Warum fühlen sich diese ZG so real an?

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Sheeeee

Warum fühlen sich diese ZG so real an?

Beitrag von Sheeeee »

hallo, bin vor ca, 1,5 monaten an zg erkrankt (im rahmen einer depression). mein kind ist 2 jahre alt und ich habe solche starken schuldgefühle wegen der zg. manchmal wenn sie kommen (vor allem, wenn er nachts schläft) fühlt es sich so real an, als würde ich ihm wirklich was antun wollen, dabei will ich das doch gar nicht. ich liebe mein kind und möchte ihm eine gute mama sein, doch in letzter zeit bin ich froh, wenn er mit seinem papa unterwegs ist, sodass ich ein wenig meine ruhe habe. das macht mich so fertig. es war doch bis vor kurzem normal, dass er eigentlich immer bei mir war. seit gester nehme ich cipralex, dass soll lt. psychiater ganz gut sein aber wahrscheinlich soll es ne erstverschlimmerung geben. ich bin heut nacht aufgewacht und hatte absolute panik, dass ich ihm was antun will? war das bei euch auch so? Hilfe!!! mir gehts total schei*e!
mici

Beitrag von mici »

Hallo Sheeeeee,

herzlich Willkommen im Forum! Ich bin zwar keine ZG-Expertin, doch weil Du so verzweifelt klingst, wollte ich Dir kurz eine Antwort schreiben:

Nach allem, was ich über ZG weiß, fühlen sie sich genau so an, wie Du es beschreibst: Man hat diese hässlichen Gedanken und man spürt diesen Impuls, ihn ausführen zu müssen! Marika wird Dir noch genau erklären, warum ZG-Geplagte ihre Handlungen niemals ausführen werden! Du hast mit Cipralex so weit ich weiß das "Mittel der Wahl" bei ZG und es ist sehr, sehr gut, dass Du damit schon begonnen hast. Meine Frage wäre jetzt, ob Du auch in therapeutischer Behandlung bist? Viele der ZG-Erfahrenen haben zum Beispiel durch eine Verhaltenstherapie sehr gute Fortschritte gemacht und Strategien gelernt, wie sie den ZG begegnen können!

Ich wünsche Dir erstmal gutes Durchhalten, es wird wieder besser werden und es werden sich sicher auch noch diejenigen melden, die Experten auf dem Gebiet sind!

MICI
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Marika
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Beitrag von Marika »

Ein liebes Hallo!

Ja - es ging mir ganz genau so wie dir! Erstens was die ZG anbelangt - sie fühlen sich wirklich sowas von real und schrecklich an, dass ich es gar nicht in Worte fassen kann: Zweitesn - die Schuldgefühle - sie waren extrem stark, ich dachte ich bin die schlechteste Mutter der Welt. Drittens - das AD: Ich bekam damals auch Cipralex und habe mit 5 mg begonnen - hatte auch eine Erstverschlimmerung. Mein Arzt hat mir dann ein 2. Medikament VORÜBERGEHEND zum AD gegeben, dass die diese Erstverschlimmerung und die NW ausblendet. Nach 5 Wochen konnte ich dieses Medikament wegelassen, weil da schon die positive Wirkung des Cipralex durchkam.

Warum die Biester sich so real anfühlen? Nun - leider liegt das in der Natur der ZG! Sie drängen sich einem so mächtig auf, dass wir das VERTRAUEN in uns verlieren, sowas nie tun zu wollen oder zu können. Obwohl wir es doch eingentlich wissen, rauben uns die ZG so ziemlich jeden Glauben an uns selbst. Bis wir überzeugt sind: "Ja - ich bin schlecht, ich gehöre in die Klapse". So gings mir damals auch und es hat schon gedauert bis ich dank meines Arztes und der Therapie wieder vom Gegenteil überzeugt war. Mit der Stärkung meiner Persönlichkeit und meines Selbstverttrauens in der Therapie, wurden die ZG immer kleiner bis ich mir wieder SICHER war: Ich bin eine tolle Mama, die ZG sind nur lästige Gedanken die nicht das bedeuten, was sie als Inhalt haben!

Welche Dosis nimmst du und wie bzw. wann sollst du steigern?

Machst du begleitend eine Therapie? Das ist neben dem AD das Um und Auf bei ZG. Du lernst da sehr gut mit den ZG umzugehen und sie im Endeffekt auch los zu werden.

Ich erkrankte vor nun schon 6 Jahren an einer schweren PPD mit ZG - es war die Hölle. Aber mit AD und Therapie bin ich heute wieder gesund. Ich nehme zwar noch mein AD in geringer Dosis weil ich eine chronische Stoffwechselstörung der Botenstoffe seit der PPD im Gehirn habe - aber das muss bei dir nicht so kommen. Du hast die Chance irgendwann wieder ganz gesund ohne AD zu werden. Das setzt aber viel Arbeit in der Therapie und auch die konsequente und ausreichend lange Einnahme deines AD´s voraus.

Noch ein Buchtipp zu ZG:

"Der Kobold im Kopf - die Zähmung der ZG" von Lee Baer

Kann man gut über www.amazon.de bestellen.

Mir hat das Buch super geholfen, weil alles über ZG genau erklärt wird!!!!

Meld dich gerne wieder - bin immer für dich da!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Sheeeee

Liebe Marika,

Beitrag von Sheeeee »

Ich danke dir sehr für deine tröstende Antwort. Es ist ein sehr beschissenes Gefühl, daran zu zweifeln, sein geliebtes Kind NICHT umbringen zu wollen! Alleine wenn ich das schreibe, komme ich mir vor, wie eine völlig kranke Psychopathin. Nachdem ich nun unterwegs war bei vielen Ärzten und dann gestern von meinem HA in die psychiatrische Klinik geschickt wurde, wurde dort verordnet, dass ich eigentlich 3 Tage lang 5mg einnehme und dann auf 10mg steigern. Die erste Tablette die ich einnahm bekam ich direkt von der Ärztin. Zu Hause bemerkte ich, dass sie mir 10mg gab (versehentlich) und das war wohl bissel viel des Guten für den Einstieg. Ich such dringend einen Therapieplatz und habe gestern 77! Therapeuten angerufen und aufs Band geredet. Bisher nur 1 Zusage für Erstgespräch. Mein allergrößtes Problem ist aber die Angst, mit meinem Sohn alleine zu sein! Ich habe Angst ihn ins Bett zu bringen und dann überkommt es mich oder im Schlaf oder so? Noch schlimmer die angst seit ich Freitag von der Frau gehört habe, die ihre 2 Töchter bei Stade getötet hat. Manchmal zweifle ich, ob ich nicht schon eine Psychose habe, obwohl ich ja weiß, das ich den scheiß nur denke... es ist so erniedrigend!
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hey du,

ich drück dich mal fest! Ich weiß genau wie es dir gerade geht, denn wie schon gesagt - all das - wirklich ALLES - kenne ich auch. Gerade das Alleine sein mit dem Kind wird dann zu einem echten Horrortrip, weil man ständig denkt - "was ist wenn ich es doch tue, oder ich den Verstand verliere und unter eine Psychose sowas mach". Diese Verunsicherung ist ganz schlimm, ich weiß. Aber bitte glaub mir: Du hast "nur" ZG - das ist NICHT DAS SELBE WIE EINE PSYCHOSE und mit Sicherheit hat die Frau die ihre Kinder getötet hat, KEINE ZG gehabt!!!! Es ist bewiesen, dass Menschen die wirklich schlimme Dinge tun ganz andere psych. Erkrankungen, Deffizite bzw. Auffälligkeiten haben als wir mit ZG. Und das paradoxe daran ist, dass wirkliche Täter sich alsl "normal" fühlen, wir aber die absolut nicht verrückt sind oder gefährlich oder gar Psychopathen sind - wir denken wir seien schlecht und eben abnormal!!!

Ein Psychopath z.B. kennt kein schlechtes Gewissen, keine Angst oder Mitleid. Diese Menschen sind meist nur auf sich bezogen, andere Menschen sind nur Mittel zum Zweck - Liebe kennen sie nicht. Na - findest du dich in dieser Beschreibung - MIT NICHTEN, oder!!!! :wink:

Eine Psychose äußert sich auch anders als ZG. Die Betroffenen meinen Dinge zu hören und zu sehen, die aber nicht da sind - nur denken sie - SIE seien ganz normal und alle ums sie rum sind verrückt! Auch hier findest du dich nicht, gell Süße! :idea:

Du hast lediglich die "Angst eine Psychose zu bekommen" und so nicht mehr Herr bzw. Frau deines Handelns zu sein. Aber auch hier kann ich dich beruhigen: Du hast eine Zwangserkrankung die bereits behandelt wird und kann nicht einfach so eine Psychose entstehen. Die Angst und die ZG spielen dir hier diesen schlimmen Streich - sie suggieren immer wieder "Aber was ist, wenn doch..." das ist der Mist an diesen Gedanken, die diesen grauenhaften Leidensdruck verursachen. ABER: GEFÄHRLICH SIND WEDER DIE GEDANKEN, NOCH DIE MENSCHEN DIE SIE HABEN!!!! Im Gegenteil: Menschen mit ZG sind noch vorsichtiger, umsichtiger, liebevoller, gefühlvoller, sensibler als Gesunde - also wie mein Psychiater sagte: "noch weniger gefährdet jemals etwas Schlimmes zu tun, als Gesunde". Denn jeder Mensch auf der Welt trägt ein minimales Risiko plötzlich "Verrückt" zu werden, aber NICHT im Rahmen einer Zwangserkrankung, genau so wie jeder Krebs bekommen kann. Diese Risiko ist aber verschwindend gering - und bei uns "Zwänglern" ist es NACHWEISLICH noch geringer als bei gesunden Menschen!!!!! :idea: Das geht aus allen Forschungen und Studien hervor. Auch wenn es sich für uns genau umgekehrt anfühlt.

Eine Psychiatern die eine Frau hier aus dem Forum behandelte, sagte mal zu ihr:
"Wenn sie ihr Kind in größtmöglichster Sicherheit wissen wollen, geben sie es in die Obhut eines ZG erkrankten Menschen" :idea: :idea: :idea:

Ich weiß, dass das alles im Moment für dich sehr schwer zu glauben bzw. zu fühlen ist. Der Zwang ist einfach sehr mächtig und versucht dich immer wieder zu verunsichern. Sehr gut, dass du nach einem Therapieplatz suchst, ich hoffe du bekommst bald Nachricht!

Hier hab ich noch eine kleine Übung, die sehr hilft bei ZG - du machst sie immer wenn ein ZG kommt - dann sagst bzw. denkst aktiv folgendes:

"O.k., du bist ein ZG, ich stell dich jetzt mal beiseite und konzentrier mich auf das, was ich grad wirklich tue (z.B. Spielen mit deinem Kind).Dann tust du das auch, konzentrierst dich auf das Hier und jetzt. Wenn wieder ein ZG sich aufdrängt (und das tun die Biester am Anfang gaaaanz oft), beginnst du wieder von vorne, das ist eine Übung aus der kognitiven Verhaltenstherapie. Wichtig dabei ist: Du musst immer bewußt den ZG als solchen ERKENNEN, ihn auch in deinen Gedanken zulassen, ihn anschauen und sagen: Du bist ein ZG!!!!! Das ist ganz wichtig, das BENENNEN!!!! Damit lernt dein Gehirn nicht mehr über zu reagieren mit Angst, wenn ein ZG kommt, es erkennt mit der Zeit von selber, das es nur ein harmloser ZG (also Gedankenmüll) ist und filtert diesen aus. Jetzt mußt du das noch mühsam halt selber machen und wieder lernen in diesen Übungen, aber diese führen dazu, dass sich dieser Prozess von selber wieder einstellt, wie bei gesunden Menschen.

Ich habe solche Übungen lange, lange gemacht, immer wieder und nicht aufgegeben. Wenn du die Übung bei jedem ZG machst, merkst du nach 2 Wochen einen Erfolg!!!!!
Aber da mußt du wirklich JEDEN TAG bei jedem ZG genau das praktizieren. Nach diesen harten 2 Wochen, merkst du eine deutliche Verbesserung und kannst immer besser und leichter arbeiten. Das AD wird auch dabei helfen!!!

Versuchs, auch wenn es schwer ist am Anfang!!! Nicht verdrängen, versuch dich den Gedanken zu stellen!
Liebe Grüße von
Marika

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schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Sheeeee

Beitrag von Sheeeee »

Ich schicke dir 1000 fette umarmungen und küsse für deine beruhigenden worte. Ich weiß, dass ich meinem kind nie was schlechtes tun könnte/würde. Als ich gestern Nacht mit diesem Zwansgedanken wach geworden bin hatte ich quasi eine Panikattacke, die sich bis heute morgen hinzog. Ich habe gezittert und mir war absolut unwohl. Ich konnte nicht mal normal weiterschlafen sondern habe mir erst mal etwas zur Beruhigung eingetrichtert (was mir die Ärztin mitgegeben hat). Der Vater meines Kindes hat bei uns übernachtet worüber ich einerseits froh war, aber andererseits habe ich wieder total blöde Zweifel, ob ich nicht durchgedreht bin, nur weil er da war. Klingt blöd, ist aber so. Wir haben eine ganz unstabile Beziehung und ich mache mir Vorwürfe, ob ich nicht irgendwie unverarbeiteten Hass auf mein Kind projeziere oder so und dadurch solche ZG bekomme. Aber ich liebe mein Kind doch, ob mit oder ohne seinen Vater. Mir machen auch solche Berichte über alleinerziehende die abdrehen totale Angst, ob mir das auch in Trennungssituationen (die es bei uns fast zu häufig gab, wo es mir auch absolut schlecht ging) passieren könnte (Gott bewahre!). Wir lieben uns schon, doch möchte ich nie z.B. durch eine endgültige Trennung von ihm, zu der es viell. kommen kann, viell. auch nicht zur Psychopathin werden.
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Marika
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Beitrag von Marika »

Du wirst nicht zu einer Psychopathin werde, ganz sicher nicht.

Auch deine nicht ganz stabile Partnerschaft macht dich nicht zu einem "gefährlichen Monster", glaub mir! Du hast eine gemeine Krankheit bekommen, an der viele Menschen in der Welt - auch Männer und Frauen und Kinder haben ZG und Zwänge - leiden.

Sehr gut, dass du so ein Beruhingsmittel daheim hast, ich habe das auch in der ersten schweren Zeit bis das AD gewirkt hat, genommen.

Ich drück dir fest die Daumen, dass du bald auch eine gute Therapie bekommst, denn gerade bei ZG ist das wichtig. Und zwar deshalb weil du selber merkst, wie der Zwang dir immer wieder neue Sachen einreden kann - z.B. jetzt gerade ob deine Beziehung zum Kindesvater dich zur Psychopathin werden lassen könnte. Und dann kommt unglücklicherweise noch diese furchtbare Geschicht mit der alleinerziehenden Mutter - fertig ist der ZG-Cocktail und es ist sehr schwer auszusteigen. In einer Therapie wirst du ganu DAS lernen. Versuche bis dahiin vielleicht meine Übung zu machen, vielleicht magst du auch mal nach dem Buch schauen!!!

Alles Liebe!!!!
Liebe Grüße von
Marika

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Sheeeee

Beitrag von Sheeeee »

Das Buch habe ich jetzt in 2 Tagen durchgelesen und es ist echt super! Hab bereits auch einige Termine fürs Erstgespräch, heute abend das erste. Ich habe noch 2 Therapieangebote, die allerdings tiefenpsychologisch sind, nicht Verhaltenstherapie! Sind die auch geeignet für unsere Krankheit?`
Ich hab noch mal eine Frage: Ging es dir auch, abgesehen von ZG so, dass du gerade morgens kaum aus dem Bett gekommen bist und nur gezittert hast? Mir geht es gerade morgens total schlecht! Warum ist das so?
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Beitrag von Marika »

Hey - wow, da haben wir ja eine echte Kämpferin vor uns, die nicht nur ein wunderbares Herz und, Mut und Kampfeswillen beweißt, sondern auch SIEGEN will!!! Was du da alles in so kurzer Zeit auf die Beine gestellt hast trotz deinem enormen Leidensdruck im Moment ... das können und tun nur Kämpferinnen!!!! :D Heute schon einen Termin - WUNDERBAR, das Buch schon gelesen - HERVORRAGEND, zur Überbrückung ein Beruhigungsmittel genommen - eine sehr KLUGE ENTSCHEIDUNG!!! Das ist genu DER Weg der zum Gesund werden führt gerade wenn es um ZG geht. Du kannst super, super stolz auf dich sein!!!!

Zu deiner Frage: Du erlebst wie ganz viele mit einer psych. Erkrankung das so genannte "Morgentief". Ich hatte das ebenfalls, genau wie du es beschreibst. Der dafür liegt im Botenstoff "Serotonin", der über Nacht abgebaut wird und am frühen Morgen seinen niedrigsten Stand erreicht hat. Bei Gesunden fällt das nicht weiter auf, denn das Serotonin erhöht sich sehr schnell und wir sind munter, gesund usw. Bei uns aber passiert genau das nicht in der Form. Wir haben eh schon einen zu niedrigen Serotoninspiegel und wenn der über Nacht auch noch fällt, ist logisch was am Morgen los ist: Panik, Angst, Zittern - die ganze Palette. Und leider erhohlt sich unser Serotonin über den Tag auch nicht in der gewünschten Höhe wie bei gesunden - Ergebniss: Depressionen, Angst-Panik-Zwangsgerkrankungen. Cipralex aber greift genau dort ein, es verhindert, dass dein Serotonin zu schnell in den Blutkreislauf verschwindet, was jetzt noch passiert. Aber das dauert eine Weile, der Wirkstoff in Cipralex der das dann übernimmt, muss sich erst langsam aufbauen. Was hast du für ein Beruhigungsmittel bekommen? Du könntest es ja auch morgens zur Überbrückung nehmen, damit dieses Morgentief aufgefangen wird.

Zur Therapieform: Tiefenpsychologische Therapien alleine sind nicht zielführend bei Zwängen. Eine Verhaltenstherapie aber auf jeden Fall - noch besser wäre eine Kombination aus beiden Formen. Ich hatte damals das Glück, dass mein Psychiater beides anbot. Meine Therapie war also eine solche Kombination aus ca. 10 % Tiefenpsychologie und 90 % Verhaltenstherapie. Bei der Tiefenpsych. Form schaut man in die Vergangenheit, schaut was passiert ist, dass du krank geworden bist. Das ist ansich nicht unwichtig, weil du so VERSTEHEN kannst, warum es so kam wie es nun ist. Aber nur in die Vergangenheit schauen bringt dich naturgemäß bei Zwängen und ZG dann nicht zum Ziel - dazu brauchst du den Verhaltenstherapeutischen Teil. Dort lernst du dann aktiv deine zwanghaften Verhaltensmuster zu erkennen und sie abzulegen - sprich du lernst, nicht mehr zwanghaft zu denken. Da gibts dann ein Palette von solchen Übungen, die ich dir beschrieben habe. Sie trainieren das Gehirn dahin um, eben NICHT mehr zu "zwängeln", sondern in "normalen Bahnen" zu denken.

Nimmst du schon 10 mg Cipralex? Es kann sein, dass du Dosis noch um einiges erhöhen mußt, da gerade bei ZG alle Studien zeigen, dass eine recht hohe Dosis sehr gut anschlägt. Ich nahm damals sogar 30 mg, bis ich endlich stabil wurde. Heute sind es nur noch 10 mg... :D

Meld dich wieder, ja - würd mich interessieren, wie dein Erstgespräch war!
Liebe Grüße von
Marika

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Sheeeee

Beitrag von Sheeeee »

Ab morgen soll ich auf 10mg steigern. Ich habe Angst, weil es mir heute morgen nicht sonderlich gut ging aber das wird schon irgendwie! Bin gerade von meinem Erstgespräch wiedergekommen und mir ist ein riesen Haufen von Felsbrocken vom Herzen gefallen. Ich fühle mich echt erleichtert, vor allem weil der Psychotherapeut mir gesagt hat, dass "er nicht glaubt, dass ich meinem Kind was antun werde!" nicht dass mir das vorher nicht schon klar war aber wenn man so im Ars** ist, dann sieht man echt den Wald vor lauter Bäumen nicht. Er meinte diese Gedanken oder "Fantasien" wie er es nannte sind nur das Bedürfnis einer Seite von mir, etwas in meinem Leben zu verändern! Ich war positiv überrascht, weil er damit den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Er meinte viell. gehe ich raus aus der Praxis und falle wieder ins alte Grübeln, aber das hoffe ich nicht. Mich hat das sehr beruhigt, was er da zu mir sagte, immerhin ist er Fachmann und ich kenne mich selber immerhin auch! Ich bin echt wahnsinnig froh, dass ich diesen Schritt heute gewagt habe! Morgen früh gleich das nächste Erstgespräch aber ich hab das Bauchgefühl, das ich da bleibe wo ich heute war. So ein Glückstreffer hat man im Leben selten! Natürlich wird mir etwas mulmig, wenn ich mit dem Kleinen allein sein soll, aber das packe ich auch! ICH LIEBE MEINEN SOHN SOOOOO SEHR! Ich heule hier das erste mal seit Tagen vor Freude! Ist das schön! Dir auch vielen vielen Dank! Auch du hast mir sehr geholfen.
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallo,

ich freu mich, dass alle so gut gelaufen ist und drück auch heute nochmal die Daumen fürs Gespräch.

Hab keine Angst vor dem Steigern, erfahrungsgemäß werden die Symptome am 10 mg Cipralex recht schnell schon besser und diese blöde Erstverschlimmerung verschwindet. Sie tritt am heftigsten beim Einstieg mit 5 mg auf, danach ebt sie ab.

Berichte gerne weiter, wenn du magst - gerade was heute raus gekommen ist.
Liebe Grüße von
Marika

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Sheeeee

Beitrag von Sheeeee »

Heute war auch prima. 10mg eingeschmissen, etwas das Gefühl in Watte gepackt zu sein aber alles in allem gehts aufwärts. 2. Therapeutin war sehr nett, erkannte dieselbe Problematik, wie alle bisher und empfahl mir aber besser zu einem Mann zu gehen, da in meiner Vorgeschichte Männer viel Stress verursacht habe (damit ich auch mal Vertrauen fasse). Nochmalige Bestätigung, dass das alles nur Phantasien waren, da kein Ventil vorhanden war, Aggresionen & Stress abzubauen! Aber nicht ggü. meinem Kind sonder im Umfeld. Habe so einiges nachgedacht und mir ein neues Problem zurechtgesponnen aber da kannst du mir bestimmt auch weiterhelfen. Ich frage mich, ob die Impulskontrolle ggü. der ZG auch so wunderbar funktioniert, wenn man Alkohol getrunken hat. Natürlich habe ich diesbzgl. kein Problem aber ich würd sagen, dass es jedem mal passieren kann, dass man mal ein Glas zu viel trinkt, z.B. reicht bei mir 1 Glas Glühwein an Weihnachten oder so schon aus. Hat man sich da auch diesbzgl. noch unter Kontrolle oder kann dann da was aussetzen? Habe mich so in dem Gedanken festgefahren und möchte eigentlich nur aus Interesse herausfinden, ob man als ZG-geplagter oder ehemals ZG-geplagter solche Situationen meiden muss? Oder können dann die ZG wieder ausbrechen wenn man sie schon lange los ist?
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallo,

prima, dass auch die 2. Sitzung gut verlaufen ist.

Zum Alkohol: Ich trinke sehr gerne mal ein Bierchen oder Wein - auch mal 2 oder 3.... :lol: da passiert bei mir gar nix negatives. Ich darf auch ausdrücklich Alkohol trinken, lt. meinem Psychiater, auch was die Wirkung zusammen mit dem AD angeht, kein Problem. Kein "Zwänlger" muss irgendwelche Situationen "vermeiden" - im Gegenteil, nimm am richtigen Leben teil und trink ruhig mal ein Gläschen. Deswegen wirst du nie und nimmer austicken - hab dir eh schon geschrieben, dass bei uns die Impulskontrolle noch viel besser funktioniert als bei Gesunden, es sind nur die ZG die dir einreden, du könntest evlt. durch irgendetwas deine Kontrolle verlieren - aber das wirst DU NICHT!!!! Anders ist das natürlich z.B. bei wirklichen Psychopathen, die werde mit Alkohol oder Drogen u.ä. natürlich zur tickenden Zeitbombe, wir aber auf gar keinen Fall. :wink:

Wenn man mal ZG hatte, können sie ein Leben lang wieder auftreten, das ist etwas dass du akzeptieren mußt. Gerade wenn man Stress hat, zuwenig auf seine Bedürfnisse achtet bzw. in alte krankmachende Verhaltnesmuster zurückfällt usw., kann das zu einem neuen Aufflammen führen. Das passiert aber oft den jenigen, die ihr AD wieder abgesetzt haben. Ich habe das letzten Sommer erlebt, ich hatte aber zu diesem Zeitpunkt mein AD völlig abgesetzt - es kamen also mehrere Faktoren zusammen. Ein Rückfall ist eigentlich fast nur denkbar, wenn man gesund wurde und das AD abgesetzt hat. Mit dem AD ist ein aufflammen der ZG wenn man erst mal stabil wurde, fast ausgschlossen. Bis dahin kann es aber immer mal zu Tiefs mit ZG kommen, es dauert eine ganze Weile, bis man mit Therapie und AD stabil wird - das heißt keine ZG, Panik usw. mehr hat. Stell dich darauf einfach ein, dann wirst du solche Phasen leichter packen.

Das Gefühl von "Watte" ist auch völlig normal und kommt vom AD... nicht mal soooooo unangenehm, oder???? :lol: Das vergeht aber und in ein paar Wochen wirst du dich fühlen, als wäre alles ganz normal! :D
Liebe Grüße von
Marika

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Sheeeee

Beitrag von Sheeeee »

Aber es ist doch bestimmt auch möglich, auch ohne AD ZG-frei zu lben oder etwa nicht? Das wäre meine liebste Kombination! :-)
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Beitrag von Marika »

Ja, es ist schon möglich auch ohne AD keine ZG, Angst, Panik oder Depression mehr zu haben. Ich selber hatte ja diese Phase von 9 Monaten. Es ist aber so, dass wenn man einmal mit ZG oder Depressionen, Ängsten usw. zu tun hatte, man ein erhöhtes Risiko trägt, dass diese Krankheitsbilder zurück kommen können - jederzeit - und das eben wenn man zuviel Stress hat, zuwenig auf sich achtet usw. Es ist ganz einfach so, dass wir einfach ein erhöhtes Risiko haben, sowas wieder zu bekommen, wenn wir wieder gesund sind und kein AD mehr nehmen. Es muss nicht zwangsläuftig so kommen, aber aus Studien geht eben hervor, dass das Risiko erhöht ist.

Da ich ja einen Rückfall erlitten habe, ist für mich die Chance bereits auf nur noch 40 % gesunken, je wieder ohne AD gesund zu bleiben. Ich muss mein AD nun ohne Unterbrechung mind. 4 Jahre nehmen (1 Jahr nehme ich es nun schon wieder seit meinem Rückfall - davor nahm ich es 4,5 Jahre). Dann könnte ich nochmal einen Absetzversuch wagen, aber ehrlich - ich glaube nicht, dass das klappen wird. Mein Doc aber meint, er will es auf jeden Fall nochmal versuchen. Wenn man mal einen Rückfall wie ich erlitten habe, muss das AD mind. 5 Jahre genommen werden, um nochmal ein Absetzen mit größtmöglichstem Erfolg zu versuchen.

Aber du bist jetzt mal am Anfang, konzentrier dich auf das Gesund bzw. Stabil werden - der Rerst ergibt sich dann!
Liebe Grüße von
Marika

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