Es jährt sich!

Austausch alltäglicher Sorgen oder Freuden

Moderator: Moderatoren

Antworten
steffi77

Es jährt sich!

Beitrag von steffi77 »

Hallo,
am kommenden Montag vor einem Jahr habe ich festgestellt, dass etwas nicht mit mir stimmt:
meine Angst- und Panikattacken nahmen zu, und auch die zwanghaften Gedanken.
Heute - nach einem Jahr - schaue ich auf diese Erkrankung zurück und habe ganz gemischte Gefühle:
- Ich könnte heulen, wenn ich an die Angst und Verzweiflung denke, die sich langsam und stetig in mir ausbreitete und soviel Macht über mich hatte.
- Ich möchte schreien und wütend sein, wenn ich an die Ärzte und Psychiater denke, die alle irgendwelche Symptome behandeln wollten, und mir doch nicht geholfen haben, weil sie mir nicht zugehört haben.
- Ich könnte durchatmen, wenn ich an den Endokrinologen denke, der mich in letzter Minute "gerettet" hat, bevor ich mich gänzlich und ausschließlich in psychiatrische Hilfe begeben hätte.
Seit Tagen kreisen diese Gefühle in meinem Kopf:
Mal bin ich gut gelaunt und ausgeglichen, im nächsten Moment meckere ich wieder rum, und dann könnte ich auch schon losheulen.
Habt ihr auch solche Erfahrungen gemacht?
Seit sechs Monaten geht es mir jetzt wirklich besser! Das AD, das ich mal genommen habe, habe ich im Februar abgesetzt. Eigentlich müsste ich doch vollkommen glücklich sein, aber im Moment kommt eine Menge hoch!
Viele Grüße
STEFFI
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 10762
Registriert: 04:06:2005 16:05

Beitrag von Marika »

Hallo Steffi!

Deine gemischten und starken Gefühle sind ganz normal an diesem 1. Jahrestag. Es ist tatsächlich so, dass an solchen Tagen, ganz viel wieder hochkommt - das ist aber eigentlich sehr gut: Es dient der Verarbeitung! Mir ging es auch so, vor allem ebenfalls am 1. Jahrestag der PPD damals. Wir haben uns angewöhnt an diesem Tag mit meinen Eltern immer ein Glässchen Sekt zu trinken und meine "Wiedergeburt" zu feiern. Das ist mittlerweile ein wunderbares Ritual an dem wir alle das Geschehen nochmal Reveu passieren lassen, darüber sprechen und es tut uns allen sehr gut!

Lass diese Gefühle und Emotionen ruhig zu, sind wirklich heilsam. Weine, wenn du an das schreckliche Gefühl der Angst-und Panikattacken denkst, sei wütend und drücke das auch aus, wenn du an deine fehlgelaufene Therapie denkst und sei glücklich, wenn du an deine "Rettung in letzter Sekunde" denkst!!!

ABER: SEI GANZ BESONDERS STOLZ AUF DICH, DAS DU DIESEN HARTEN WEG GEGANGEN BIST UND ES DIR HEUTE VIEL BESSER GEHT ALS NOCH VOR EINEM JAHR!!! Das ist nämlich DEIN Verdienst, du hast nicht aufgegeben, hast dir Hilfe geholt und unglaublichen Mut und Willen aufgebracht um immer weiter zu machen!

Feier diesen Jahrestag als "Tag des Neubeginns" oder "Tag des Mutes und der Willensstärke"... o.ä. Tu dir was Gutes, belohne und beschenke DICH selber, wie an deinem Geburtstag... denn so was ähnliches ist dieser Tag auch.

Herzlichen Glückwunsch also zu deinem Jahrestag "der dein Leben verändert hat". Auch wenn viel schmerzliches dabei war - ich bin sicher, du kannst heute auch was positives sehen! :-)
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
steffi77

Beitrag von steffi77 »

Liebe Marika,
vielen Dank für deine lieben Worte!
Als du mich Anfang des Jahres - vorher hatte ich mich nicht getraut, hier zu schreiben - begrüßt hast, staunte ich über deine Offenheit und über dein Verständnis.
Ich freue mich über deine positive Entwicklung und finde es toll, dass du immer ein nettes Wort für jeden findest. Du bist mit deiner Geschichte in die Öffentlichkeit gegangen - auch ich habe deinen Artikel gelesen - und hast den Frauen Mut gemacht über ihre Sorgen und Nöte zu sprechen, denn gerade Zwangsgedanken geben einem schnell das Gefühl eine schlechte Mutter zu sein. Selbst jetzt, wo es dir besser geht, bist du täglich in diesem Forum vertreten, um Mut zu machen und zu helfen.
Schön, dass es dich gibt, Marika, und bleib wie du bist! DANKE!
Ich weiß noch nicht, wie ich den Montag (11.08.) verbringen will, noch fällt es mir schwer, in diesem vergangenen Jahr etwas Positives zu finden, aber ich habe ja noch das Wochenende Zeit in mich zu gehen.
Und wenn nicht an diesem Wochenende, dann doch irgendwann anders - ich habe ja noch mein ganzes Leben!
Also, schönes Wochenende und viele Grüße sendet dir, STEFFI
Nora

Beitrag von Nora »

Liebe Steffi,

auch ich kenne das. War bei mir genauso um den 1. Geburtstag meines Sohnes. Die PPD brach bei mir direkt nach seiner Geburt aus und von daher war besonders der Zeitraum um seinen 1. Geburtstag schwierig. Es kam auch bei mir viel hoch und ich war starken Stimmungsschwankungen ausgesetzt. Ich sehe das wie Marika - es gehört zur Bewältigung und Heilung dazu. Schließlich hat man etwas sehr schreckliches erlebt und das vergißt man nicht. Aber die Zeit bringt es mit sich, dass man irgendwann gelassener darauf zurückblickt und es als Teil des eigenen Lebens akzeptiert. So ist es bei mir - mein Sohn ist jetzt 3 und dieses Jahr hab ich so gut wie gar nicht an den Beginn der PPD gedacht in diesem Zeitraum.

Alles Gute + liebe Grüße
Nora
steffi77

Danke!

Beitrag von steffi77 »

Hallo Nora,
hallo Marika,
ich habe das vergangene Jahr als Tagebuch festgehalten.
An diesem Wochenende habe ich es dann noch einmal gelesen und eine Zusammenfassung geschrieben. Es war ein Aufarbeiten vieler kleiner Details! Das hat mir gut getan!
Heute geht es mir gut! Gleich werde ich mir einen Sekt trinken - danke für den Tipp, Marika - und meinem Mann dieses Resüme vorlesen. Danach hake ich dieses Jahr ab!
Also, ich trinke auch auf euch ein Schlückchen!
Prost und viele Grüße
STEFFI
Um es kurz zu machen:
"Ein aufrechter Gang lässt den Boden unter den Füßen spüren!"

"Weitergehen heißt auch loslassen!"
Antworten