Bin durcheinander

Austausch alltäglicher Sorgen oder Freuden

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BB77

Bin durcheinander

Beitrag von BB77 »

Hallo zusammen,
ich bin gerade in einer ganz komischen Stimmung.
Bei meiner Therapeutin haben wir herausgearbeitet, dass meine Mutter so ziemlich alles falsch gemacht hat, was man sich vorstellen kann sowohl während meiner Kindheit als auch direkt nach der Geburt und meiner Zeit im Krankenhaus. Genau genommen ist sie zum großen Teil mitschuldig, dass ich so an mir und meinen Fähigkeiten gezweifelt habe. Es ist schwierig für mich einzugestehen, dass sie so versagt hat.
Nun mein Problem: Ich war heute mal wieder mit Kind und Mann bei meiner SchwiMu. Meine Schwiegermutter ist genau das Gegenteil von meiner Mutter. Sie gab mir immer das Gefühl, es gut zu machen und unterstützte mich so gut es ging.
Aber: Ich kann es nicht ertragen, wenn sie sich zwischen mich und meinen Sohn drängt. Sicher sie sieht ihn nicht so häufig, aber dieses "Komm doch mal her", "Mach doch mal dies" usw. es macht mich fertig. Ich weiß, sie meint es gut, sie ist herzensgut.. Aber mir verhagelt es jedes Mal die Stimmung.
Meine Mutter im Gegensatz dazu, kommt noch nicht mal auf die Idee, von sich aus nach ihrem Enkel zu fragen. Wenn sie sich treffen ist sie bemüht, aber von "Herzlich sein" meilenweit entfernt.
Auch kann ich mir nicht vorstellen, irgendwann einmal meinen Kleinen bei einer der Omas zu lassen. Ich habe kein Problem damit ihn in die Krippe zu bringen und arbeiten zu gehen, aber eben nicht, damit ich mal frei habe.
Ach, ich bin so durcheinander. Einerseits weiß ich, wie lieb meine Schwiegermutter ist, anderseits kann ich nicht über meinen Schatten.
Danke fürs Lesen.
LG Bibi
BB77

Beitrag von BB77 »

Was ich eigentlich mit meinem Beitrag fragen wollen:
Kennt ihr solche Gefühle?
Wie geht ihr mit Erkenntnissen um, die ihr in der Therapie erarbeitet habt, die aber schwer zu akzeptieren sind?
Danke schon mal.
LG Bibi
nic

Beitrag von nic »

Hey Bibi...

wie bringst Du denn Deine Schwiegermutter mit den erarbeiteten Dingen der Therapie in Verbindung?

Meine Mutter hat meine große Tochter immer so behandelt wie ich es mir als Kind gewünscht hätte. Aber ich konnte mich nicht für meine Tochter freuen, ich war einfach nur stinke eifersüchtig und hätte die Kleine am liebsten gar nicht mehr hingegeben.

Ach Mamis... ihr müsst lernen loszulassen...

Warum empfindest Du es als dazwischendrängen? Ist doch eigenlich nachvollziehbar, dass sie den Kleinen knuddeln will, oder?

Es ist schlimm herauszuarbeiten, dass die Person, die man am meisten vergöttert einem nicht gut getan hat, aber bleib nicht in dieser Opferrolle haften, das ist nicht gut für Dich.

An der Vergangenheit kannst Du nichts mehr ändern. Du kannsz nur die Gegenwart - deine Gegenwart- nutzen um Eure Zukunft zu verändern.

Sag Deiner Mutter was sie falsch gemacht hat, aber dann versuch zu verzeighen und loszulassen. Das kann seeeehr lange dauern, ich spreche da aus Erfahrung :-)

Aber gib dem Kind auch die Möglichkeit andere Mneschen nah an sich heranzulassen, die es lieben.

Denn man kann nicht genug Menschen haben, die einen lieben.


Ganz liebe Grüße ins emotionale Durcheinander

von N!c
BB77

Beitrag von BB77 »

Hallo nic,
danke für die Antwort.
Weißt Du an meiner Schwiegermutter seh ich wie man sich verhalten könnte.
Dass mit dem Verzeihen der Fehler meiner Mutter ist so eine Sache. Eine meine Paradedisziplinen ist nämlich das Entschuldigen. Aber in der Therapie ist es im Moment so, dass mir gesagt wird, dass genau dieses Entschuldigungen finden eben nicht der richtige Weg ist. Und noch weiter: Alle Anekdoten, die ich aus meiner Kindheit erzähle, werden durch meine Therapeutin in ein negatives Licht gestellt. Ich glaube, dass wird mir alles im Moment zuviel.
Ich weiß, dass meine Mutter viele Fehler gemacht hat, aber wirklich alles was sie getan hat, negativ darzustellen, ist sehr schwierig für mich.
Vielleicht empfinde ich es als Dazwischendrängen weil ich mit meinem Sohn eine Verbindung habe, eine Innigkeit, die ich mit meiner Mutter nie hatte. Ich will ihr ja ihren Enkel nicht vorenthalten. Und sie kann ihn auch knuddeln. Aber wenn sie ihm irgendwelche Anweisungen gibt, sein Verhalten kritisiert, ich glaube, da fühl ich mich übergangen.

Ich werde wohl man ganz tief in mich hereinhören müssen. Was ich will, wie ich mit meiner Mutter umgehe, wie ich lernen kann, mich abzugrenzen und mal eine Meinung im Privaten zu sagen.

Danke nochmal fürs Lesen.
LG Bibi
nic

Beitrag von nic »

Hi Bibi...

ja, das mit dem Entschuldigen kenne ich seeeehr gut...

meine Mutter hat mir dies und das angetan, aaaaaaaaaaaaaaber, sie war ja noch so jung, oder unerfahren, oder drogenkrank, oder, oder, oder...

Es geht bei Dir nicht einmal darum ihr zu verzeihen.

Simply: Du sollst mal für Dich geradestehen.

Mir wurde etwas angetan, was auch immer. Punkt. Kein ABER oder ICH KANN VERSTEHEN oder ICH HÄTTE IN DER SITUATION AUCH NICHT ANDERS GEHANDELT.

Es geht darum diese Anklage einfach mal stehen zu lassen.
Als ob Du Große Bibi quasi die Anwältin der Kleinen Bibi bist.

Du hast gelitten und das musst Du jetzt einfach mal aushalten.

Es ist nicht an Dir eine Entschuldigung dafür zu finden. Wenn überhaupt wäre Deine Ma in Erklärungsnotstand.

Du HAST gelitten und das TAT weh. Und das hast Du als kleines Kind sicher NICHT verdient gehabt, verstehst Du?

Stell Dir dieses kleine Mädchen vor, nimm es in die Arme und tröste es.

Spüre die Wut und die Traurigkeit. Und wenn Du da durch bist, DANN kannst Du loslassen...

Ich weiß wovon ich spreche, meine Mutter war drogenkrank und hat mich hin und wieder bei meinen Großeltern besucht um mal wieder alles durcheinander zu bringen, was grade lief.

Heute haben wir ein gutes Verhältnis, WEIL ich ihr mittlerweile auch die Meinung sage und sie wegschicke, wenn ich zuviel habe.

Das geht, versprochen.

Ich glaube Deine Therapeutin hat den richtigen Knoten gefunden :-)

Bleib dran, es lohnt sich!

Bei uns auf Therapie habe ich gelernt: Da wo es weh tut, da ist der Weg.


Das packst Du!

Alles Liebe

N!c
ubure

Beitrag von ubure »

Hallo bb,

bekommst Du denn dann wenigstens Wege und Anleitungen von Deiner Therapeutin gezeigt, wie Du Dein jetziges Denken, das sich ja eingeschleift hat, aufzulösen und durch ein anderes zu ersetzen? Das ist ein extrem wichtiger Punkt!!

Ich weiß nicht und ich weiß nicht und ich weiß nicht, aber ich muss mir immer wieder die Frage stellen, was es einem denn bringt, wenn man die Schuldigen ausgemacht hat, die einen "versaut" haben. Schuldzuweisungen machen Dich doch nicht glücklicher.

Weißt Du, wir alle machen Fehler, große, kleine, immer wieder...und Deine Mutter ist da keine Ausnahme. Was hilft es Dir denn jetzt, wenn Du alle Schuld auf sie schieben kannst. Ich mus nic da komplett Recht geben!

Allerdings sehe ich es so (und mittlerweile wird das von der Forschung gänzlich bestätigt - wobei es natürlich einzelne Fälle gibt, bei denen die TP angezeigt ist), dass eine TP bei Depressionen nicht weiter bringt.

LG,
Inez
AmoebeMS

Beitrag von AmoebeMS »

Hallo bb,

was Inez geschrieben hat, wäre auch meine Frage an dich gewesen. Du schreibst ja selbst, dass deine Therapeutin offenbar sehr gerne auf Anekdoten aus deiner Kindheit eingeht und sich so – und das sehe ich erst einmal als ganz natürlich an – einen Einblick in deine Vergangenheit verschaffen möchte, wie du gelebt hast, wie du erzogen wurdest, etc. In meiner Therapie kam damals meine Mutter auch nicht gerade soooo super weg, aber irgendwann kamen wir an einen Punkt, an dem wir tatsächlich die TP außer Acht ließen bzw. lassen mussten und nur noch in besonderen Fällen auf Parallelen zwischen meiner Mutter und mir zu sprechen kamen.

Und eben weil du ein besonderes gutes Verhältnis offebar zu deiner Schwiegermutter hast und sie zu deinem Sohn, so frage ich mich, warum gerade an einem solchen Punkt deine Therapeutin nicht „eingreift“ und dir hilft Dinge gerade zu biegen. Das wären für mich jedenfalls Akutmaßnahmen, denn deine Schwiegermutter scheint ihren Enkel offenbar furchtbar lieb zu haben und natürlich willst du das nicht unterbinden und sagst dir sogar, dass es ja genauso ablaufen sollte, aber du tust dich eben mit Einzelheiten schwer, wie mit Anweisungen und/oder Kritik. Aber selbst diese Dinge sollten einer Großmutter erlaubt sein. Das ist nämlich keine Kritik an dir, meine Liebe, das musst dir viel öfter mal selbst sagen, sondern es ist schlicht und einfach eine Belehrung des Kindes, denn das Kind kommt nicht allwissend auf die Welt und Mami kann ihm nicht alles asap beibringen. Du solltest auch anderen Menschen zugestehen, dich bei dieser Arbeit zu unterstützen, denn,…. ich bitte um Verzeihung,…du hast deinen goldigen Buben für die nächsten 20 Jahr am Arsc…. . Sorry. Wenn es also Menschen um dich herum gibt, die Eurem Kind die gleichen Gefühle entgegen bringen, wie du es tust, dann würde ich nie im Leben zögern und ihnen einfach nur vertrauen (und nur in wichtigen Dingen den Mund aufmachen). Denn… seien wir mal ehrlich… diese Menschen gibt es leider nicht oft; diese Hilfe gibt es nicht oft.

Aber das sind so Dinge, die du zb auch in deiner Therapie besprechen solltest, eben als VT Maßnahme. Warum sagst du zb deiner Therapeutin nicht, dass du just im Moment das Hacken-wir-mal-auf-Oma-rum-Thema gerade satt hast? Vielleicht hängt vieles mit deiner Mutter zusammen, ich weiß es nicht, mag auch sein, aber es bringt dich gerade eben nicht vorwärts, eben weil du gerade bei einem anderen Großmutter-Enkel-Verhältnis leicht strauchelst, was ich als viel wichtiger empfinde. Sag es ihr also ruhig, denn in der Therapie kannst du noch vieles mehr auf- und erarbeiten und beim Erarbeiten scheint noch einiges zu gehen;-))

Viel Glück.
AmoebeMS
BB77

Beitrag von BB77 »

Hallo zusammen,
vielen Dank für Eure Antworten.
N!c: Deine Antwort hat mir die Tränen in die Augen getrieben, allein beim Gedanken daran, die „kleine Bibi“ in die Arme zu nehmen und zu trösten. Das zeigt mir, dass das wohl der richtige Ansatz sein wird.
Meine Mutter war nie der Mensch, der Gefühle gezeigt hat. Genaugenommen war meine gesamte Familie so. Was letztendlich dafür gesorgt hat, dass ich kaum Zugang zu meinen Gefühlen habe. Selbst dass meine Mutter stolz auf mich war, hat sie mir weder gezeigt noch gesagt. Und eben das hat zu meiner PPD geführt. Ich habe mich ganz einfach übernommen. Kind, Beruf und Fernstudium.
Warum? Weil ich von meiner Mutter hören wollte, dass sie stolz auf mich ist.
Was kam? Vorhaltungen, was ich denn alles falsch mache, weil sie es damals anders gemacht hat.
Das Blöde daran war, ich wußte, ich mache alles richtig. Alle anderen haben mir das bestätigt – Mann, SchwiMu, Hebamme und Kinderarzt.
Was hat es genützt, dass sie mir das sagten? Nix, weil ich eben die Bestätigung meiner Mutter wollte. Und selbst als ich am Boden lag bzw. gerade noch fast 12 Wochen aus der Klinik kam, setzte sie noch mal nach und erklärte mir, ich würde das Leben meines Kindes gefährden, weil ich mit ihm in einem Bett Mittagschlaf hielt.
Was ich damit sagen will, ich weiß, dass meine Mutter Fehler macht. Genaugenommen, dass sie mir sehr geschadet hat, als ich am verwundbarsten war. Aber ich kann ihr nicht widersprechen, ihr die Meinung sagen. Weil ich das eben nie kann. Werde ich ungerecht behandelt, fehlen mir die Worte. Weil ich es nicht fassen kann, wie jemand so handelt. Oder einfach, weil ich nicht auffallen will oder gefallen will. Wohl deshalb habe ich meiner Therapeutin noch nicht gesagt, dass es mir nicht weiterhilft, wenn wir das Verhalten meiner Mutter auseinandernehmen und ihre Fehler aufzeigen.

Bisher waren die konkreten Aufgaben in der VT, dass ich an mich denke und nicht als erstes an die Anderen und dass ich meine Meinung sage, wenn ich mich ärgere. Nur in Worte fassen, was mich gerade bewegt. Nur – das hört sich so einfach an, aber dafür müsste ich mich selber wichtiger nehmen. Aber ich war nie wichtig. In so vielen Jahren war es so selten wichtig, was mich bewegt, dass ich nie gelernt habe, es zu sagen.

AmoebeMS: Ich lasse meine Schwiegermutter ja ihren Enkel herzen und lasse es auch zu, wenn sie ihm Anweisungen gibt. Aber wohl aus demselben Grund wie ich meine Meinung nicht sagen kann, sehe ich vieles auch als Kritik an mir – pures fehlendes Selbstbewusstsein.
Und ursprünglich hatten wir als Ziele vereinbart, dass ich meinen Perfektionismus in den Griff kriege und lerne auf das stolz zu sein, was ich erreicht habe, was ich bin und kann. Und deshalb werde ich mich jetzt bis zur nächsten Sitzung selbst aufbauen und sagen, dass wir das Mutter-Thema erst einmal in Ruhe lassen.

Danke fürs Reflektieren-Helfen. Und danke fürs Lesen, die es bis hierhin geschafft haben. :)
LG Bibi
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