Hi Leute,
als ich schwanger war, habe ich überhaupt keine Stimmungen oder Situationen mehr vertragen, die auch nur eine Spur aggressiv waren. Ob im Gespräch, im Straßenverkehr, in der Supermarktschlange - jedes unfreundliche Wort, selbst ein verärgertes Hupen ging mir unter die Haut. Streitereien oder auch Ungerechtigkeiten haben mich tagelang verstört.
Ich habe mir das damals mit den ausgeprägteren Instinkten erklärt: Streit, Aggression = potentielle Gefahr fürs ungeborene Baby. Konnte man ja überall nachlesen, dass Frauen in der Schwangerschaft dünnhäutiger würden. Damals dachte ich: puuuh, es reicht mir doch schon mit meiner Dünnhäutigkeit, wenn ich nicht schwanger bin...
Jetzt bin ich nicht mehr schwanger, aber noch genauso dünnhäutig. Und es ist noch was neues dazugekommen: ich bin extrem kritisch geworden. Kritisch und sehr leicht genervt und angestrengt, vor allem von anderen Menschen. Jeder hat ja seine Macken, ich auch, und ich bin ja auch froh, wenn man mir die meinen lässt. Aber andersherum gehen mir manche Macken, die mir früher nichts ausgemacht haben, an anderen Menschen in letzter Zeit oft so auf die Nerven, dass es mich richtig anstrengt. Wohlgemerkt: nicht der andere strengt mich an, sondern ich mich selbst, denn der andere ist ja derselbe geblieben, bloß meine Wahrnehmung ist so überdeutlich. Wenn nicht sogar einseitig oder sogar verzerrt.
Und ich bin so leicht kränkbar, man muss mich wirklich mit Samthandschuhen anfassen und mit Empathie geradezu überschütten, damit ich mich halbwegs wohlfühle. Grässlich ist das.
Ein Beispiel: wenn ich früher etwas sagen oder erzählen wollte, habe ich das einfach getan und auch zuende gebracht. Dann war der andere dran. In letzter Zeit kostet mich das Zuendereden oft sehr viel Energie, und wenn ich die gerade nicht aufbringe, werde ich dauernd unterbrochen. Oder auch nicht dauernd, sondern nur manchmal. Vielleicht nicht mal häufiger als früher. Ich weiß es eben nicht. Vielleicht ist es auch normal, dass man sich gegenseitig unterbricht. Ich mochte das noch nie, ich fand ausgewogene Gespräche, wo jeder dem anderen zuhört und Raum gibt, und nicht nur drauf wartet, bis er selber endlich wieder dran ist, immer schon schöner. Früher konnte ich sowas mitsteuern. Oder aber es hat mir einfach nichts ausgemacht und ich habe meinen Faden dann einfach wieder aufgegriffen. Heute verstumme ich gekränkt und fühle mich klein.
Ich frage mich, wie viel davon Teil dieser depressiven Tendenzen ist, die oft bei mir mitschwingen seit der Geburt von unserem Kind. Und wie viel einfach auch normal ist, denn ich habe ein sehr temperamentvolles kleines Baby, das mich immer sehr beansprucht, so dass meine Nerven zur Zeit eben nicht die besten sind. Und meine Kräfte sind entsprechend auch nicht mehr das, was sie mal waren, schon die körperlichen nicht, aber die mentalen noch weniger.
Und ich frage mich: spüren andere Menschen das, diese Schwäche, und reagieren - unbewusst - anders auf mich? Indem sie mich zum Beispiel nicht ausreden lassen. Oder ist nur meine Wahrnehmung anders und macht es mir mehr aus, weil ich eine andere Brille aufhabe als normalerweise?
Was meint ihr? Was sind eure Erfahrungen?
Ich freu mich über Antworten.
Valentina
veränderte Wahrnehmung
Moderator: Moderatoren
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Deria
Hallo Valentina,
ich glaube, das Mutter werden etwas in einer Frau auslöst. Nicht nur eben durch die Hormone, da liegt auf einem Mal ein Bündel Verantwortung neben dir und verlangt 1000%ige Aufmerksamkeit.
Da kann es schon einmal vorkommen, das Menschen anders auf dich reagieren als sonst.
Ich kenne das von mir. Wenn ich nicht besonders gut "drauf" bin, das stört mich die Fliege an der Wand oder Menschen, mit denen ich vorher gerne zusammen war, finde ich unerträglich. Ich bin eine Spur ungeduldiger, aggressiver und schneller genervt. Das, wohlgemerkt aber oft, wenn ich mich selber nicht leiden kann.
Dann fange ich auch an, an mir den Fehler zu suchen, ich komme nicht auf die Idee, das andere sich verändert haben könnten.
In der Depression fällt mir das Reden schwerer und ich verliere schnell den Faden - ich, die sonst die Gisela Schlüter des Nordens genannt wird. (Kennt die nocht wer? Ich glaube, die schaffte 3000 Silben in einer Minute)...und dann ist da jemand und unterbricht mich dann, weil er/sie denkt, ich bin fertig.
Meine Gehirnwindungen laufen dann auf halbe Kraft, mir fallen oft Worte nicht ein und mich ärgern viele Sachen auch, die mir vorher nichts ausgemacht haben.
Diese Un-Kritikfähigkeit, ja, das passiert mir auch oft. Das ich denke: niemand hat mich lieb (aber, ich bin dann auch scheußlich).
Frage mich grad, ob das "krankhaft" ist, oder für eine Sensibilisierung steht oder einfach nur "man ist Mutter und mit den Gedanken immer woanders..."
Vill. wenig hilfreich...aber, ich kenne das so gut und ich habe Tage da ist vieles besser.
Lg
Deria
ich glaube, das Mutter werden etwas in einer Frau auslöst. Nicht nur eben durch die Hormone, da liegt auf einem Mal ein Bündel Verantwortung neben dir und verlangt 1000%ige Aufmerksamkeit.
Da kann es schon einmal vorkommen, das Menschen anders auf dich reagieren als sonst.
Ich kenne das von mir. Wenn ich nicht besonders gut "drauf" bin, das stört mich die Fliege an der Wand oder Menschen, mit denen ich vorher gerne zusammen war, finde ich unerträglich. Ich bin eine Spur ungeduldiger, aggressiver und schneller genervt. Das, wohlgemerkt aber oft, wenn ich mich selber nicht leiden kann.
Dann fange ich auch an, an mir den Fehler zu suchen, ich komme nicht auf die Idee, das andere sich verändert haben könnten.
In der Depression fällt mir das Reden schwerer und ich verliere schnell den Faden - ich, die sonst die Gisela Schlüter des Nordens genannt wird. (Kennt die nocht wer? Ich glaube, die schaffte 3000 Silben in einer Minute)...und dann ist da jemand und unterbricht mich dann, weil er/sie denkt, ich bin fertig.
Meine Gehirnwindungen laufen dann auf halbe Kraft, mir fallen oft Worte nicht ein und mich ärgern viele Sachen auch, die mir vorher nichts ausgemacht haben.
Diese Un-Kritikfähigkeit, ja, das passiert mir auch oft. Das ich denke: niemand hat mich lieb (aber, ich bin dann auch scheußlich).
Frage mich grad, ob das "krankhaft" ist, oder für eine Sensibilisierung steht oder einfach nur "man ist Mutter und mit den Gedanken immer woanders..."
Vill. wenig hilfreich...aber, ich kenne das so gut und ich habe Tage da ist vieles besser.
Lg
Deria
-
Funny Valentine
Hallo Deria,
danke für deine Antwort!
Ich habe mittlerweile sogar den Eindruck, dass das, was das Mutterwerden in mir ausgelöst hat, so komplex ist, dass ich selber noch gar nicht dahintergestiegen bin, was da alles an Veränderungen zugange ist. Und ich glaube auch, dass meine stark schwankenden Stimmungen zumindest teilweise auch daher rühren, dass ich diese gewaltigen Veränderungen verarbeiten muss, damit aber nicht hinterherkomme. Eben wegen der 1000%igen Aufmerksamkeit, die da plötzlich ein so kleiner Mensch braucht. Ich war nämlich früher jemand, der immer wieder Ruhe und Rückzugsmöglichkeiten brauchte, um mich mit mir selber und der Welt gedanklich auseinanderzusetzen, Veränderungen zu verarbeiten, mir über Wünsche klarzuwerden, Pläne zu schmieden. Etc.pp. Das geht jetzt kaum mehr. Mir geschieht eine der gravierendsten Veränderungen meines Lebens und ich komm nicht hinterher mit dem Verarbeiten, weil da wieder gestillt und gewickelt und getröstet und herumgetragen und gesungen und nebenbei das bisschen Haushalt gemanaget werden muss.
Dein Beitrag hat mir schon zu mehr Klarheit verholfen. Denn mich stört sozusagen auch manchmal die Fliege an der Wand, und wenn sie mir auch noch den Rücken zudreht, weil nichtmal die mich mag, ist's ganz aus... und das mit der halben Gehirnkraft - genau!
Andererseits ist es aber auch so, dass ich tatsächlich, seit ich ein Baby habe, mit manchen alten Freunden nichts mehr anfangen kann. Und auch nicht will. Ein Beispiel wieder: Mein Freund und ich haben Geburtsanzeigen verschickt und viel nette Rückmeldung bekommen. Ein Bekannter hat gar nicht reagiert, nicht gratuliert, nix. War wohl so beschäftigt. Neulich rief er aber an, um mir lang und breit irgendetwas zu erzählen, das ihn belastete. Ich habe mir das angehört, so wie ich mir früher immer alles angehört habe. Hinterher merkte ich erst, wie wenig stimmig ich das alles plötzlich finde: ich habe ein kleines Baby und kaum Zeit für mich selbst, lasse mir aber bereitwillig eine Stunde lang ein Ohr abkauen von jemandem, der auf die Nachricht, dass ich ein Kind bekommen habe, nichtmal mit einem Telefonanruf reagiert. Das ist einfach total unausgewogen, da täuscht mich selbst in der trübsten Stimmung auch meine Wahrnehmung nicht.
Das andere ist, dass ich so heftig reagiere. Klar sind solche Geschichten traurig, aber sie bewirken leider auch, dass ich mich gleich unwichtig und minderwertig fühle, einsam und mutterseelenallein auf der Welt. Und das ist dann wohl wieder diese umwölkte Wahrnehmung, mit der ich mich neuerdings herumschlage. Statt dass ich mir sage: nee, so nicht. Oder noch besser, dem anderen sage: nee, so nicht. Aber das geht nicht, ich bin dann total blockiert und kann mich selber nicht ausstehen dafür, dass ich so blockiert bin.
Vielleicht sollte ich langsam mal dieses Rezept einlösen. Damit aus traurigen Geschichten keine Tragödien und aus Enttäuschungen keine Selbstzerfleischungsanlässe werden.
Gisela Schlüter kenne ich übrigens nicht. Aber ich bin auch manchmal so eine Sprechgeschwindigkeitsrekordlerin. Wobei ich die Erfahrung gemacht habe, dass andere Leute dem, was ich sagen will, mehr Respekt zollen, wenn ich mir Zeit nehme beim Reden. Aber das ist ja gleich wieder ein neues Thema.
Was meinst du damit, du bist dann ja auch scheußlich? Was findest du dann scheußlich an dir?
Ich habe auch Tage, da ist alles ok und so wie früher, aber es genügt ein winziger Anlass und alles kippt wieder...
Liebe Grüße
Valentina
danke für deine Antwort!
Ich habe mittlerweile sogar den Eindruck, dass das, was das Mutterwerden in mir ausgelöst hat, so komplex ist, dass ich selber noch gar nicht dahintergestiegen bin, was da alles an Veränderungen zugange ist. Und ich glaube auch, dass meine stark schwankenden Stimmungen zumindest teilweise auch daher rühren, dass ich diese gewaltigen Veränderungen verarbeiten muss, damit aber nicht hinterherkomme. Eben wegen der 1000%igen Aufmerksamkeit, die da plötzlich ein so kleiner Mensch braucht. Ich war nämlich früher jemand, der immer wieder Ruhe und Rückzugsmöglichkeiten brauchte, um mich mit mir selber und der Welt gedanklich auseinanderzusetzen, Veränderungen zu verarbeiten, mir über Wünsche klarzuwerden, Pläne zu schmieden. Etc.pp. Das geht jetzt kaum mehr. Mir geschieht eine der gravierendsten Veränderungen meines Lebens und ich komm nicht hinterher mit dem Verarbeiten, weil da wieder gestillt und gewickelt und getröstet und herumgetragen und gesungen und nebenbei das bisschen Haushalt gemanaget werden muss.
Dein Beitrag hat mir schon zu mehr Klarheit verholfen. Denn mich stört sozusagen auch manchmal die Fliege an der Wand, und wenn sie mir auch noch den Rücken zudreht, weil nichtmal die mich mag, ist's ganz aus... und das mit der halben Gehirnkraft - genau!
Andererseits ist es aber auch so, dass ich tatsächlich, seit ich ein Baby habe, mit manchen alten Freunden nichts mehr anfangen kann. Und auch nicht will. Ein Beispiel wieder: Mein Freund und ich haben Geburtsanzeigen verschickt und viel nette Rückmeldung bekommen. Ein Bekannter hat gar nicht reagiert, nicht gratuliert, nix. War wohl so beschäftigt. Neulich rief er aber an, um mir lang und breit irgendetwas zu erzählen, das ihn belastete. Ich habe mir das angehört, so wie ich mir früher immer alles angehört habe. Hinterher merkte ich erst, wie wenig stimmig ich das alles plötzlich finde: ich habe ein kleines Baby und kaum Zeit für mich selbst, lasse mir aber bereitwillig eine Stunde lang ein Ohr abkauen von jemandem, der auf die Nachricht, dass ich ein Kind bekommen habe, nichtmal mit einem Telefonanruf reagiert. Das ist einfach total unausgewogen, da täuscht mich selbst in der trübsten Stimmung auch meine Wahrnehmung nicht.
Das andere ist, dass ich so heftig reagiere. Klar sind solche Geschichten traurig, aber sie bewirken leider auch, dass ich mich gleich unwichtig und minderwertig fühle, einsam und mutterseelenallein auf der Welt. Und das ist dann wohl wieder diese umwölkte Wahrnehmung, mit der ich mich neuerdings herumschlage. Statt dass ich mir sage: nee, so nicht. Oder noch besser, dem anderen sage: nee, so nicht. Aber das geht nicht, ich bin dann total blockiert und kann mich selber nicht ausstehen dafür, dass ich so blockiert bin.
Vielleicht sollte ich langsam mal dieses Rezept einlösen. Damit aus traurigen Geschichten keine Tragödien und aus Enttäuschungen keine Selbstzerfleischungsanlässe werden.
Gisela Schlüter kenne ich übrigens nicht. Aber ich bin auch manchmal so eine Sprechgeschwindigkeitsrekordlerin. Wobei ich die Erfahrung gemacht habe, dass andere Leute dem, was ich sagen will, mehr Respekt zollen, wenn ich mir Zeit nehme beim Reden. Aber das ist ja gleich wieder ein neues Thema.
Was meinst du damit, du bist dann ja auch scheußlich? Was findest du dann scheußlich an dir?
Ich habe auch Tage, da ist alles ok und so wie früher, aber es genügt ein winziger Anlass und alles kippt wieder...
Liebe Grüße
Valentina
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Feebie
Hallo Valentina,
als ich das mit dem ständigen unterbrechen von dir laß, musste ich schmunzeln. Ich dachte, das geht nur mir so. Es ist tatsächlich so, das mich (seit ich Mama bin) alle Leute andauernd unterbrechen, zumindest am Telefon. Die meisten Kontakte nach "außen" habe ich per Telefon, weil meine Familie und Freunde weit weg wohnen. Und wenn wir uns so unterhielten dann sind sie mir ständig über den Mund gefahren, oder habe mich unterbrochen ohne auch nur auf mein Thema einzugehen.
Ich habe mir dann sogar nach einiger Zeit ein neues Telefon gekauft
, weil ich dachte, es müsse kaputt sein, denn wirklich ALLE mit denen ich sprach, haben mich nicht mehr ausreden lassen...
Was soll ich sagen, das neue Telefon ist da und es hat sich nicht wirklich geändert.....
Ich weiß nicht woran es liegt, denn ich gehöre auch eher zu denen die schnell denken und schnell sprechen (manchmal etwas unüberlegt), und trotzdem hauen die anderen dazwischen. Ich meine, ich könnte es ja verstehen das man mich unterbricht wenn ich sooo langsam sprechen würde, das man meint, ich würde nie fertig...
Und das mit den Freunden kenne ich auch. Ich hatte mich fast mit meiner besten Freundin auseinandergelebt, nachdem ich Mama geworden war. Ich fand es tatsächlich langweilig ihre Arbeitsgeschichten bis ins kleinste Detail zu verfolgen und sie hat mir dann mal gesagt das es sie nervt, das ich nur noch von meinem Sohn sprechen würde. Und als wir uns trafen sprach sie von Theater und Kino und neuesten Unterhaltungssendungen und aktuellen Spiegel-Artikeln und ich guckte sie verständnislos an und sagte "Ich bin gerade Mama geworden, ich habe keine Zeit mich da auf dem laufenden zu halten". Und sie fand mich dadurch langweilig. Ich will damit sagen, das man mit einigen plötzlich in so verschiedenen Universen lebt, das man nicht mehr zueinander findet. Das ist seltsam, manchmal auch traurig, aber es ist so. Alle Prioritäten erschieben sich grundlegend, wenn man ein Baby bekommen hat. Wir sind jetzt doch noch immer befreundet, aber vermutlich nur, weil sie dann auch plötzlich ein Baby bekam.
Und da gehört auch die Sensibilität bezüglich Horrormeldungen dazu. Ich dachte auch eine zeitlang, ich würde Nachrichten nie wieder ertragen, aber inzwischen geht es doch ...
Vermutlich liegt es wirklich noch an den Hormonen. Die spielen auch nach der Geburt noch eine große Rolle ... und manchmal auch verrückt.
Einigermaßen "normal" (zumindest hormonell gesehen) fühlte ich mich erst über 1 Jahr nach der Geburt wieder.
Dieses Gefühl "in die neue Rolle hinein finden" und irgendwie nicht "hinterher zu kommen", hat bei mir bis heute nicht aufgehört. Ich versuche auch noch meinen eigenen Platz und meine neue Identität zu finden. Einiges habe ich schon "sortiert", aber da ist noch ganz viel Baustelle. Mir fehlen auch die Rückzugsmöglichkeiten, die Zeit für mich, nur zum nachdenken und Pläne schmieden, Gedanken sortieren und Fantasiereisen zu machen. Da muß man dann lernen egoistisch zu sein, und dabei kein schlechtes Gewissen zu haben. Nicht einfach, aber nur so scheint es zu gehen.
Aber wie gesagt, das kommt mir alles sehr bekannt vor, klingt für mich aber sehr "normal". Nichts worüber du dir ersthaft Gedanken machen müßtest, denn du schreibst ganz toll und sachlich darüber. Du hast den Kern schon erfaßt und tolle klare Gedanken. Das wird was mit deinem zurechfinden, da bin ich ganz sicher!
Aber das mit dem Unterbrechen soll uns doch nochmal jemand erklären, oder???
Liebe Grüße,
Feebie
als ich das mit dem ständigen unterbrechen von dir laß, musste ich schmunzeln. Ich dachte, das geht nur mir so. Es ist tatsächlich so, das mich (seit ich Mama bin) alle Leute andauernd unterbrechen, zumindest am Telefon. Die meisten Kontakte nach "außen" habe ich per Telefon, weil meine Familie und Freunde weit weg wohnen. Und wenn wir uns so unterhielten dann sind sie mir ständig über den Mund gefahren, oder habe mich unterbrochen ohne auch nur auf mein Thema einzugehen.
Ich habe mir dann sogar nach einiger Zeit ein neues Telefon gekauft
Was soll ich sagen, das neue Telefon ist da und es hat sich nicht wirklich geändert.....
Ich weiß nicht woran es liegt, denn ich gehöre auch eher zu denen die schnell denken und schnell sprechen (manchmal etwas unüberlegt), und trotzdem hauen die anderen dazwischen. Ich meine, ich könnte es ja verstehen das man mich unterbricht wenn ich sooo langsam sprechen würde, das man meint, ich würde nie fertig...
Und das mit den Freunden kenne ich auch. Ich hatte mich fast mit meiner besten Freundin auseinandergelebt, nachdem ich Mama geworden war. Ich fand es tatsächlich langweilig ihre Arbeitsgeschichten bis ins kleinste Detail zu verfolgen und sie hat mir dann mal gesagt das es sie nervt, das ich nur noch von meinem Sohn sprechen würde. Und als wir uns trafen sprach sie von Theater und Kino und neuesten Unterhaltungssendungen und aktuellen Spiegel-Artikeln und ich guckte sie verständnislos an und sagte "Ich bin gerade Mama geworden, ich habe keine Zeit mich da auf dem laufenden zu halten". Und sie fand mich dadurch langweilig. Ich will damit sagen, das man mit einigen plötzlich in so verschiedenen Universen lebt, das man nicht mehr zueinander findet. Das ist seltsam, manchmal auch traurig, aber es ist so. Alle Prioritäten erschieben sich grundlegend, wenn man ein Baby bekommen hat. Wir sind jetzt doch noch immer befreundet, aber vermutlich nur, weil sie dann auch plötzlich ein Baby bekam.
Und da gehört auch die Sensibilität bezüglich Horrormeldungen dazu. Ich dachte auch eine zeitlang, ich würde Nachrichten nie wieder ertragen, aber inzwischen geht es doch ...
Vermutlich liegt es wirklich noch an den Hormonen. Die spielen auch nach der Geburt noch eine große Rolle ... und manchmal auch verrückt.
Einigermaßen "normal" (zumindest hormonell gesehen) fühlte ich mich erst über 1 Jahr nach der Geburt wieder.
Dieses Gefühl "in die neue Rolle hinein finden" und irgendwie nicht "hinterher zu kommen", hat bei mir bis heute nicht aufgehört. Ich versuche auch noch meinen eigenen Platz und meine neue Identität zu finden. Einiges habe ich schon "sortiert", aber da ist noch ganz viel Baustelle. Mir fehlen auch die Rückzugsmöglichkeiten, die Zeit für mich, nur zum nachdenken und Pläne schmieden, Gedanken sortieren und Fantasiereisen zu machen. Da muß man dann lernen egoistisch zu sein, und dabei kein schlechtes Gewissen zu haben. Nicht einfach, aber nur so scheint es zu gehen.
Aber wie gesagt, das kommt mir alles sehr bekannt vor, klingt für mich aber sehr "normal". Nichts worüber du dir ersthaft Gedanken machen müßtest, denn du schreibst ganz toll und sachlich darüber. Du hast den Kern schon erfaßt und tolle klare Gedanken. Das wird was mit deinem zurechfinden, da bin ich ganz sicher!
Aber das mit dem Unterbrechen soll uns doch nochmal jemand erklären, oder???
Liebe Grüße,
Feebie
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Leuchtkäfer
Hallo Valentina,
ich schreibe erst jetzt auf Deinen Beitrag, weil da so viel drinsteht, worüber ich erst ernsthaft nachdenken mußte.
Also, zuerst das Reinwachsen in die Mutterrolle. Damit habe ich mich sehr schwer getan. Ich dachte, das Kind kommt auf die Welt, zack dann bin ich Mutter und alles läuft. Die "technischen" Dinge, wie Wickeln, Füttern und Haushallt mit Kind würde ich lernen müssen und über den Rest habe ich mir keine Gedanken gemacht. Ich dachte, die Gefühle und das Muttergefühl sind dann einfach da. Es war das genaue Gegenteil, ich habe mich so schwer damit getan, Mutter zu sein und mich auch so zu definieren. Mütter waren die anderen, ich war eine Frau mit Kind. Es ging ganz langsam und das hat mir sehr zu schaffen gemacht. Ich habe mich selber sehr unter Druck gessetzt und damit alles nur schlimmer gemacht.
Dann die Rückzugsmöglichkeiten. Das fand und finde ich immer noch schwierig. Ja, auf einmal ist da ein anderer, hilfloser Mensch, der wirklich zu jeder Zeit da ist und hat viele Bedürfnisse. Man kann ihm nichts erklären, sondern muß diese Bedürfniss anfangs bedingungslos erfüllen. Das ist richtig harte Arbeit, vor allem auch emotional. Es ist aber auch schön, mit der Zeit zu sehen, daß sich diese Abhängigkeit Stück für Stück legt und ein kleiner Mensch immer selbstständiger wird.
Die andere Wahrnehmung kenne ich auch. Seit Du Mutter bist, hast Du eine große Aufgabe mehr im Leben: Dein Kind zu beschützen. Das ist von der Natur so gewollt. Du mußt die Welt um Dich herum anders wahrnehmen, um potentielle Gefahren früh zu erkennen. Daher kann das kommen, daß Du schneller greizt oder gekränkt bist, alles Antennen sind eben sensibler. Das kann auch schöne Seiten haben. Seit ich selber ein Kind habe, bin ich viel senslbler für die Empfindungen anderer, auch größerer Kinder und verstehe sie besser. Ich frage die Menschen um mich herum auch offener, was sie wirklich meinen, wenn ich etwas nicht verstehe.
Das mit den Freunden ist so eine Sache und war hier schon oft Thema von Diskussionen. Da habe ich auch noch keinen guten Weg gefunden.
In Gesprächen werde ich nicht öfter unterbrochen als früher, ist mir jedenfalls nicht aufgefallen. Worum geht es denn in den Gesprächen? Warum glaubst Du, daß das was mit dem Mutter-geworden-Sein zusammenhängt?
Also Fazit: Für mich hat sich äußerlich wenig geändert seit ich Mutter bin, innerlich aber eine Welt. Durch die PPD zusätzlich ist einiges auf den Kopf gestellt worden, es war ein Sprung in sehr kaltes Wasser, kälter als ich mir je ausmalen konnte und ich bin noch am Schwimmenlernen.
Grüße von LEuchtkäfer
ich schreibe erst jetzt auf Deinen Beitrag, weil da so viel drinsteht, worüber ich erst ernsthaft nachdenken mußte.
Also, zuerst das Reinwachsen in die Mutterrolle. Damit habe ich mich sehr schwer getan. Ich dachte, das Kind kommt auf die Welt, zack dann bin ich Mutter und alles läuft. Die "technischen" Dinge, wie Wickeln, Füttern und Haushallt mit Kind würde ich lernen müssen und über den Rest habe ich mir keine Gedanken gemacht. Ich dachte, die Gefühle und das Muttergefühl sind dann einfach da. Es war das genaue Gegenteil, ich habe mich so schwer damit getan, Mutter zu sein und mich auch so zu definieren. Mütter waren die anderen, ich war eine Frau mit Kind. Es ging ganz langsam und das hat mir sehr zu schaffen gemacht. Ich habe mich selber sehr unter Druck gessetzt und damit alles nur schlimmer gemacht.
Dann die Rückzugsmöglichkeiten. Das fand und finde ich immer noch schwierig. Ja, auf einmal ist da ein anderer, hilfloser Mensch, der wirklich zu jeder Zeit da ist und hat viele Bedürfnisse. Man kann ihm nichts erklären, sondern muß diese Bedürfniss anfangs bedingungslos erfüllen. Das ist richtig harte Arbeit, vor allem auch emotional. Es ist aber auch schön, mit der Zeit zu sehen, daß sich diese Abhängigkeit Stück für Stück legt und ein kleiner Mensch immer selbstständiger wird.
Die andere Wahrnehmung kenne ich auch. Seit Du Mutter bist, hast Du eine große Aufgabe mehr im Leben: Dein Kind zu beschützen. Das ist von der Natur so gewollt. Du mußt die Welt um Dich herum anders wahrnehmen, um potentielle Gefahren früh zu erkennen. Daher kann das kommen, daß Du schneller greizt oder gekränkt bist, alles Antennen sind eben sensibler. Das kann auch schöne Seiten haben. Seit ich selber ein Kind habe, bin ich viel senslbler für die Empfindungen anderer, auch größerer Kinder und verstehe sie besser. Ich frage die Menschen um mich herum auch offener, was sie wirklich meinen, wenn ich etwas nicht verstehe.
Das mit den Freunden ist so eine Sache und war hier schon oft Thema von Diskussionen. Da habe ich auch noch keinen guten Weg gefunden.
In Gesprächen werde ich nicht öfter unterbrochen als früher, ist mir jedenfalls nicht aufgefallen. Worum geht es denn in den Gesprächen? Warum glaubst Du, daß das was mit dem Mutter-geworden-Sein zusammenhängt?
Also Fazit: Für mich hat sich äußerlich wenig geändert seit ich Mutter bin, innerlich aber eine Welt. Durch die PPD zusätzlich ist einiges auf den Kopf gestellt worden, es war ein Sprung in sehr kaltes Wasser, kälter als ich mir je ausmalen konnte und ich bin noch am Schwimmenlernen.
Grüße von LEuchtkäfer
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Yesirah
Hallo Valentina
Ich war schon immer eine sehr feinfühlige sensible Person. Ich finde auch dass sich seit der Schwangerschaft sehr viel in mir drinnen verändert hat. Ich war praktisch die ganze Schwangerschaft durch auf Alarm. Alle meine Sinnesorgane auf dem Maximum der Empfangsbereitschaft.
Grelles Licht, laute Geräusche, Menschenansammlungen usw. machten mir Angst. Ich habe sofort das Gefühl der Reizüberflutung sobald ich aus dem Haus war.
Nach der Geburt fand ich mich nur schwer in der Mutterrolle zurecht. Es war alles gar nicht so wie ich es mir vorgestellt habe. In meiner Illusion war das Muttersein die Erfüllung pur. Ich stellte mir vor wie ich für den Rest meines Lebens nur noch glücklich bin und ich mein Kind bedingungslos lieben werde. Ich weiss, ich muss heute auch schon fast darüber lachen doch so stellte ich mir das Mutter sein vor.
Ich merkte dann ziemlich schnell das gar nichts so ist wie in meiner Vorstellung. Ich empfand keine Muttergefühle! Keine bediengungslose Liebe und keine Erfüllung! Ich musste mir immer wieder sagen; das ist Dein Kind! Ich realisierte das lange Zeit gar nicht.
Mit der Zeit plagten mich schreckliche Schuldgefühle. Ich hatte auch diese Angst, ich könnte dem Kind schaden, wenn ich es nicht genug lieben würde.
Ich konnte es nicht ertragen wenn andere Mütter stolz überall Ihre Babys präsentierten und erzählten wie problemlos alles läuft.
Auch kam ich mit mir selber nicht klar. Ich wurde noch dünnhäutiger und ertrug weder Nachrichten im Fernsehen noch Zeitungsartikel. Ich konnte kaum das Haus verlassen weil ich zu viel wahrnahm. Überall lauerten Gefahren, ich war hochgradig paranoid und panisch. Wenn ich mein Kind ja schon nicht lieben konnte, dann musste ich es wenigstens beschützen.
Ich glaube wenn man Mutter ist, wird man nie mehr der selbe Mensch wie vorher. Wir müssen lernen mit unserer neuen Art der Wahrnehmung umzugehen. Ja, wir tragen eine grosse Verantwortung. Doch wir sind immer noch Menschen und haben das Recht auf ein erfülltes Leben. Auch mal wieder Frau und Partnerin und nicht nur Mutter zu sein. Hobbys nachgehen, Freunde treffen, zu Leben.....
Das mit den Freunden kenne ich auch gut. Ich habe für mich den Weg gefunden, dass ich mich nur noch mit Menschen abgeben möchte die mir gut tun. Und wahe Freunde haben Verständnis dafür, dass man als Mutter nicht mehr alle Zeit der Welt hat, nicht mehr so flexibel ist und vor allem auch seine eigenen Bedürfnisse hat.
Liebe Grüsse Yesirah
Ich war schon immer eine sehr feinfühlige sensible Person. Ich finde auch dass sich seit der Schwangerschaft sehr viel in mir drinnen verändert hat. Ich war praktisch die ganze Schwangerschaft durch auf Alarm. Alle meine Sinnesorgane auf dem Maximum der Empfangsbereitschaft.
Grelles Licht, laute Geräusche, Menschenansammlungen usw. machten mir Angst. Ich habe sofort das Gefühl der Reizüberflutung sobald ich aus dem Haus war.
Nach der Geburt fand ich mich nur schwer in der Mutterrolle zurecht. Es war alles gar nicht so wie ich es mir vorgestellt habe. In meiner Illusion war das Muttersein die Erfüllung pur. Ich stellte mir vor wie ich für den Rest meines Lebens nur noch glücklich bin und ich mein Kind bedingungslos lieben werde. Ich weiss, ich muss heute auch schon fast darüber lachen doch so stellte ich mir das Mutter sein vor.
Ich merkte dann ziemlich schnell das gar nichts so ist wie in meiner Vorstellung. Ich empfand keine Muttergefühle! Keine bediengungslose Liebe und keine Erfüllung! Ich musste mir immer wieder sagen; das ist Dein Kind! Ich realisierte das lange Zeit gar nicht.
Mit der Zeit plagten mich schreckliche Schuldgefühle. Ich hatte auch diese Angst, ich könnte dem Kind schaden, wenn ich es nicht genug lieben würde.
Ich konnte es nicht ertragen wenn andere Mütter stolz überall Ihre Babys präsentierten und erzählten wie problemlos alles läuft.
Auch kam ich mit mir selber nicht klar. Ich wurde noch dünnhäutiger und ertrug weder Nachrichten im Fernsehen noch Zeitungsartikel. Ich konnte kaum das Haus verlassen weil ich zu viel wahrnahm. Überall lauerten Gefahren, ich war hochgradig paranoid und panisch. Wenn ich mein Kind ja schon nicht lieben konnte, dann musste ich es wenigstens beschützen.
Ich glaube wenn man Mutter ist, wird man nie mehr der selbe Mensch wie vorher. Wir müssen lernen mit unserer neuen Art der Wahrnehmung umzugehen. Ja, wir tragen eine grosse Verantwortung. Doch wir sind immer noch Menschen und haben das Recht auf ein erfülltes Leben. Auch mal wieder Frau und Partnerin und nicht nur Mutter zu sein. Hobbys nachgehen, Freunde treffen, zu Leben.....
Das mit den Freunden kenne ich auch gut. Ich habe für mich den Weg gefunden, dass ich mich nur noch mit Menschen abgeben möchte die mir gut tun. Und wahe Freunde haben Verständnis dafür, dass man als Mutter nicht mehr alle Zeit der Welt hat, nicht mehr so flexibel ist und vor allem auch seine eigenen Bedürfnisse hat.
Liebe Grüsse Yesirah