Ein Hallo in die Runde

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LastSummer

Ein Hallo in die Runde

Beitrag von LastSummer »

...Und wieder ein neues Gesicht...

Nun habe ich mich auch endlich getraut mich im Forum anzumelden. Vor 8 Monaten kam unser Sohn zur Welt. Das erste Kind. Vor 8 Monaten endete mein (altes) Leben.

Die Schwangerschaft verlief bis auf die Übelkeit, die mich bis zum Ende begleitete, problemlos. Die Geburt war der Traum einer jeden Klinik. Nachts platzte die Fruchtblase, mein Mann und ich fuhren ins KH, mittags setzten langsam die Wehen ein - es war alles gut auszuhalten. Keine PDA oder sonstige Mittel nötig. Dann um 15.30 trafen mich unvermittelt heftige Wehen und um 15.58 war er dann auf der Welt. Ich solle die anderen Frauen nicht neidisch machen, waren die Worte meiner Hebamme. Ich war einfach nur irritiert über das Bündel was da in meinem Arm lag....und über das große Nichts in meinem Herzen.

Es tut mir so leid, wenn ich hier über die schweren Schwangerschaften oder Geburtserlebnisse lese und ich selbst habe so etwas nicht 'vorzuweisen' und mir geht es trotzdem schlecht. Ich schäme mich regelrecht dafür.

Unser Sohn sah von Anfang an richtig süß aus. Kein zerknittertes Baby, sondern ein richtig rosiger Wonneproppen. Doch ich konnte mich nicht daran erfreuen. Überall um mich herum hörte ich 'Ist der niedlich. Der sieht ja schon richtig rundlich aus. Da freut ihr euch aber bestimmt ganz doll. So ein Baby ist doch eine wahre Bereicherung' Ja, ich habe diese Sätze gehasst....und nein, ich habe nicht so empfunden!

Die ersten Monaten waren hart und ich schob es auf die Umstellung. Ich verdrängte das fehlende Gefühl für dieses Kind...ich verdrängte, dass ich mich so sehr nach meinem alten Leben sehnte...ich verdrängte, dass ich eigentlich Hilfte brauchte.
Eines Nachts stellte ich ihn einfach auf den Balkon (gut eingepackt). Ich habe es nicht ertragen, dass er im Haus ist. Mein Mann hat davon nichts mitbekommen. Nach 10min holte ich ihn wieder herein... :cry: :cry:

Ich weinte viel, riss mich zusammen. Dann konnte ich irgendwann nicht mehr weinen. Ich wurde stattdessen aggressiv. Ich hatte oft Gedanken meinem Kind wehtun zu müssen, doch ich habe es nicht getan. Stattdessen richtete ich meine Aggressionen gegen meinen Mann und gegen mich selbst. Es ging soweit, dass ich unsere Ehe beenden wollte und wir uns Mitte Juni dann auch trennten.

Körperlich ging es mir immer schlechter. Ich habe Schlafstörungen entwickelt, mit Kopfschmerzen zu kämpfen und Rückenschmerzen bekommen.

Es war dann mein Mann, der wieder auf mich zu ging und mich nach all den Monaten endlich mal wieder ansah und (ich kann es nicht anders beschreiben) endlich wieder in mich hineinsah. Er schickte mich zum Arzt und da fielen die Worte 'Postpartale Depression'....eine Erlösung.

Seit drei Wochen nehme ich nun Citalopram und nächste Woche habe ich einen Termin bei einer Psychiaterin.

Ich habe jetzt wahrscheinlich sehr wirr geschrieben. Mir fällt es noch sehr schwer meine Gedanken mitzuteilen. Ich hoffe, ihr verzeiht mir das!

Liebe Grüße

LastSummer
Anke
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Beitrag von Anke »

Hallo LastSummer,

ein herzliches Willkommen hier bei uns!

Mir kommen ein paar Dinge sehr bekannt vor. Z. B. hatte ich auch eine wunderschöne Schwangerschaft und dennoch bekam ich eine schwere PPD.

Ich finde es klasse, dass sich Dein Mann so toll eingesetzt hat und Dich letztendlich zum Arzt geschickt hat und Du jetzt medizinische Hilfe angenommen hast.

Alles Gute weiterhin - Du bist auf dem richtigen Weg - Du wirst wieder gesund!
Viele Grüße von Anke

"Die Zeit heilt alle Wunden..."
Bommelchen

Beitrag von Bommelchen »

Hallo LastSummer,

nein, Du hast gar nicht wirr geschrieben, sondern im Gegenteil sehr verständlich und einfühlsam Deine momentane Situiation geschildert. All Deine Symtome sind leider so typisch für eine PPD. Super, dass Dein Mann sich trotz Eurer Trennung Gedanken über Dich gemacht und Dich auf den richtigen Weg gebracht hat. Du wirst wieder gesund, da bin ich mir ganz sicher. Citalopram ist ein gutes Medikament, ich habe es selbst mal genommen, und es hat prima geholfen. Sei zuversichtlich, auch Du wirst bald die Liebe zu Deinem Kind spüren!

LG Bommelchen
Schnuti33

Beitrag von Schnuti33 »

Ein warmes HALLO auch von mir,

du hast eure Geschichte gut geschrieben.

Und mach dir keinen Kopf nur weil du keine dramatische Geburt hattest. Hatte ich auch nicht.
Aber solche ähnlichen Gedanken sind mir auch bekannt wenn ich lese, was für schwierige Kindheiten einige hatten oder jetzige Lebenssituationen.

Bis auf das sich meine Eltern geschieden haben , als ich so ca. 12 Jahre war, gab es nichts wirklich Schlimmes in meinem Leben. Keine Gewalt ( weder physich noch psychisch).
Ich dachte lange, dass es eine Frechheit meiner Seits sei, eine PPD zu haben und meinen Therapeuten zu "blockieren" für die wirklich wichtigen Fälle.

Heute weiß ich, dass ist Schwachsinn! Aber diese Erkenntnis dauerte lange.

Was mich so ärgert oder auch traurig macht zu lesen, wieviele von uns so lange LEIDEN, bevor es Hilfe gibt.

In Frankreich z.B. kommt ein Psychologe schon zu den Wöchnerinnen auf die Station, um zu sehen wie es ihnen geht.

Meine Anregung , bereits beim Geburtsvorbereitungkurs das Thema PPD anzuschneiden, stieß bei meiner Hebamme nicht auf Zustimmung. Nach dem Motto: " Wollen doch niemanden verunsichern oder angst machen"

Naja, zu Dir. Du wirst hier auf viele Gleichgesinnte treffen. Hol dir hier Kraft und Rat, wann immer du das brauchst.

LG Schnuti
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Marika
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Registriert: 04:06:2005 16:05

Beitrag von Marika »

Ein liebes Hallo,

schön, dass du dich entschlossen hast, dich uns anzuvertrauen. Du bist hier sehr, sehr richtig - alles was du schreibst ist so typisch für eine PPD. Und wirr fand ich gar nichts an deinem Geschriebenen, im Gegenteil es war sehr warm und voller Gefühl.

Übrigens hatte ich auch keine schwere SS oder Geburt (meinen KS fand ich gar nicht schlimm) und doch habe auch ich vor 7 Jahren eine sehr schwere PPD bekommen. Du siehst, darauf kommt es also nicht an, ob man eine PPD bekommt oder nicht.

Ganz toll finde ich, dass dein Mann und du wieder zusammen gefunden habt und ihr gemeinsam den Weg des "Hilfe holens und annehmens" gegangen seid. Ich glaube deshalb, dass du sehr sehr gute Voraussetzungen hast, bald eine Besserung zu spüren und Schritt für Schritt wieder gesund wirst!!!

Ich freue mich auf Austausch!!!! :D
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
LastSummer

Beitrag von LastSummer »

Vielen Dank, ihr Lieben!

Es ist schön und es tut so gut endlich mal auf Menschen zu stoßen, die ähnliches Denken und Empfinden und die einen verstehen. :-)

Vor gut einer Woche habe ich es meinen Eltern und auch Schwiegereltern erzählt. Die sind aus allen Wolken gefallen.
Ich habe es wirklich gut verstanden die ganze Sache zu kaschieren. Nach außen hin immer ein Lächeln und dann wenn niemand es sieht eine hässliche Fratze...so kann man es wohl sagen.

Gestern ging es mir mal wieder nicht so gut. Ich fühle mich immer so schlapp und müde. Alles fällt so unglaublich schwer. Anfang des Monats habe ich wieder mit meiner Arbeit begonnen. Ich habe einen Job, in dem ich für andere Menschen eigentlich psychisch fit sein muss und der mir eine Menge Konzentration abverlangt. Es ist wirklich mühselig. Auf der anderen Seite merke ich, dass es mir gut tut wieder andere Dinge zu tun.

Heute haben die Großeltern unseren Sohn abgeholt. Mein Mann und ich merken, dass wir die Zeiten zwischendurch für uns und unsere Beziehung brauchen. Es klingt so hart und ich schäme mich, aber ich denke gerade: Gott sei dank, endlich ist er weg.

Ihr seid die einzigen, denen ich das so klar sage... :oops:
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Marika
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Beiträge: 10636
Registriert: 04:06:2005 16:05

Beitrag von Marika »

Hey du,

du brauchst dich wirklich nicht zu schämen. Es ist so wichtig, dass IHR Zeit füreinander habt. Und es ist auch oberwichtig, dass DU AUCH MAL NUR FÜR DICH BIST. Es ist völlig normal, dass Eltern auch mal froh sind, die Verantwortung für das Kind abgeben zu können. Denn vor allem Mama - Sein ist wohl der härteste Job der Welt - wir sind pausenlos 24 Stunden auf Abruf bereit - wer ist das sonst schon.

Die Müdigkeit wird vergehen, aber es braucht Zeit - auch bis das AD wirkt. Und die Therapie wird dir nach und nach helfen, wieder positiv und glücklich zu sein. Glaubs mir, es wird wieder. Ich dachte damals auch, das ich nie mehr ein glücklicher Mensch werde, geschweige denn deine "gute" Mutter - dabei war ich es längst, ich mußt nur lernen nache Verhaltensmuster abzulegen und mir zuzugestehen, dass ICH "obwohl"l ich Mama wurde, auch noch ein Recht auf meine Bedürfnisse habe.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Sabrina M.

Beitrag von Sabrina M. »

Ich möchte Dich ebenso herzlich in unserer Runde begrüßen!

Ich kann Dich und deine Gefühlslage sehr gut verstehen. Bei mir war (ist) es ähnlich. Auch ich nehme Citalopram und kann nur sagen, dass ich mich besser fühle. Das Medikament braucht aber etwas Zeit um seine Wirkung zu entfalten - also habe VIEL GEDULD.

Ich finde es auch toll, dass dein Mann auf dich zugegangen ist. Bei uns gab es ebenfalls viel Streit und Ärger, aber es ist auch besser geworden. Schön, dass ihr euch Zeit nehmt, um die Beziehung zu stärken. Du wirst sehen, es wird auf jeden Fall besser. Dass Du dich mal gut und auch mal wieder schlechter fühlst ist auch NORMAL. Mir wurde hier im Forum von einer sehr lieben Mama gesagt: Die Krankheit verläuft kurvenartig. Aber nach jedem Tief kommt auch wieder ein Hoch :wink:.
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