Hallo liebes Forum-Tagebuch!
Ich gebe zu, dass ich in den vergangenen Wochen die Positiv-Seites dieses Forums gemieden habe. Ich werde hier nie etwas schreiben, dachte ich, und wenn ich hier sowieso nichts schreiben werde, dann lese ich hier besser auch nicht. Tut ja eh keiner!
Dachte ich.
Ich wage mich heute aber dennoch an eine kleine Bilanz, denn (ich traue mich kaum das zu schreiben) mir geht es bedeutend besser. Folglich möchte ich Euch daran teilhaben lassen, in der Hoffnung, jemand quält sich wirklich durch meinen Leidens- und Lebensweg.
Kurzum:
im März 2008 begannen meine Ängste, sie wurden rasch intensiver und häuften sich; im Oktober 2008 Zusammenbruch und Notfallambulanz (Hyperventilation und Atemnot – ich bekam eine Lutschtablette (!), weil ja nix körperliches vorlag, grins; zwischendurch ständige Arztbesuche, etc. Ich wollte nicht begreifen, dass meine seelische Situation an allem Schuld sein sollte und ich körperlich „fit“ war. Im November 2008 erster Couch-Besuch, ich wurde „süchtig“ danach, denn es tat gut mit jemand Außenstehendem zu reden, dann wieder ein Tief und im Februar 2009 der erste kleine Durchbruch mit der Einnahme des AD, nach monatelanger Weigerung.
Hoch, Tief, Hoch, Tief, dann entdeckte ich Euch.
Etwas in meinem Kopf begann zu begreifen und ich nahm die Ratschläge z.B. aus der Verhaltenstherapie an, die bei mir ja immer noch nicht richtig begonnen hat. Die Tipps waren gold wert!!! Ich habe mich endlich geöffnet, nicht nur hier, sondern auch in meiner Umgebung. Ich redete über mich und meine Ängste und Gedanken. Ich begann mich abzugrenzen von Problemen anderer und nicht mehr alles für andere zu erledigen. Ich rief laut STOP und ICH KANN NICHT MEHR. Jetzt bin ich erst dran. Ich kann Eure Probleme nicht mehr lösen, ich habe selber welche und die stehen jetzt an erster Stelle, sonst gehe ich vor die Hunde. Jetzt müsst ihr Euch selbst helfen. Oder besser noch: helft mir.
a.) Therapie + Medis
b.) dieses Forum und Bachblüten
c.) eine Menge an Literatur und Umsetzung dieser
d.) Tiefenentspannung nach Jacobson (CD)
e.) Abgrenzen von Problemen anderer
f.) ICH REDE ÜBER MEINE ÄNGSTE
Nun ja, ich habe auch mal hier in einer meiner ersten Beiträge darüber gesprochen, dass ich mich durch meine Ängste und Panikattacken immer unzufriedener gefühlt habe, ich habe mich in meiner Haut nicht mehr wohl gefühlt, ich machte mich nicht mehr zurecht, fühlte mich hässlich, an Haare, Make-Up und schöne Klamotten war nicht mehr zu denken; auch diese kleinen Beispiele meiner zusätzlichen Unzufriedenheit trugen nicht gerade zur Besserung meiner Angst bei. Alles und jedes ärgerte mich. Besonders wenn ich den Tag im Bett verbracht habe vor lauter Angst. Davon gab einige!!! Ich verkroch mich!! Es sind nur oberflächliche Dinge, die ich hier anspreche, ich weiß, aber nicht für mich, sorry, ich fühle mich einfach wohler in meiner Haut, wenn ich vor dem Spiegel stehe und mich zumindest etwas attraktiv finde und nicht sage „boah, siehst du schlimm heute aus“. Meine Kopfschmerzen sind bekämpft, meine Nackenschmerzen zwar noch nicht ganz weg, meine Ängste werden weniger, warum sollte ich da nicht langsam an meiner Unzufriedenheit arbeiten?
Fazit:
Mittlerweile habe ich meine Hochphasen und auch die Zeit ohne Angst vor der Angst zu nutzen gewusst: a.) siehe oben u.a. Punkte a bis f, dann b.) ich war auch mal wieder beim Frisör (hatte leichte Angst rein zugehen), bin aber dann wie ein junges Mädchen mit einer tollen Frisur förmlich aus dem Laden herausgehüpft, ich habe mir seit Jahren wieder neue Klamotten zugelegt, ich schminke mich wieder etwas (sehe leicht aus wie in einen Farbeimer gefallen, aber egal, lerne es schon noch wieder), ich war bei einer Massage, ich fahre wieder ohne Angst Auto und ich habe wieder den Spaß entdeckt mit meinen Kindern etwas zu unternehmen, was wohl das wichtigste für mich war. Ich habe auch kein schlechtes Gewissen mehr meinen Buben gegenüber, weil ich in den letzten Wochen alles ohne Spaß gemacht habe und das Gefühl hatte nur zu funktionieren. Ich sehe nach vorn. Ich kann es wieder für den Moment. Und das zählt!
Ach ja, noch etwas: und jetzt bitte nicht falsch verstehen; ich hatte keine PPD! Für mich ist das manchmal noch schlimmer! Mit der Diagnose PPD hätte ich viel leichter leben können (nicht belächeln, ist so, glaubt es mir). Das nur so am Rande. Die Ängste, Gefühle und Gedanken sind sich fast alle sehr sehr ähnlich.
Ich kann nur sagen, dass mir das SICH OUTEN und DARÜBER REDEN am meisten gebracht hat. Wenn mich jemand zudem noch verstand,… hey, umso besser,… wenn nicht, dann … nun ja, dann eben nicht (das war mir dann aber auch wirklich egal, denn ich hatte das Gefühl mit meiner Offenheit gesagt zu haben, dass ich hier, jetzt und heute Probleme habe und dass man mich bitte mit seinen Problemen in Ruhe lassen soll). Ich konzentrierte mich nur auf die Bewältigung der wichtigen Dinge!!! MEINER Probleme.
Und falls jetzt jemand denkt, dass ich über den Berg bin, falsch gedacht. Dann könnte ich mein Medi ja absetzen und mein Perfektionismusdasein wieder aufnehmen. Nee, soweit bin ich noch lange nicht. Meine Wohnung/Haushalt ist noch lange nicht so wie früher. Ich schäme mich aber für nichts mehr in meinem Leben. Durch diese Phase habe ich endlich eine andere Einstellung zum Perfekt sein: ich bin eine gute Mutter und Ehefrau, ich liebe meine Familie über alles und ich habe Spaß an der Erziehung meiner Kinder, dem Zusammensein und ihrem Lachen. Ich liebe es wieder, wenn sie mich in den Arm nehmen und ich liebe dich, Mami zu mir sagen. Das ist perfekt. Die Wohnung, der Haushalt, die Wäsche, das Putzen und Kochen, das Vergleichen mit anderen etc. sind zur Nebensache geworden. Ich war und bin immer eine tolle Mami gewesen. Ich hatte es durch meine Ängste nur verdrängt und „pole“ mein Gehirn nun wieder in die richtigen Bahnen.
Wenn ich in meinem neuen/alten Leben wieder so richtig angekommen bin, sage ich Euch bescheid. Aber um ehrlich zu sein, weiß ich heute nicht mehr, ob ich überhaupt in mein altes Leben wieder völlig zurück will. Mein Selbstbewusstsein will ich zwar wieder zurück, aber meine heutige innere Ruhe möchte ich gerne behalten. Unbewussten Stress kann ich nicht mehr gebrauchen. In erster Linie hat mir eben dieser meine neue Erfahrung ja beschert.
Bitte redet über Eure Gedanken und Gefühle, arbeitet an Euch und handelt. Es tut sooooo gut! Das Gefühl eine der „Irren“ zu sein auf dieser Welt kenne ich nur zu gut, aber glaubt es mir, ich bin eine liebe „Irre“ und ich bin verdammt noch mal nicht allein. Es hilft leider überhaupt nicht, wenn man sich verkriecht und sagt, dass das schon wieder alles von allein besser wird. Ich habe ja die Nerven dazu es zu „überstehen“ und so weiter. Daran glaube ich heute nicht mehr! Gott sei Dank, denn wenn ich meine Probleme weiterhin so versucht hätte zu lösen, dann hätte ich MEINE Gänseblümchenwiese nicht gefunden. Ich habe LAUT „Ich kann nicht mehr gerufen!“.
Das war die Bilanz bis heute, 16. März 2009.
Für Eure Unterstützung (auch in Zukunft) dankt Euch von Herzen Eure
AmoebeMS
Eine "6-Wochen-Zwischenbilanz" - ich traue mich ma
Moderator: Moderatoren
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Hope
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Astrid