Hallo liebe Anna!
crapaud hat geschrieben:Liebe Milla,
tausend Dank für die Mühe, die Du Dir mit Deinem langen Beitrag gemacht hast - wow, ich bin ganz platt!
Nichts zu danken.Wenn wir uns da draußen keiner hilft,dann helfen wir uns hier gegenseitig!Das ist weibliche Solidarität!
crapaud hat geschrieben:Das was Du über Deine Familie schreibst, finde ich sehr bedrückend. Ich kann mir gut vorstellen, dass Dich solche Erlebnisse heute noch verfolgen.
Eigentlich nicht.Durch den Tode meines Vaters und den relativ großen Abstand zu diesen Ereignissen,habe ich das meiste hinter mir gebracht.Alles kommt aber wieder hoch,wenn mein Mann mich wieder verletzt.Da ich fühle ich mich wieder wie dieses hilfslose,gedemütigtes Kind von damals.Ich glaube,als Kind wollte ich schon sterben.Ich erinnere mich,wie ich abend im Bett lag und mir sagte:"Im September bin ich nicht mehr da,dann bin ich tot!"
crapaud hat geschrieben:Es geht mir ganz ähnlich wie Dir: Nun bin ich schon 38 und fühle mich in Gegenwart meiner Mutter immer noch wie ein ausgeliefertes kleines Kind, wenn sich wieder dieser Mechanismus abspielt. Da ist irgendeine Situation, z. B. dass Lea oder ich ein furchtbar teures Geschenk von meiner Mutter bekommen haben (mein Mann meint, dass sie sich da von ihrem schlechten Gewissen freikaufen möchte). Als höflicher Mensch bedankt man sich ja dafür - und dann knallt meine Mutter kurz darauf wieder irgendeinen Spruch hin, für den ich ihr am liebsten eine Ohrfeige verpassen würde. Aus "Höflichkeit" murmle ich eine abgemilderte Erwiderung vor mich hin. Manchmal platzt mir aber der Kragen und ich schreie sie an, so wie neulich."
Ja,genauso war es oft zwischen mir und meinen Eltern.Ich weiß noch,das war kurz bevor meine Mutter ihr Verhalten mir gegenüber geändert hat,2-3 Jahre vielleicht nach dem Tode meines Vaters.Ich war zu Besuch mit meinem Freund (mein Mann heute) , es war 11.30 Uhr oder sowas und ich saß gemütlich auf dem Sofa.Plötzlich schrie meine Mutter vom oberen Stockwerk:"Milla,deckt den Tisch!" so,mit ihrem Oberlehrerinton (sie war Lehrerin und kommandierte tatsächlich ihre Schüler-3 Jährigen!-tatsächlich wie ein Kommandant!).5 Minuten später geht sie runter und schrie mich wieder an:"Was,du hast den Tisch noch nicht gedeckt!Ich habe dir vor eine Viertelstunde gesagt du sollst ihn decken!" oder so etwas,auf einem sehr agressiven und gedemütigenden Ton,als ob sie mit einer 10jährigen sprechen würde.Ich habe aber diesmal nicht schweigsam gehorcht,wie damals als ich 10 Jahre alt war,sondern habe ihr gesagt,sie soll mir keine Befehle mehr geben,ich sei keinen Hund,oder so etwas.Ja, ich glaube,es war,als ob ich einen Hund gewesen wäre.
Ich glaube,das war das letzte Mal, daß sie mit mir so gesprochen hat.Sie hat sich dann verändert,ich weiß nicht warum.
Und so bin ich meine ganze Kindheit lang von ihr und meinem Vater behandelt worden.Sie haben mein Selbstwertgefühl systematisch begraben.
crapaud hat geschrieben:
Deine Oma hätte sich sicher wunderbar mit meiner Mutter verstanden. War sie auch so gräßlich selbstgefällig und sah sich stets als liebevolle Frau, die sich für ihre Familie "aufgeopfert" hat?
Teile meiner Kindheitserlebnisse habe ich schon anderen Leuten erzählt und die fragten mich allen Ernstes, wie ich es geschafft habe, diese Frau nicht umzubringen - ha ha!
Ich habe diese Frau persönlich zu wenig gekannt,um das zu wissen.Ich weiß nur,welche Bösheiten sie meinen Eltern angetan hat(ich war 6-7 Jahren als sie gestorben ist und habe sie nur während dieser Besuche gesehen).
crapaud hat geschrieben:Deine Buchtipps finde ich super, besonders das 1. Buch scheint genau unser Thema zu treffen. Aber ich sage Dir, ich habe richtig Angst davor, dieses innere Kind zu treffen. Dann kommen wieder diese gräßlichen Gefühle hoch, andererseits kostet es wahrscheinlich mehr Energie und Lebensfreude, immer einem "Ersatzglück" hinterherzuhecheln, anstatt sein eigenes Leben zu leben.
Ja, ich verstehe es.Bei mir ist es dasselbe.Als ich in der Therapie über die Mißhandlungen durch meinen Vater gesprochen habe,ging es mir so dreckig,daß ich der Therapeutin gesagt habe,daß ich nicht mehr über meine Vergangenheit sprechen wollte.Diese Erinnerung waren eine Art Re-Traumatisierung!
crapaud hat geschrieben:Teilweise gelingt mir das ja, aber die Berührung mit meiner Familie ist immer noch häufig demütigend und wirft mich immer wieder zurück in die Vergangenheit.
Oh,ja genau war es auch,als mein Vater noch lebte und bevor sich meine Mutter änderte.Meine Schwester zeigte aber,bevor ich vor 1 Jahr den Kontakt abbrach,das gleiche Verhalten.In einem Telefonat (das Letzte!) von gerade 5 Minuten schaffte sie es,mir 5 Kritiken an den Kopf zu werfen ("Warum machst du das?"und"Warum hast du das gemacht?""Du machst alles falsch" usw.Ich habe ihr gute Nacht gesagt,Tschüss gesagt und seitdem nie wieder mit ihr gesprochen!).Als wir zusammen wohnten,waren diese Kritiken und Demütigungen täglich:ich hatte die falschen Klamotten,die falsche Frisur,usw..(ihr ging es sowieso nur um das Äußere!).
crapaud hat geschrieben:Es ist ja nicht nur meine Mutter alleine, sondern sie hat ein
System aufgebaut, in dem auch meine Schwestern mich als mit ihrer Billigung und ihrer Meinung nach völlig zu Recht als Blitzableiter und für ihre Demütigungen mißbrauchen durften. Sie waren ja viel älter als ich und alle fanden es z. B. ok, das ich den Schwestern als Kind wie eine kleine Dienstbotin Knabbergebäck und Orangensaft (oder was sie sonst noch wollten) bringen mußte (das ist jetzt ein harmloses Beispiel für die Herabsetzungen). Erst später fragte ich, weshalb die beiden sich nicht in Bewegung setzen würden. Dann schauten mich alle betroffen an und erklärten mir wieder, wie böse ich doch sei. HILFE! Mit den beiden habe ich fast gar keinen Kontakt, aber ich vermisse sie auch nicht. Sie behandeln mich heute noch genauso wie damals und machen sich keinerlei Gedanken, ob es in Ordnung ist, ein Kind als Aschenputtel zu behandeln. Nun ja, dafür habe ich den Prinzen gekriegt

Ja,du hast es richtig verstanden,das ist ein Familiensystem,wo ein Kind das Opfer ist (wie die Juden es für die Christen in unserer Gesellschaft bis Hitler waren).
crapaud hat geschrieben:Ich habe mich auch schon gefragt, ob das besser wird, wenn die betreffenden Personen nicht mehr leben. Dann denke ich mir, ob ich mir nicht Vorwürfe machen werde, wenn ich den Kontakt zu meiner Mutter zu Lebzeiten ganz abbreche. Schwierig. Ich denke, mein Kompromiß wird sein, dass ich sie Lea sehen lasse, aber ansonsten ganz aus meinem Leben herauszuhalten versuche. Übel ist es, wenn das nicht gelingt, wie z. B. neulich, als sie von meinem Autounfall hörte und gleich genüßlich halb Deutschland anrief (da war das Auto wahrscheinlich noch nicht mal abgeschleppt...). Nicht im Sinne von, "Die arme Anna", sondern "He he, hört mal, ich weiß was neues". Ekelhaft. DA ist mir dann die Wutader geplatzt und ich fragte sie, ob sie nicht noch die Zeitung anrufen wolle. Da war die arme Frau natürlich wieder ganz entsetzt über ihre grundlos böse Tochter....
Hum,wie schon gesagt,mir es deutlich besser,seitdem mein Vater gestorben ist.Und ich meine Schwester nicht mehr sehe oder höre!
Wohnt deine Mutter in der gleichen Stadt?Wie hat sie erfahren,daß du einen Autounfall gehabt hast?
Ganz ehrlich,Anna,ich würde an deiner Stelle den Kontakt mit deiner Mutter,so wie du es mit deinen Schwestern schon gemacht hat,komplett abbrechen,auch wenn der Preis dafür ist,daß deine Tochter ihre Oma nicht mehr sieht.Denn nur so kannst du verhindern,daß sie dich nicht mehr verletzt und manipuliert.Denn im Grunde ist es ein Spiel für sie:sie provoziert dich durch ihre Bösheit, du reagierst darauf mit Gewalt und sie hat einen guten Grund,dich als böse abzustempeln und dir Schuldgefühle zu geben,so daß du dich verpflichtet fühlst,sie weiter zu sehen.
crapaud hat geschrieben:Milla, Du hast doch die empfohlenen Bücher gelesen, wird denn da wirklich ein machbarer Lösungsweg angeboten?????
Leider,wie ich das gerade Patricia geschrieben habe,habe ich diese Bücher noch nicht gelesen.Ich habe nur die erste Kapitel von Vergiftete Kindkeit gelesen.Zuerst aus Angst vor der Konfrontation mit den Wunden meiner Kindheit und auch wegen Zeitmangel.Aber das bißchen, was ich gelesen habe,war Klasse.Ja, sie gibt Rezepte , um diese Wunden zu heilen.Wie sie ausschauen und ob sie klappen,kann ich dir leider nicht sagen.Da mußt du das Buch selber,um es herauszufinden.
crapaud hat geschrieben:Eines wollte ich noch erzählen: Meine Schulzeit fand ich auch gräßlich und leider gab es da Situationen, die sehr an meine Familie erinnerten. Noch heute träume ich oft, dass ich wieder in der Schule sitze und einen sadistischen Lehrer vor mir habe. Und weißt Du, was dann jedes Mal passiert? Im Traum fällt mir dann ein, dass ich ja schon längst mein Abi habe und ich stehe auf und sage diesem Lehrer, dass ich den ganzen Kram nicht mehr nötig habe und stehe auf und GEHE und fühle mich unendlich frei. Ist das nicht toll?
Oh,ja, das ist klasse!!!ES ist sehr gut,meiner Meinung nach,wenn man REBELLIERT,Rebellion ist das Gegenteil von Depression,die im Grunde Resignation vor dem Feind bedeutet.Das heißt,du hast viele Ressourcen in dich,um gegen deine Folterer zu rebellieren und dich von ihrer Macht zu befreien.Sehr gut!!!
crapaud hat geschrieben:Zwei Familienaufstellungen habe ich übrigens auch schon gemacht, war aber nicht so begeistert davon. Vom Grundsatz her klingt diese Theorie sehr interessant und würde wohl auch etwas bringen. Mich hat aber gestört, dass die betreffenden Therapeutinnen eine "guru-artige" Aura um sich aufbauten und ich fand, dass sie die Leute ziemlich manipuliert haben. So im Sinne, nun vergeß' mal Mama und Papa und mach aber auch schön artig, was die Therapeutin dir sagt und stell' ja keine kritischen Fragen. Von einer Abhängigkeit zur nächsten. Na ja.
Ja, mit diesen Familienaufstellungen kann ich mich auch nicht wirklich anfreunden.Viele Heilpraktiker machen das und genau diese esotherische Kiste mag ich überhaupt nicht.Und diese Abhängigkeit,auch zu einem normalen Psychologen,davor habe ich auch Angst.
LGMilla
Liebe Grüße
PS Was das teuere Geschenk an deine Tochter anbelangt (was war das?):es scheint hier auch eine Methode zu sein,um dich zu manipulieren.Damit wollte sie erreichen,daß du dich ihr gegenüber schuldig fühlst.Und damit gibt sie sich selbst das Recht,dich zu demütigen.Also ich würde sagen:teuere Geschenke darf sie deiner Tochter weiter geben,aber DU als Mutter (und Nichtbeschenkte) bedankt dich nicht dafür!
Deine Tochter könnte das selber machen,indem sie ihrer Oma eine Zeichnung oder einen selbstgeschriebenen Brief schreibt.Aber DU hälst
dich da raus und gibt deiner Mutter dadurch keine Angriffsfläche.