negative Kindheitserinnerungen - kann man das je vergessen?

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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crapaud

negative Kindheitserinnerungen - kann man das je vergessen?

Beitrag von crapaud »

Liebe Forum-Besucherinnen,

jetzt muß ich Euch einmal eine Frage stellen, die mich schon lange beschäftigt: Viele von Euch haben über negative eigene Kindheitserinnerungen berichtet und darüber, dass diese vermutlich mit für die PPD verantwortlich sind. Habt Ihr es wirklich geschafft, über den ganzen üblen Kram hinwegzukommen?????

Mich holen derzeit wieder ständig schlimme Erinnerungen an meine eigene Kindheit ein. Ich dachte immer, das müßte besser werden, je älter man wird - leider Fehlanzeige - es wird immer schlimmer, besonders jetzt, wo ich ein eigenes Kind habe. Immer wieder fallen mir Geschichten ein, an die ich lieber nicht mehr denken würde. Das zieht mich total nach unten :-(

Ein zentrales Thema ist leider meine eigene Mutter und ihr Verhalten mir gegenüber. Ich will Euch jetzt nicht mit meiner Geschichte langweilen, vielleicht nur soviel: Wenn den Menschen nennen müßte, der mir am meisten in meinem Leben angetan hat, dann würde mir meine Mutter einfallen. Psychoterror vom feinsten - Einkochen bis zum gehtnichtmehr - und ich saß da als Kind hilflos mittendrin und wünschte mir nur, dass jemand nett zu mir sei. Depressionen hatte ich schon als 10-jährige und malte mir aus, wer alles nach meinem geplanten Selbstmord zu meiner Beerdigung kommen würde - verrückt, was!?

Es scheint meiner Mutter nur dann gut zu gehen, wenn sie auf anderen, speziell auf mir herumtrampeln kann, was sie übrigens für ihr gutes Recht hält. Mein Psychologe meinte neulich, ich sei wie ein greinendes Kind, dass ständig in der Vergangenheit herumtappe, anstatt nach vorne zu blicken. Da hat er vielleicht Recht, aber wie schafft man es denn, solch eine gräßliche Zeit zu den Akten zu legen?????

Marika hat ja von einer tollen Therapie berichtet, ich bin ja schon so gespannt, ob das wirklich hilft! Wie geht Ihr denn mit solchen Erinnerungen um?

Liebe Grüße
Eure
Anna
Carlotta

Beitrag von Carlotta »

Hi Anna,
also, ich denke, vergessen kann man das nie, genauso wenig wie das aufgeschlagene Knie aus seiner Kindheit.
Ich habe für mich in meiner Therapie gelernt, dass das Annehmen - also mit allen schrecklichen Gefühlen etc - das beste ist. Viel besser als ständig dagegen anzukämpfen oder sich zu fragen, warum nur hat es mich erwischt, alle anderen scheinen so glücklich.
Das mit dem Akzeptieren und Annehmen mag so einfach daher gesagt klingen, aber es ist harte Arbeit. Es bedeutet nämlich, am Ende sein eigenes Leben zu leben, sich von anderen - wie von Deiner Mutter zb (ich weiss jetzt nicht, was ihr heute für ein Verhältnis habt) abzunabeln, und ja, das klingt vielleicht auch blöd, ihr zu verzeihen. Denn Du änderst sie nicht mehr, kannst nicht in sie hinschauen, warum sie mit Dir so umgegangen ist. Sie ist da sicher auch in irgendwas aus ihrer Kindheit verstrickt - keine Entschuldigung, aber vielleicht eine Erklärung.
Du kannst nur für Dich im Hier und Jetzt versuchen, Dein Leben zu leben - immer mit diesen Verwundungen im Hintergrund, jeder von uns hat da ein anderes Päckchen zu tragen.
Bei mir hat es sich "komischerweise" ins Gute gewendet: dachte immer, ich wäre unwillkommen auf dieser Welt, bis mir meine Mutter mal sagte, sie hätten sich sehr auf mich gefreut und wären auch heute noch wahnsinnig stolz auf mich. Das hat mir - obwohl fast 40! - sehr geholfen.
Vielleicht fragst Du deine Mutter "einfach" mal in einem passenden Moment, warum sie das eigentlich mit Dir macht, oder gemacht hat?
Du kannst und solltest nach vorne blicken - das geht aber erst richtig gut, wenn Du das "hinten" verstanden und angenommen hast.
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Marika
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Beitrag von Marika »

Liebe Anna!

Da kann ich der Carlotta voll und ganz zustimmen: Die Bewältigung von negativen Kindheiterinnerungen (wie auch von anderen negativen Erfahrungen) liegt sicher im "Annehmen" und auch im "Verzeihen". Vergessen kommt dem Verdrängen gleich und das ist ein Pulverfass - irgendwann kommt alles - meist viel schlimmer - wieder hoch.

Bei mir war es so, dass ich keine Ahnung hatte, WAS denn bei mir aus der Kindheit nachwirken sollte - war doch alles gut! Ich hatte auch eine schöne Kindheit, aber es gab Dinge, die ich so tief vergraben hatte und nach denen ich bis heute gelebt hatte, die meine Angst und auch meine Zwänge geprägt haben.

In einer Therapie kann man lernen, diese Dinge bewußt noch mal anzuschauen und zu Verarbeiten. So erhält man eine neue Sichtweise und kann damit abschließen.
Mir ist das bis jetzt gut gelungen. Und je mehr ich "verarbeite" um so entspannter und glücklicher wird mein Leben.

Ich wünsche dir alles Liebe und Gute auf deinem Weg - du schaffst das!

Liebe Grüße von
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
crapaud

Beitrag von crapaud »

Liebe Carlotta, liebe Marika,

das mit dem Annehmen ist sicher ein wichtiger Punkt, an dem ich seit Jahren knabbere. Meine Mutter hatte selber keine schöne Kindheit und hat dies wohl (teilweise unbewußt) an ihren eigenen Kindern ausgelassen. Bei meinen Schwestern hat das nicht so sehr funktioniert, weil die beiden nur
1 1/2 Jahre auseinander sind und immer zusammen gehalten haben. Solch eine Rückendeckung hat mir (ich bin 11, bzw. 9 Jahre jünger) gefehlt, deshalb habe ich alles geballt abbekommen.
Als ich z. B. als Jugendliche von mehreren Kerlen sexuell belästigt und begrapscht wurde, meinte meine Mutter nur, es sei ja nichts passiert, als ich ihr weinend davon erzählte. Dann meinte sie, ich solle einfach so tun, als ob nichts passiert sei (ihr Patentrezept) und ihr (!) jetzt nicht noch mehr Aufregungen bereiten und den Mund halten. Sehr "liebevoll" - in den Arm nehmen und trösten war da wieder einmal Fehlanzeige.

Was mich so richtig wütend macht, ist, dass meine liebe Mama heute immer noch mit den gleichen Bosheiten wie damals auffährt und auch nicht im geringsten einsieht, wie gemein sie war. Kann sie das nicht endlich bleiben lassen? Ändern wird sie sich wohl nicht mehr, aber ich habe irgendwie keine Lust, mir immer und immer wieder diese Gemeinheiten anzutun. Schwierig, denn sie ist nicht mehr die Jüngste und ich fühle mich irgendwie verpflichtet, sie trotz allem zu besuchen, schon wegen Lea.

Wahrscheinlich hoffe ich immer noch darauf, endlich ein Fünkchen Mutterliebe zu erhaschen, aber das wird wohl nie passieren. Wirklich ätzend, wenn man sich dabei ertappt, dass man immer noch auf so etwas hofft - mit fast 40!!!
Wahrscheinlich werde ich durch mein eigenes Kind nun geballt mit dem alten Mist konfrontiert. Ob man da irgendwann einmal durch ist und die Dinge zu den Akten legen kann? Bei Euch scheint das ja besser geworden zu sein, das läßt mich hoffen!!!!

Alles Liebe für Euch!
Anna
Carlotta

Beitrag von Carlotta »

Hi Anna,
musste jetzt grinsen, weil wir beide geschrieben haben, wir wären fast 40! Einerseits fühle ich mich noch total jugendlich, andererseits macht mir diese Zahl etwas Angst :shock: Hat jetzt gar nix mehr mit deinem thread zu tun, aber es ist schon komisch, gell, dass man in unserem Alter "noch" auf die Eltern schielen muss bzw. von deren Liebe oder eben auch Abweisung "abhängig" ist.
Kann verstehen, dass Du sie wegen deiner Tochter noch besuchen gehst, siehe es doch einfach locker: DU hast noch die Chance, etwas zu verändern in deinem Leben, machst Dir Gedanken etc, arbeitest die Sachen auf, da hast du deiner Mutter viel voraus. Meine steckt nämlich auch noch in ihrer Angst fest (seit 30! Jahren) und denkt bei jeder Panik gleich ans KH, anstatt die Gefühle DAHINTER wahrzunehmen. Das ist jetzt kein ÄTSCHI- ich weiss wie es geht Gedanke, aber mir hilft es, das so zu sehen.
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallo,

vielleicht hilft dir auch dieser Gedanke etwas:

"Man kann den anderen nicht ändern - man kann nur sich selbst ändern"

Damit meine ich, dass du lernen kannst, das Vergangene zu bewältigen und das Gegenwärtige anders zu bewerten. Also wenn deine Mutter immer noch die "alten Sprüche" rauskramt, kannst du sie als das sehen, was sie sind: Ansichten, deiner alternden Mutter, die eigentlich total arm dran ist. Weil sie aus diesem "alten und krankhaftem Schuh" nie mehr raus kommt. Du kannst lernen, dass diese Dinge an dir abprallen und sie dich nicht mehr verletzen.

Ich denke das schaffst du in dem Moment, wo du dich vom Vergangenen verabschiedet hast. Das ist ein ganzes Stück Arbeit, aber es ist zu schaffen!

Liebe Grüße von
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Jenny

Beitrag von Jenny »

Deer Gedanke, niemals mehr das Gefühl zu bekommen, was jedes Kind verdient - nämlich, von der Mutter bedingungslos geliebt zu werden - ist sehr schmerzhaft.
Man muss sich allerdings klar machen, dass es keinen Sinn mehr hat, auf diese Mutterliebe zu hoffen, man würde sie auch nicht mehr empfinden können, einfach weil man selbst kein Kind mehr ist.
Es ist etwas, was einem vorenthalten wurde, zu Unrecht, und man darf darüber wütend sein. Man darf - und sollte! - auch darüber trauern.
Wenn diese Trauer abgeschlossen ist (nach Monaten oder Jahren, man kann da keinen Zeitplan geben), ist es endlich gut. Man ist frei. man ist nicht mehr angewiesen auf das Lob der Mutter und (ungerechtfertigte) Kritik von ihr trifft auch nicht mehr so tief, nervt höchstens.
Ich weiß, wovon ich sprechen, denn ich habe das alles hinter mir. Mittlerweile habe ich Mitleid mit meiner Mutter, aber mehr auch nicht. Mein Mitleid geht nicht soweit, dass ich ihr wieder erlauben würde, einen ihr nicht zustehenden Anteil an Zeit und Kraft und Einfluss in meinem Leben zu besetzen.
Ich gebe ihr den kleinen Finger, sie will den ganzen Arm bis zur Schulter, den kriegt sie nicht, also will sie GAR NICHTS mehr von mir wissen!
Das ist schade, aber nicht schlimm. Ich akzeptiere ihre Entscheidung, so wie ich mir wünsche, dass sie MEINE Entscheidungen akzeptiere (sie muss sie nicht gutheißen).
Versucht es einmal auf diesem Weg: Eurer Leben - eure Regeln!
crapaud

Beitrag von crapaud »

Hallo Ihr Lieben,

danke für Eure tollen Beiträge. Ja, das mit dem Loslassen ist schwer und ich verstehe selber nicht, weshalb ich mir so schwer damit tue.

Carlotta, ist es nicht ätzend, wenn man sich mit fast 40 noch vorkommt wie ein kleines Mädchen, wenn wieder die alten Sprüche von der Mutter kommen?! Ich habe mir aber sagen lassen, dass sogar viel ältere Leute noch auf die Palme gehen, wenn deren Eltern (sofern sie noch am Leben sind) wieder mit alten Rollenmustern anfangen.

Aber Ihr habt Recht, jetzt kann ich mein eigenes Leben leben und notfalls auf Distanz zu meiner Mutter gehen. Ist schon komisch, wie viel mir wieder von den blöden alten Geschichten einfällt, seit ich selber Mutter bin.

Ich finde auch, dass wir solchen Müttern etwas entscheidendes voraus haben: Wir merken, dass etwas nicht stimmt und versuchen, unseren eigenen Weg zu gehen.
Jenny, dass Deine Mutter den Kontakt ganz abgebrochen hat, ist schade. Kann sie denn so wenig akzeptieren, dass Du ein eigenes Leben hast??? Aber ich kenne das: Mit meiner Mutter hatte ich auch ein ganzes Jahr lang keinen Kontakt, weil es mir viel zu weh tat, was sie mir alles an den Kopf warf. Ein Mindestmaß an Respekt kann man schon verlangen, leider bringt meine Mutter das gerade weider mal nicht auf. Ich frage mich wirklich, ob ich an Weihnachten überhaupt bei ihr erscheinen soll. Das läuft wieder so ab, dass ICH mich bei ihr entschuldigen soll, weil SIE mies zu mir war. Da habe ich nun keine Lust darauf. Andererseits habe ich natürlich doch irgendwie ein schlechtes Gewissen, wenn ich mich Weihnachten nicht blicken lasse.

Es ist schade, wenn da nicht einmal ein Minimum an Achtung aufgebracht wird. Seltsam, dass manche Leute ihre eigenen Kinder wie ihre Feinde behandeln.

Eure
Anna
Martina

Re: negative Kindheitserinnerungen - kann man das je vergess

Beitrag von Martina »

crapaud hat geschrieben:Mein Psychologe meinte neulich, ich sei wie ein greinendes Kind, dass ständig in der Vergangenheit herumtappe, anstatt nach vorne zu blicken. Da hat er vielleicht Recht, aber wie schafft man es denn, solch eine gräßliche Zeit zu den Akten zu legen?????
Hallo Anna,

genau so habe ich mich auch immer gefühlt. Immer dieses endlose "Lamentieren" - man weiß die Ursache, kann aber nicht wirklich etwas an den Folgen ändern, trotz des Wissens. Die einzige Lösung dafür ist, in meinen Augen, den Kontakt mit deinem inneren Kind aufzunehmen und dein inneres Kind die Schmerzen fühlen zu lassen, die du (bzw. dein inneres Kind) als Kind gefühlt hat (hast) und so den Schmerz zu überwinden. Das geht natürlich nicht alles von heute auf morgen und ist sehr schmerzhaft. Aber je ernster du dein inneres Kind nimmst, je mehr du (nach)fühlst, desto mehr Zugang findest du zu dir selbst... und desto besser kannst du die Vergangenheit ruhen lassen.

Ein Buch, das mir dieses am besten deutlich gemacht und mir dabei am meisten geholfen hat ist "Liebeskummer lohnt sich doch", - leider ist der Titel etwas irreführend -, von Thomas Trobe. Ein phantastisches Buch.

Versuch dir das zu geben, was du von deiner Mutter nicht bekommen hast.

Ich weiß, ich habe mich wahrscheinlich unbeholfen ausgedrückt, es ist nicht so einfach...

Alles Gute und liebe Grüße
Martina
Jenny

Beitrag von Jenny »

@ crapaud:

Es ist weniger, dass meine Mutter mein eigenes leben nicht akzeptiert (sie akzeptiert es Zähne knirschend, es bleibt ihr auch nicht anderes übrig).
Es geht um die Verletzungen, die sie mir und meiner Schwester zugefügt hat, mit denen sie uns nicht nur seelisch, sondern auch ganz handfest finanziell geschadet hat. Um des lieben Friedens willen (MEINES Friedens willen, denn das Geld ist futsch, die Schulden bleiben mir, ob ich meiner Mutter deshalb böse bin oder nicht, es ändert nichts, weil SIE nichts ändert), habe ich an diese alten Geschichten kein Wort mehr verschwendet. Mein Stillschweigen reicht meiner Mutter aber nicht, sie verlangt quasi, dass ich ihr Recht gebe für das, was sie meiner Schwester und mir angetan hat, ich soll sagen, dass meine Schwester lügt und Mutter im Recht war, so an uns zu handeln und dass sie uns NIEMALS finanziell ausgebootet hat. Das kann ich nicht und deshalb will meine Mutter nichts mehr mit mir zu tun haben. Sorry, aber da kann ich ihr nicht weiterhelfen. Ich will ihr ihre Lebenslüge nicht zerstören, denn ich habe nichts, was ich ihr statt dessen geben könnte. Aber ich will nicht mehr Teil ihrer Lebenslüge sein.
Runespoor

Beitrag von Runespoor »

Hallo!
Was meine Kindheit / Familie betrifft war es so das nach außen Harmonie und das "Wir haben uns alle soooo lieb" ziemlich groß geschrieben wurde. Wie meine Mutter mal sagte, als ich vor Jahren eine Familientherapie vorschlug "Wir sind alle total normal und nur du bist die, die immer rumspinnt."
Meine Depression und eben auch Borderlineerkrankung ist praktisch vom Himmel gefallen, wobei letztere lt. meiner Therapeutin darauf beruht das nach außen alles inkat erscheint, aber unterschwellig kranke und schräge Sachen ablaufen, mit den das Kind einfach nicht zu Rande kommt.

Ich weiß nicht, ich denke jeder muß da seinen eignen Weg finden um mit den Familiengeschichten und Kindheitsgeschichten klar zu kommen. Bei meiner Mutter denke ich, das sie auf ihre Art versucht hat ihr bestes zugeben, aber es eben auf Grund ihrer kranken Psyche nicht besser konnte. Ich habe durch die Therapie raus gefunden das sie vermutlich selbst eine Wochenbettdepression hatte und da in den 70ziger "sowas" nicht gab, war ihre Angst groß in der PSychiatrie zulanden. Also hat sie es totgeschwiegen und ihre fröhliche, nach außen Maske entwickelt. Scheinbar hat niemand außer mir, kapiert das etwas nicht stimmen kann, wenn jemand nach außen einen auf HalliGalli macht und immer betont wie humorvoll und fröhlich er ist, aber hinter verschlossen Türen, im abgedunkelten Raum hockt und darüber jammert wie schlecht die Welt ist.

Meine erste Begegnung mit meiner Mutter nach 6 Jahren war diesen Sommer zur Einschulung meines Sohnes. Ich will nicht ins detail gehen. Ich gab ihr nicht das was sie wollte. Das ich nicht als reumütige Tochter heulend in ihre Arme gefallen bin und sie mir großmütig verzeihen kann. Ich war wieder die, die nicht in der Lage ist "ihren inneren Schweinehund zu überwinden und einen auf heile Welt zu machen". Aber ich denke für welchen Preis? Das ich auch über die unter den Teppich gekehrten Probleme stolpere und mir den Hals breche? Das mir die Leichen im Keller entgegen fallen und ich eine weitere Grube graben muß?
Neeee.

Mein Fazit ist das sich manche MEnschen eben nie ändern und nicht in der Lage sind sich selbst zureflektieren.Ich konzentriere mich auf meine eigne Kleine Familie, das ist mir wichtiger als die bucklige Verwandtschaft.

Was mir geholfen hat ist das Buch "Die Wolfsfrau" und vorallem die GEschichte vom häßlichen jungen Entlein. Soweit von mir Gruß Antje

PS: Eine Freundin von mir meinte mal das Kinder die Therapie machen, die die Eltern nötig gehabt hätten und ich denke das da viel Wahres dran ist.
Patricia

Beitrag von Patricia »

Hallo Anna,

leider bin ich laut meiner Therapeutin noch nicht stabil genug um meine Kindheit zu verarbeitetn - vielleicht ist das bei Dir auch so.

Ich habe jetzt trotzdem einen Brief an meinen Vater geschrieben. Ob ich ihn in naher Zukunft abgeben werde weiß ich noch nicht, aber ich denke ich werde es tun. Mir hat das auf jeden Fall ein bißchen geholfen.

Ansonsten kann ich nur warten dass es mir hoffentlich bad besser geht und ich meine Kindheit in meiner Therapie verarbeiten kann.

lg

Pat
Patricia

Beitrag von Patricia »

Hallo Anna,

leider bin ich laut meiner Therapeutin noch nicht stabil genug um meine Kindheit zu verarbeitetn - vielleicht ist das bei Dir auch so.

Ich habe jetzt trotzdem einen Brief an meinen Vater geschrieben. Ob ich ihn in naher Zukunft abgeben werde weiß ich noch nicht, aber ich denke ich werde es tun. Mir hat das auf jeden Fall ein bißchen geholfen.

Ansonsten kann ich nur warten dass es mir hoffentlich bad besser geht und ich meine Kindheit in meiner Therapie verarbeiten kann.

lg

Pat
crapaud

Beitrag von crapaud »

Hallo Ihr Lieben,

es ist schon verrückt, wie viele Menschen sich auch nach Jahrzehnten noch mit ihrer Kindheit quälen. Wahrscheinlich geht es vielen von Euch so wie mir: Ich habe nie geglaubt, dass solche Dinge wieder verstärkt ins Bewußtsein zurückkehren, wenn man selbst Mutter wird, aber es ist so. Fragt sich nur, wie lange man sich damit plagen muß.

Patricia, ich habe Deinen Beitrag gelesen und finde es sehr mutig, dass Du diesen Brief geschrieben hast! Es war sicher schon die Hölle, das alles zu Papier zu bringen, was Dich quält. Leider kann ich Dir auch keinen Rat geben, ob Du ihn abschicken solltest oder nicht. Das Schreiben war sicher schon Streß und es ist die Frage, ob die Reaktion Deines Vaters nicht zuviel Streß für Dich bedeuten würde. Überlege es Dir und versuche Dir vorzustellen, was im schlimmsten Fall passieren würde und wie es Dir damit ginge. Dann kannst Du immer noch entscheiden, was Du tust. Du könntest den Brief ja auch später abschicken, wenn es Dir jetzt noch nicht danach ist.

Antje, als ich Deinen Betrag las, kam es mir vor, als würde jemand über meine eigene Familie schreiben! War es denn in den 70er Jahren so üblich, nach außen die "heile Familie" zu spielen, während es innen drunter und drüber ging????? Auch bei uns mußte stets die heile Welt vorgespielt werden, vor allem gegenüber den Nachbarn und den Verwandten. Dabei wurden wir Kinder systematisch eingekocht!

Meine Mutter wollte alles wissen, sogar unsere Gedanken! Es war wie in "1984" - big brother is watching you.... Anstatt unsere Agressionen wenigstens durch Streiten abzureagieren, mußten wir stets die artigen Mädchen spielen und durften nicht mal mit den Türen knallen. Es war schrecklich! Eine Cousine erzählte mir neulich, dass sie es als Kind immer grauenhaft fand, wenn sie uns besuchen mußte - wegen der "Friedhofsruhe".
Wenn Du meine Mutter heute siehst, meinst Du, sie könnte kein Wässerchen trüben. Die süße ältere Dame!
Ich bin übrigens auch das schwarze Schaf, weil ich mich weigere, ihre Lügengeschichten zu bestätigen. Sie behauptet z. B., dass ich nie verprügelt wurde, aber ich kann Euch sogar noch beschreiben, wie der Teppichklopfer aussah, mit dem ich Keile bekam. Es würde ja reichen, die Vergangenheit ruhen zu lassen, aber dann zu ihren Gunsten lügen - nein danke!

Martina, das, was Du über das innere Kind geschrieben hast, beschäftigt mich sehr. Ich glaube, da ist viel wahres dran. Bei mir sitzt tief innen wohl immer noch ein trauriges kleines Mädchen mit vielen Defiziten, das nicht angehört wird. Insofern hat der Psychologe mit dem "greinenden Kind" wohl Recht. Wiedergutmachung für eine üble Kindheit geht ja nicht mehr, aber vielleicht würde es helfen, überhaupt einmal herauszufinden, was das kleine Mädchen in mir will.
Momentan habe ich aber richtig Angst davor, zu diesem inneren Kind Kontakt aufzunehmen. Das wäre sehr schmerzhaft, aber wahrscheinlich ist es genau das, was mich immer auf der Stelle treten läßt. Vielleicht wage ich es doch. Danke für Deinen Buchtip - vielleicht kann ich es mir in der Buchhandlung bestellen.

Liebe Grüße
Anna
miss-talitha

Beitrag von miss-talitha »

Hallo zusammen,

ich klinke mich hier mal ein.
Einen Satz möcht ich gerne hinzufügen, ich hab ihn von einem wunderbaren Therapeuten, karl Geck, von dem auch das tolle Buch "Das Leben weitergeben" ist.
"Ich lasse die Hoffnung auf eine bessere Vergangenheit endgültig los".
Ich sage mir den Satz oft, denn natürlich ist auch in mir immer noch das Hadern und der Wunsch, meine Kindheit wäre doch anders gewesen.
Und sie war wie sie war, daran ist gar nichts mehr zu ändern und dann bleibt nur das Annehmen.
Aber ich glaube, wir hängen zu oft noch an diesem "Ändern-wollen", "nicht-wahrhaben-wollen". Na ja, ist nur allzu menschlich.

Herzliche grüße,
miss-talitha
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