wird ja immer irgendwie unter Druck gesetzt, "still bloß", man bekommt ja das Gefühl eine Rabenmutter zu sein wenn man es nicht tut) und die Hormone nehme.
Keiner hat je gesagt dass es locker und einfach ist ein Kind zu bekommen und groß zu ziehen, aber ich fühl mich nicht mehr überfordert damit oder habe Panik. Ich tu's einfach und höre mehr auf meinen Bauch als auf zu viele - schon gut gemeinte - Ratschläge von aussen. Klar hab ich mal Hänger, vor allem wenn sich mein Kleiner vor so viel Bauchschmerzen gar nicht mehr beruhigen läßt. Aber das geht vorbei und ich bin guter Dinge.

Danke für Deine Antwort,
alles Liebe,
Sandra
Sas

Beitrag von Sas »

Hallo Sandra,

schön, dass Du uns gefunden hast. Und schön, dass es Dir besser geht und Du trotzdem hier schreibst. Das ermutigt sicher viele Frauen. Ich selbst kann mich in Deiner Geschichte teilweise wieder finden, denn ich schiebe der Stillerei und dem Schladmangel auch eine große Schuld an meinen Problemen zu. Sicher ist Stillen das beste für das Kind, aber nur, wenn es auch OK füre die Mutter ist. Ich habe auch versucht, auf biegen und brechen durchzuhalten, habe praktisch 10 Tage nicht geschlafen und meine Kleine war ne schlechte Trinkerin. Ich will niemandem vom Stillen abraten, denn ich halte eigentlich viel davon und es gibt ja auch einige, bei denen es gut klappt und das ist total in Ordnung. Aber sobald es irgendwie in Druck ausartet und eine schwere Belastung darstellt finde ich es nicht mehr gut. Ich bin nach 10 Tage auch zusammengebrochen, habe gemeint ich bin völlig irre und habe mich, weil ich so Angst vor mir selbst hatte ins BKH einweisen lassen. Slebst dort habe ich mich noch immer erstmal weitergezwungen, zu stillen, bis es überhaupt nicht mehr ging und ich Medis nehmen musste. Bei mir tippten sie damals auf einen Serotoninmangel, da meine anderen Werte unauffällig waren. Ich bekam dann ein Antidepressivum, Zoloft und ein Neuroleptikum, da ich auch noch leicht psychotisch war. Durch diese Sachen ging es mir relativ schnell besser (dauerte "nur" gute 3 Monate, was im Vergleich zu den Leidensgeschichte anderer hier echt wenig ist). Ich hatte zwar lange noch irgendwelche Schwankungen danach, aber die wurden immer seltener.
Ich finde es ganz toll, dass Du sofort reagiert hast. Dass kostet nämlich schon Überwindung und es ist für viele hier schwer, sich einem Arzt anzuvertrauen. Aber je schneller man geht, umso schneller kriegt man den Schrott in den Griff!! Kannst echt stolz auf Dich sein, das ist ne Leistung in dem Zustand!
Ich würde mich freuen, wenn Du noch mehr schreibst.

Liebe Grüße, Saskia
nafftifftoffel

Beitrag von nafftifftoffel »

Hallo Sas,

danke für die lieben Worte. Wenn ich die anderen Leidensgeschichten lese, bekomme ich schon auch den Eindruck, meine wäre "Peanuts" dagegen. Aber jeder empfindet individuell und für mich, die sich eigentlich für einen lebensbejahenden und nicht zu Depressionen neigenden Menschen hält, waren die Gedanken und Worte, die ich hatte und sagte eine ganz schlimme Erfahrung. Und wenn ich jetzt daran denke oder drüber spreche kommen mir noch immer die Tränen. Ich hab große Angst, dass da nochmal was nachkommt.
Das schlimmste im Moment ist der Schlafmangel. Ich bekomme große Unterstützung durch meinen Mann und seine Mutter, die schon mehrere Nachtschichten übernommen hat. Aber selbst wenn ich 12 Stunden am Stück Ruhe zum Schlafen habe, gelingt es mir ohne Tablette (Noctamid) nicht. Ich bin ohnehin ein "schlechter Schläfer", beim geringsten Geräusch wach u.s.w., will aber auch nicht ständig diese Schlaftabletten nehmen. Vielleicht weiß ja jemand noch andere Möglichkeiten (z.B. pflanzlicher Art oder Homöopatie), die weiterhelfen. Ich liege im Bett, bin total müde, aber die Gedanken rasen und ich komm nicht zur Ruhe. Das sollte so auch kein Dauerzustand werden.
Ich würde mich über jeden Tip oder Erfahrungen freuen,
bis dahin liebe Grüße an alle,
Sandra
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