Meine Emily & Ich

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Yvaine

Meine Emily & Ich

Beitrag von Yvaine »

Ich bin 26 und verheiratet. Meine Tochter (ein Wunschkind) wurde nach einer weitesgehend ereignislosen Schwangerschaft Ende Oktober 2009 geboren. Es war eine geplante Hausgeburt ohne Komplikationen, begleitet von zwei Hebammen. Fürs erste Kind hat es mit 8 Stunden auch nicht sonderlich lange gedauert.

Es gab keine traumatischen Erlebnisse vor, während oder nach der Geburt oder andere entschuldigende Faktoren für meine Reaktion, als Emily auf der Welt war: Da war kein Glücksgefühl. Mein Mann hat vor Freude geweint, aber ich habe diese Situation ganz nüchtern betrachtet. Mein erster Kommentar, als ich meine Tochter sah, war einfach nur: Warum hat sie so einen verformten Kopf?
Dann habe ich mich zurück gelehnt und gewartet, bis die Schmerzen vorbei waren, während die Hebammen und mein Mann sich um das Baby kümmerten. Ich war sehr wütend darüber, dass die Schmerzen nicht automatisch vorbei waren, wie das immer alle sagen. Und ich dachte die ganze Zeit einfach nur: Und nun?

In den Wochen darauf habe ich immer gewartet, dass sich das große Mutterglück einstellt. Dass ich glücklich bin mit der Situation und mich darüber freue, nun ein Baby zu haben. Aber irgendwie empfinde ich alles, was mit dem Baby zu tun hat, als Hausarbeit.
Klar gibt es viele Momente, in denen ich mich freue. Ich finde unsere Tochter auch sehr süß, aber irgendwie werde ich nicht richtig warm mit der Situation. Ich ertappe mich ständig dabei, wie ich viel lieber etwas anderes machen würde als mich um sie zu kümmern. Anfangs habe ich mich dazu gezwungen, sehr viel Zeit mit ihr zu verbringen: wir haben gespielt, Sachen angeguckt, ich habe ihr vorgesungen und gelesen, ich massiere sie und gehe fast jeden Tag mit ihr spazieren. Aber es macht mir keinen Spaß. Zudem werde ich immer nachlässiger mit ihr und verbringe nun viel weniger Zeit mit ihr.

Mein Mann meint, ich bin eine ganz andere Person seit der Geburt. Ich bin ständig gereizt und raste beim kleinsten Vorwand wirklich völlig aus. Außerdem fühle ich mich mit dem Haushalt komplett überfordert (obwohl ich alles jeden Tag erledige). Ich hatte eine Haushaltshilfe für zwei Monate, die alles für mich erledigt hat, aber ich habe immer etwas zu kritisieren gefunden und vor zwei Wochen habe ich sie gefeuert - wohlwissend, dass ich jetzt alles wieder selber machen muss.
Die Haushaltshilfe hat immer mal mit Emily gespielt und ich konnte es nicht ab, wenn sie Sachen zu meiner Tochter gesagt hat wie: Oh, spielt/redet die Mama gar nicht mit dir? Das hat mich rasend gemacht: einerseits fühlte ich mich ertappt so nach dem Motto: Es ist offensichtlich, dass ich sie gar nicht haben will. Andererseits fand ich es so unverschämt, dass sie so etwas sagen würde.

Ich weiß nicht, ob das alles zu einer Depression passt. Ich habe einiges zu dem Thema und auch hier im Forum gelesen, aber alle wollen immer eine schöne Beziehung zu ihren Kindern, und ich habe eine ganz andere Motivation. Ich denke immer häufiger, dass ich einen großen Fehler gemacht habe und keine Kinder hätte haben sollen. Ich dachte, das regelt sich nach der Geburt von ganz allein, dass man alles für sein Kind machen würde, aber ich empfinde ganz anders. Ich wünsche mir, dass jemand anders auf mein Kind aufpasst. Wenn ich mich richtig schlecht fühle, will ich sie einfach nicht mehr haben.

Jeden Sonntag Abend prasselt ein sehr dumpfes Gefühl auf mich ein, dass eine volle Woche allein mit Emily vor mir liegt. Mein Mann verlässt das Haus frühs, wenn sie meist noch schläft, und kommt erst wieder, wenn sie im Bett ist. Das heißt, ich bin allein mit ihr. Jeden Tag zähle ich die Stunden, bis ich sie endlich wieder ins Bett legen kann. Meine und seine Eltern wohnen zu weit weg für Hilfe. Montag Morgen, wenn er aus dem Haus ist, könnte ich mich aufs Sofa setzen und einfach nur noch heulen. Manchmal mache ich das und ignoriere auch Emily, wenn sie weint, aber meist schleife ich mich herum und erledige halt das, was gemacht werden muss. Ich fühle dabei häufig so unkontrollierbare Wut, dass ich Dinge kaputt mache. Tassen zum Beispiel.

Das heute zu schreiben ist gar nicht so einfach, denn es ist Freitag und ich fühle mich toll - das Wochenende steht vor der Tür und ich bin nicht allein mit Emily. Ich habe heute sogar mit ihr gespielt, ohne das als Bürde zu empfinden. Aber ich weiß, dass nächste Woche alles wieder wie eine große Welle über mich drüber schwappt. Schlimm finde ich auch, dass ich ständig das Gefühl habe, beobachtet und als Mutter bewertet zu werden. Als ich heute mit ihr spazieren ging zum Beispiel. Halte ich sie richtig? Soll ich mehr oder weniger mit ihr reden? Soll ich Faxen machen? Es ist fürchterlich: ich sehe mich ständig als dritte Person, die unbeholfen und falsch mit ihrem Kind umgeht.

Ich bin unentschlossen, ob ich überhaupt professionelle Hilfe suchen soll, weil ich mir denke, dass man mir sagt: Sie leiden nicht an Depression, sie sind einfach nur unglaublich egoistisch. Das Schlimme ist, dass ich mich nicht schuldig dafür fühle, aber ich schäme mich und möchte eigentlich niemandem in die Augen schauen, wenn ich das erzähle. Ich lese lieber ein Buch anstatt mit meiner Tochter zu spielen. Besonders wenn mich die Hausarbeit jeden Morgen fertig macht, lasse ich sie immer häufiger schreien. Ich kann dann einfach nicht zu ihr gehen oder ich schreie sie an. Das tut mir leid, denn es ist ja nicht ihre Schuld und ich möchte auch nicht, dass sie irgendwelche Schäden davon trägt, aber gleichzeitig bin ich so rasend vor Wut, dass sie mich einfach nicht in Ruhe lässt. Dabei ist sie ein ganz ruhiges Baby, weint selten, lacht viel und schläft die Nacht 10 bis 12 Stunden mit nur einer Pause. Ich sollte dankbar sein, aber da ist einfach immer ein "aber" irgendwo.

Was meint ihr dazu? Es passen so viele Dinge gar nicht zu einer Depression. Ich schlafe wie ein Murmeltier, habe quasi immer Hunger (was mich tierisch ärgert) und habe auch sehr schöne Tage. Aber richtig ruhig bin ich nur, wenn meine Tochter schläft. Sobald sie die Augen aufmacht, würde ich am liebsten das Haus verlassen. Andererseits spielen wir ja immer noch hin und wieder und lachen. Ich frage mich, ob ich mir das alles nur einrede oder mir nicht genug Mühe gebe?

Es ist ein halber Roman geworden, aber mir fallen so viele Dinge dazu ein. Ich denke, fürs Erste reicht das erstmal.

Danke fürs Zuhören/Lesen.
Leuchtkäfer

Beitrag von Leuchtkäfer »

Hallo Yvaine

und herzlich Willkommen hier. Es ist gut, daß du Dich getraut hast, hier zu schreiben.
Ich bin kein Psychiater und man kann keine Diagnosen über das Internet stellen, aber ich habe das Gefühl, daß "etwas nicht stimmt".

Damit meine ich ganz sicher nicht, daß Du eine schlechte Mutter bist, sondern, daß Du sehr wohl eine Form der Depression haben kannst.
Es gibt sog. agitierte Depressionen, die ganz stark mit Wut und unkontrollierbaren Gefühlen einhergeht. Ein Hauptsymptom ist vor allem auch Gleichgültigkeit, z.B. auch einem Kind gegenüber.

Ich kenne ganz viele Deiner Symptome aus meiner eigenen schlimmern Zeit. Ich war unglaublich wütend auf alles und jeden. Um ehrlich zu sein, ich hätte mein Kind gerne mehrmals am Tag geschüttelt oder geschlagen.
Auch ich habe mich ständig von anderen Müttern in der Öffentlichkeit beobachtet gefühlt und mich selbst beobachtet. Immer mit dem Gedaken im Hinterkopf: Die sehen alle, was Du für eine schlechte Mutter bist, reiß Dich zusammen. Ich hatte auch immer Angst vor den Montagen, wenn mein Mann dann wieder arbeiten geht und ich mit meinem Sohn alleine bin und habe ständig die Stunden gezählt, bis er schlafen geht. Ich kenne das wirklich nur zu gut.

Ich finde es ehrlich gesagt auch bedenklich, daß Du Deine Tochter morgens immer öfter weinen läßt, und sie anschreist ich finde, Du solltest Dir Hilfe holen.

Es ist durchaus nicht normal, daß Du für Deine Tochter nichts empfindet, vor allem, wenn sie doch ein Wunschkind war.

Es ist aber nicht Deine Schuld. Du deutest das so an, aber man kann seine Empfindungen nicht erzwingen und mit Anstrengungen "alles gut" machen. Du kannst nichts dafür. Warte bitte nicht länger, sondern wende Dich an eine psychiatrische Beratungsstelle. Ich finde das wirklich wichtig, ich sage das nicht aus Reflex, weil "man" das hier so rät, sondern sehe es bei Dir als sehr dringend an.

Wenn Du Sorgen hast, Dich nicht gut ausdrücken zu können, druck einfach Deine Vorstellung hier aus und gib sie dem Arzt zum Lesen.

Bitte tu unbedingt was,

Grüße von Leuchtkäfer
AmoebeMS

Beitrag von AmoebeMS »

Hallo Yvaine,

bitte verzeihe mir, wenn ich das jetzt als allererstes schreibe, aber ich las deine Vorstellung gerade mit aufrichtiger Bewunderung! Du hast eine Wortwahl benutzt und so flüssig und eindeutig deine Lage beschrieben, dass ich fast schlucken musste. Mein Kompliment.

Aber erst einmal ein herzliches Willkommen von mir im Forum. Ich finde schon, dass du mit deiner Anmeldung den richtigen Schritt getan hast, auch wenn das Wochenende vor der Tür steht und somit auch die Anwesenheit deines Mannes, was übrigens für viele Damen hier ebenfalls eine große Beruhigung ist. Das man sich dann besser fühlt, liegt auf der Hand; erst sonntags wird es wieder schwieriger. Ging mir auch sehr oft so. Ich war montags ja wieder allein!

Ich bin wahrlich keine Expertin für PPD (ich litt unter einer Angststörung und PA verursacht durch einen anderen Auslöser), aber ich bin mir sicher, dass sich viele Frauen melden werden, die genau das Selbe erlitten/erleiden haben wie du es tust, was den Bezug zum Kind angeht.

Was deine Hebamme betrifft, sagen wir es mal so, jede „gesunde“ Mutter hätte diese Dame nicht mehr länger in ihrer Nähe haben wollen. Wie gesagt, ich litt nie an einer PPD, aber hätte zu meinen Kindern und in meiner Gegenwart jemand gesagt, dass Mami nicht gerne mit ihnen spielt (wobei mir völlig gleichgültig ist, ob es stimmt oder nicht), dann hätte ich genau das Gleiche getan wie du. Auch wenn die HH vielleicht nicht verstanden hat, was mit dir los ist.

Was die „Depression“ angeht, nun ja, eine PPD bzw. die Symptome einer PPD kannst du nicht vergleichen, zumindest nicht 1:1. Meiner bescheidenen Ansicht nach treffen aber eigentlich die meisten (!!!) deiner berichteten Dinge auf eine PPD zu!!! Euer Kind ist im Oktober geboren und dein Zustand hält an. Der erste Schritt mit der Anmeldung im Forum ist sicher getan, aber ich würde dir dennoch anraten, dass du dich dennoch um einen Therapieplatz bemühst. Sich von Wochenende zu Wochenende zu schwingen, ist in deiner Situation nicht die Lösung. Aber bitte habe keine Sorge, ZGs sind nur Gedanken. Sie sind nicht gefährlich, aber sie sollten behandelt werden. Die Liebe zu Eurem Kind ist da, sie wird nur leider verschleiert und du siehst sie zur Zeit gerade nicht. Bitte unternimm weitere Schritte.

LG AmoebeMS

P.S. Wenn ich offen sein darf: du fühlst dich nicht schuldig, aber du schämst dich! Da sehe ich keinen Unterschied. :wink: Der Clou ist aber: für das sich Schämen besteht kein Grund, auch nicht für das sich Schuldig fühlen. Daran ist keiner von uns Schuld. Das ist die Krankheit. Man muss es nur als Krankheit akzeptieren. Gell, Leuchtkäferi??? Grins.
Juliane

Beitrag von Juliane »

Ich kann mich Leuchtkäfer nur anschließen ... hast du mit deinem Mann darüber gesprochen? Bestimmt wirds er dir helfen, eine geeignete Therapie zu finden. Ich denke nämlich auch, dass eine Therapie bei dir irgendwie nötig ist. Ich denke nämlich auch, dass man den Wechsel von "Wunschkind" zu "ich möchte, dass sich jmd anderes darum kümmert" zu gewaltig ist.

Dieses Forum ist ein sehr guter Schritt, jedoch ersetzt es keine Therapie und keine ausgebildeten Fachleute.

Ich wünsche dir viel Kraft, aber sei dir sicher, auch dir kann geholfen werden, wenn du bereit bist, die Hilfe anzunehmen.
Ylaina

Beitrag von Ylaina »

Willkommen hier!!

Sehr gut, dass Du anfängst Dich "richtig zu kümmern", schön, dass Du da bist.
Das erste, was man hier shcon nicht muss, was wirklich gut tut ist sich schämen müssen, sondern, stattdessen Hilfe bekommt.
Weil alle die sich hier anmelden nicht's gemacht haben, wofür man sich schämen könnte, sondern allesamt wissen, wie notvoll sich das anfühlt, wo Du gerade bist.

Und das ist der Kernpunkt für mich an einer Depression, diese großes innere Not.
Und die ist es, die für mich sehr eindeutigst aus Deinem Beitrag spricht, der wirklich unglaublich gut formuliert ist. 8)

Also ich schließ mich meinen Vorpposterinnen auch in jedem Wort an!

Gut, dass Du da bist, lass Dir helfen. :wink:
mici

Beitrag von mici »

Hallo Yvaine und herzlich Willkommen im Forum!

Ich habe Deine Vorstellung auch sehr gerne gelesen!

Mein erster Kommentar (und ich weiß gar nicht, ob ich das jetzt hier posten sollte, aber ich tue es mal Dir zu liebe), war, als meine Tochter endlich nach Saugglockengeburt auf der Welt war: *Ist sie ein Mongo???* :oops: :oops: Mein Mann, die Hebammen und Ärzte, ... ich glaub, alle haben sich für mich geschämt...

Das große Mutterglück... Nun ja. Ich glaub, das ist ein Mythos. Keine Ahnung, wer das eigentlich verbreitet, in anderern Ländern ist das längst nicht so eine weit verbreitete Legende. Kein Wunder also, dass es Dich hart getroffen hat, als es sich nicht einstellte.

Was ich sehr gut nachvollziehen kann, ist die Angst vorm Alleinsein. Ich glaube, da sind sich viele Mütter hier einig, dass der Sonntag Abend, bzw. spätestens der Montag Morgen furchtbar sind! Ich bin damals rund um die Uhr mal von meinem Mann, dann von der Haushaltshilfe oder meinen Eltern begleitet worden, weil ich es alleine nicht ausgehalten hab! Ich hatte auch nur mäßig Lust, den Tag mit Kind sinnvoll zu gestalten, also beispielsweise andere Mütter treffen, alles war Pflichtprogramm!

Die Aussage Deiner Haushaltshilfe klingt wie ein Bohren in der offenen Wunde. Diese blöde Kuh! Schnallt ja wohl gar nichts. Es ist gut, dass Du Dich ihrer "entledigt" hast. Manche Bemerkungen der Umwelt gegenüber der neuen Situation mit Kind können sehr tief verletzen und große Unsicherheit erzeugen. Meine Hebamme hat damals zu mir im Wochenbett ausdrücklich gesagt, ich solle mich von fiesen Leuten fernhalten. Es ist ganz normal, dass man sehr viel dünnhäutiger ist, als Mutter.

Auch die Frage, ob Du lieber kein Kind hättest kriegen sollen, werte ich als sehr typisch, für eine depressive Phase im Zusammenhang mit der Geburt. Ich vermeide extra den Begriff PPD, weil es, wie Leuchti schon sagte, für uns nicht möglich ist, eine Diagnose zu stellen. Erstens nicht übers Internet und zweitens nicht, weil wir keine Psychiater sind.
Ich halte es aber auch nicht für wichtig, das, was Du spürst, mit Fachbegriffen bennen zu können. Ylaina schrieb von der großen innneren Not, die Du hast, und ich halte das für aussagekräftig genug.

Du bist hier im Forum in jedem Fall goldrichtig und ich kann Dir versichern: Dein Zustand wird wieder vergehen!

Was Du kurzfristig tun kannst:

Die niedrigste Hemmschwelle bieten vielleicht Mütterberatungszentren, Gemeinden, Seelsorgen, etc., wo man ein offenes Ohr hat für Deine Situation. Dort kannst Du die allergrößten Sorgen schon mal loswerden, bevor Du einen Termin bei einem Psychologen hast. Ich halte es für sehr wichtig und geboten, dass Ihr gemeinsam die Situation in den Griff bekommt. Ein Psychologe kann Dir auch eine erste Einschätzung geben, ob Du vielleicht medikamentöse Unterstützung in Anspruch nehmen solltest. Desweiteren solltest Du mit Deinen Kräften haushalten, wo Du nur kannst! Wann immer Du die Gelegenheit hast, etwas für Dich alleine zu tun, tu es! Gib außerdem ein Stück Deiner emotionalen Belastung ab, indem Du ausführlich hier oder mit anderen über Deine Situation sprichst. Halt Dich fern von fiesen Leuten!
Eine PPD ist in 100 % der Fälle heilbar!

Gute Besserung, MICI
Yvaine

Beitrag von Yvaine »

Danke für eure lieben Worte. Es tut auf jeden Fall gut, so viel Verständnis zu lesen. Gleichzeitig muss ich ganz ehrlich sagen, dass ich lieber etwas anderes gelesen hätte. Ich weiß auch nicht genau was. Es ist ja Samstag Morgen, es geht mir gut, und ich habe das Gefühl, wirreden hier über eine ganz andere Yvi und nicht über mich. Das ist ein sehr komisches Gefühl.

Ja, ich habe mit meinem Mann darüber gesprochen. Er ist auch sehr verständnisvoll und unterstütz mich. Das Problem ist, dass er in Momenten, wenn es mir schlecht geht, auch mein Sündenbock ist. Ich bin dann wirklich sehr gemein zu ihm und er muss sich lauter Tiraden von mir anhören. Vor allen Dingen weise ich seine Worte und seine Unterstützung dann zurück und schubste ihn von mir weg und er kann mir nichts recht machen. Ich sage ihm, er soll mich in Ruhe lassen. Meistens passieren solche Dinge übers Telefon, weil er ja auf Arbeit ist. Ich lasse ihn mir dann nicht helfen und das hat schon zu sehr heftigen, bösen Streitigkeiten geführt. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, über mein Verhalten und meine Worte vor allen Dingen letzte Woche, als es sehr schlimm war, ergibt nichts davon einen Sinn, aber ich kann in dem Moment nicht anders. ich muss meine Wut einfach loswerden, und an Emily kann ich sie nicht auslassen, also ist jeder andere recht, der mir in den Weg kommt.

Außer mit meinem Mann habe ich aber mit niemandem darüber gesprochen. Mein Umfeld glaubt ganz einfach, dass ich eine übellaunige Kreatur bin, und ich schauspielere ja auch immer sehr gut mit Emily, wenn wir irgendwo sind.

Ich trage den Gedanken, mit einem Psychologen über das alles zu sprechen, schon sehr lange mit mir herum, aber ich mache immer wieder einen Rückzieher. Ich hoffe, dass ich es doch bald zu einem Termin schaffe.

Ich weiß eigentlich, dass ich Emily nicht schreien lassen darf. Manchmal schaut sie mich auch so komisch an, als wüsste sie bescheid. Ich mag das gar nicht. So als wüsste sie, was in meinem Kopf vorgeht. Dann muss ich aufstehen und gehen. Eigentlich kann sie das ja gar nicht wissen, aber sie schaut mich dann einfach nur an und verzieht keine Miene. Das ist gespenstisch in meinen Augen.

Na gut, ich danke euch noch mal für die vielen lieben Worte. Es bestärkt in jedem Fall.

Viele liebe Grüße, Yvi
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