angemeldet bin ich schon lange, jetzt versuche ich mal, was zu schreiben. Gar nicht so einfach, mich zu konzentrieren. Ich schieb's auf die Stilldemenz...
Also meine Geschichte. Ich bin 38 und habe vor 3 Monaten mein Kind geboren. Einen wunderschönen, zarten, duftenden (naja, nicht gleich

Eine Glücksmarie wie im Grimmschen Märchen, könnte man meinen.
Aber...
Schon in der Schwangerschaft war nichts mehr wie es war. Die Hormonumstellung hat mich umgehauen, ich habe zu Beginn tagelang ständig geweint und dachte, ich werde verrückt. Das legte sich, es folgten ein paar ganz schöne Monate, bis auf eine wachsende Dünnhäutigkeit, dann bekam ich solche Schlafstörungen, dass ich irgendwann krankgeschrieben werden musste. Nix ging mehr, nächtelang. Und ich wurde immer empfindlicher, wollte nicht mehr unter Menschen sein, fand die meisten grob oder taktlos oder anstrengend oder alles zugleich. Damals sagte ich mir, ok, naja, das kommt halt vom Schwangersein, das legt sich dann wieder.
Nach der schönen Geburt ging es mir zwei Tage super, ich war stolz wie Oskar und völlig endorphingeflasht.
Am zweiten Abend begann unser Kind zu schreien und hörte wochenlang nicht mehr auf.
Am dritten Tag, nach der ersten schlaflosen Schreinacht und den in den Keller gesackten Hormonen, hatte ich völlig wahnsinnige Gedanken, wie z.B. den, dass ich mich lieber jetzt umbringe, denn den beiden, meinem Freund und meinem Kind, geht es bestimmt besser ohne mich.
Dieser kranke Gedanke verabschiedete sich zwar wieder aus meinem Kopf, aber die nächsten Wochen waren übel. Ich hatte die wüstesten Stimmungsschwankungen, konnte keine Menschen um mich ertragen, fühlte mich aber gleichzeitig sehr einsam, war verzweifelt, weil unser Kind so wenig schlief und so viel schrie, das Stillen tat furchtbar weh und alles war einfach wahnsinnig anstrengend.
Damals sagte ich mir, ach was, ist halt Wochenbett, das legt sich schon wieder.
Zwischendurch gab es auch ein paar schöne Tage. Zwischendurch. Ein paar. Seit ein paar Wochen geht es mir aber immer schlechter, so dass ich mich langsam frage, bin ich nur erschöpft von dieser harten Anfangszeit, von der ich mich nicht erholt habe, oder bin ich depressiv? Sind das Umstellungsschwierigkeiten auf meine neue Rolle in Verbindung mit diesem lausig kalten, endlosen Winter, der so gut dazuzupassen scheint, oder bin ich ich dabei, krank zu werden?
Was auch immer es ist, ich fühle mich furchtbar. Mein Kind liebe ich sehr, das war auch nie anders, zum Glück, aber mich liebe ich überhaupt nicht mehr. Ich fühle mich ständig traurig, wertlos und unwichtig, hadere plötzlich wieder mit uralten Geschichten, die ich längst abgeschlossen glaubte, erleide unkontrollierbare Wutanfälle, so dass ich schon mal eine Schranktür eintrete, fühle mich alt, müde und total unansehlich, ekle mich regelrecht vor den Kilos, die ich jetzt mehr habe, dabei war mir sowas früher immer egal, finde mein Leben sinnlos und denke oft, wenn mein Kind nicht wäre, würde ich mich jetzt umbringen wollen. Was absurd ist, denn wäre mein Kind nicht, würde ich das gar nicht denken, denn dann hätte ich mein altes Leben noch, das ich sehr gemocht habe.
Ich dachte irgendwie, das alte Leben bleibt einem, es kommt halt noch ein Kind dazu. Von wegen. Ich hatte einen prima Job, den ich gut gekonnt habe und der mir Selbstbewusstsein gegeben hat. In meiner Freizeit hab ich künstlerische Sachen gemacht, die mir wichtig waren und mir immer Halt gegeben haben. Und es gab Freunde, mit denen ich mich gern und regelmäßig getroffen habe. Das Schlimme ist, selbst wenn ich jetzt versuche, etwas aus meinem alten Leben in mein neues hineinzuholen: nichts interessiert mich mehr. Ich bin wie abgeschnitten von allem. Ich habe gerade noch genug Energie, mein Baby zu lieben und zu versorgen und mir etwas zu essen zu machen und ab und zu ein bisschen aufzuräumen. Dazwischen sitze ich auf dem Sofa und starre apathisch vor mich hin und bringe es fertig, eine oder zwei Stunden lang zu denken, dass ich jetzt eigentlich aufstehen und xyz machen sollte, aber ich kann nicht aufstehen. Ich bin wie gelähmt. Wenn mich jemand fragt, wie geht es dir, fange ich an zu weinen. Meine Beziehung liegt auch brach, ich habe plötzlich dauernd was auszusetzen an meinem Freund, der darunter sehr leidet und damit natürlich nur schwer umgehen kann. Ich will nur allein sein, dann gehts mir noch am besten. Zwischendurch erleide ich fast sowas wie Panikattacken, wenn ich nicht allein sein kann, wie ich will. Dabei ist es doch mein Partner, der anwesend ist. Der Papa vom Baby. Und trotzdem. Plötzlich ertrage ich die Verbindlichkeit nicht mehr, die unweigerlich da ist, wenn man zusammen ein Baby hat. Davor hatte ich immer das Gefühl, angekommen zu sein. Jetzt will ich nur weg von allem und allen. Ach ja, und dann habe ich Schuldgefühle. Und Ängste, dass mein Kindlein was abkriegen könnte von Mamas Psychoscheiß.
Jetzt versuche ich gerade einen Termin bei einer Psychiaterin zu bekommen, die darauf spezialisiert ist: auf Frauen, die Mütter wurden und nicht mehr klarkommen. Einen Termin bei einer Therapeutin, die darauf ebenfalls spezialisiert ist, habe ich schon. Und um eine Haushaltshilfe bemühe ich mich auch gerade.
Was hat euch geholfen? Und was hat euch geholfen, das ihr selbst tun konntet? Denn ich mag mir zwar helfen lassen. Ich mag mir aber auch selber helfen. Bloß weiß ich nicht wie. Diese Gefühle hauen mich um. Und wenn ich, wie es in letzter Zeit immer öfter der Fall ist, gar keine mehr habe, haut mich das noch mehr um. Ich habe offensichtlich eine Regulationsstörung. Genau wie mein Kind. Bei dem wird das aber inzwischen besser. Dafür knallt jetzt die Mama durch.
Ihr Lieben, ich tät mich narrisch freuen, wenn mir wer zurückschreibt.
Eure Funny Valentine, die gerade gar nicht lustig ist.