Warum ist es mir nicht einfach egal??

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

Moderator: Moderatoren

Antworten
Astrid

Warum ist es mir nicht einfach egal??

Beitrag von Astrid »

Hab so eine Wut, dass ich schreiben muss. Meine Schwiegermutter macht mich mal wieder fertig. Nochmal zur Erklärung: Wohnen gemeinsam in einem Haus, aber in getrennten Wohnungen. Sie ist Witwe und seit vielen Jahren depressiv und seit meiner Erkrankung in 2007 auch in Behandlung. Mir geht es seit längerer Zeit schon gut, und ich habe im Sommer meine AD erfolgreich ausgeschlichen, ich kämpfe wie alle hier noch mit meinem schlechten Gewissen und Ängsten, dass das nochmal wiederkommt, aber es ist nicht schrecklich.
Meine Schwiegermutter ist eine sehr anstrengende Person, sehr unselbständig, laut, unruhig und besserwisserisch. Sie kann sich nicht mal zurücknehmen oder einfach nur dabeisein und sie vereinnahnt einen völlig, wenn man nicht aufpasst. Ruckzuck hat sie deine gesamte Woche verplant. Das habe ich eine lange Zeit mitgemacht, aber ich habe gemerkt, dass es mir nicht gut tut, so habe ich angefangen mich zu schützen. Habe Grenzen gesetzt, z.B. dass sie in der Woche nicht mehr vor dem Frühstück schon bei mir in der Wohnung aufkreuzt. Und ich habe auch begonnen ihr zu sagen, dass sie sich aus meiner erziehung rauszuhalten hat. Ich höre mir gerne mal einen Rat von ihr an, aber ob ich ihn berherzige ist immer noch meine Entscheidung. Vor allem wenn mein Kind dabei ist, möchte ich nicht in Frage gestellt werden. Aber es ist immer wieder das gleiche!!! :cry: Gleichzeitig habe ich ihr klargemacht, dass ich meine Zeit gerne selbst einteile und auch keine Person brauche, die mich beschäftigt, ich bin auch gerne mal alleine und genieße die Ruhe, wenn Jarne im Kiga ist, und brauche dann nicht schon wieder Unterhaltung. Das alles war sehr schwer für sie, ich kann das verstehen, aber ich muss auf mich aufpassen. Was mich jetzt so ärgert, ist, dass sie bei meinen Eltern, meinem Mann, und in der Nachbarschaft verlauten lässt, ich sei wohl wieder depressiv, weil ich mich so zurückziehe und so "grob" zu ihr bin. (muss ich sein, weil sie es sonst nicht kapiert :? ). Und sie würde mir ja sooo gerne mal den Kleinen abnehmen, oder für uns kochen. Ich war sehr überrascht, denn wenn ich sie Frage, passt es ihr eigentlich nie. Daher habe ich aufgehört darum zu bitten, und mich anders organisiert. Da muss ich dann auch nicht tausendmal Danke sagen. Eigentlich sollte es mir Wurscht sein, aber es nervt!!! Sie macht alles an meiner Erkrankung fest. Jede Gemütsregung die ich zeige, und die sie nicht für "normal" hält, wird beobachtet und weitergetratscht. Ich war nie sonderlich ausgeglichen, hatte immer in den Tagen vor meinen Tagen richtig schlechte Laune und auch sonst geht mir die dunkle Jahreszeit auf den Geist, aber es ist etwas völlig anderes. Auch läuft sie den ganzen Tag mit einer Betroffenheitsmiene herum, die mich richtig aggressiv werden lässt. Warum schaffe ich es nicht zu denken: "Rutsch mir den Buckel runter"!!! Und dann einfach mein Ding zu machen???? Habe mir fest vorgenommen das jetzt zu tun. Hier meinen Frust abzulassen hat mir schonmal geholfen. Danke Euch!
Deria

Beitrag von Deria »

Hallo Astrid,

manchmal bin ich doch froh, das ich mich mit keiner Schwiegermutter
rumplagen muss.
Ich kann mir vorstellen, wie nervig das ist.
Erst mal in einem Haus zu wohnen, keinen Schritt machen ohne das sie alles mitbekommt und sich unentbehrlich machen wollen und dich schlecht machen.
Die Frau hat einfach Langeweile! Beim Lesen dachte ich: Seniorenkreis, Seniorennachmittag, AWO etc. Es gibt so viele Möglichkeiten, das sie sich beschäftigt und dir nicht ständig auf die Füße tritt.
Sie scheint einerseits das Gefühl zu haben, nicht gebraucht zu werden und auf der anderen Seite schiebt sie dich vor und macht dich schlecht.
Das ist wohl auch ein Symptom der Krankheit "Depression", die Einsicht, das man selber mal ein bisschen was verändern könnte oder sollte.
Die Frage ist: wäre das eine Möglichkeit für sie?
Kann man ihr das sagen?
Wenn sie genug ausgelastet ist, wird sie ihren Frieden finden und wahrscheinlich auch wieder gut auf dich, auf euch zukommen.
Ich weiß nicht, wie lange sie Witwe ist, hadert sie damit noch sehr?
Das ist extrem schwierig und es ist gut, mal ohne Wertung Dampf abzulassen.
Vielleicht findet ihr einen Weg, wünsche ich euch.

Lg
Deria
Astrid

Beitrag von Astrid »

Liebe Deria,

danke für deine Antwort, es tut gut, einfach alles rauszulassen. Sie ist seit 14 Jahren Witwe, es fällt ihr sehr schwer damit umzugehen, und es fällt ihr schwer alleine zu sein.
Ich verstehe das alles sehr gut, und ich habe sie sehr lange aufgefangen, genau wie mein Mann. Zumindestens haben wir es versucht, aber die Zeit, die wir ihr geben reicht nie aus. Sie ist nie lang und intensiv genug für sie. Ich denke wir haben sie zu lange abgehalten sich weiterzuentwickeln, einen neuen Weg für ihr Leben zu finden. Sie hatte keine Lust etwas anderes zu tun, oder andere Leute zu besuchen, wenn wir ja zuhause waren. Sie wollte nicht. Aber sie kann nicht permanent unser Leben leben, und versuchen darin herumzuwurschteln. Das habe ich erst nach meiner Erkrankung gemerkt, und auch, dass es weder für uns noch für sie gut ist. Ich mag sie, aber sie ist nicht mein Kind, und ich bin nicht für sie verantwortlich. Sie ist Erwachsen, und wenn sie krank ist, bin ich da, aber ich bin nicht ihr Therapeut und auch kein Arzt. Oh Mann, es hört sich alles so kalt und abweisend an, aber ich bin am Ende, was sie angeht, und habe auch keine Kraft mehr ihr Päckchen auf meines zu laden und es mitzutragen. Ist das in Ordnung??? :oops: Ich fühle mich nicht gut dabei so zu sein. Aber es ist der einzige Weg anscheinend. Ach...
mici

Beitrag von mici »

Liebe Astrid,

ich finde, es klingt aus Deinen Beiträgen sehr viel Mitgefühl, sehr viel Wohlwollen und sehr viel Bemühen um eine für alle verträgliche Lösung heraus. Deine Beiträge sind nicht herzlos, egozentrisch oder gemein, im Gegenteil: Du hast das Wohl Deiner Schwiemu sehr gut im Blick und betonst immer wieder, dass es ihr auch nicht damit gut geht, dass sie in eurem Leben zu rumwurschtelt.

Weißt Du, in vielen Threads wird die Problematik besprochen, wie man sich selber mehr Freiräume gestattet, wie man lernt, öfter mal "Nein" zu sagen, wenn man auch Nein meint, wie man lernt, sich von anderen abzugrenzen.
Du bist uns meines Erachtens auf diesem Weg schon ein gutes Stück voraus, weil Du genau das beherzigst, was sonst immer empfohlen wird, wenn andere sich so überrannt fühlen, wie Du von Deiner Schwiemu. Du grenzt Dich ab, Du spiegelst ihr ihr Verhalten, Du zeigst ihr Alternativen auf. Das ist es, was Du tun kannst! Du handelst also nach allen Regeln der Kunst, Du zeigst Dich sensibel und gehst vorsichtig und behutsam mit ihr um, weil Du Verständnis und Mitgefühl mit ihr hast. Du darfst Dich gut fühlen, weil Du Dir nichts vorzuwerfen hast! Du hast Dich seit langem um eine Besserung der Situation bemüht, diese ist nicht eingetreten. Also kannst Du nichts mehr tun! Du darfst Dich trotz Abgrenzung gut fühlen, weil Du ihr es versucht hast, leicht zu machen. Dass es nicht geglückt ist, liegt nicht in Deiner Verantwortung.

Der kleine Prinz sagt: Was man sich vertraut gemacht hat, dafür ist man sein Leben lang verantwortlich. Du übernimmst die Verantwortung, indem Du Deiner Schwiemu Wege aus ihrer Krise aufzeigst. Diese Wege bestehen auch darin, dass Du Dich von ihr abgrenzt, weil Du merkst, dass ihr ihr Verhalten selbst nicht gut tut. Du hast Dir nichts vorzuwerfen udn damit basta!

Lieben Gruß, MICI
Astrid

Beitrag von Astrid »

Hallo Mici,

danke für deine lieben Worte. Ich zweifle halt immer wieder an mir. Und es ist nicht schön, sich immer wehren zu müssen, gegen die "Belagerung". :cry: .
Und ich war auch so schon angeschlagen. Der Dezember hatte es in sich, hatte einen Virusinfekt und zwei Blasenentzündungen, so dass ich ganz schön ko war. Mein Sohn hatte sich auch diverse Infekte eingefangen, und schlaflose Nächte reihten sich aneinander. Meine Nerven waren halt echt nicht die Besten.

Ich hoffe ich schaffe es weiterhin, aber manchmal möchte ich nur noch weg hier. In Ruhe alleine leben.

LG Astrid
Antworten