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Linus

Grüsse aus der Schweiz

Beitrag von Linus »

Hallo zusammen.

Bin neu hier im Forum und möchte meine Geschichte und mich vorstellen.

Ich bin 37 Jahre alt, weiblich und habe am 1. Juni 2012 mein erstes Kind geboren. Die Geburt war etwas streng, mit Saugglocke, es dauerte 18 Stunden, aber ich und die Kleine sind körperlich gesund.

Schon während der Schwangerschaft nahm ich Citalopram 40mg. Dieses Medikament nehme ich seit über 10 Jahren zwischen 20 und 40mg, und da es mir gegen die Depressionen, die mich seit 20 etwa begleiten, gut hilft, konnte ich es auch nicht in der Schwangerschaft absetzen.

Meine Probleme begannen bereits im Krankenhaus nach der Geburt: Ich konnte nicht mehr schlafen und begann mich depressiv zu fühlen: ich heulte oft, war erschöpft. Dort bekam ich schliesslich 1-2 Mal ein Temesta um schlafen zu können, was auch gewirkt hat.

Zuhause ging es die ersten 2 Wochen recht gut, mein Mann hatte Ferien. Als er wieder zu arbeiten begann, bekam ich starke Angstgefühle und fühlte mich allein völlig überfordert. Vor 3 Wochen entschloss ich mich, nach Absprache mit meinen Eltern, unter der Woche bei ihnen zu wohnen, damit sie mich unterstützen können (sie möchten mir dabei freiwillig helfen; ich hätte schon eine Mutter-KInd Einrichtung vorgeschlagen, aber ist vielleicht auch schwieriger weiter entfernt von meinem Mann, meine Eltern wohnen bei mir in der Nähe). Nach Absprache mit meinem Arzt nehme ich das Temesta nun auch tagsüber, um die für mich sehr unangenehmen Angstgefühle im Schach zu halten. Es ist aber nicht geplant, dieses Medi dauerhaft zu nehmen....

Es geht im Moment etwas besser, habe weniger Angstgefühle, bin etwas weniger erschöpft, schlafe wieder, dank den Eltern, die für mich aufstehen in der Nacht (müssen nur 2x, die Tochter schläft schon praktisch durch) und freue mich mehr über die Tochter.

Das Wochenende verbringen ich und mein Mann dann gemeinsam in unserer Wohnung, so geht es für mich, einfach allein schaff ich es noch nicht mit der KLeinen.

Nun, denke ich, habe ich wirklich eine postpartale Depression, denn ich fühle mich mit dem Tagesablauf überfordert, irgendwie engt mich die Kleine schon ein, obwohl ich sie sehr liebe, und ich habe irgendwie keinen Rhythmus mehr. Ich erlebe mich manchmal auch freudlos und traurig und bin am Grübeln, und mein Selbstvertrauen ist auch nicht mehr so gut wie in der Schwangerschaft. Während den 9 Monaten habe ich mich nämlich sehr gut gefühlt. Ich merke, dass ich jetzt schon ein paar Stunden am Tag geniesse, um alleine zu sein. Währenddem schaut meine Mama; und gleichzeitig denke ich, dass das doch so nicht sein sollte. Aber ich muss mich wirklich an das Muttersein gewöhnen, es ist so anders als vorher, und ich brauche gerade jetzt, wenn es mir schon psychisch nicht gut geht, manchma einfach etwas "Luft" für mich.

Freue mich über eure Tips oder Erfahrungen, liebe Grüsse

LInus
Bommelchen

Beitrag von Bommelchen »

Liebe Linus,

das Muttersein schmeißt das ganze bisherige Leben über den Haufen! In der Schwangerschaft denkt frau, dass sie sich in etwa vorstellen kann, was da auf sie zukommt, aber das kann sie nicht. Ich war vor der Geburt meines Sohnes eine sehr aktive und unternehmungslustige Frau, und plötzlich war ich von jetzt auf gleich ruhig gestellt. Meine Ausflüge bestanden nun aus Ausfahrten mit dem Kinderwagen. Da mein Kleiner alle zwei Stunden Hunger hatte, konnte ich auch, wenn mein Mann zuhause war, nichts unternehmen, denn in zwei Stunden schafft man es ja nicht mal bis ins Kino und zurück. Und während ich vorher unheimlich viel auf die Beine gestellt habe, schaffte ich nun gar nichts mehr. Eins meiner liebsten Hobbies ist mein Garten. Also habe ich den Kleinen mit raus genommen und im Kinderwagen "abgeparkt". Das ging fünf Minuten gut, dann begann er zum ersten Mal zu brüllen. Beruhigen, eine Runde mit dem Kinderwagen fahren, abstellen. Fünf Minuten später wieder Gebrüll. Vielleicht doch noch mal stillen? Na ja, ich habe mein Vorhaben dann abgebrochen und dachte, ich würde für den Rest meines Lebens damit beschäftigt sein, mich um einen Säugling zu kümmern. Ich fühlte mich zuhause regelrecht angebunden und eingesperrt.

Du bist mit Deinen Gefühlen also nicht alleine! Diese Gefühle haben ganz viele junge Mütter. Aber nicht alle werden depressiv (zum Glück!). Ich denke schon, dass bei Dir wieder eine Depression vorliegt, zumindest eine Angststörung. Wieviel von dem AD nimmst Du? Vielleicht solltest Du erhöhen? Oder das Medikament wechseln? Bei meiner ersten Depri habe ich auch Citalopram genommen, das bei der zweiten allerdings überhaupt nicht geholfen hat. Besprich' das doch mal mit Deinem Arzt. Temesta ist auf Dauer ja keine Lösung...

LG Bommelchen
Sonnenschein84

Beitrag von Sonnenschein84 »

Hallo Linus,

du brauchst sicher kein schlechtes Gewissen zu haben,d ass du im Moment während der Woche bei deinen Eltern bist und deine Mama sich mit um deine Tochter kümmert. Du kannst dich glücklich schätzen, dass du die Möglichkeit hast und eine unterstützende Familie an der Seite. Es war früher in ganz vielen Familien so (in anderen Teilen der ERde ist das heute immer noch ganz normal), dass die Mutter (bzw. die Eltern) nach der Geburt des Kindes nicht alleine waren, sondern Unterstützung durch Großeltern, Tanten, Geschwister oder Nachbarn hatten.
Es gibt ein afrikanisches Sprichwort, "Es braucht ein ganzes Dorf um ein Kind großzuziehen." Da ist sicher etwas dran. Besonders wenn es dir im Moment noch nicht so gut geht, kannst du dich mit der Unterstützung auch zwischendurch ganz auf dich konzentrieren.
Das mit dem Selbstvertrauen kommt sicher wieder mit der Zeit wenn du dich an die neue Situation gewöhnst.

Liebe Grüße,
Sonnenschein
Linus

Hallo Bommelchen und Sonnenschein84

Beitrag von Linus »

Danke für eure Antworten:-)

@Sonnenschein: Ja, stimmt, früher gab es mehr Generationen, die zusammenlebten und sich so unterstützen konnten. Man lebte auch noch nicht so anonym wie heute manchmal...

Ja, ich habe wirklich Glück mit unserer Familie. Aber im Job war ich vorher so selbständig und praktisch auf niemanden angewiesen, deshalb muss ich jetzt noch lernen, Hilfe anzunehmen, und zwar mit gutem Gewissen. Ich hab mir dann auch mal selbst gesagt: "Ich würde meiner Tochter ja auch helfen, wenn sie in meiner Situation wäre, wieso also nicht Unterstützung in Anspruch nehmen...."

@Bommelchen: Da hab ich im Vergleich mit deinem Kind ja noch Glück, war heute kurz ein Kaffee trinken im Restaurant und meine Maus schlief seelenruhig- natürlich nur, bis sie wieder hungrig ist:-)!!!
Das Citalopram nützt mir seit Jahren gut und ich habe kaum Nebenwirkungen, mein Arzt sieht deshalb keinen Grund, zu wechseln. Ich nehme im Moment 60mg davon. Ich weiss, dass das Temesta kein Dauermedi sein sollte, aber ich werde auch so bald als möglich wieder reduzieren zu versuchen- ich stehe mit meinem Arzt immer in Kontakt.
Und wenn das mit der Reduzierung nicht klappen würde, ja, dann müssten wir dann weiterschauen.
Ich denke, in meinem momentanen Zustand wäre es eher eine "Gewaltkur", ein lange genommenes Medi auszuschleichen und ein neues zu probieren. Das wirft mich dann gleich wieder aus der Bahn....Aber wer weiss, vielleicht wäre das später mal gut? Was hast du denn während der zweiten Depri erhalten??

Liebe Grüsse, Linus
Bommelchen

Beitrag von Bommelchen »

Trevilor und später Venlafaxin (hat den gleichen Wirkstoff, ist aber preiswerter), außerdem Mirtazapin und Lithium. Das Mirtazapin schleiche ich im Moment gerade aus. Litihium selbst ist kein AD. Es dient dazu, Stimmungsschwankungen auszugleichen und außerdem die Wirkung des AD zu verstärken.

Ja, mein Kleiner war in den ersten Monaten ein Schreikind. Das war sehr anstrengend und hat sicherlich auch dazu beigetragen, dass ich erkrankt bin. Dafür ist er jetzt tiefenentspannt. So schnell bringt ihn nichts aus der Ruhe :-).

LG Bommelchen
Linus

Beitrag von Linus »

Mag ich dir gönnen, dass dein Sohn heute tiefenentspannt ist:-)

Meine Tochter war es heute kurz nicht, als ich für den Schwimmbadausflug alleine packen musste und keine Zeit hatte, sie rumzutragen oder mich sonstwie mit ihr zu beschäftigen. Aber richtig geschrien hat sie nicht, einfach etwas "rebelliert" und gejammert...

Mirtazapin und Trevilor- das werde ich jetzt gleich im Internet suchen und mir die Wirkungen und Nebenwirkungen ansehen.

Lg Linus
scaramouch

Beitrag von scaramouch »

Hallo Linus
willkommen hier bei uns. Schreibe grad aus dem Urlaub bei meiner Mama und hab deshalb nicht so viel Zeit.
Habe aber gelesen das du in der schönen Schweiz lebst :D ich nämlich auch.
Magst du mir verraten wo, vielleicht leben wir ja ganz nah aneinander. Neugierig bin...
Kannst es mir sonst auch per PN schreiben, wenn du es hier nicht öffentlich schreiben möchtest.

Viele Grüsse
scaramouch
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