Ich weiss nicht mehr weiter

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Smamita

Ich weiss nicht mehr weiter

Beitrag von Smamita »

Hallo zusammen,

Ich weiss nicht mehr weiter, es scheint nur schlimmer zu werden. Ich bin so traurig und leer, kann mich selber nicht ausstehen. Ich habe nicht mal mehr Freude an meiner Tochter und das macht mich noch mehr traurig. Ich fühle mich schuldig ihr gegenüber, fühle mich als Rabenmutter, weil ich ihr nicht die Liebe geben kann, die ich ihr so gerne geben würde. Ich habe keine Kraft mehr für sie, ich kann es kaum glauben, sogar sie nervt mich, wenn sie wieder zu weinen beginnt. Und mein Partner kann auch nichts recht machen, ich bin so gereizt und unglücklich und eigendlich will ich das doch gar nicht sein. Was soll ich nur tun? Warum kann ich mein Kind nicht lieben??? Warum ist mein Partner mir nur eine Last???
beka25

Beitrag von beka25 »

Hi Smamita!

Mir ging es ganz genau so wie Dir jetzt! Ich hab mein Kind regelrecht gehasst, zumindest wenn sie anstrengend wurde: Schreien war ganz schlimm bei mir... Ich war froh, wenn ich sie ein paar Tag nicht gesehen hab oder wenn sie geschlafen hat. ICh weiß jetzt, daß auch meine Beziehung daran schuld war. Mein Mann half mir in keinster Weise, war immer unterwegs, wenn er da war hat er rumgemosert.... Ich war nur noch der Hausdepp und durfte nur hinterherräumen und gemeinsam wurde überhaupt nix mehr unternommen. Nur ich und Kind war einfach zu viel auf die Dauer!
Mir hat geholfen, daß ich mal mehr an mich gedacht habe, zumindest hab ich versucht, mich mal von der Kleinen frei zu machen und hab alleine was schönes unternommen. Tat echt gut. ICh hab der Kleinen auch einfach mal zugeschaut und mich nicht selber unter Druck gesetzt. d.h. nicht immer denken, sie darf nicht weinen...
Du machst schon eine Therapie oder?
Fühl Dich gedrückt!
LG
Julia73

Beitrag von Julia73 »

Liebe Smamita,

ich kenne das auch. Vor allem diese Gereiztheit dem Partner gegenüber. Eine zeitlang konnte er auch gar nichts richtig machen und ich habe mich ständig angegriffen gefühlt. An deiner Signatur erkenne ich, dass du Medikamente nimmst, dann machst du auch wahrscheinlich eine Therapie? Da lernst du dann ja viel über die Auslöser und Gründe deiner Depression. Es ist ein hartes Stück Arbeit und fordert sehr viel Geduld, aber es wird dir wieder besser gehen und dann kannst du dein Kind so lieben, wie du es dir jetzt wünscht. Versuche dich nicht zu sehr unter Druck zu setzten und suche dir Entlastung, damit du auch bisschen Zeit für dich hast – das ist auch ganz wichtig – denke ich.

Viel Kraft und Geduld sendet dir
Julia
Smamita

Beitrag von Smamita »

Vielen Dank für eure Antworten, es tut so gut, mit jemandem darüber zu schreiben.
Ja ich mache bereits eine Therapie, aber manchmal frag ich mich, ob das Ganze überhaupt was bringt!? Was macht ihr so für Therapien??

Ich versuche immer wieder mal etwas für mich zu machen, aber dann bekomme ich immer diese Schuldgefühle meiner Kleinen gegenüber, dass ich sie im Stich lasse und solche Sachen... Und wenn dieses Hassgefühl aufkommt, hasse ich mich selbst dafür.
Mein Partner hilft eigendlich sehr mit was die Kleine betrifft, nur, wir kommen dann oft in einen Streit, weil wir nicht gleicher Meinung sind. Kennt ihr das auch? Und irgendwie dreht sich alles nur noch um das Kind, unsere Beziehung ist kein Thema mehr.
Tina33

Beitrag von Tina33 »

Hallöchen du,

lass dich erstmal feste knuddeln, :D . Wie lange nimmst du denn schon die Medis, und machst du eine Psychotherapie zusätzlich? Es dauert schon eine Zeitlang bis diese anschlagen. War bei mir auch so. Glaub mir, bald geht es dir besser!!

Du brauchst keine Schuldgefühle zu haben, wenn du dir etwas Gutes tust. Wenn es dir gut geht, dann geht es nämlich deinem Baby auch gut. Das hat mir meine Therapeutin gesagt. Sprich doch auch mal in Ruhe mit deinem Partner, wie du dich im Moment fühlst, und dass du seine Hilfe benötigst. Er wird dir dann bestimmt unter die Arme greifen.

Liebe Grüße
Martina
Sas

Beitrag von Sas »

Liebe Smamita,

ich kann das mit den Hassgefühlen total verstehen, die hatte ich selbst währen der Krankheit auch. Und dass eine Partnerschaft ins Schlittern kommt ist dann leider häufig. Wäre eine Paartherapie etwas für Euch? Was machst Du denn für eine Therapie? Ich selbst habe ein Jahr lang eine Verhaltenstherapie gemacht und nehme noch immer Zoloft, am Anfang auch Risperdal. Bei mir hat es so 6 -8 Wochen gedauert, bis ich über das Gröbste hinweg war, dann aber sicher noch ein Jahr, bis ich völlig wieder hergestellt war. Es wird also verschwinden, wenn es auch dauert und Du viel Geduld haben mußt. Ich weiß nicht, wie lange Du die Medis nimmst; vielleicht mußt Du wechseln oder die Dosis erhöhen. Sprich mal mit Deinem Arzt, bzw. wenn Du das Medi kürzer als 2 Wochen nimmst, dann warte noch ein wenig ab.
Und übrigens: Raben sind hervorragende Eltern! Ich habe dieses Gedicht schon mal gepostet, aber ich machs nochmal.


Rabenkinder

Wenn die Raben Kinder haben,
kümmern sie sich drum:
Rabenmutter holt das Futter und fliegt weit herum.
Rabenvater scheucht den Kater oder Katze weg.
Wenn die Kleinen ängstlich weinen kriegt er einen Schreck.
Kurz:
Die Rabenkinder haben Eltern lieb und gut,
die ernähren und beschützen ihre junge Brut.
Teure Mädchen, werte Knaben;
Sagt nun selbst, sind solche Raben Rabeneltern?
Nein!
Lasst uns wünschen liebe Leute,
manche Menschen mögen heute
Eltern wie die Raben sein!

(aus: "Florentine" von James Krüss, ©James Krüss Erben).

Ja, meine liebe Smamita, Du bist tatsächlich eine "Rabenmutter", denn Du sorgst Dich sehr um Dein Kind. Sonst wärst Du nicht hier, sonst wü+rdest Du das alles nicht machen. Irgendwann wirst Du diese Liebe auch spüren (oh ja, sie ist schon da!). Ich habe erst dann diese Liebe zu spüren angefangen, als ich aufgehört habe, darauf so mit Nachdruck zu warten. Ich kann es nicht besser beschreiben. Irgendwann hat sich in meinem Hirnkastl ein Schalter umgelegt und ich war entspannter. So wird es bei Dir irgendwann auch sein!

Sei ganz lieb gegrüßt und gedrückt. Saskia
Julia73

Beitrag von Julia73 »

Hallo Smamita,

ich habe eine tiefenpsychologisch fundierte Therapie gemacht. Es hat aber auch Monate gedauert, bis ich das Gelernte auch umsetzten konnte. Ich gehe immer noch hin – jetzt aber nur noch nach Bedarf, anfangs bin ich 2x wöchentlich gegangen, dann 1x die Woche, dann alle 2 Wochen.

Es braucht einfach seine Zeit. Mittlerweile fühle ich mich wieder gut ... Im Moment habe ich zwar auch wieder einen kleinen Hänger, aber ich breche nicht gleich wieder in Panik aus und denke, dass es nie aufhört. Ich weiß, dass es aufhört ... Die Abstände der Tiefs werden immer größer und die Tiefs sind dann nicht mehr so schlimm. Und so schaukelt sich das dann immer höher. Also, gib nicht auf, es wird wieder gut!

Ganz lieb
Julia
Condea

Beitrag von Condea »

Hallo Smamita!

Ich habe schon öfters still mitgelesen und es berührt mich total, daß es Dir so schlecht geht.

Du bist auf jeden Fall auf dem richtigen Weg, geb`nicht auf.
Es wird wieder die Zeit kommen, wo Du merken wirst, daß es langsam besser wird...
Ich konnte mir damals auch nicht vorstellen, daß ich irgendwann wieder ein ganz "normales" Leben führen kann, aber es ist passiert und ich möchte Dir virtuell ganz viel Kraft und Mut herüberschicken!

Wenn Du in den nächsten Tagen vielleicht mal etwas besser bei Kräften bist, dann versuche mit Deinem Partner zu sprechen, sag ihm, wie Du Dich fühlst.
Ich habe manchmal auch meine ganzen Gedanken aufgeschrieben, wenn ich sonst auch kaum was zustande gebracht hatte, das ging wirklich gut.
Wenn ich es mir heute durchlese, dann kommen mir die Tränen, ich war ein komplett anderer Mensch.

Du mußt geduldig sein, Dir geht es ziemlich schlecht und das geht auch nicht von heute auf morgen vorbei, so hart es auch klingen mag.
Aber es werden bessere Tage kommen und Du wirst merken, daß diese besseren Tage immer öfter auftauchen.
Und die Liebe zu Deiner Tochter, die wirst Du dann auch wieder spüren und es wird alles ganz großartig sein.

Bitte glaube an Dich.

LG Anja
Milla

Beitrag von Milla »

Julia73 hat geschrieben:
ich habe eine tiefenpsychologisch fundierte Therapie gemacht. Es hat aber auch Monate gedauert, bis ich das Gelernte auch umsetzten konnte.
Hallo Julia! :D

Was hast du da "gelernt"??? :shock:

Ich war vom März 2006 bis August 2006 (?) in tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und habe in dieser Zeit nichts,aber wirklich gar nichts gelernt... :roll:

LGMilla
Julia73

Beitrag von Julia73 »

Liebe Milla,

also ich habe sehr viel über mich und meine Denkmuster gelernt. Über meine Familienkonstellation. Ich habe gelernt, nicht alles schlechten Gedanken zu bewerten, ich habe gelernt liebevolle Geduld mit mir selbst zu haben, ich habe gelernt auch schlechte Gefühle und Stimmungen anzunehmen. Und das alles über Gespräche. Ich habe tatsächliche keine Übungen oder Ähnliches an die Hand bekommen, die musste ich selber rausfinden, aber alleine das Wissen, wie ich "funktioniere", Sachen aufdecken, die verborgen waren hat mir sehr geholfen.

Wenn du rein gar nichts in deiner Therapie gelernt hast, hattest du wahrscheinlich eine Therapeutin, die nicht zu dir gepasst hat. Denn die Sachen, die einem gesagt werden, müssen schließlich auch ankommen und dazu sollte man dieselbe Sprache sprechen. Ich habe sehr viel Glück mit meiner Therapeutin gehabt. Vielleicht ist es aber auch einfach nicht die richtige Form der Therapie für dich ... Wolltest du nicht auch eine Verhaltenstherapie beginnen? Hat es jetzt geklappt mit der Überweisung?

Im Übrigen hatte ich nach 4 Monaten auch noch nicht unbedingt das Gefühl, dass die Therapie mich super weit gebracht hat. Das hat 1 1/2 Jahre gedauert. Etwas Zeit braucht das natürlich – auch eine Verhaltenstherapie ist, denke ich, keine Wundermittel, was einem innerhalb von 4 Monaten wieder "normal" macht.

Ganz lieb
Julia
Smamita

Beitrag von Smamita »

Hallo ihr Lieben,

Vielen vielen Dank für eure Antworten, es tut so gut hier zu schreiben und zu sehen, dass ich nicht allein bin mit all diesen Gedanken und Ängsten.

Meine Medikamente habe ich nun seit 2 Jahren, jedoch zur Zeit stark reduziert noch von der Schwangerschaft her und wegen des Stillens. Ich bin nun dabei abzustillen, damit ich wieder erhöhen kann. Ich hoffe, dass es mir dann auch wieder besser geht. Momentan ist es wirklich kaum auszuhalten, diese Freudlosigkeit und Leere, diese Gleichgültigkeit dem Leben gegenüber.
Ich mache eine Verhaltenstherapie und Psychotherapie.

Ach, vielen Dank, dass ihr mir so Mut macht. Seit alle umarmt!
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