Wieder ein Tief im Tief

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Vicky

Wieder ein Tief im Tief

Beitrag von Vicky »

Ihr Lieben,

nun muß ich das mal loswerden.
Letzte Woche hab ich erfahren, daß sich ein Depressiver umgebracht hat.

Nun, da ich wieder so belastet bin, schwirren mir immer die Gedanken im Kopf herum: der hat es richtig gemacht. Es entwickeln sich in meinem Kopf Pläne, wie das Leben ohne mich weitergehen könnte.
Ich bin inzwischen der festen Überzeugung, daß ich so keine gute Mama werden kann und ich wahrscheinlich besser nicht mehr da bin als daß ich meinen Kleinen psychisch so kaputt mache, daß er später unter mir leidet. So wie ich unter der Beziehung zu meiner Mutter (und Vater) gelitten habe.
Mein Mann würde sicher eine neue Frau finden. Eine fröhlich gesunde, die psychisch nicht so hinüber ist. Seine Mutter würde ihm mit dem Kleinen sicher helfen.
Wie kann ich einem Kind Wurzeln geben, wenn ich mich selbst so entwurzelt und unfähig fühle. Ich glaube kaum noch, daß ich das Leben bewältige. Wie konnte es nur dazu kommen? Warum nur? Nichts ist so wie ich dachte, daß es wird.
Wie lange habe ich noch Kraft?

Heute sehr erschöpft, Vicky
licht3

Beitrag von licht3 »

Liebe Vicky,
auch ich hatte ähnliche Gedanken in meiner dunklen Zeit. Ich wußte auch nicht, wie ich diesen Zustand noch länger ertragen soll. Aber auch wenn ich es anfangs nicht glauben konnte, die Tage wurden langsam heller und ich fand ins Leben zurück. Erst mit Rückschlägen, dann stabiler. Mir hat eine Psychotherapie mit hochdosierten AD geholfen und das hilft noch immer. Auch du kannst wieder gesund werden! Ich weiß wie viel Kraft und Ausdauer man braucht, aber es lohnt sich! Oftmals ist das Leben nach der Krise noch schöner und wertvoller.

Alles Liebe!

Licht 3
Mariesophie

Beitrag von Mariesophie »

Hallo Vicky,

mir geht es genauso. Die Tränen drücken schon wieder, bin müde, schlapp, keine Lust, dass irgendwas im Leben noch weiter geht.
Ich denke immer, ich bin kein Muttertyp. Habe mich auch nie so gefühlt. Sogar mein Mann sagt manchmal, ohne Kind war das Leben schöner, obwohl er unser Kind niemals weggeben könnte. Man geht ja alles durch, was uns entlasten könnte.
Vorgestern während des Spazierganges dachte ich, ich lasse jetzt einfach den Kinderwagen stehen, gehe nach Hause packe meine Sachen und tauche einfach unter. Ganz schön krass diese Vorstellung. Ein Lebenlang auf der Flucht zu Leben, auch das kann ja nicht das Leben sein.
Manchmal denke ich auch so, ich gehe zu meinen Mann und sage ihm, such dir eine neue Frau und wenn du sie gefunden hast, dann lass mich gehen...

Aber irgendwo allein zu sitzen in einer Wohnung- kann das die Lösung sein?

Ich dachte schon an eine Hausgemeinschaft. Ich brauche immer einige Menschen um mich rum, die sich auch um die kleine kümmern. Habe eine Haushaltshilfe 3vormittage die Woche und die Familienhebamme kommt auch 2x die Woche. Wenn die wieder gehen, falle ich meistens wieder ins Loch. Die Einsamkeit macht sich dann über den Brustkorb breit.

Gestern war ich zur Kinesologie (richtig geschrieben) ?? :( aber ob das was bringt, ich glaube nicht. Es ist nichts dabei rausgekommen, was ich nicht schon weiss.
Mein Doc sagt, ich soll die AD verdoppeln- aber das ist doch keine Lösung.
Ich bin genauso entwurzelt, weiss nicht wo ich hingehöhre, wo mein Weg enden wird.
Jeden Tag gegen dieses Gefühl der Unlust, immer das tun zu müssen was man garnicht will, ist soo anstrengend! Und immer gedanklich dagegen anzugehen ebenfalls.

Du siehst, mir gehts wie dir. Vielleicht kommen wir irgendwann da raus, aber bis dahin, weiss ich auch nicht, wie wir das schaffen werden.

Alles liebe MS
ubure

Beitrag von ubure »

Guten Morgen Ihr beiden,

zu Dir, Vicky, wollte ich sagen: es ist absolut normal, dass Du diese Gedanken hast. Ich glaube, uns allen hier ging es so. Aber Du nimmst das AD erst seit Dezember, da darfst Du, so leid es mir tut, wirklich noch keine Wunder erwarten. Welches AD und wieviel davon nimmst Du? Es kann sehr gut sein, dass Du noch ein paar mal erhöhen musst, damit die für Dich richtige Dosis erreicht ist.
Und wa die Kraft angeht: auch wenn jetzt noch sehr oft so scheinen mag, dass Du nicht mehr weiter kannst, Du kannst es trotzdem, glaub mir. Und sehr bald schon wird auch das AD richtig anschlagen.

Zu Dir, Mariesophie: warum denkst Du, es sei keine Lösung, das AD zu erhöhen? Wie lange nimmst Du es und wieviel? Glaub mir, sehr oft sind weitere 5 oder 10 mg genau DIE Lösung, auch wenn Du es jetzt nciht für möglich hältst. Auf jeden Fall hat es jetzt keinen Sinn, irgendwelche grundlegenden Entscheidungen zu treffen, wie z.B. die Hausgemeinschaft. denn was für Dich im kranken Zustand toll ist (oder was Du Dir darunter vorstellst), das muss es im gesunden nicht sein.

Das alles ist nur Illusion, was Ihr jetzt durch die Augen der Depression seht - dahinter ist die richtige, reale Welt.

LG,
Inez
Dora

Beitrag von Dora »

Guten Morgen ihr beiden,
ich wollte Euch mal gaaanz fest drücken und Euch Mut machen. Ich war auch ganz tief unten, ich konnte nicht mehr essen, schlafen, wollte nicht reden. Für jeden positiven Gedanken musste ich sooo doll kämpfen, dass dafür meine ganz Kraft draufging. Mein Sohn musste ich zu Oma geben,da mein Mann zu Arbeit musste.Ich hab genauso gedacht wir ihr, ich werde nie wieder gesund, es hat alles keinen Sinn mehr. Habt bitte Geduld, mir geht es heute wieder gut und ich kann ein ganz normales Leben führen. Es kann Wochen dauern, bis AD´s.Lebt erstmal in den Tag hinein und denkt nicht soviel an die Zukunft,dass kostet zuviel Kraft.Mir hat diese Taktik geholfen um erstmal aus dem großen schwarzen Loch zu kommen. Es wird besser werden, glaubt an die AD´s sie helfen wirklich. Ich wünsche Euch alles Gute...

Lieben Gruss Dora
Vicky

Beitrag von Vicky »

Ihr Lieben,

vielen, vielen Dank für Eure lieben Antworten.
Mein erneutes Tief in meiner Depression fing Montag an und endete gestern abend, also nach 5 Tagen, nachdem ich beschlossen habe, mein Leben nun endgültig zu beenden. Die Abschiedsbriefe waren im Kopf geschrieben, die Tränen des Abschieds hab ich geweint und auf einmal reißt irgendwas in mir das Ruder um. Auf einmal kam wieder: Willst Du wirklich dort in der Kälte sterben. Willst Du wirklich unter der Erde liegen oder verbrannt werden. Willst Du wirklich dieses warme Paket im Arm zurücklassen. NEIN! NEIN!NEIN!
Eigentlich will ich nur schlafen bis sich meine Probleme gelöst haben.
Heute sieht die Welt nach einer tiefen Woche wieder besser aus.

Liebes Licht3,
hab deine Mail gestern abend gelesen, sie war glaub ich auch ein Faktor, der gestern das Ruder wieder zurückgedreht hat. Vielen, vielen Dank!!!!! Welches Medikament nimmst Du?

Liebe Mariesophie,
was soll ich Dir sagen, außer daß wir mit unserer besch... Krankheit zum Glück nicht allein sind, dank dieses Forums.
Seit wann hast Du dein Kind? Ich hatte auch eine Haushaltshilfe 5x die Woche je 4 stunden. nun bin ich bei meinen Schwiegereltern als Übergangslösung bis mein Mann in 6 Wochen wieder da ist (3 Wochen sind schon geschafft). Das mit dem Alleinsein wird besser, wenn man stabiler ist, glaube und hoffe ich.

Liebe Ubure und liebe Dora,
ich nehme Opipramol 150mg täglich.
Ich war ja in einer psychosomatischen Klinik bis Anfang Nov. .
Da war ich noch ohne Medis entlassen worden. Der Chef meinte, ich schaffe das ohne. Die Psychotherapeuten sehen das ja anders als die Psychiater mit den Medis.
Im Dez. war ich dann noch mal notfallmäßig abends da. Auch beim Chef der Klinik. Dann hat er mir Opipramol als Bedarf gegeben, dann haben wir noch mal telefoniert und habe es fest 100-150 täglich, aber immer mit der Option die Dosis anzupassen. Gestern habe ich nun 200mg genommen.
Welches AD habt ihr denn eingenommen und wie lange?
Mit der Geduld ist das so eine Sache, ich weiß. Die ist einfach nach solchen Tagen wie meinen letzten weg.
Dann überwältigen mich meine seelischen Schmerzen und ich halte den Schmerz, die Trauer, die Leere, Sinnlosigkeit, Langeweile, die Aggresonen die sich gegen mich richten nicht mehr aus.
Ich habe nun 3,5 Jahre Psychotherapie, 1 stationärer Aufenthalt nach Geburt. Erst 3 Jahre analytisch, jetzt tiefenpsychologisch, aktuell Pause, da ich ja nicht bei meiner Psychotherapeutin bin und der Antrag bei der KK noch läuft.
Wenn ich das so niederschreibe, denke ich erst recht, ich muß ein seelisches Wrack sein.

die Geschichte mit den Medis ist fü rmich neu!!! Eben seit Dezember.
Als ich stationär war hab ich nur beruhigungsmittel bekommen, wenn es besonders schlimm war (ich bin da mal durchgedreht, habe das Bett fast zerstört und bin vor die Wand gelaufen u.s.w., der Dienstarzt hat mich dann abggeknallt). Meine Psychologin (ich konnte diese glücklicherweise ambulant weiterbehalten) meinte am nächsten Tag nur: toll,
das sie endlich mal ihre Aggressionen rauslassen können und nicht mehr gegen sich richten. Ich verstehe nicht, warum man sie so ruhiggestellt hat.
Was ich denke: Wenn es nicht so traurig wär, wäre es fast schon lustig.
ubure

Beitrag von ubure »

Hallo Vicky,

schön, dass Du noch da bist, denn weißt Du, die Dinge werden sich sehr bessern und da wäre es gut, wenn Du dabei wärst :wink: !

Also, genau das habe ich schon öfter hier geschreiben: keiner von uns will sterben, tot sein...nur Ruhe soll sein, der ganze Kram vorbei. Das hast Du gestern begriffen. Gratulation dazu! Großer Schritt weiter!

Zu Deinem Medi und Deiner bisherigen Behandlungsgeschichte: ich nehme Opipramol zwar nicht, aber die gängige Standarddosis davon ist sowieso 200 mg, Du nimmst davon also meiner meinung nach - und so, wie es Dir jetzt immer noch geht - zuwenig davon. Nimm die 200 jetzt mal eine Weile weiter und schau, wie's Dir nach ein, zwei Wochen geht.
Mit der Klinik und deren Chef hast Du offensichtlich keine sehr gute Wahl getroffen (sofern man da viel Wahl hat, wenn's akut ist), und auch wenn die Psychologen und Psychiaterdie Medikamente unterschiedlich bewerten, so gibt es unabhängig davon gute und schlechte Psychologen udn gute und schlechte Psychiater. Dir Beruhigungsmittel zu geben und Dich mit einer vermeintlichen "Notfalldosis" - als ob das sooo ein Hammerpräparat wäre, dass man es nur kurz vor dem Austicken nehmen sollte :roll: :roll: :roll: :roll: :roll: - sitzen zu lassen, ohne richtigen Einschleichplan und näheren Erklärungen, das ist meiner Meinung nach mehr als dilettantisch. Such Dir einen guten Psychiater, mehr kann ich dazu nicht sagen (ich komm' mir sowieso schon wie eine Schallplatte mit Sprung vor...).

Darf ich fragen, warum Du Dich analytisch bzw. jetzt tiefenpsychologisch therapieren lässt? Hast Du das Gefühl, es hat Dir irgendwas gebracht? Warum keine Verhaltenstherapie, oder kognitive? Du möchtest doch bestimmt ein gesundes Denken und Verhalten (wieder) erlernen und dieses selbstzerstörerische ablegen, oder?

LG,
Inez
Vicky

Beitrag von Vicky »

Liebe Ubure,

ich denke auch, das ich mal lange am Stück das AD Opipramol 200mg täglich nehmen sollte. Zumal ich es sehr gut vertrage. Ich merke auch immer gleich eine Verbesserung der Stimmung. Mal schauen wie es so nach 6 Wochen mit 200 mg ist.

Die Klinik und Psychotherapeutin finde ich nicht schlecht. Vielleicht kam das in der Mail mit meiner sehr schlechten Stimmung auch sehr negativ herüber.
In der Klinik habe ich auch diverse Entspannungsverfahren, Körpertherapien, Musik und Kunsttherapien etc. und das Leben im Hier und Jetzt etc. kennengelernt. Auch die Verhaltensmaßnahmen von Notfallkoffer etc. . Das Weitermachen und die Gefühle und Gedanken weiterziehen lassen und nicht so bewerten. Aber das klappt halt noch nicht so richtig gut. Ich bin noch in der Übung.

Ich habe auch gelernt, das Depressionen in Wellen abheilen und die Wellen immer flacher werden. Das empfinde ich auch so im nachhinein, wenn die Tiefe der Welle vorbei ist, sie sind nicht mehr so tief wie vor 2 Monaten. In der Tiefe selbst bemerke ich das jedoch nicht.

Meine Therapeutin macht im Grunde eine Mischung aus tiefenpsychologisch und VT.
VT immer wenn es nicht so gut ist oder wenn wieder akute Belastungen anstehen. Dann bekomme ich auch Hausaufgaben.
Tiefenpsychologisch, da bei mir ein tiefer und sehr schwerer Konflikt in mir wegen meiner Mutter besteht. Dieser ist analytisch vortherapiert noch vor Aubruch dieser PPD, da ich vorher eine neurotische Depression hatte bzw. diese zusätzlich habe.
Durch die Analytik habe ich alles verstanden, war jedoch damals bei Vollzeittätigkeit etc. nicht in der Lage es zu fühlen. Das Fühlen ist nun da.
Nun muß ich das noch verarbeiten und Loslassen.
Das jedoch kann noch sehr lange dauern.


Ich hoffe, daß ist jetzt ein bißchen verständlicher. In der Klinik hatte ich mich auch gut aufgehoben gefühlt, nur mit den Medis sehe ich das nun anders. Man steht mir da aber auch nicht im Weg.

Liebe Grüße, Vicky
sol

Beitrag von sol »

Hallo Vicky!
Gut daß es dir jetzt etwas besser geht. Versuche es doch mal mit den 200 mg . Viele Ärzte dosieren ADs oft viel zu niedrig. Es braucht aber auch seine Zeit.
Ich musste schmunzeln als ich deine Geschichte über die Klinik las. Ich war selber mal für 2 Wochen akut in der Psychatrie- da wollten sie einen einfach nur ruhig stellen. Ärger muss aber hoch und toll, dass du damals deine Gefühle gezeigt hast.
Die Übungen brauchen auch seine Zeit. Bei meiner Traumatherapeutin musste ich einige Übungen jeden Tag 10 Mal machen. Nach 1 Woche war es bei mir drin und auch heute noch, wo es mir gut geht, mache ich die Übung "Wohlfühlort" oder auch sicherer Ort immer noch. Es kommt einfach automatisch.

Übrigens das mit einer schlechten Mutter sein- kenne ich.
Meine Psychotherapeutin gab mir den Spruch von Winnicott mit
"Mother good enough"
Den fand ich für mich sehr heilsam und innerhalb meiner Möglichkeiten kann ich eine gute Mutter sein.
Gruß
Vicky

Beitrag von Vicky »

Hallo Sol,

bin heut richtig gut zurecht (für eine Derpressive).
Nehme nun 200mg Opipramol. Hast Du das auch genommen?

Ja, ich war wie gesagt nicht in einer Psychiatrie, sondern in einem normalem Krankenhaus mit großer psychosomatischer Abteilung.
Als ich so ausgetickt bin kam ein Dienstarzt, der war von einem anderen Fach, der mich so abgeschossen hat.

Daß meine Gefühle so stark waren, hatte die PSychotherapeutin gefreut.
Sie meinte, was da alles in Ihnen ist, was alles gewesen ist, kommt nun nach den vielen Jahren geballt hoch. Ich sollte dann lernen dies zu dosieren. Da bin ich ja noch dabei. Es ist sehr schwer.
Das mit dem Wohlfühlort habe ich da auch gelernt.

Welche Übungen hast Du denn noch gemacht?
Mit Mother googd enough kann ich es auch mal versuchen, gute Idee.

Wahnsinn, wie hast Du das geschafft 3 Kinder und Depression? Wann hat die Depression aufgehört?
Ich habe sie schon 5 Monate!!!

Viele Grüße, Vicky
Antworten