Hallo Astrid (und natürlich auch alle anderen

)
Um kurz auf deine Anregung zu kommen, was das Erwähnen (im Geburtsvorbereitungskurs) einer möglichen Depression nach der Geburt angeht: Das mache ich in jedem Kurs, weil ich es für unglaublich wichtig halte. In dem Krankenhaus, in dem ich gelernt habe, hat vor einigen Jahren eine Frau ihr Kind aus dem Fenster geworfen (aus dem 7. Stock). Seitdem sind dort alle vorsichtig und ein bißchen dünnhäutig geworden, was das Thema Wochenbettdepression und -psychose angeht. Das war zwar vor meiner Zeit, aber trotzdem bekomme ich bei dem Gedanken daran immer eine Gänsehaut. So eine Erfahrung möchte ich nie machen! Und ich hoffe einfach, daß eine aufgeklärte Frau offener umgeht mit ihren Sorgen (Trinkt mein Kind genug? Was möchte mein Kind mir sagen, und warum verstehe ich es nicht? Bin ich eine gute Mutter?), weil sie weiß, was daraus wachsen kann.
Ich glaube, was mir persönlich Angst macht, ist der Gedanke, selber eine psychische Erkrankung nicht erkennen zu können. Ich kann ja in keine Köpfe sehen und bin darauf angewiesen, was die Frau mir sagt oder zeigt. Und da ich selber ziemlich sicher bin, depressiv zu sein, weiß ich, wie ich Menschen blenden kann und ihnen vorgaukeln kann, daß alles in Ordnung ist. Denn außer in einer Phase, in der es mir extrem schlecht ging, wurde ich nie von jemandem darauf angesprochen. Und wohlgemerkt: Wir reden hier von Freundinnen, die eine Verhaltensänderung merken müßten und gleichzeitig Hebammenschülerinnen sind (und erst recht sensibel für andere Menschen sein sollten).
Versteht ihr, wie ich das meine? Inwiefern kann eine Frau, die gerade ein Kind bekommen hat, sich verstellen? Gerade, weil ja der Druck (oder besser: die Erwartungshaltung) von außen so hoch ist, daß sie sich gefälligst freuen soll? Inwieweit will sie da diesen Erwartungen entsprechen, selbst wenn sie sich ganz anders fühlt? Inwieweit versucht sie sich selber einzureden, daß es ihr doch "eigentlich" gut geht und das nur eine Phase ist, aus der sie wieder rauskommt? Wie lange ist so ein Blenden möglich? Und wie gut/erfahren/sensibel muß eine Hebamme sein, um das Blenden zu durchschauen? Und ich persönlich habe einfach Angst, nicht gut/erfahren/sensibel genug zu sein...