Möchte mich vorstellen und von meiner PPP berichten

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Tamani

Möchte mich vorstellen und von meiner PPP berichten

Beitrag von Tamani »

Hallo zusammen!

Nach fast einem Jahr des stillen Mitlesens habe ich nun endlich den Mut gefunden, mich anzumelden.

Das verdanke ich nicht zuletzt meiner Therapie, die mir hilft, die Geschehnisse zu verarbeiten und nun mit anderen Augen zu sehen, als noch vor einem Jahr.

Mein Mann hat sich schon vor einiger Zeit unter dem Namen "Jehuty" angemeldet und in seiner Vorstellung schon das Wichtigste über uns erzählt, darum fasse ich mich hier ein bischen kürzer, wer mag kann ja seinen Beitrag nochmal lesen oder mich privat anschreiben, wenn er Fragen hat.

Ich habe zwei Wochen nach der Geburt unseres Sohnes Noah eine postpartale Psychose bekommen und wurde daraufhin in die geschlossene Abteilung einer Psychiatrie eingewiesen. Am Anfang überwiegte die Manie, ich führte Gespräche mit Gott, glaubte, ich könne die Welt retten und als Harry Potter zaubern. Ich hatte schon jahrelang vor der Geburt jährlich im Sommer wiederkehrende Depressionen und mußte deswegen auch 2003 stationär behandelt werden. Danach konnte ich durch die anschließende Therapie den lange unterdrückten aber unterbewußten Kinderwunsch zulassen. Jedoch wollte es leider nicht klappen, was dann wiederum wieder die Depressionen auslöste. Als es dann nach 3,5 Jahren endlich klappte, wo wir es eigentlich schon aufgegeben hatten und ich mich gerade wieder in einer Depression befand, konnte ich mich erst garnicht richtig freuen. Dann kamen auch noch Blutungen und es begann ein ständiges Auf und Ab der Gefühle zwischen Hoffen und bangen. In der 7. SSW erfuhren wir, daß es Zwillinge waren, aber leider erfuhren wir dann in der 9.SSW, daß nur der eine überlebt hatte. Und ich hatte doch schon sein Herzchen schlagen sehen! Erst nach der 14. SSW konnte ich die permanente Angst besiegen und von da an meine Schwangerschaft genießen, die die schönste Zeit meines Lebens war. Dann erfuhr ich auch noch etwa in der 30.SSW daß sich eine gute Freundin von mir wegen einer PPD das Leben genommen hatte und die Angst war wieder da: würde ich auch eine PPD bekommen mit meiner Vorgeschichte? Tja, wir erlebten eine wunderschöne natürliche Geburt, nur die Plazenta wollte leider nicht von allein heraus und ich mußte schließlich unter Vollnarkose ausgeschabt werden. Das machte mir jedoch in dem Moment nichts aus, denn ich war so voller Glücksgefühle. Leider klappte dann das Stillen nicht richtig, der Kleine saugte nicht stark genug und schrie nur an der Brust und ich hatte das Gefühl, als Mutter total zu versorgen. Ich fing dann noch in der Klinik mit abpumpen an, und war glücklich, mein Kind endlich ernähren zu können, bekam dadurch aber immer weniger Schlaf. Zu Hause versuchte die Hebamme, den Kleinen doch noch an die Brust zu bekommen und ich habe im 3 Std. Takt erst gepumpt, dann angelegt und danach das Abgepumpte gefüttert, wobei eine Mahlzeit auch immer 1 Std. gedauert hat. Aber durch die Glücksgefühle hatte ich kaum noch Schlafbedürfnis und habe Aufforderungen seitens meiner Familie, mich hinzulegen, immer wieder ignoriert. Ich mußte ja ständig wichtige Erleuchtungen, die mir wie Eingebungen vorkamen, aufschreiben. Scheinbar hat mein Körper auf den Cocktail aus Stillhormonen und Stresshormon reagiert wie auf eine Droge und mich schließlich in eine manische Psychose geführt.

Nach 3,5 Wochen konnte ich aus der Klinik entlassen werden und habe seither keinerlei Symptome mehr gehabt. Das Zyprexa wurde Ende 2008 abgesetzt, die Therapie mache ich aber noch weiter, da es noch einiges aufzuarbeiten gibt und ich glaube, eine PPP oder PPD wird nie nur durch hormonelle Veränderungen ausgelöst, sondern auch die Vergangenheit hat eine Bedeutung. Klar, der Auslöser sind die Hormone, aber jede Depression und Psychose möchte uns etwas mitteilen und die Wurzeln dazu liegen meist in der Kindheit.

So, das wär`s erstmal von mir, vielen Dank für`s Lesen,

Liebe Grüße

Tamani
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Marika
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Beitrag von Marika »

Liebe Tamani,

ganz toll, dass du dich uns angschlossen hast, auch wenn es dir wiede sehr gut geht. Genau solche Frauen brauchen wir gaaaaanz dringen: Solche die wieder GESUND geworden sind - Danke, dass du uns deine Geschichte erzählt hast.

Ich bin mir sicher, du kannst ganz vielen hier Mut machen, deine Beitrag bei "Debora" finde ich übrigens Klasse - du hast genau die richtigen Worte getroffen!!!!

Schön, dass du da bist und liebe Grüße von
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Tamani

Beitrag von Tamani »

Hallo Marika!

Vielen Dank für die liebe Begrüßung und die herzliche Aufnahme hier im Forum.

Ich denke, jeder hier hat Schlimmes erlebt und wenn immer nur die schreiben würden, denen es gerade noch schlecht geht, ist das auch ganz schön frustrierend. Darum möchte ich mit dem offenen Umgang mit meiner Krankheit Anderen Mut machen, ihre Krankheit als solche anzunehmen und sich aber auch, vor allem nach einem Klinikaufenthalt, professionelle Hilfe zu suchen. Denn auch wenn man denkt, man ist ja wieder gesund, holen einen doch die Erinnerungen an das Erlebte immer wieder ein und belasten das Familienleben.

Viele liebe Grüße und bis bald,

Tamani

PS: Ist ja witzig, daß unsere Kiddies den gleichen Vornamen haben!
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