Unser Nachbar ist tot (Suizid)

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Feebie

Unser Nachbar ist tot (Suizid)

Beitrag von Feebie »

Hallo ihr Lieben,

ich habe extra im Thema schon geschrieben, das ich hier über Suizid schreiben werde, also für diejenigen, die das Wort triggert, bitte nicht weiter lesen.

Ich habe gestern mal eben so über den Gartenzaun erfahren, das unser Nachbar sich umgebracht hat. Unsere direkte Nachbarin konnte es gar nicht abwarten mir davon zu berichten. Die ist sonst total lieb, aber leider eine Klatschbase. Und als ich mit meinem Sohn draußen im Garten spielte, hat sie gleich die Gelegenheit beim Schopfe gepackt und ist fast ohne Einleitung direkt zum Thema gekommen.

Der Nachbar der den Suizid begangen hat, ist jetzt niemand, zu dem wir sehr nahen Kotakt hatten. Klar waren die bei uns zur Einweihung und super nett und sehr lustig. Das war im Oktober letzten Jahres und seitdem winkte man sich über den Gartenzaun zu oder hielt Smaltalk an der Straße.

Was mich so mitnimmt ist, das er sich am Montagmorgen in seiner Garage erhängt hat. Er sagte zu seiner Lebensgefährtin, er geht nochmal kurz in die Garage was gucken und kam nicht wieder...
Wie jetzt heraus kam litt er seit Jahren unter Depressionen. War mehrfach in Kliniken, aber am Ende hat er den Kampf doch verloren.

Ich finde es so erschrecken, weil man mal wieder nichts geahnt hat. Er wirkte wie ein lebenslustiger Mensch, hat letztes Jahr noch seine komplette Hausfassade saniert usw. Mal wieder hat niemand etwas geahnt...

Jetzt stehe ich manchmal am Küchenfenster und schaue hinüber zu dieser Garage und denke:
Was für eine beängstigende Krankheit. Sie entwickelt oft ein Eigenleben und verändert einen komplett, solange man drin steckt. Der "gesunde" Mensch in ihm, hätte sich sicher nicht umbringen wollen.
Und dann denke ich, wieviel Glück ich gehabt habe. Und wie knapp es tatsächlich für mich gewesen sein könnte. Jetzt, so viele Monate nach meinen Suizidgedanken waren sie für mich nur noch Phantastereien. Ich dachte bis gestern noch, ich hätte es damals sowieso nie ausgeführt.
Jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher, wie nah ich wirklich am Abgrund war?
Und dann stehe ich da und denke, das ich ganz schön stark gewesen sein muss, mich da selbst rauszuholen. Mir mit letzter Kraft Hilfe zu holen und etwas zu ändern. Zum ersten mal denke ich, das es wirklich ein weiter Weg da raus war, aber das ich ihn gemeistert habe und stolz darauf sein kann, denn leider gelingt es wohl nicht immer und jedem. Das ist mir erst jetzt wirklich bewußt...

Ich wünschte nur, ich müßte nicht ständig auf dieses Haus gucken.
Aber momentan ist es wie ein Magnet.

LG,
Feebie
bambam

Beitrag von bambam »

Hey Feebie!

Das ist ja wirklich ne heftige Sache, die da ganz in deiner Nähe passiert ist...

Allerdings finde ich es sehr gut, wie du mit dieser Situation umgehst und selber merkst, wie gut es dir mittlerweile geht bzw. diese Krankheit mit "Abstand" betrachten kannst...

Mir würde das momentan noch etwas Angst einjagen muss ich sagen... Denn dein Nachbar scheint ja alles unternommen zu haben, dass es ihm besser geht - und trotzdem half nix. Da würde ich mich wieder fragen: warum half ihm nichts? Warum tat er trotzdem diesen Schritt? Wie konnte er, obwohl es ihm so schlecht ging, so einen lebenslustigen Eindruck hinterlassen?

Es ist jedoch gut wie du zu der ganzen Sache stehst! Und glaub mir: irgendwann wirst du nicht mehr wie ein Magnet da rüber gucken müssen!


Liebe Grüße,
Bambam
Vicky

Beitrag von Vicky »

Liebe Feebie,

ja, so ist es!

Es schafft nicht jeder.
Wir haben es vorerst geschafft. Das ist auch meine größte Angst, daß die Krankheit irgendwann Oberhand gewinnt und mich besiegt.
Bei mir war es auch sehr knapp.

Nicht umsonst ist es eine schwere Erkrankung, jeder Achte mit schweren Depressionen stirbt aufgrund von Suizid.

Als ich aus der letzten Klinik entlassen wurde, hatte sich auch kurze Zeit später eine Mitpatientin erfolgreich suizidiert.
Diese wurde vor mir mit gebessertem Zustand entlassen. Ich war sehr geschockt.

Mir tut das für Dich leid, daß es nebenan passiert ist, wodurch dir die schwere der Erkrankung so vor Augen geführt wird.

Es wird eine Zeit dauern bis Du Abstand gewinnst.

Vicky
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