Ablehnung Kind - kennt das jemand?

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Rike

Ablehnung Kind - kennt das jemand?

Beitrag von Rike »

Hallo!

Ich bin neu, habe bisher auch noch nichts in der Vorstellungsrunde zu mir geschrieben.

Ich wüsste gerne, ob jemand auch dieses Gefühl kennt bzw. diese Gedanken hat:
ich habe das Gefühl, dass ich meine Tochter (17 Monate) ablehne. Diese Ablehnung zeigt sich in der Form, dass ich meine, das Äußere meiner Tochter abzulehnen, d.h. eigentlich nur ihre Augen. Ich denke wirklich, was ist das doch für ein häßliches Kind und bei jedem, dem ich begegne, denke ich, dass er das auch denkt.
Dann gibt es aber auch wieder Momente, in denen ich das nicht meine und sie süß finde.

Ich weiß, dass klingt alles total bescheuert und mir ist das auch super peinlich. Eine Therapeutin, bei der ich aber nur einmal war, meinte, dass könnte ein richtiger Wahn sein. Ich habe das aber damals nur abgetan. Meine jetzige Therapeutin ist gar nicht näher darauf eingegangen bzw. wir kamen bei diesem Thema zu keinem Ergebnis. Meine Tochter hat die Augen von meinem Freund. Ich finde die Augen auch bei ihm nicht besonders schön (er hat ziemliche Augenringe bzw. -schatten und ich vermute, sie kriegt die auch). Aber warum ich ihre bzw. seine Augen nicht so schön finde bzw. warum mich das so beschäftigt kann ich nicht sagen bzw. haben wir nicht herausgefunden. Ist es, weil meine Mutter damals mit einem, meiner Meinung nach, negativen Ton gesagt hat, dass meine Tochter die Augen des Vaters hat. Ich weiß es nicht.

Mich würde wirklich interessieren, ob jemand das bzw. ähnliches kennt?
Deria

Beitrag von Deria »

Hallo Rike,

es scheint so, als ob du eine Abneigung gegen den Vater deiner Tochter hegst, deswegen wahrscheinlich auch die Ablehnung der Augen deiner Tochter, die dem Papa wohl ähnlich sehen.
Es ist schade, das es so ist, denn du reduzierst ja deine Tochter auf ihre Augen. Dabei ist so ein ganzes Wesen, mit Armen, Beinen, Kopf und Körper, mit ganz vielen liebenswerten Eigenschaften - eben viel mehr als "nur die Augen"....
Ich kann verstehen, das es manchmal Dinge gibt, die wir an unseren Kindern nicht schön finden. Das ist die vll. zu groß geratene Nase (hätten doch gerne für ein kleines Mäuschen eine niedliches Stupsnäschen) oder ein Muttermal unter dem Kinn...aber, das sind nur Äußerlichkeiten.
Wenn du selber von deinem Kind so denkst, ja, dann musst du auch denken, die anderen Menschen denken so.
Die kennen aber den Vater des Kindes nicht; sie sehen im ersten Moment ein niedliches kleines Mädchen, da mit wachen, staunenden Augen in die Welt schaut!
Da ist erst mal nichts Negatives.
Versuch das doch mal so zu sehen: ja, sie hat Augen vom Papa, die Nase von der Mama vielleicht? Oder die Grübchen am Kinn? Oder die netten Lachgrübchen...oder einen schelmischen Blick?
Und söhne dich damit aus. Es ist wie es ist, du wirst die Augen deiner Tochter nicht ändern können - nicht einmal mit Millionen Schönheits-OP.
Ich weiß nicht, ob man das als Wahn bezeichnen kann, aber, ich würde dir raten: leg den Fokus nicht auf einen Teil.
Und wenn du noch in Therapie bist, könntest du mal deine Beziehung zu dem Vater beleuchten.
Da ist ja ganz viel Ablehnung, auch von deiner Seite aus.

Lg
Deria
P.S. Ich hoffe, du verstehst, wie ich es meine.
Rike

Beitrag von Rike »

Vielen Dank für die Antwort.

Ich weiß wirklich nicht, warum ich solche Gedanken habe - ich bin wirklich kein Mensch, der nur auf Äußerlichkeiten achtet und der auch nicht den ganzen Tag vor dem Spiegel hängt (derzeit eh nicht).
Ich habe einfach das Gefühl, meine Tochter nicht genug zu lieben und was gibt es schlimmeres für eine Mutter?! Manchmal meine ich dann wirklich, dass sie eine andere Mutter verdient hat. Jemand, der sie so liebt, wie sie ist. Lieben nicht alle Mütter ihre Kinder? So, wie sie sind?
Auch denke ich immer, dass meine Tochter später auf jeden Fall psychische Probleme hat - eben, weil ich sie nicht angenommen habe.

Fallen meine Gedanken auch unter die Zwangsgedanken? Oder beinhalten Zwangsgedanken nicht, dass man seinem Kind etwas "antut"?
mici

Beitrag von mici »

Hallo Rike,

unter Zwangsgedanken versteht man immer wiederkehrende Gedanken, die meist damit verbunden sind, dass man sich vorstellt, seinem Kind etwas anzutun. ZG können sich auch auf ganz andere Dinge richten, aber hier im Forum unter uns PPD-Müttern tritt meistens diese Form auf. Man verräumt alle scharfen Gegenstände etc, weil man Angst hat, man könnte im nächsten Moment damit Unheil anrichten. Zwangsgedanken sind nur Gedanken, sie werden niemals in die Tat umgesetzt.

Zu der anderen Sache mit den Augen: Nachdem, was Du jetzt noch geschrieben hast, nämlich, dass Du das Gefühl hättest, Deine Tochter vielleicht nicht richtig angenommen zu haben / nicht genug zu lieben, kommt bei mir der Verdacht auf, dass Du versuchst, dieses doch sehr grundsätliche Gefühl auf einen kleinen Bereich Deiner Tochter, nämlich auf ihre Augen zu reduzieren. Mit dieser Methode erleichterst Du es Dir selber, die ganzen grundsätzlichen Gefühle gegenüber Deiner Tochter und vielleicht auch gegenüber Deinem Mann im Griff zu behalten.

Es ist unter PPDlerinnnen ganz normal, dass sie das Gefühl haben, ihre Kinder vielleicht nicht richtig lieben zu können, nicht die wahre Mutterliebe zu spüren, oder nicht die richtige Mutter für ihr Kind zu sein. Diese Gedanken sind sehr weit verbreitet, aber sie fühlen sich natürlich schlecht an und man kann sie anderen auch nur sehr schwer vermitteln. Ich vermutet, deshalb hast Du Dich auf die Augen fokussiert, damit die anderen Gefühle nicht überhand nehmen.

Aber es lohnt sich, sich den Gefühlen zu stellen. Dann gehen sie auch wieder weg - am besten mit Hilfe einer Psychotherapie. Wie stehst Du dazu?

Lieben Gruß, und herzlich Willkommen im Forum, MICI
Rike

Beitrag von Rike »

Vielen, vielen Dank für die Antworten!!!

Es ist soooo beruhigend zu hören, dass es anderen, hier Dir nina24, auch so geht bzw. so ergangen ist und sie das Gefühl, die belastenden Gedanken, die einfach immer wieder im Kopf sind, kennen.

Wie gesagt, meine Tochter ist ja schon 17 Monate alt. Ich kann gar nicht genau sagen, wann diese Gedanken hervorgekommen sind. Ich habe auch niemanden davon erzählt, da ich dachte, eine Mutter muss doch ihr Kind lieben. Das gibt es doch nicht. Als ich dann mal irgendwann anderen davon berichtet habe, habe die Leute das nicht verstanden, darüber gelacht, es nicht so ernst genommen. Man selber denkt ja dann schon richtig, jetzt wirst du total verrückt.
Selbst meine Therapeutin hat das nicht so richtig ernst genommen - vielleicht habe ich es aber auch immer selber abgeschwächt.
Manchmal denke ich auch, wie kann ich so etwas denken (super deutsch), sie ist doch super süß - aber schwups, dann sind die Gedanken wieder da - einschließlich, was bin ich für eine schlechte Mutter..... - ich hätte auch am liebsten von jedermann bestätigt, was sie doch für ein süßes Kind ist. Bin ich mit anderen Müttern samt Kindern zusammen, vergleiche ich immer sofort. Ist das nicht schrecklich??

Findet Ihr Mütter Eure Kinder denn immer und überall, d.h. auch auf jedem Foto, gleich süß?
Ylaina

Beitrag von Ylaina »

Liebe Rike,

willkommen hier!

Nur um kurz Deine letzte Frage zu beantworten: selbst eine Mama ohne PPD findet ihr Baby auf keinen Fall auf jedem Foto süß! Gerade Fotos find ich oft ganz schön 'unvorteilhaft'!

Ich denke übrigens auch grundsätzlich ist die Grenze von 'normalem' Empfinden und einer Störung fließend, und umso früher man sich hilft oder helfen läßt umso besser oder auch einfacher der Weg zurück zur 'Normalität' (wobei ich damit nicht den Durchschnitt meine, sondern den Bereich in dem man sich mit sich selbst in Ordnung fühlt...).
D musste ich nämlich bei Deinem Vorstellungspost dran denken, weil ich eben auch immer wieder Angst hab, dass ich mit meinem Kleinen an die Türrahmen stoße, wenn ich ihn im Fliegergriff durch die Wohnung trag. Auch, dass ich ihn nicht fallen lasse denk ich immer wieder. Im Grunde ist das normal. Aber es kommt eben drauf an, wie es sich anfühlt, wie oft es auftritt, in welchen Situationen usw. Über die ZGs kannste Dich hier aber ganz intensiv austauschen, die meisten kenn das hier.

Also, auf einen guten Austausch hier, man liest sich!

Liebe Grüße

P.S.: Hast Du hier mal die Liste gesehen mit Therapeuten? Fände es sehr sehr wichtig, dass Du Dich bei Deinem Therapeuten mit Deinem Thema ernst genommen fühlst...schon mal drüber nachgedacht zu einem anderen zu gehen oder lieber nicht?
Rike

Beitrag von Rike »

Hallo Ylaina,

ja, als ich damals eine Therapeutin gesucht habe, war ich auch einmal bei einer aus der Liste. Diese Therapeutin war aber fahrtechnisch einfach zu weit weg, das wäre einmal die Woche nicht gegangen. Aus diesem Grund habe ich dann hier in der Nähe geguckt. Ob das ein Fehler war, d.h. ob ich lieber den weiten Weg hätte in Kauf nehmen sollen, ich weiß es nicht. Ich finde es auch sehr schwer, nach zwei, drei Stunden sofort zu beurteilen, ob es lohnenswert ist, bei einer Therapeutin zu bleiben.
Ich werde meine Therapeutin auf jeden Fall noch einmal darauf ansprechen.

Lieben Gruß Rike.
Ylaina

Beitrag von Ylaina »

Es war sicher kein Fehler! Ich dachte auch, Du seist schon länger dort, aber wenn man sich erst kennenlernt ist das ja auch nochmal was anderes!
Einfach nochmal ansprechen ist auf jeden Fall das Beste, was Du tun kannst!
:wink:
Rike

Beitrag von Rike »

Wenn man diese Gedanken der Ablehnung der Augen als Zwangsgedanken ansieht, was hilft dagegen? "Stop" sagen?

Gruß Rike.
gwen

Beitrag von gwen »

Vielleicht hilft es Dir,Dir in solchen Momenten zu sagen: ok, die Augen finde ich nicht so schön, aber dafür hat sie ein so süßes Lächeln, oder so hübsche Grübchen, so eine hübschen Mund, süße Locken, niedliche Füße..........
Vielleicht nimmt es Dir den Druck, wenn du Dir das mit den Augen erlaubst und positives zulässt.
LG
AmoebeMS

Beitrag von AmoebeMS »

Hallo Rike,

willkommen im Forum auch von mir.

Gwen hat es sehr schön geschrieben. Das STOP-Sagen kann natürlich helfen. Probiere es, aber gebe nicht nach drei, vier Versuchen auf, nur weil der Gedanke doch immer wieder kommt. Was ist denn an deinem Baby so richtig niedlich?? Was empfindest du so richtig schön? Da gibt es sicherlich zig Kleinigkeiten. Du solltest dir wirklich ein oder zwei (oder auch mehr Dinge) herauspicken und dir bei jedem negativen Gedanken, der sich einschleicht, direkt die positiven Eigenschaften deiner Tochter ins Gedächtnis rufen. So kannst du deine negativen Gedanken zähmen.

Ich würde schon sagen, dass du unter ZG leidest. Leider bringen diese eine Mutter dazu, dass sie gleich an all ihren Gefühlen zu ihrem Kind zweifelt. „Ich finde ihre Augen nicht hübsch, daher muss ich eine schlechte Mutter sein!“. Du liebst dein Kind so wie es ist, aber da sich diese negativen Gedanken eingeschlichen haben, wird durch sie die Liebe leider massiv übertüncht und das Unwohlsein und Zweifeln an allem wird stattdessen immens groß.

Du hast geschrieben, dass deine Therapeutin dich „nicht ernst“ nimmt, aber weil du etwas „abgeschwächt“ hast. Was hast du denn „abgeschwächt“? Nun ja, eigentlich ist das nicht Sinn und Zweck einer Therapie, meinst du nicht? Vielleicht habe ich es auch falsch verstanden, aber wenn du zu deiner Therapeutin gehst, solltest du dort die Hosen eigentlich runter lassen, damit dir nämlich direkt „vor Ort“ geholfen werden kann. Ansonsten drehst du dich nämlich weiter im Kreis. Ich habe in meiner ersten Sitzung einen Heul- und Schreikrampf bekommen. Meine Therapeutin weist mich noch heute auf diese eine erste Sitzung hin, die ihr ganz besonders unter die Haut ging. Halte bitte nichts zurück, ja? Nicht mehr abschwächen, denn so bekommst du nur eine „abgeschwächte“ Version der Therapie, wenn sie überhaupt zu etwas führt.

LG AmoebeMS
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