Und schon wieder wirds schwerer....

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

Moderator: Moderatoren

Antworten
bienemama

Und schon wieder wirds schwerer....

Beitrag von bienemama »

Hallo ihr Lieben,

ich merke dieses WE wieder das es schwerer wird. Habe die letzten Tage kaum was getan bekommen,obwohl die Zeit da war.
Doch ich bekam mich nicht motiviert. War nur gestern einkaufen und heute kurz auf einem Kinderflohmarkt - mehr nicht.
Sitze stundenlang am PC und chatte und so,schaue TV,telefoniere,aber mache kaum was sinnvolles.
Morgen vormittag hätte ich Bauchtanzen,aber ich hätte große Lust das mal ausfallen zu lassen.
Doch gleichzeitig meldet sich dann das schlechte Gewissen. Ich soll ja was für mich tun,ich muß ja rauskommen hier aus der Wohnung und auch was dafür tun das ich abnehme.
Aber darf ich denn nicht auch mal ein bißchen Ruhe mir gönnen?
Immerhin wird die kommende Woche stressig genug,jeden Tag Termine,am Ende der Woche die OP von meinem Sohn.....
Warum macht mir da mein eigenes schlechtes Gewissen die Sache so schwer? Und die Angst davor was die anderen sagen? Wenn ich sag das ich net zum Tanzen gehe.....
Ich weiß nicht ob ich grad auf hohem Niveau jammere,aber mir wird grad wieder alles zuviel.
Am kommenden Donnerstag ist mein kleiner Engel 9 Monate tot.... Ausgerechnet ein Donnerstag..... Einen Tag später wird der große operiert. Zwar nur eine kleine Routine-OP aber ihr kennt ja das Gedankenkarussel.
Werde mir morgen auch schon die Rescue-Tropfen holen.
Leute ich kann nicht mehr....... Warum kann mich nicht mal jemand an die Hand nehmen und mir aus dem Scheiß raushelfen??? Mir sagen ich bin für dich da,wir schaffen das zusammen??? Aber keiner ist da.......
Gestern hab ich auch ein Familientreffen abgesagt. Eine Großtante von mir hatte Geburtstag,aber ich bin nicht hingegangen. Die Leute dort haben eh kein Verständnis für Depressionen,für sie ist das eine eingebildete Krankheit. Für sie zählt nur Beruf und Geld. Und beides hab ich ja im mom nicht....
Nein,cih bin arbeitslos,alleinerziehend,depressiv und trauer um mein Kind...... :(
Sowas will man ja nicht erzählt bekommen...... :evil:
Ach es ist zum Verzweifeln.
Es tut mir leid das ich euch so vollheule.
Wenn nur schon die OP vorbei wäre und mit meinem Kleinen alles ok wäre.......
Werden diese Rückschläge irgendwann seltener????

Lg,sabine
Serenity

Beitrag von Serenity »

Hallo,
ich drücke Euch fest die Daumen für die OP von Deinem Sohn!!! Es wird alles gut gehen!

Schicke Dir aufmunternde Gedanken, es ist so schwer jemanden zu verlieren und es dauert lange bis die tiefe Trauer nachläßt...

Sorry, finde keine anderen/ beseren Worte...wollte Dir nur zeigen, wiesehr mich Deine Zeilen berührt haben. Du bist nicht allein.
Lieben gruß Serenity
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 10828
Registriert: 04:06:2005 16:05

Beitrag von Marika »

Hallo Sabine,

JA - diese Tiefs werden irgendwann besser, kommen seltener und sind weniger heftig. Weißt du - du stehst noch ziemlich am Anfang deines Weges zum Gesund werden und da wirken sich solche Dinge wie OP, der Tag an dem dein Engel gegangen ist, der "Druck" zum Bauchtanz zu gehen usw. usw... wie Keulenschläge auf deine Seele und somit auf deinen psych. Zustand aus. Sie hauen dich auf gut Deutscht gesagt "aus den Latschen, schlagen dich k.o." und zwar arg. Das ist leider am Anfang des Kampfes gegen die Krankheit, normal. Erst mit der Zeit wirst du wieder einen Schutzschild aufbauen können, wo dich solche Dinge nicht mehr sooo arg mitnehmen, bis sie eines Tages nur noch einen Bruchteil an an Leid oder Angst ausmachen. Auch ganz schwere Dinge, wie dein Engel, werden leichter, bis sie eines Tags zu "Akzeptanz" werden.

Wenn dir jetzt einfach mal nicht nach Bauchtanz ist - dann bleib daheim. Das ist überhaupt nicht schlimm. Dann kannst du vielleicht morgen einfach mal raus gehen, einen Spaziergang machen, auch wenns ein bisschen Überwindung kostet. Auch das Thema "Was sagen denn die Leute" wird dich nicht ewig verfolgen, hier gilt es DEIN SELBSTVERTRAUEN zu stärken. Es liegt überhaupt ganz viel an der Stärkung deiner Persönlichkeit, was dir sehr gut in einer guten Therapie gelingen kann. Pfeiff auf das was die Leute sagen, es zählt was DU WILLST, alles andere kann dir völlig egal sein. Ist nicht leicht, ich weiß, aber erlernbar.

Und dass du nicht zum Familienfest gegangen bist, kann ich verstehen. Auch das wirst du eines Tages wieder können und selbstbewußt sagen können: "ja, ich hatte eine Depression, bin alleinerziehend, aber mir gehts sehr gut und liebe mein Leben". Ich konnte das früher auch nicht, hab mich geschämt und dachte ich hätte versagt weil ich eine PPD bekommen habe. Aber dem ist NICHT SO!!! Es kann jede und jeden Treffen. Und wenn die anderen oberflächlichen Menschen einen mit ihrem Erfolg, mit ihrem Geld und ihrer "vermeintlichen Macht" zumüllen dürfen, dann dürfen du und ich auch von unserem Leben erzählen, egal ob es sie interessiert oder nicht. Ich nehme die Leute auch keine Stunde in Beschlag mit dem Thema PPD, aber oft erwähne ich es in ein paar Sätzen, wenn es gerade passt und ich in diese Richtung was gefragt werde. Das Erstaunliche: Seit ich selbstbewußt darüber rede, hören sogar frühere Ignoranten und Besserwisser aufmerksam zu und fragen sogar nach!!!

Das war ein langer Weg für mich, aber ich habe ihn geschafft - massgeblich war da meine Therapie mitverantwortlich!!!! Du wirst das ebenfalls schaffen, das versprech ich dir - arbeite an dir, komm immer hier her, wir schaffen das gemeinsam!!!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
bienemama

Beitrag von bienemama »

Ihr Lieben!

Vielen Dank für eure Antworten. Besonders dir Marika für deinen ausführlichen Bericht.
Ich hoffe ich bin irgendwann auch an dem Punkt wo du jetzt bist......

Heute habe ich ein bißchen rumtelefoniert. Erst bekam ich ne dicke Absage von der KVNO (Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein) das es hier in meiner Stadt derzeit KEINE freien Therapieplätze für eine Verhaltenstherapie gibt. Wir sind eine Großstadt.......
Das hat mich dann erstmal ziemlich runtergezogen. Ich will doch nur Hilfe haben...... :(
Dann hab ich aus nem Impuls heraus mal bei der Caritas angerufen. Und dort bekam ich die Telefonnummer vom Sozialpsychiatrischen Dienst in der Nachbarstadt. Dort angerufen erfuhr ich das sie hier ganz in meiner Nähe auch ein Büro haben. Also dort angerufen und jetzt hab ich für nächste Woche dort einen Termin. ENDLICH!!!!!!!!
Es ist zwar kein Therapieplatz,sondern eine Kontakt-und Beratungsstelle für psychisch kranke Menschen - aber immerhin!!!!
Es ist ein Lichtblick.
Habe mich länger mit der Frau dort unterhalten und sie hat mir auch erzählt das sie auch eine Elterngruppe haben die sich 1x im Monat treffen,so als eine Art Selbsthilfegruppe. Vielleicht wärs ja gut wenn ich hier Kontakt zu anderen Betroffenen habe......

Dann hab ich mir heut nachm die Rescue-Tropfen in der Apotheke geholt. Hoffe das sie mir über die nächsten Tage helfen........

Lg,sabine
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 10828
Registriert: 04:06:2005 16:05

Beitrag von Marika »

Liebe Sabine,

ich finde ganz toll, was du da gestern auf die Beine gestellt hast, wirklich super klasse!!!! Wir haben auch so eine Einrichtung - "Psychosozialer Dienst" - da bist du gut aufgehoben, ich denke sie können dir auch weiterhelfen im Bezug auf einer regelmässige Therapie. Auch die Treffs hören sich sehr gut an, berichte uns bitte weiter, es interessiert mich sehr!!!

Ich drück die Daumen für deinen Termin!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Antworten