Erkenntnisse durch PPD

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Leuchtkäfer

Beitrag von Leuchtkäfer »

Hallo Malene,

das ist ein schönes Thema, da ansprichst. Ich kenne das nur zu gut, daß man ein Rezept zum Gesundwerden möchte. Ich fand es auch tatsächlich hilfreich, hier zu lesen, wie andere, wenn es ihnen dann besser ging, sich ihrer Meinung nach verändert haben.

So, dann mal möglichst konkret zu mir. Ich bin noch in der Phase, alles neu zu sortieren und schreibe mal, was schon besser ist. Ich habe oft keine Angst mehr, anderen gegenüber meine Meinung zu vertreten. Dabei geht es um so kleine Dinge, wie bei Freunden zu entscheiden, was wann gemacht wird (Treffen, wo und wie). Vorher hatte ich Angst, wenn ich sage, was ich möchte und die sind nicht meiner Meinung, im Ganzen als Mensch und Freundin abgelehnt zu werden. Ich sage auch ehrlich wenn mir z.B. nicht nach Telefonieren zu Mute ist. Diese Dinge auszuprobieren fühlt sich sehr befreiend an.
Ich gestehe mir ein, daß mich mein Kind manchmal sehr nervt, daß das o.k. ist, aber nichts über das Maß der Liebe aussagt, die ich ihm entgegenbringe.
Ich bin dabei, mich von meiner Familie und vor allem meinen Eltern emotional zu lösen, d.h. ich fühle mich immer erwachsener mit allen Rechten und Pflichten, Also z.b. zu entscheiden, mein Kind bekommt noch keine süßen Kekse von der Oma und dazu auch zu stehen.

Ich möchte noch daran arbeiten, daß ich im Alltag mehr auf mich achte und mit Kritik besser umgehen lerne.

Ich bin nicht froh über die Depression, dafür war es zu schrecklich, aber sie ist nunmal da , dann will ich auch etwas von ihr haben, wenn sie in letzter Zeit schon soviel von mir genommen hat.

So, ich hoffe, Du kannst damit etwas anfangen,

Grüße von Leuchtkäfer
Elisabeth11

Beitrag von Elisabeth11 »

Hi!

dachte mir schon, die kenn ich gar nicht :-)

Also, meine Erkenntnisse:

1. ich bin kein Wunderwuzzi...mir gehts nicht immer gut, das darf sein, ich darf jammern, ich muss nicht alles allein schaffen, ich muss nicht die Parademutter sein, die 2 Kinder, Haushalt, Job, Uni, Beziehung und Freunde unter einen Hut kriegt, ohne gestresst zu sein und manchmal zu straucheln.

2. ich rede über meine Probleme und hab keine Angst mehr, andere damit zu belasten...man kann auch nicht immer nur zuhören, man darf sich schon auch mal eine Scheibe Trost abzweigen

3. ich "entstresse" mein Leben systematisch...früher hab ich oft Haushalt gemacht, sobald die Kleine geschlafen hat, dann noch eine Freundin treffen am Vormittag, während des Mittagsschlafs für die Uni lernen und nachmittags mit 2 Kindern wieder Freunde treffen oder auf jeden Fall irgendwas Tolles unternehmen. Abends dann, wenn die Kinder im Bett sind, sowieso wieder Uni oder sich am Telefon Probleme von anderen anhören. Jetzt bleib ich viel daheim, mach auf der Uni nur ein Seminar das Semester, mach den Haushalt, wenn die Kleine wach ist und mach mir nicht mehr für jeden Tag Treffen mit irgendwem aus.

4. ich kenne meine "Feinde"...ich weiß schon, welche Zeichen wieder auf ein Tief hindeuten, kann mich darauf einstellen. Das macht es nicht lustiger, aber vorhersehbarer und irgendwie leichter erträglich. Das gleiche gilt für ZG, die ich nur noch ganz selten habe.

Du siehst sicher, ich bin noch nicht am Ende meines Weges, aber ich geh in Richtung Sonne, wenn ich das mal so kitschig beschreiben darf :-)

Lg E
Ilschi

Beitrag von Ilschi »

Hallo Malene,

ich finde es auch sehr schön mal über die positiven Seiten nachzudenken und zu berichten.
Schlecht ging es uns allen lange genug. Sich an Dingen zu erfreuen, die schon wieder so langsam klappen, gibt einem den Mut weiterzumachen und die Gewißheit auf dem richtigen Weg zu sein.

Als ich die Anworten meine beiden Vorgängerinnen las, fand ich mich auch in fast jeder Aussage wieder. Es ist gut zu wissen, dass ich nicht die einzige auf der Welt bin, der es so geht wie euch hier.

Veränderung bedeutet Leben. Wer sich verändert, bleibt sich treu.


Vielleicht berichte ich auch irgendwann mal im Detail, aber für jetzt sollte das reichen. (Auch eine Entscheidung, die ich mich vor langer Zeit nicht getraut hätte, weil ich es allen gerne Recht machen wollte!!)


LG Ilschi (Heute ist ein guter Tag, deshalb mal dieses Smily :lol: )
Carolin

Beitrag von Carolin »

hey,

ja, wieso bin ich selbstbewusster als vorher?

zum einem war ich früher immer ein mensch mit großer klappe (um blöde situationen schön zu überspielen) und nichts dahinter.

heute habe ich ja 2 kinder und muss mich oftmals situationen stellen die mir unbekannt sind, dennoch gemacht werden müssen.

es kommen wöchentlich situationen durch die kinder wo ich dazu lerne...

wenn ich vor den kindern was nicht wollte, meistens aus bequemlichkeit und unwissenheit , habe ich mich gedrückt. heute tu und mach ich und lerne immer mehr dazu.
dadurch werde ich für mich selbstbewusster und erwachsener.

ich hatte vor den kids ja für nichts verantwortung. habe bei meinen eltern gewohnt, war in der ausbildung tec.

habe dann gerne alles blöde auf andere abgeschoben.


zum punkt selbstliebe kann ich nicht viel sagen.

empfinde es noch nicht. mir geht es zu oft noch zu schlecht als stolz auf mich sein zu können und mich zu lieben. daran hindert mich auch noch mein perfektionismus.

es ist ein langer, langer lernprozess und ständig muss man neue hürden bewältigen. grad beim ersten kind ist alles neu und man ist unerfahren.

beim zweiten gehts dann einfacher. meistens....

gibt ja so einen schönen satz:

eltern WERDEN ist nicht schwer, eltern SEIN dagegen sehr.

und das komische ist, es ist bei mir einfach so gekommen. ich habe mich unbewusst so verändert. habe nicht gezielt versucht mich zu ändern. dadurch, dass man als frisch gebackene mutti oft ins kalte wasser geschubst wird, wächst man von situation zu situation von ganz alleine!

du wirst deinen weg auch noch gehen und wirst auch merken das diese blöde krankheit auch ein wenig was gutes hat.

natürlich gibt einem keiner die zeit zurück, und es tut höllisch weh diesen weg gehen zu müssen.

aber ändern kann man es nicht!

lieben gruß
mici

Beitrag von mici »

Für mich war der erhellendste Gedanke, den ich im Laufe der letzten Jahre und ich glaube, erst am Ende meiner Therapie gemacht habe, dass ich EHRLICH zu mir sein wollte!
Ich wollte, genau wie ihr, nicht mehr Dinge machen müssen, die ich eigentlich nicht machen wollte und gleichzeitig wollte ich ganz viele Dinge machen, die ich mir bis dahin verboten hatte. Ich habe mir zur Aufgabe gemacht, ehrlich zu mir zu sein; das schließt von Anfang an jede Menge Dinge aus, die nicht mehr mit mir zu machen waren (Süße Kekse an die Kleine verfüttern ist ein gutes Beispiel), das schloss vor allem aber auch ganz viele Dinge ein, die ich plötzlich neu in meinen Tagesablauf integrieren wollte (z.B. sich Zeit für sich nehmen, wenn es nicht mehr ging). Immer, wenn ich mal wieder das Gefühl hatte, zu straucheln, weil ich nicht mehr wusste, wo entlang mich mein Weg eigentlich führen sollte, wenn ich also aus den Augen verloren hatte, was ich gleich noch mal für richtig gehalten habe, weil andere um mich herum Ansprüche, Meinungen, Erwartungen etc. permanent lautstark kundtaten, dann habe ich mir immer wieder gesagt: Du wolltest doch ehrlich zu Dir sein! Das hat mich an den richtigen Weg erinnert. Das hat auch dazu geführt, dass ich anderen gegenüber ehrlicher geworden bin, aber das habe ich anfangs gar nicht so gemerkt. Es hat sich erst mit der Zeit auch positiv auf die noch bestehenden Freundschaften ausgewirkt, dass ich mir selbst gegenüber ehrlich sein konnte. Manchmal habe ich eine ungeheure Wut auf meine Eltern empfunden, oder war ganz doll eifersüchtig auf eine Freundin von mir, oder war missgünstig gegenüber anderen, usw. Aber ich habe mir diese Gefühle erlaubt, weil ich mir schließlich vorgenommen hatte, ehrlich zu mir zu sein! Manchmal war es gar nicht so einfach, klar herauszustellen, auf wen sich meine negativen und traurigen Gedanken eigentlich bezogen haben. Aber dann habe ich nicht aufgehört drüber nachzudenken, weil ich gespürt habe, dass es einen Grund geben muss für diese Trübsal! Das ist übrigens heute auch immer noch meine Meinung: Niemand ist einfach nur so, also grundlos und andauernd traurig / depressiv! Es gibt (gute) Gründe dafür und ich habe mir zur Pflicht gemacht, diesen Gründen GRÜNDLICH nachzuspüren! Ich habe gelernt, dass es sich auf Dauer nicht auszahlt, wenn man über gute Gründe zum Traurigsein hinweg geht, so als wäre nichts! Das geht nach hinten los und zwar in erster Linie für einen selbst! Ich habe aber auch gemerkt, dass es wieder einfach wird, Dinge den anderen zu liebe zu dulden oder durchgehen zu lassen, wenn man grundsätzlich in der Lage ist, ehrlich zu sich zu sein. Irgendwann normalisiert sich alles wieder ein bisschen. Heute bin ich (meistens) dazu in der Lage, zu sagen, was ich will und was ich nicht will, ich kann aber auch gut über meinen Schatten springen und anderen zu liebe etwas tun, was ich eigentlich nicht möchte, ohne, dass ich das Gefühl habe, als Verlierer aus der Sache herausgegangen zu sein!

Liebe Grüße,

MICI
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