Nerven liegen blank, Panik Mann nicht mehr zu lieben...

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Gudrun

Nerven liegen blank, Panik Mann nicht mehr zu lieben...

Beitrag von Gudrun »

Hallo liebe Forumsteilnehmerinnen, ich hoffe, ihr könnt mir irgendwie helfen:
Ich habe aufgrund von Gewalterfahrung in der Kindheit eine Posttraumatische Belastungsstörung entwickelt, die ich ganz gut im Griff hatte. Im Mai 2011 bin ich schwanger geworden und damit ging es mir akut wieder schlechter. Seit September nehme ich 15 mg Mirtazapin.
Ich war sehr aggressiv (innerlich gekocht, jedoch nicht rausgelassen) zu meinem Partner und habe ihm an allem die Schuld gegeben.
Meine Ursprungsfamilie hat mir in der Schwangerschaft noch einmal Schmerz zugefügt, was mir sehr zugesetzt hat.
Im Januar habe ich eine kleine süße Tochter geboren und mir ging es die ersten 4 Wochen danach ganz gut.
Dann folgte der Absturz. Ich wurde wieder depressiv und bekam Panikattacken und Zwangsgedanken. Vor allem darauf bezogen, dass ich meinen Freund nicht mehr liebe, ich ihn verlassen muss. Alleine bei dem Gedanken bekomme ich Schweißausbrüche und Herzrasen. Jedoch bin ich auch immer genervt von ihm und gereizt ihm gegenüber. Das habe ich seit der Schwangerschaft. Davor waren wir meistens glücklich.
Ich muss sagen, dass ich eigentlich einen tollen Mann habe, der mich immer unterstützt. Dennoch lehne ich ihn innerlich ab und ich finde keine Zugang mehr zu ihm. Ich habe Panik vor ihm!
Jetzt haben wir eine kleine Familie und ich will nur noch flüchten!!!
Seit 4 Tagen besteht mein Tag nur noch aus Panikattacken.

Kennt jemand diese Gedanken und kann mir seine Erfahrung mitteilen?

Vor ein paar Wochen hatte der Arzt mir Sertralin verschrieben, jedoch bekam ich hier von Sehstörungen (weite, starre Pupillen), so dass ich diese wieder abgesetzt habe.
Käsehäppchen

Beitrag von Käsehäppchen »

Hallo Gudrun,

das was du schreibst, kommt mir sehr bekannt vor.

Auch ich habe in meiner Kindheit Gewalt erfahren, hauptsächlich von meiner Mutter, die mich bei jeder Überforderung irrerseits durch die Wohnung zog, mich schlug und anschrie. Erst mit 14, als ich anfing eigene Wege zu gehen, lies dies langsam nach. Meine Schwester war immer das Lieblingskind, heute entschuldigt sich meine Mutter damit, dass sie jung war und ich schon immer ein kompliziertes Kind war. Nun, ihre Taten sind mit nichts zu entschuldigen, denn ich habe ein schweres Trauma davon bekommen. Ich weiß nicht, ob es mit einer Posttraumatische Belastungsstörung gleichzusetzen ist, aber ich habe z.B. Probleme, mit meinem Freund Geschlechtsverkehr zu haben, weil ich dabei starke Schmerzen verspüre, die keine krankhaften Ursachen haben. Meine Frauenärztin sagte mir damals, dass ich Berrührung mit Schmerz gleichsetze, was besonders daran fest zu machen ist, dass diese Schmerzen erst dann auftreten, wenn sich die Beziehung festigt. Ich habe verschiedene Partener gehabt und bei allen war dies so.

Auch das Gefühl, einen tollen Partner zu haben, ihn jedoch innerlich abzulehnen kenne ich zu gut. Innerlich bin ich den ganzen Tag über froh, wenn er zur Arbeit fährt, ist er jedoch weg, habe ich Panik, dass er nicht wieder kommt, vielleicht einen Unfall hat oder mich verlässt. Körperliche Nähe lies ich heute das erste Mal wieder zu, die letzten Woche war ich eher abgeneigt von ihm. Panik vor ihm selber habe ich nicht, eher Panik, dass er mich verlässt. Obwohl er viel für mich macht, nehme ich jeden kleinen negativen Punkt zum Anlass, über eine Trennung nachzudenken, aber dann verstärken sich meine Panikattacken wieder.

Wie genau äußern sich bei dir die Panikattacken? In meiner schlimmsten Phase habe ich 24 Stunden auf meine Atmung geachtet, das war sehr schlimm, da habe ich oft auch daran gedacht, ob es nicht schöner wäre, einfach tot umzufallen, ich habe viel hyperventiliert und mich in jedes kleine Ziepen reingesteigert. Ich dachte, dass ich umkippe. Das war mehr eine Angst zu sterben. Jetzt ist es nicht mehr ganz so extrem, aber immer noch heftig. Ich stehe dann neben mir, weiß nicht, wovor ich Angst habe, zittere, zucke, mir wird heiß, gleichzeitig bekomme ich Kälteschauer am Rücken und brauche Leute um mich rum!

Wutausbrüche, Gereiztheit & Aggressivität habe ich auch gegenüber meinem Freund. Ich möchte da hier aber nicht weiter drauf eingehen, genaueres habe ich im internen Forum gepostet, da kannst du genau nachlesen, wie sich das bei mir äußert. Vielleicht ist es bei dir ähnlich.

Vielleicht brauchst du mal eine Auszeit? Nimmst du dir genug Zeit für dich? Ich habe festgestellt, dass es mir besser geht, wenn ich öfters ws für mich alleine mache, ohne Freund & Kind.

Seit 5 Tagen nehme ich Cipralex und seit diesen 5 Tagen war ich noch nicht einmal böse meinem Freund gegenüber. Heute erst war wieder eine blöde Situation, bei der ich vor den Tabletten noch ausgetickt wäre. Ich war zwar genickt, zeigte das auch, konnte aber werder weinen noch schreien. Irgendwie habe ich das als "unwichtig" gefunden, da nun ein Drama draus zu machen.

Hast du vor, eine Therapie zu machen? Ich beginne meine Therapie im Juli, das wird eine Verhaltenstherapie, damit ich lerne, mit der Panik umzugehen.

LG
Gudrun

Beitrag von Gudrun »

Danke für die ausführliche Antwort.
Bei meinen Panikattacken habe ich das Gefühl verrückt zu werden.
Mein ganzer Körper kribbelt, ich habe Herzrasen, Schreien im Kopf...ganz schlimm.
Das habe ich seit fast einer Woche gefühlt ununterbrochen. Ich weiß nicht mehr weiter.

Auszeiten sind leider selten, da ich noch voll stille...
Ich bin am überlegen in eine Klinik zu gehen. Jedoch ist hier in der Nähe nur eine Landesklinik. Ich weiß nicht ob mir das gut tun würde....?
Käsehäppchen

Beitrag von Käsehäppchen »

Hast du mal überlegt, abzupumpen? Mir war es sehr wichtig, nicht auf mein Hobby verzichten zu müssen und wenn ich die knapp 3 Stunden von meinem Sohn entfernt war, habe ich immer abgepumpt und meine Eltern hatten zusätlich abgepumpte Muttermilch im Eisfach (ich glaube die Tüten habe ich bei Rossmann gekauft). Allerdings kommt das immer auf die jeweilige Person an, wie wichtig die Auszeiten sind und welche Abstriche man macht. Abends weg gehen war nicht drin bei mir, hatte aber auch nicht das Verlangen, nur mein Fußball war mir wichtig und da habe ich meinen Sohn auch immer abgegeben. Erst als ich darauf verzichtete, für andere Leute, fingen meine Panikattacken so richtig an. Andernfalls wäre es auch eine Überlegung, etwas mit dem Kind zu machen, gibt es Stillgruppen dort, wo du entbunden hast? In meinem Krankenhaus gab es das damals, ich bin aber nicht oft hingegangen, weil ich zu dem Zeitpunkt allein erziehend war und mich das depremiert hat, wenn andere Mütter von den Vätern ihrer Kinder redeten.

Deine Panikattacken klingen echt heftig, Herzrasen hatte ich auch, kribbeln hin und wieder, aber Schreien im Kopf ist mir leider unbekannt, da kann ich dir nichts zu schreiben ... :(

Warum sollte dir eine Landesklinik nichts bringen? Wenn du noch voll stillst nehme ich sogar an, dass du dein Kind mitnehmen kannst. In meiner Heimat ist das kein Problem, allerdings gibt es da lange Wartezeiten. Vielleicht solltest du einfach mal direkt vor Ort nachfragen und auch anmerken, dass du stillst.

Wenn du diese Attacken fast ohne Unterbrechung hast, dann muss dringend was passieren! Verträgst du vielleicht dein Medikament nicht mehr? Muss es vielleicht erhöht werden? Meinst du, du hälst es noch bis Montag aus? Wenn nicht, würde ich unverzüglich in eine Klinik, denn das hört sich wirklich nicht gut an, wie es dir geht.

Halt uns bitte auf dem Laufenden! Tut mir leid, dass ich dir nicht wirklich helfen kann, ich kann dir nur Ratschläge geben bzw. sagen, was mir so einfällt ... ich hoffe, dass dir noch jemand antwortet, dem es genau so ging wie dir .... ich denke aber, dass dir der Weg in eine Klinik gut tun würde...
scaramouch

Beitrag von scaramouch »

Liebe Gudrun
ich kann dich gut verstehen...ich selbst habe auch eine Angst/Panik-Störung und weiss wie schrecklich es sich anfühlt, wenn man vor Angst fast verrückt wird.
Weisst du, diese Panik kann einen sehr mürbe machen und bietet gleichzeitig auch eine riesige Angriffsfläche für negative Gedanken, die manchmal auch zwanghaft werden können. Will heissen, dass ich denke, sobald du deine Angst besser im Griff hast, werden auch die schlimmen Gedanken besser werden. Ich kann natürlich nicht beurteilen ob du deinen Mann noch liebst, aber ich kann mir gut vorstellen, dass dir da deine Panik auch grosse Streiche spielt.
Mein Vorschlag wäre deshalb, dass du so bald als möglich zum Arzt gehst und es mit einem anderen Medikament versuchst. Sertralin hast du scheinbar nicht vertragen bzw. die Nebenwirkungen waren zu dolle, aber es gibt auch noch einige andere, die es zu versuchen gelten könnte.
Die Wenigsten schaffen es ohne Medikamente da raus und du merkst ja selber, wie dich diese Panik beeinträchtigt und dir den Alltag unmöglich macht.
Bitte geh schnellstens zum Arzt und lass dir was anderes geben..dann wird es sicher besser.

Grüsse
scara
lotte

Beitrag von lotte »

Hey Du,

ich möchte mich Scara anschliessen und Dir raten, das noch einmal mit einem Doc zu besprechen. Was war das denn für ein Arzt, der Dir das Sertralin verschrieben hat?

Hast Du das dann einfach von heut auf morgen abgesetzt? Oder in Rücksprache mit dem Doc? Ich frage deshalb, weil das nicht so der Hit ist, und zur Panik auch noch Absetzerscheinungen kommen können.
Sicher haben viele ADs Nebenwirkungen, aber manchmal ist es halt nicht gleich das erste, das hilft.

Eine Therapie wäre auch eine Überlegung wert, gerade, weil Du auch Probs mit Deiner Ursprungsfamilie zu haben scheinst.

Das "Problem", also Deine Gedanken an Trennung etc, liegt bei Dir tiefer vergraben und hat eigentlich nix mit der jetzigen Situation zu tun. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Du ihn nicht verlassen willst ;) Es spiegelt vielmehr Deine Angst vorm Alleinsein, Verlassen werden, Verantwortung tragen. Gerade jetzt, wo Du Mutter bist. Vielleicht hast Du, wie viele hier, kein stabiles Fundament (siehe Kindheit).

Also, noch mal zum Arzt, wäre m.M. nach der erste Schritt.

LG
Lotte
scaramouch

Beitrag von scaramouch »

Ja genau, Lotte hat vollkommen Recht. Auch Therapie ist sehr wichtig für dich, aber zunächst sollte sich eine leichte Besserung durch Medikament(e) einstellen und dann kannst du das auch anpacken..
Gudrun

Beitrag von Gudrun »

Vielen Dank für Eure Antworten :-)
Ich habe heute morgen zusätzlich noch einmal 15 mg Mirtazapin genommen. Der Tag war heute besser.
Ich wünsche mir so sehr, dass es mit mir und meinem Partner klappt.
Wir sind jetzt seit 3 Jahren zusammen und es ist meine erste richtige Beziehung (ich bin 31 Jahre alt). Ich hatte früher immer Bindungsängste und bin direkt weggelaufen, sobald jemand mehr von mir wollte.
Ich habe eine Therapie gemacht und konnte diese Beziehung eingehen.

Jetzt ist es jedoch wieder so, dass ich diese Panik vor ihm habe, wie früher bei den anderen, und einfach nur weg möchte.
Ich rede mir die Beziehung auch schlecht, und denke, es gibt viel tollere Männer noch. Dabei habe ich schon einen ganz tollen in meinen Augen.
Das ist wie als hätte ich 2 Herzen. Das eine möchte hierbleiben und zur Ruhe kommen und das andere möchte raus und sich neu verlieben.

Ich bin innerlich total zerrissen und weiß nicht weiter.
lotte

Beitrag von lotte »

Dann wäre eine zweite Therapie vielleicht nicht schlecht. Um aus den "alten" Mustern rauszutreten. Das ganze klingt wie ein Kreislauf, Angst, sich nicht auf eine Beziehung einlassen zu können, weil Du Dir selbst nicht so recht traust? Jetzt kommt ja noch hinzu, dass Ihr beide ein Kind habt, da ist es mit der "Flucht" nicht so einfach ;)

Stell Dich Deinen Ängsten. Ich bin sicher, dass ein neuer Mann das gleiche bei Dir bewirken würde. Es liegt an Dir, wenn Du stabil, gesund und glücklich bist, siehst Du Deine Beziehung bestimmt gaaanz anders ;)

LG
Lotte
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