Meine Geschichte: PPD und keine Unterstützung vom Partner!

Hier können sich unsere Mitglieder vorstellen

Moderator: Moderatoren

Antworten
Samudra

Meine Geschichte: PPD und keine Unterstützung vom Partner!

Beitrag von Samudra »

Hallo an Alle!

Mein Sohn wurde im Oktober 2009 geboren. Zwei Wochen nach der Geburt fing es dann an, daß es mir sehr schlecht ging. Zuerst habe ich gedacht, das sei normal, das gehört dazu. Ich war völlig erschöpft, hab nur noch geheult und wollte mein altes Leben wieder zurückhaben. Eine tiefe Bindung zu meinem Sohn wollte sich ebenfalls nicht einstellen. Ich habe zuerst versucht, mit meinem Partner darüber zu reden. Er zeigte ein absolutes Unverständnis, ich solle mich zusammenreissen und diese ganzen Sprüche. Er hat mich sogar noch fertig gemacht, wenn ich in der Nacht weinte und vor Erschöpfung nicht mehr leben wollte. Trost habe ich überhaupt nicht von ihm bekommen. Er fing dann auch an, mir nicht mehr recht zu trauen, was den Umgang mit unserem Sohn anging. Es begann damit, daß er immer versucht hat, mir die Schuld zu geben, wenn mit dem Kleinen irgendwas los war, wenn er zum Beispiel Bauchweh hatte und schrie und dergleichen. Immer hab ich zuerst einen auf den Deckel bekommen. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Als ich versucht habe, mit Freunden über meine Traurigkeit zu reden und daß ich mit meiner Mutterrolle irgendwie nicht glücklich bin, wollte das keiner hören. Auch andere Mütter nicht, bei denen immer „alles super“ lief. Ich konnte das irgendwann nicht mehr hören und dachte, nur ich bin diejenige, die Probleme hat. Also hab ich meinen Zustand weitere Monate hingenommen. Die PPD wurde erst im August 2010 diagnostiziert und ich wurde medikamentös auf Mirtazapin eingestellt. Mir wurde natürlich auch eine Psychotherapie empfohlen, ich war aber zu der Zeit nicht Willens, mich darauf einzulassen und hatte zudem einen Umzug zu bewältigen. Die Ärztin, mit der ich etwa fünf Termine hatte, hat das Uni-Klinikum dann leider verlassen und ich wurde von einem Arzt zum anderen geschickt. Am Ende bin ich dann in einer Art offenen Sprechstunde gelandet, der Horror. Die haben mich teilweise behandelt wie eine Verrückte. Keine Ahnung von der PPD gehabt, mir immer nur wieder das Rezept ausgestellt. Auf Dauer hatte das Mirtazapin nicht die erwünschte Wirkung, ein Medikamentenwechsel mißglückte komplett. Also sollte ich die Dosis erhöhen. Bei 30 mg traten nach einer Weile dann so starke und auch paradoxe Nebenwirkungen auf, daß ich zweimal erfolglos versucht habe, das Mittel auszuschleichen. Zu den Ärzten hatte (und habe) ich absolut kein Vertrauen mehr. Im Sommer 2011 habe ich es dann geschafft, das Mirtazapin komplett abzusetzen. Ich habe es durch sehr hoch dosiertes Johanniskraut ersetzt. Danach ging es mir eine zeitlang wieder sehr gut, ich war superglücklich und konnte das Leben endlich wieder ohne diese permanente Medikamentendämpfung erleben. Ich dachte, alles sei nun überstanden.
Durch einen herben Schlag und wohl auch durch das leere „AD-Depot“ in meinem Hirn habe ich im September dann einen Rückfall erlitten. Ich habe während meiner zweijährigen Elternzeit meinen Arbeitsplatz verloren. Eigentlich wollte ich im Januar 2012 wieder dort anfangen, nun stehe ich vor dem Nichts. Seitdem geht es mir schlechter, mich plagen Existenzssorgen und Zukunftsängste.
Zudem machen mich die Probleme mit meinem Partner fertig. Seit es mir wieder nicht mehr so gut geht, hackt er auf mir herum. Ich hatte anfangs, als die Diagnose feststand, versucht, ihm zu erklären, was die PPD denn ist. Er hat es nicht verstanden. Für ihn ist das alles eine Frage des sich-im-Griff-habens (kann ich jetzt nicht besser ausdrücken). Und wenn es mir schlecht geht, hab ich mich dann seiner Meinung nach eben nicht im Griff. Er hat mich in den neun Monaten, in denen ich das Mirtazapin genommen habe, auch nicht ein einziges Mal gefragt, wie es mir damit geht. Für ihn war und ist nur wichtig, daß ich funktioniere.
Mir macht das alles extrem zu schaffen. Die Depression, die sich verstärkt, wenn ich Streß habe mit meinem Partner, die Zukunftssorgen, die Ausweglosigkeit aus dieser Situation.
Zur Zeit versuche ich, meinen Sohn vormittags in eine Betreuung zu geben, damit ich am besten mehrmals pro Woche eine Psychotherapie machen kann. Aber auch ein Klinikaufenthalt kommt mittlerweile für mich in Frage. Irgendwas muß passieren, so geht es nicht mehr weiter. Bin verzweifelt.

Ich freue mich, dieses Forum gefunden zu haben und zu sehen, daß ich nicht allein bin. Ich danke Euch fürs Lesen.

Samudra
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 10636
Registriert: 04:06:2005 16:05

Beitrag von Marika »

Liebe Samudra,

sei ganz herzlich bei uns Willkommen - ich hoffe du fühlst dich wohl und verstanden. Es tut mir sehr leid, dass es dir im Moment wieder so schlecht geht und es tut weh zu lesen, dass dein Partner nicht versteht und somit keine Hilfe für dich ist.

Ich kann sehr gut verstehen, wie du dich im Moment fühlst und ich bin froh, dass du hier bei uns dein Herz auschütten kannst. Du hast aber bereits gut erkannt, dass du dringend Hilfe brauchst und das ist schon mal ein sehr wichtiger Schritt - wenn nicht überhaupt der Wichtigste. Gerade ein Klinikaufenthalt hat schon vielen Frauen hier geholfen, die erste schlimme Zeit gut zu überstehen und dann nach einigen Wochen im Alltag - unterstützt und begleitet durch Therapie - langsam wieder Boden unter den Füßen zu gewinnen.

Auch medikamentös ist noch ganz viel drinn - mit Mirtazapin hast du ein AD bekommen, dass man eher älteren depressiven Menschen gibt. Ich hatte es am Anfang meiner PPD auch, aber auch ich habe es abgesetzt und dann mit einem ganz anderen AD wunderbare Erfolge erzielt.

So schwer das im Moment jetzt auch ist - es ist auch eine Chance für deine Beziehung. Dein Mann wird lernen und verstehen MÜSSEN, oft bauen gerade Männer sich diesen Schutzpanzer auf der aus "das ist keine Krankheit, du mußt dich nur zusammen reißen" besteht. Sie haben schlicht Angst und das können sie sich natürlich nicht eingestehen. Daher besser die Scheuklappen auf und geht schon. Aber diese Fassade wird einstürzen, wirst sehen - er wird sich mit der Tatsache auseinder setzen müssen. Auch meinem Mann ist es nicht immer leicht gefallen, diese Erkrankung auch als solche zu sehen, aber hat gelernt - er mußte es um unsere Beziehung aufrecht zu erhalten. Sonst wären wir gescheitert. Irgendwann hat er mit Tränen in den Augen gestanden: "Ich habe solche Angst"... :idea:

Ich möchte dir raten, jetzt DEINEN WEG weiter zu gehen, dir einen guten Therapeuten oder evlt. noch besser in deinem Fall einen Klinkaufenthalt anzusteuern - GEGAL WIE DEIN MANN DAZU STEHT. Das tut natürlich weh, sollte er nicht sofort am gleichen Strang ziehen, aber es ist nötig das für DICH zu tun. Auch ich mußte eine zeitlang genau so "leben" - aber schlußendlich hat mein Mann erkannt, um was es geht und begriffen. Es gibt hervorragende Möglichkeiten ein wunderbares Leben zu leben. Meine PPD liegt schon fast 7 Jahre zurück und es war ein harter Weg. Heute bin ich nicht nur wieder gesund, es geht mir sogar besser als je zuvor in meinem Leben. Meine Depression ist leider chronisch geworden, was bedeutet, dass ich mein Leben lang auf mein AD angewiesen bin. Aber ich lebe damit, als wäre ich nie krank gewesen. Ich liebe mein Leben, meinen wunderbaren Sohn und meinen Mann und deshalb bin ich einfach nur dankbar, dass diese Erkrankung mit den richtigen Medikamenten und Therapien so gut begleitet werden kann.

Für Fragen bin ich immer gerne für dich da!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
scaramouch

Beitrag von scaramouch »

Hallo meine Liebe

auch von mir ein herzliches Willkommen. Es ist schlimm für mich zu lesen, dass dein Partner kein Verständnis aufbringen kann und vermutlich auch nicht will :roll:
Indem er dich dann noch runter macht und dir für alles die Schuld gibt, heizt er die PPD auch noch unnötig an, das ist Gift für dich!!!

Als bei mir die PPD ausbrach vor knapp 2 Jahren, reagierte mein Mann auch sehr verständnislos und negativ darauf, so nach dem Motto: Wie kannst du so rumheulen, du hast 2 gesunde Kinder bekommen und wir sind doch glücklich.
Das es eine Krankheit ist, für die ich nichts konnte bzw. die durch viele schlimme Ereignisse kam, hat er erst später kapiert nachdem mein Arzt ihm den Kopf gewaschen hat.
Wir standen teilweise kurz vor der Trennung in dieser Phase :cry:

Und plötzlich hat er sich von jetzt auf gleich um 180 Grad gedreht, hat intensiv mit mir und meiner Krankheit umzugehen gelernt und mir auch oft in den Hintern getreten.

Heute sind wir wieder unheimlich happy zusammen und so verliebt.

Vielleicht sollte dein Mann sich auch mal den Kopf waschen lassen von einer Fachperson. Manchmal wirkt das Wunder.

Und du bist bei uns ganz gut aufgehoben. Wir finden auch für dich eine lösung!!!

Grüsse
scara
Hasenpfote1983

Herzlich willkommen!

Beitrag von Hasenpfote1983 »

herzlich willkommen Liebes,

oh man ich kann das alles so gut nachvollziehen. Mein Partner war zwar nicht ganz so krass wie deiner, aber auch er konnte das alles nicht verstehen und nahm es auf die leichte schulter. vielleicht bittest du mal deinen freund sich in ruhe diese seite oder irgendeine andere infoseite durchzulesen, damit er es ein wenig besser versteht. aber es ist so wie es ist: die menschen die diese krankheit nicht haben, werden es natürlich nie komplett verstehen, wie sollen sie denn auch? Versuche ihm die Seiten näherzubringen. Ich hatte auch große Probleme mit meinem Freund und stand wirklich kurz davor mich zu trennen und habe das meinem freund auch so gesagt. Dann bekam er panik und ab da an ging es aufwärts. leider muss es manchmal so weit kommen. erpressen soll man seinen freund nicht, aber ihm sagen, dass man so nicht weitermachen kann.

ich musste auch 2 mediwechsel in anspruch nehmen. erst bekam ich paroxat, aber das dämpfte mich total und stumpfte mich super ab. ekliges gefühl. dann bekam ich citalopram und das nehme ich bis heute. vielleicht kannst du dir das auch verschreiben lassen. ich nehme das medi jetzt immer abends, weil ich gemerkt habe, dass ich tagsüber davon müde und gedämpft bin. seitdem ich es abends nehme, gehts mir echt besser. toi toi toi. und was super Wichtiges: höre auf dein Inneres!! Das was du willst! Das was du KANNST! Ich musste auch lernen an mich zu denken und nur das zu tun, was mir gut tut. Das ist ein Lernprozess. Für andere ist man dann vielleicht sofort egoistisch, aber da muss man durch. Wenn mir irgendwas zu stressig erscheint, dann sage ich das auch ab, egal wie sehr mich das schlechte gewissen plagt. aber das musste ich auch von tag zu tag langsam lernen. höre NUR auf dich! denn nur wenn es dir gut geht, gehts deinem kind auch gut. bei dir fängt alles an und du darfst auch ruhig mal genervt von deinem kind sein und mal einfach nur lust haben alleine zu sein. nehme dir das recht. das ist ganz normal. hast du eltern oder schwiegereltern, die dich auch mal entlasten können? ich musste auch sehr lange auf einen therapieplatz warten. hatte dann keine lust mehr auf die warterei und habe mir selber eine therapeutin gesucht, die ich selbst bezahlen musste, aber das geld war mir meine gesundheit wert!!! das tat so gut!! ich musste erst einmal die woche zu ihr hin und dann alle zwei wochen einmal. erst dachte ich, das ist mir alles zu teuer, aber das ist eigentlich schwachsinn, denn bevor man sich was materielles anschafft, sollte man doch erst mal was für seine gesundheit tun.

hier hast du immer ein offenes ohr für deine sorgen und ängste. hier bist du nicht allein!! und denke immer daran: du bist eine tolle, starke frau und eine tolle Mutter. denn nur starke menschen suchen sich hilfe, wenn sie merken sie schaffen es nicht allein! Du bist du! Ich wünsche dir ganz viel kraft und glaube mir, irgendwann wird es dir besser gehen! 100%
Samudra

Beitrag von Samudra »

Hallo Ihr Lieben,

ich danke Euch für Eure Antworten.
Bei mir ging es drunter und drüber, Kind krank, ich krank, danach Partner krank. Und nun kränkelt mein Sohn schon wieder. Außerdem mußte ich für mich selber erstmal einige Sachen klarkriegen im Kopf. Deswegen meine späte Antwort.

Im Moment glaube ich, daß meine miserable Partnerschaft einen großen Anteil an meiner Krankheit trägt. Ich denke, es ist kaum etwas zu retten davon. Daß er in diesem Leben zu einer Einsicht gelangt, halte ich für unwahrscheinlich. Eine der wenigen Möglichkeiten wäre, daß tatsächlich jemand vom Fach an ihn herantritt und ihm erklärt, was los ist. Aber ich weiß was dann kommt: Vorwürfe seinerseits, was ich den Ärzten denn bitte erzählt hätte über ihn. Da ist er sehr empfindlich, um nicht zu sagen es ist krankhaft, daß es ihm so wichtig ist, was andere über ihn denken (außer ich). Manchmal glaube ich, nicht ich bin krank, sondern er. Es gibt nämlich noch andere Dinge bei ihm, die im klinischen Sinne auffällig sind (extrem Kontaktscheu, keine Freunde, Pedanterie, Projektion von negativen Gefühlen auf mich).

Für mich strebe ich jetzt eher eine Therapie an als einen Klinikaufenthalt. Ich hab mich außerdem gefragt, wo mein Kind während eines Klinikaufenthaltes bleiben soll. Vielleicht kann das jemand beantworten.
Mit dem Gedanken, wieder ein chemisches AD zu nehmen, tue ich mich schwer. Zur Zeit komme ich ganz gut mit dem Johanniskraut klar. Es deckelt aber nicht alle negative Gefühle so gut ab, daß muß ich zugeben. Sobald ich merke, daß meine Gefühle wieder Grenzen überschreiten, werde ich wieder auf ein chemisches AD zurückgreifen, diesmal aber ein SSRI. Ich hatte immer den Eindruck, das Mirtazapin wirkt stärker auf Noradrenalin und fast überhaupt nicht auf Serotonin.

Tja, und so laufen bei mir jetzt gerade einige Tage ganz gut und an einigen Tagen bin ich so gereizt und durch das alles manchmal auch wütend auf mein Kind. Es ist einfach soviel passiert seit der Geburt, ich gebe ihm die Schuld, obwohl er natürlich nichts dafür kann. Mir wurde vor einigen Tagen klar, daß ich vieles, was mir sehr wichtig war, verloren habe durch die Tatsache, ein Kind in die Welt gesetzt zu haben. Das aufzuschreiben, würde jetzt allerdings den Rahmen sprengen. Auf jeden Fall geht es mir etwas besser, seit ich mir das klargemacht habe. Es hilft mir, weil ich dadurch auf dem Weg bin, diese Dinge, die von außen kommen, anzunehmen statt immer wieder dagegen anzukämpfen.

Liebe Grüße
Samudra
ubure

Beitrag von ubure »

Hallo,

herzlich willkommen bei uns!

Zwei Dinge möchte ich Dir ans Herz legen:
1. Such Dir bitte ganz schnell einen Therapieplatz.
2. Bitte merken: AD haben nicht die Funktion, die Du ihnen zuschreibst.
Lass mich kurz erklären:
- "das leere AD-Depot", das der Grund für Deinen Rückfall ist, ist eben nicht der Grund für den Rückfall. Der Grund dafür ist, dass Deine Gehirnchemie noch nicht wieder selbstständig genug arbeitet, damit es die Botenstoffe und auch Hormone in normaler Weise produziert und verteilt, wenn man so will. Und warum tut sie das nicht? Weil Du das AD abgesetzt hast, obwohl Du offenbar nicht lange genug unter dem AD stabil warst. Ob es das richtige AD war oder nicht - wohl eher nicht...Wie kommst Du darauf, dass das Mirta eher auf das Noradrenalin wirkt? Woran siehst Du das?
- "Zur Zeit komme ich ganz gut mit dem Johanniskraut klar. Es deckelt aber nicht alle negative Gefühle so gut ab, daß muß ich zugeben. Sobald ich merke, daß meine Gefühle wieder Grenzen überschreiten, werde ich wieder auf ein chemisches AD zurückgreifen, diesmal aber ein SSRI." Da wird nichts zugedeckt. Ein AD lenkt die Biochemie im Gehirn in seine normalen Bahnen, es kann nichts erschaffen, was nicht normalerweise auch so da wäre. Du brauchst dringend eine Therapie, denn egal, ob da was ist, was vermeintlich gedeckelt wird oder nicht, Deine Emotionen sind komplett aus der Bahn und Dein Hrin barucht dabei Hilfe, das normale Denken wieder zu lernen oder aber sogar neu zu lernen.

LG,
Inez
Samudra

Beitrag von Samudra »

Hallo Ubure,

danke für Deine ehrlichen Worte. Ich sehe das auch so, daß ich dringend eine Therapie bräuchte. Ich weiß, daß ich im Moment nur hinauszögere, überbrücke.
Zum Mirtazapin gäbe es viel zu sagen, ich versuche, mich kurz zu fassen. Dieses AD hatte eine negative Wirkung auf mich. In niedriger Dosierung (15 mg) hatte es auf mich einen extrem müde machenden, dämpfenden Effekt. Das war zuerst ganz angenehm. Stimmungsaufhellend war es fast gar nicht. Also hatte man raufdosiert auf 30 mg. Das ging eine zeitlang gut, aber dann kamen Nebenwirkungen wie Restless Legs, Herzrasen, extreme Reizbarkeit und auch paradoxe Reaktionen wie Schlaflosigkeit (und noch einiges mehr...). Ich habe mich mit dem Mirtazapin dann einfach sehr unwohl gefühlt und die Tage gehasst, an denen ich es nehmen mußte.
Dann habe ich herausgefunden, daß Mirtazapin laut Studien in niedrigen Dosierungen v.a. schlaffördernd und beruhigend wirkt und in höheren Dosierungen dann aber mehr das Noradrenalin ankurbelt und die serotonerge Wirkung sehr schwach ausgeprägt sein soll. Das hab ich am eigenen Leib dann wohl erfahren.
Es hatte einfach nicht die Wirkung, die ich mir von einem AD erhofft hatte. In Nachhinein bin ich auch geplättet darüber, daß man mir ein NaSSA verschrieben hatte. Das war sehr unüberlegt. Im Prinzip war ich auch nie wirklich stabil unter dem Mittel.
Zu dem Gefühl, daß es mich gedeckelt hat, stehe ich nach wie vor. Ich habe in dieser Zeit gelebt wie unter einer Glocke. Das wurde mir erst nach dem Absetzen klar. Ich kann mich auch an viele Sachen gar nicht mehr wirklich erinnern, die in der Zeit der Einnahme gewesen sind.
Es ist ja irgendwie verständlich, daß ich mich nach einem solchen Fehltritt schwer tue, es mit einem neuen Medikament zu versuchen. Selbstverständlich möchte ich, daß meine Gehirnchemie irgendwann wieder in richtige Bahnen kommt, nur ist meine Angst groß, daß es wieder schiefgeht. Und dazu ist mein Vertrauen in Ärzte auch noch so zerrüttet... puuuh, ich sehe schon, das wird ein langer Weg.

Einen schönen Restfeiertag wünscht Euch allen
Samudra
ubure

Beitrag von ubure »

Hallo Samudra,

in Sachen AD teilst Du das Schicksal mit unendlich vielen Patienten, nämlich, dass der erste Griff direkt ins Klo geht, um es mal so auszudrücken.
Mirta wird meines Wissens eigentlich meistens wegen seiner schlaffördernden Wirkung verschrieben, bei vielen auch als 2. AD, das dann am Abend eingenommen wird. Meine Mama hat es auch verschrieben bekommen (sie leidet schon immer an Schlafstörungen, hatte dann auch Rheuma und entsprechend Schmerzen). Sie nahm es "nach Bedarf", wie eine schlaftablette. :roll: Aber gut, meine Mama und Wirkungen bestimmter Medikamente wären eine Forschungsarbeit für sich.
Ein SNRI zu verschreiben ist nicht grundsätzlich falsch. Keiner kennt genau den Status Deiner Botenstoffe, sofern sie nicht gemessen wurden, insofern lässt sich oft schwer sagen, was genau fehlt, und Noradrenailn ist ein wirklich oft vergessener Faktor. Bei mir beispielsweise wurde die Sache erst rund, nachdem ich zu den SSRI ein SNRI verschrieben bekommen habe. Erst diese Kombi machte eine normales Leben wieder möglich.

Ich hatte einfach Glück und Citalopram hatte nach ein paar Wochen die gewünschte Wirkung, erst später machte sich halt bemerkbar, dass es nicht reichte. Sehr viele Menschen müssen aber erst viele Frösche küssen, bis sie das finden, was wirklich passt. Lass Dich nicht entmutigen. Ich weiß, in einer akuten, schlimmen Depression auch noch mit NW kämpfen zu müssen, scheint Übermenschliches zu verlangen, aber die NW gehen nach ein paar Tagen. Da wäre es doch schade, deswegen auf ein ganz großes Stück Verbesserung verzichten zu müssen, oder?

Nochmal zum Deckeln: es ist schon so, wie ich geschrieben habe. Was man aber in den ersten Tagen bei einer Einnahme eines solchen Medikaments empfindet, ist nochmal eine andere Geschichte. Die hat aber weniger mit dem Medi (zum Teil sicher, es sind starke Medikamente, zweifelsfrei) zu tun als mit der eigenen Vorstellung davon, was diese Medi wohl mit einem anstellen wird. Da spielt einem der eigene Kopf sehr oft einen Streich. In gewisser Weise tritt genau das ein, was Du insgeheim immer befürchtet hast, nämlich, dass Du ein gefühlskalter Block wirst. Das ist aber self-fulfilling prophecy, nichts anderes.

LG,
Inez
Samudra

Beitrag von Samudra »

Hallo Inez,

ja, es stimmt. Mir gruselt es vor den NW, am Anfang eines ADs stehen. Und dann noch ein Kind dabei zu versorgen, das ist schon der Hammer. Aber da muß man wohl durch.
Daß es auch eine Kombination aus zwei ADs geben kann, leuchtet mir erst jetzt ein. Vielleicht hätte, wie bei Dir, mein Medikament ja ergänzt werden können und dann wäre es gut gewesen.
Ich bin auf jeden Fall ein bißchen ermutigt, es wieder zu versuchen.

Was ich übrigens in meinem Beitrag als NW meinte, trat nicht am Anfang des ADs auf, sondern Monate später. Dies nur zum Verständnis. Und die Gefühlskälte als Veränderung habe ich mir anfangs sicher nicht vorgestellt. Ich hatte in meiner damaligen Naivität eigentlich gedacht, daß das AD eine Wunderdroge ist, die das Gegenteil davon bewirkt. Daß es anders kam, damit hab ich nicht gerechnet.

Aber wie auch immer, erster Versuch gescheitert, ein Neuer steht an. Jetzt bin jedoch ich vorsichtiger, informiere mich vorher über ADs. Deswegen bin ich ja hier, Deine und Eure Erfahrungen sind sehr wertvoll für mich.

Liebe Grüße
Samudra
Antworten