Ich will mich wiederhaben

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Funny Valentine

Ich will mich wiederhaben

Beitrag von Funny Valentine »

Liebe Leute,

angemeldet bin ich schon lange, jetzt versuche ich mal, was zu schreiben. Gar nicht so einfach, mich zu konzentrieren. Ich schieb's auf die Stilldemenz...

Also meine Geschichte. Ich bin 38 und habe vor 3 Monaten mein Kind geboren. Einen wunderschönen, zarten, duftenden (naja, nicht gleich :wink:) gesunden Jungen. Die Schwangerschaft wollten wir beide, mein Freund und ich, und da hatten wir Glück: kurze Zeit nach dem Wunschaussprechen war sie auch schon Wirklichkeit. Und verlief - körperlich - völlig problemlos. Die Geburt war heftig, aber irgendwie auch toll. Und ich hatte nochmal Glück, ich brauchte keine PDA und keinen Kaiserschnitt, nichts ist gerissen, und auch dem Baby ging es die ganze Zeit gut. Die Geburtshelfer - und wieder hatte ich Glück - waren genau die richtigen für mich und haben mich wunderbar unterstützt. Kein Trauma weit und breit, alles prima. Und nochmal hatten mein Freund und ich Glück und haben wie bestellt eine wunderschöne große Wohnung gefunden für uns drei, die wir zuvor nicht hatten, langsam aber mal brauchten.

Eine Glücksmarie wie im Grimmschen Märchen, könnte man meinen.

Aber...

Schon in der Schwangerschaft war nichts mehr wie es war. Die Hormonumstellung hat mich umgehauen, ich habe zu Beginn tagelang ständig geweint und dachte, ich werde verrückt. Das legte sich, es folgten ein paar ganz schöne Monate, bis auf eine wachsende Dünnhäutigkeit, dann bekam ich solche Schlafstörungen, dass ich irgendwann krankgeschrieben werden musste. Nix ging mehr, nächtelang. Und ich wurde immer empfindlicher, wollte nicht mehr unter Menschen sein, fand die meisten grob oder taktlos oder anstrengend oder alles zugleich. Damals sagte ich mir, ok, naja, das kommt halt vom Schwangersein, das legt sich dann wieder.

Nach der schönen Geburt ging es mir zwei Tage super, ich war stolz wie Oskar und völlig endorphingeflasht.

Am zweiten Abend begann unser Kind zu schreien und hörte wochenlang nicht mehr auf.

Am dritten Tag, nach der ersten schlaflosen Schreinacht und den in den Keller gesackten Hormonen, hatte ich völlig wahnsinnige Gedanken, wie z.B. den, dass ich mich lieber jetzt umbringe, denn den beiden, meinem Freund und meinem Kind, geht es bestimmt besser ohne mich.

Dieser kranke Gedanke verabschiedete sich zwar wieder aus meinem Kopf, aber die nächsten Wochen waren übel. Ich hatte die wüstesten Stimmungsschwankungen, konnte keine Menschen um mich ertragen, fühlte mich aber gleichzeitig sehr einsam, war verzweifelt, weil unser Kind so wenig schlief und so viel schrie, das Stillen tat furchtbar weh und alles war einfach wahnsinnig anstrengend.

Damals sagte ich mir, ach was, ist halt Wochenbett, das legt sich schon wieder.

Zwischendurch gab es auch ein paar schöne Tage. Zwischendurch. Ein paar. Seit ein paar Wochen geht es mir aber immer schlechter, so dass ich mich langsam frage, bin ich nur erschöpft von dieser harten Anfangszeit, von der ich mich nicht erholt habe, oder bin ich depressiv? Sind das Umstellungsschwierigkeiten auf meine neue Rolle in Verbindung mit diesem lausig kalten, endlosen Winter, der so gut dazuzupassen scheint, oder bin ich ich dabei, krank zu werden?

Was auch immer es ist, ich fühle mich furchtbar. Mein Kind liebe ich sehr, das war auch nie anders, zum Glück, aber mich liebe ich überhaupt nicht mehr. Ich fühle mich ständig traurig, wertlos und unwichtig, hadere plötzlich wieder mit uralten Geschichten, die ich längst abgeschlossen glaubte, erleide unkontrollierbare Wutanfälle, so dass ich schon mal eine Schranktür eintrete, fühle mich alt, müde und total unansehlich, ekle mich regelrecht vor den Kilos, die ich jetzt mehr habe, dabei war mir sowas früher immer egal, finde mein Leben sinnlos und denke oft, wenn mein Kind nicht wäre, würde ich mich jetzt umbringen wollen. Was absurd ist, denn wäre mein Kind nicht, würde ich das gar nicht denken, denn dann hätte ich mein altes Leben noch, das ich sehr gemocht habe.

Ich dachte irgendwie, das alte Leben bleibt einem, es kommt halt noch ein Kind dazu. Von wegen. Ich hatte einen prima Job, den ich gut gekonnt habe und der mir Selbstbewusstsein gegeben hat. In meiner Freizeit hab ich künstlerische Sachen gemacht, die mir wichtig waren und mir immer Halt gegeben haben. Und es gab Freunde, mit denen ich mich gern und regelmäßig getroffen habe. Das Schlimme ist, selbst wenn ich jetzt versuche, etwas aus meinem alten Leben in mein neues hineinzuholen: nichts interessiert mich mehr. Ich bin wie abgeschnitten von allem. Ich habe gerade noch genug Energie, mein Baby zu lieben und zu versorgen und mir etwas zu essen zu machen und ab und zu ein bisschen aufzuräumen. Dazwischen sitze ich auf dem Sofa und starre apathisch vor mich hin und bringe es fertig, eine oder zwei Stunden lang zu denken, dass ich jetzt eigentlich aufstehen und xyz machen sollte, aber ich kann nicht aufstehen. Ich bin wie gelähmt. Wenn mich jemand fragt, wie geht es dir, fange ich an zu weinen. Meine Beziehung liegt auch brach, ich habe plötzlich dauernd was auszusetzen an meinem Freund, der darunter sehr leidet und damit natürlich nur schwer umgehen kann. Ich will nur allein sein, dann gehts mir noch am besten. Zwischendurch erleide ich fast sowas wie Panikattacken, wenn ich nicht allein sein kann, wie ich will. Dabei ist es doch mein Partner, der anwesend ist. Der Papa vom Baby. Und trotzdem. Plötzlich ertrage ich die Verbindlichkeit nicht mehr, die unweigerlich da ist, wenn man zusammen ein Baby hat. Davor hatte ich immer das Gefühl, angekommen zu sein. Jetzt will ich nur weg von allem und allen. Ach ja, und dann habe ich Schuldgefühle. Und Ängste, dass mein Kindlein was abkriegen könnte von Mamas Psychoscheiß.

Jetzt versuche ich gerade einen Termin bei einer Psychiaterin zu bekommen, die darauf spezialisiert ist: auf Frauen, die Mütter wurden und nicht mehr klarkommen. Einen Termin bei einer Therapeutin, die darauf ebenfalls spezialisiert ist, habe ich schon. Und um eine Haushaltshilfe bemühe ich mich auch gerade.

Was hat euch geholfen? Und was hat euch geholfen, das ihr selbst tun konntet? Denn ich mag mir zwar helfen lassen. Ich mag mir aber auch selber helfen. Bloß weiß ich nicht wie. Diese Gefühle hauen mich um. Und wenn ich, wie es in letzter Zeit immer öfter der Fall ist, gar keine mehr habe, haut mich das noch mehr um. Ich habe offensichtlich eine Regulationsstörung. Genau wie mein Kind. Bei dem wird das aber inzwischen besser. Dafür knallt jetzt die Mama durch.

Ihr Lieben, ich tät mich narrisch freuen, wenn mir wer zurückschreibt.

Eure Funny Valentine, die gerade gar nicht lustig ist.
Vicky

Beitrag von Vicky »

Liebe Funny Valentine,

das was Du schreibst hätte so auch vor einem Jahr und 2 Monaten aus meiner Feder stammen können.

Ohje mein Kleiner ist aufgewacht.
....

Schreibe mit ihm auf dem Arm weiter.
Er könnte da sehr viel zu schreiben, denn auch seine Mama war/ist Psycho.
Nun ihm hat es nicht geschadet.

Was hat geholfen:
Medikamente
Klinik
Haushaltshilfen
meine Schwiegereltern
Psychologin
Psychiater
mein eiserner Wille
Sport, Sport, Sport
Tagespläner
das Akzeptieren der Erkrankung
dieses Forum
mein Mann und Freunde
viel, viel, viel Zeit
das Herunterschrauben aller Erwartungen

und ganz wichtig: mein süßer knuddeliger Sohn, der hat mich auf jeden Fall davor geschützt, mir irgendetwas anzutun!!!

Die Gedanken, die Du hier schreibst sind meiner Meinung nach schon heftig, ebenso der soziale Rückzug usw. .
Suche Dir unbedingt weiter Hilfe!!!!
Dann wirst auch Du wieder gesund.
Es ist nicht Dein Versagen!!! Du kannst nichts dafür.

Vicky (muß nun meinen Sohnemann wieder ins Bett bewegen) :-)
AmoebeMS

Bitte verzeih mir den Roman

Beitrag von AmoebeMS »

Happy Valentine´s Day an Funny Valentine,

herzlich willkommen im Forum auch von mir. Schön, dass du zu uns gefunden hast.

Deine vielleicht wichtigste Frage „bin ich depressiv oder nur erschöpft; ist es der Winter; die neue Situation mit Kind“ kann ich dir leider nicht beantworten. Ich sage dir auch warum. Weil es für mich persönlich einfach uninteressant ist, an was ich oder jemand anders leide(t).

Ich erkläre. Ich weiß, dass ich schwer gelitten habe und mir war es wichtig diesen Zustand so rasch wie möglich in den Griff zu bekommen, nicht „ihm“ in erster Linie einen Namen zu geben. Deinen Zustand siehst du selbst nicht als normal an. Folglich musst zu etwas ändern und genau dabei möchte ich dich unterstützen.

Ich habe mir deine Zeilen bereits ein paar Mal durchgelesen und ich möchte gar behaupten, dass du „eigentlich“ ein verdammt logisch denkender Mensch bist. Grins. Im Grunde genommen weißt du eigentlich, dass die meisten deiner Gedanken nicht wirklich zu dir selbst gehören. Selbst dein Fazit sich nämlich an einen Psychologen zu wenden ist der beste Einfall, den man selbst in einer solchen Situation treffen kann. Du hast ihn getroffen. Freiwillig. Das ist super. Das ist der Anfang.

Die endlosen Gedanken in dir, der kleine Kobold auf deiner Schulter, sollten unbedingt behandelt werden, damit sie nicht zu einem Karussell werden, welches sich endlos im Kreis dreht. Du sagst, du bist oft wie gelähmt. Das kenn ich. Ich saß oft einfach nur da und war schon froh, wenn ich hier im Forum einfach nur schreiben konnte. Das war aber eine zeitlang wirklich das Einzige, was ich auf die Reihe gebracht habe. Ich musste mich zwingen! Wirklich zwingen. Ich konnte nicht mal mehr mit meinen Jungs den Spielplatz besuchen. Die Arbeit zu Hause lag brach.

Hier bekam ich u.a. den Tipp in Babysteps zu agieren. Ich zwang mich 10 oder 15 Dinge wegzuräumen, dann aber wieder eine Pause zu machen und zu meinem Bachblütenglas zu stapfen. Dann wieder 10 Dinge wegzuräumen oder einen wichtigen Brief zu schreiben oder eine Überweisung zu tätigen. Es ging. Mich interessierten meine Hobbies auch nicht mehr. Aber ich las zu diesem Zeitpunkt sehr viel Lektüre über Ängste und Panikattacken und über Verhaltenstherapie im Alltag. Auch ich war zu diesem Zeitpunkt sehr unzufrieden mit mir und meinem Äußeren, was aber auch durch VT in den Griff zu bekommen ist. Du musst deine Gedanken umpolen lernen. Du darfst nicht immer alles „schlecht“ reden, auch wenn du es so fühlst. Du musst dennoch positiv oder neutral denken. Beispiel: a.) ich schaue in den Spiegel und sehe jemanden, der mir nicht gefällt (negativ), b.) ich schaue in den Spiegel und sehe jemanden den ich kenne (neutral), c.) ich schaue in den Spiegel und sehe jemanden, den ich kenne und den ich mag, denn ich war schon immer so und nichts hat sich geändert, denn ich mag mich (positiv). Die Analyse bzw. Bewertung seiner Gedanken kann man in dieser Form immer anwenden. Das war jetzt nur ein Beispiel von mir.

In erster Linie finde ich es immer wichtig, dass mein Partner über mich bescheid weiß. Ich bin gerade nicht ich. Ich habe diese oder jene Probleme und diese oder jene Gedanken. Mein Partner kannte mich seit über 17 Jahren damals und wusste nur zu gut, dass etwas mit mir nicht stimmt und er wusste später auch, dass er nicht derjenige war, der mir in erster Linie helfen konnte. Bei mir musste es ein Außenstehender sein. Aber seinen Partner sollte man nie im Unklaren über seine Gedanken lassen, denn Männer sind auch nur Menschen und manche von ihnen beziehen unsere weiblichen Probleme gerne schon mal auf sich selbst und dann geraten auch sie in einen Konflikt. Setze deinen Partner nicht einer solchen Prüfung aus, sondern spiele – sofern du dazu in der Lage bist – bitte immer mit offenen Karten.

Wenn ich fragen darf: warum ziehst du dich zurück? Warum möchtest du allein sein, wenn es dir so schlecht geht? Damit andere nicht mitbekommen, dass es dir nicht gut geht? Da du bereits die ersten Schritte in die richtige Richtung unternommen hast, spricht für mich daraus die echte Funny Valentine, nämlich die Rationale. Das ist super! Du möchtest nicht, dass dein Zustand so bleibt,… nun ja, dann muss man etwas unternehmen. Das tust du. HH ist ebenfalls super. Die "irrationale" VF sagt allerdings "Rückzug". Das ist nicht unbedingt der klügste Schachzug. Von ganz allein und vom Abwarten oder sich abkapseln wird leider nichts besser. Lass das Weinen und auch die Wut zu, aber verschliesse dich nicht!

Dein Kind hat offensichtlich viel geweint und geschrien. Das kostet jede Mutter Kraft, aber wir haben sozusagen imaginäre Kräfte in uns, die uns das gut durchstehen lassen. Ich weiß, dass du dein Kind über alles liebst. Wer hilft dir im Haushalt und mit dem Kind? Hast du tagsüber Möglichkeiten den Haushalt zu verlassen und das Kind gut unterzubringen in dieser Zeit? Klappt es mit dem Stillen jetzt besser? Bitte gönne dir selbst so viele Auszeiten wie nur möglich. Weg von der Couch (ich habe sie durchgelegen, grins). Ab in die Badewanne. Nimm dir ein Buch. Zwinge dich manchmal etwas zu tun.

Hast du dich mal gründlich untersuchen lassen? Ist zb deine Schilddrüse mal untersucht worden? Da du dich hier im Forum bereits eingelesen hast, wird dir sicher auch das Thema Hormone und SD begegnet sein. Bitte lasse alles prüfen, okay? Ganz besonders, weil bei dir bereits nach bekannt werden der SS einige Symptome auftraten, die nicht außer Acht gelassen werden sollten.

Ich kann Vickys Liste nur unterschreiben. Besonders das Herunterschrauben aller Erwartungen und das Akzeptieren. Das ist für mich der Schwerpunkt und somit auch Zeit und Geduld. Ich kann dir die Bachblüten nur ans Herz legen.

Deine Familie ist nicht besser dran ohne dich. Im Gegenteil. Deine lieben Gedanken führen dich da leider manchmal in die Irre. Daran musst du arbeiten, denn wirklich das Gegenteil ist der Fall und bei solchen Gedanken spricht einfach die „Erkrankung“ (welche auch immer) aus dir, liebe Funny Valentine und nicht du selbst. Das weißt du auch! Gell?

„Dafür knallt jetzt die Mama durch“ hast du geschrieben. Eine Frau mit Humor, wie ich sehe. Ich liebe Humor. Nicht nur am Valentinstag oder in der närrischen Zeit. Beim Lesen deines Beitrags musste ich oft an mich selbst denken. Viele Passagen kamen mir bekannt vor. Ich habe nie meinen Humor verloren, egal wie dreckig es mir ging. Ich hoffe, dass dir dieser Charakterzug ebenso hilft, wie mir und du an ihm festhälst.

Es grüßt dich mit diesem Roman ganz lieb die
AmoebeMS. Vielleicht nimmst du daraus etwas mit, sei es nur ein „winziges Bisschen“.
Hellau an die gar nicht lustige FV.

P.S. Beim Lesen fiel mir noch etwas auf und ich weiß nicht, welche Bedeutung du dem beimisst. Du nanntest "alte Probleme" oder so was. Etwas, womit du abgeschlossen zu haben schienst und vielleicht doch noch nicht hast. Auch wenn ich nicht weiß, worum es geht und ob es dir viel bedeutet hat oder nicht,... sofern du einen Termin beim Therapeuten bekommst, solltest du dieses Thema ansprechen.
Ylaina

Beitrag von Ylaina »

Liebe Valentine,

auch ich möchte Dich schon seit Tagen hier willkommen heißen und komme jetzt endlich dazu. Also, willkommen hier!

Vicky und Amoebe haben auch eigentlich schon die wesentlichsten Dinge, die ich schreiben wollte geschrieben. :wink:

Auch ich kenne das nur allzu gut, auch diese 'Antriebsschwäche'. Ich habe jahrelang mit depressiven Episoden zu tun gehabt und seit ich mir intensive Hilfe geholt habe ( in diesem Fall meine ich tatsächlich die Medikamente und den Klinikaufenthalt, bzw. eine passende Therapeutin) geht es für mich bergauf. Ich habe in den letzten zwei Jahren für mich sehr viel darüber gelernt, wie ich mir selbst helfen kann.

Du fragst ganz konkret danach, wie man sich selbst helfen kann und dazu wollte ich Dir schreiben, dass ich denke, dass es wirklich zwei Dinge sind, die dabei wesentlich sind.

Zum Einen das 'reingehen' in das Problem. Mittels Mitteilung über das innere Erleben (wie fühle ich mich, was denke ich usw.).

Dabei gilt: das muss man üben und man muss nach dem Gefühl gehen, wem man was wann mitteilt. Aber Mitteilung an sich ist extrem hilfreich, gerade über die längere Frist. Drei konkrete Beispiele:
1.Das Austauschen mit anderen, die die selben Erfahrungen gemacht haben. Ich finde das sehr versöhnlich und befreiend.
2. Das Mitteilen dem Partner gegenüber. Kann schwierig sein, aber durch das Machen verändert sich sowohl das eigene Erleben dabei als auch die Reaktion des Partners, so meine Erfahrung.
3. Das Mitteilen in einem 'geschützten', professionellen Rahmen, namentlich Therapie. :wink:

Zum anderen hilft das 'Rausgehen' aus dem Problem. Anfangs scheint das eine schier unüberwindbare Hürde zu sein, aber irgendwann irgendwo findet man doch einen Anfang und dann habe ich die Erfahrung gemacht hilft es einem ungemein.
Kleines Beispiel: ich hatte letztens wieder das Gefühl gelähmt zu werden, ich habe Angst vor der grossen Zukunft bekommen, dachte ich drehe mich nur im Kreis, ich kann das alles nicht, die Wolken wurden immer grauer und ich verharrte am Fenster regungslos. Inzwischen bin ich da so drauf sensibilisiert, dass mir sehr schnell klar wurde, ich muss gegensteuern. Also, hab ich mein Kind eingepackt, mich eingepackt (und habe dabei über Bord geworfen, ob ich denn nun hübsch zurecht gemacht bin oder nicht, ob mein Kind passend zum Kinderwagen angezogen ist oder nicht, weil ich merkte, es wird elementar, da müssen Äußerlichkeiten zurückstehen) und bin einfach spazierengegangen. Das hört sich banal an, war es für mich aber nicht. Und es hat geholfen.
Die Frage ist in dem Moment nicht, wo liegt das Problem, was könnte passieren, was steht im Weg, sondern mein Fokus geht dahin: was BRAUCHE ich?
Genauso andere Kleinigkeiten, wie die warme Wanne, oder dass mein Mann das Kind für eine zeitlang 'bevatert', dass meine Mama zu Besuch kommt und ich die Wohnung nicht auf Hochglanz bringe, sondern mir von ihr dabei helfen lasse. Oder, dass ich während des Stillens lese (was ja ganz arg verpönt sein kann, aber ich mag das manchmal eben sehr gerne), oder den Kontakt zu meiner besten Freundin aufrechterhalte, obwohl es mir unmachbar vorkommt mit Neugeborenem.
Also weg vom Problem, hin zu mir und meinen Bedürfnissen, Wünschen, mir 'etwas Gutes tun'.

Diese zwei Dinge sind für mich absolut wesentlich. Das sind die Dinge, die ich für mich tue, von denen ich zutiefst überzeugt bin sie helfen mir zur Zeit so gut wie noch nie mit einer latenten Depression klarzukommen.
Und ich bin sogar so überzeugt davon, dass ich denke, wenn ich so weitermache kann es sein, dass es richtig ausheilt. Weil so oft so glücklich und einfach zufrieden wie zur Zeit war ich selten in meinem Leben.

Das wünsche ich Dir auch und finde so aus meiner Position heraus, wenn ich sehe, was Du tust bisher: Du bist auf dem besten Weg!!

Alles Gute, und auf einen guten Austausch hier für Dich!

Liebe Grüße
Verena
AmoebeMS

Beitrag von AmoebeMS »

@Verena

Wo steht bitteschön geschrieben, was man beim Stillen unterlassen soll und was nicht?! Was ist verpönt??? Entschuldige, wenn ich auf deinen In-Klammern-Kommentar eingehe, aber da sträuben sich bei mir alle Nackenhaare.

Ich bin durcheinander. Gibt es dafür wirklich ein Rezept? Gelten da echt Regeln? Gilt das Grundgesetz? Wenn ja, bin ich schuldig im Sinne der Anklage!

Darf man beim Stillen nicht mehr lesen? Darf man dabei nicht einschlafen oder endloslange Telefonate führen? Sorry, aber so hörte sich das alles für mich an. Ich kann mir kaum vorstellen, dass du deine Worte „ernst“ meintest, weil du auch schriebst, dass du das alles magst. In welchen Foren treibst du dich da herum bzw. wer schreibt solchen Unsinn? :wink:

Oh Mann, wenn das stimmt, war ich eine verdammt schlechte Mutter!!! Und meine Jungs sind dennoch wahrlich gut gediehen.

Hihi.
Ylaina

Beitrag von Ylaina »

Kurz 'offtopic':

Ich hatte doch Probleme mit meiner rechten Seite beim Stillen. Damals habe ich irgendwo gelesen ( entweder war's eine Beratungsseite zum Stillen oder sogar was vom Familienministerium oder Gesundheitsamt oder so was), dass man überprüfen soll, ob man 'innere' Einstellungsprobleme zum Stillen hat.
Und da stand dann tatsächlich diese würden sich unter anderem darin zeigen, dass man sich nicht voll auf das Stillen einlassen kann, sondern währenddessen Ablenkung sucht....
Aber wie gesagt, ich mach das supergerne,ich schaue auch mal fern oder telefoniere, aber Lesen mach ich am liebsten, fühlt sich einfach total wohlig an. :wink:

Ich bin dann ja nach tausend Ratschlägen zu lesen eh zu meiner ganz persönlich eigenen Methode gekommen und habe seither kein Problem mehr... :lol: Ich bin einfach so: ich muss alles über ein Thema wissen, was es 'zu wissen' (extra in Anführungsstrichen! :wink: ) gibt und entscheide letztlich doch nach meinem ganz persönlichen Gefühl.

Also, beide: schuldig! 8)

Aber das ist eben auch etwas, das ich erst gelernt habe...(bzw. gemacht hab ich das eigentlich immer, aber nicht darauf vertraut...)
Aber das führt jetzt zu weit... :wink:
PippiLangstrumpf

Hallo Valentine!

Beitrag von PippiLangstrumpf »

Das ist alles nicht so funny! Das was Du geschrieben hast, kann ich gut nachempfinden. Vorallem bei Deinem Satz "Ich dachte irgendwie, das alte Leben bleibt einem, es kommt halt noch ein Kind dazu. Von wegen. " saß ich nickend da. Was ist es am meißten was Dir fehlt? Ist es der Job an sich oder das tägliche Rauskommen und unter Leute sein und ein Tagesziel zu haben?? Ein Erwachsenenleben zu führen? So ist es zumindest bei mir. Ich habe das Gefühl, ich verblöde langsam aber sicher :roll:
Hier wird mir jedenfalls bewußt, dass wir nicht alleine sind mit diesen komischen Gedanken und Gefühlen.
Liebe Grüße
Pippi
Funny Valentine

Beitrag von Funny Valentine »

Hi ihr Lieben,

endlich komme ich dazu, euch zu antworten.

Jetzt hab ich's sozusagen offiziell. War letzte Woche bei der Ärztin und hab der gesagt, wie ich mich manchmal fühle und welche kruden Gedanken ich manchmal habe. Alles in ihren Augen signifikant für eine Depression. Allerdings reihen sich derzeit viele Tage aneinander, an denen ich mich normal fühle und auch vergleichsweise viel Energie habe. Ich schieb's auf das bessere Wetter, mehr Licht, ich war mehr draußen, hab viel erledigen können, hab mich nicht mehr so gefangen in den eigenen vier Wänden gefühlt.

Aber auf jeden Fall hat sie mir ein Rezept aufgeschrieben. Wir haben uns darauf geeinigt, dass ich abwarte, ob ich das dann nehme oder nicht (stillverträglicher Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer). Ich mach's davon abhängig, ob ich nochmal abrutsche. Irgendwie bin ich in der Hinsicht ein bisschen, ja, was? dumm? Denn wenn es mir gut geht, kann ich mir gar nicht vorstellen, dass es mir jemals wieder so schlecht gehen könnte. Geht es mir schlecht, kann ich mir nicht vorstellen, dass es mir jemals wieder gut gehen könnte. Aber jetzt hab ich mal dieses Rezept und wenn es wieder schlimmer wird, geh ich zur Apotheke.

Ach ja, und einen Therapeutentermin hab ich auch demnächst. Das volle Psychopaket. Sei's drum. Hauptsache, es geht irgendwann wieder besser und am liebsten so gut wie früher. Schilddrüsencheck steht auch mal wieder an, weil ich an der Untergrenze bin.

Jetzt wollte ich noch auf eure Beiträge was antworten:

@ Amoebe und Vicky
Danke für den Schlüsselsatz: "Erwartungen runterschrauben". Eine große Hürde für mich. Manchmal denke ich, vielleicht brauche ich manchmal solche Dämpfer, weil ich es anders bis jetzt nicht gelernt habe, meine Grenzen zu akzeptieren. Oder anders: sie nur dann zu akzeptieren, wenn sie gaaaanz weit gesteckt sind, wenn ich stark bin und tüchtig und sehr viel (er)schaffe. Müde, schwach, traurig, unsicher, ideenlos? Da hapert's bei mir gleich gewaltig mit der Selbstakzeptanz. Und der Selbstfürsorge. Es fällt mir dann sehr schwer, gut zu mir selbst zu sein und mich auch weiterhin zu mögen. Statt empathisch mit mir zu sein und dafür zu sorgen, dass ich kriege, was ich brauche, um mich nicht mehr müde, schwach, traurig, unsicher, ideenlos zu fühlen, nehm ich's mir übel, sehe es als Versagen an, werde ungeduldig mit mir und fühle mich gleich minderwertig. Mit anderen bin ich dauernd empathisch; mit mir selber fällt's mir schwer. Ein gefundenes Fressen für jeden Therapeuten. :?

@ Ylaina
Das Mitteilen ist weniger das Problem. Ich habe das große Glück, einen einfühlsamen Partner zu haben, der gut zuhören kann. Und ich habe auch kein Problem (mehr) mit dem professionellen Rahmen, das ist mir sogar lieber. Denn wenn es mir nicht gutgeht, werde ich sehr empfindlich und dünnhäutig, und ein falsches Wort kann alles verschlimmern. Allerdings muss ich dringend vom Reden ins Handeln kommen, ich bin nämlich ganz gut darin, alles zu analysieren, aber mit dem Handeln tu ich mich oft schwer. Wenn's mir schlecht geht, weiß ich oft nicht, was ich brauche, oder anders: Ich glaube, mir fehlt dann die Selbstliebe, um mir zu erlauben, überhaupt darüber nachzudenken. Nach dem Motto: Bedürfnisse zu haben macht abhängig, und abhängig sein ist schlecht. Außerdem, wie komme ich dazu, überhaupt Ansprüche zu stellen? Geschieht mir ja recht, ich hab's ja nicht anders verdient...

Und so weiter.

Das Fiese ist: Ich war früher schon mal so drauf. Hat mit meiner frühen Biographie zu tun, da ging familiär ziemlich viel schief. Ich hab das dann alles bearbeitet, und es war so gut wie weg, mein Leben wurde immer besser und es ging mir jahrelang gut. Seit mein Baby da ist, kommt alles nochmal zurück. Jetzt muss ich's mir nochmal anschauen. Und ich muss nicht nur, ich will auch, damit mein Kind eine vergnügte, starke, gelassene Mama hat, die sich selbst mag.

@ Pippi
Was mir am meisten fehlt? Ich glaube, es ist, mich wirklich in etwas versenken zu können. Vor der Geburt hab ich fast den ganzen Tag damit zugebracht, irgendwie schöpferisch zu sein. Ich habe (hatte) einen publizistischen Beruf; in meiner Freizeit war ich ständig damit beschäftigt, irgendwas zu erschaffen (Bilder, Texte, Musik). Ich konnte mich da total versenken, alles um mich rum vergessen (der vielgepriesene Flow), und wenn dann irgendwas bei rauskam, war das immer ein großes Glücksgefühl und eine Riesenbefriedigung. Arbeiten tu ich im Moment nicht, und zuhause schaffe ich es nicht, mich in irgendwas zu vertiefen, außer wenn mein Baby schläft, aber ob ich dann gerade inspiriert bin? Und wenn ja, schläft er garantiert nur eine halbe Stunde und ich werde wieder rausgerissen. Ich hab mir auch vorgenommen, mir feste Auszeiten einzurichten, um diesen seligen Zustand ab und zu zurückzubekommen. Aber das muss erst geübt werden, das Auszeiten nehmen. Und die dann auch zu nutzen und nicht nur zu schlafen.

Weia, das war jetzt ein langer Beitrag. Ich seh schon, wenn ich nicht kreativ sein kann, wie ich will, texte ich das Forum hier zu...

Liebe Grüße
Valentina
Antworten