10 Monate und es wird nicht besser

Hier können sich unsere Mitglieder vorstellen

Moderator: Moderatoren

Antworten
mondschatten

10 Monate und es wird nicht besser

Beitrag von mondschatten »

Hallo,

ich freue mich dieses Forum gefunden zu haben, da mit niemand in meinem Umfeld zu verstehen scheint und jeder Versuch, mir Hilfe zu holen erfolglos bleibt.

Zu meiner Situation:
meine Kleine (nun 10 Monate) ist ein absolutes Wunschkind. Die Schwangerschaft verlief normal und ich habe mich total auf mein Kind gefreut.

Die Geburt jedoch war eine absolute Horrorerfahrung und ich kann heute noch nicht daran denken ohne zu weinen. Obwohl ich eine natürliche Geburt wollte wurde mir am Ende vom Wehentropf bis zum Antibiotika alles eingeflößt. Trotzdem musste meine Tochter mit der Saugglocke geholt werden und direkt nach der Geburt haben sie sie erst einmal gewaschen und angezogen bevor sie sie mir gegeben haben. Dann musste ich ausgeschabt werden weil die Hebamme zu ungeduldig war und an der Nabelschnur gerissen hatte. Auch bin ich innen und aussen gerissen. Ich wollte ambulant entbinden aber die Kleine wurde mir (heute weiß ich, quasi grundlos) wortlos weggenommen und zwei Tage lang auf der Kinderstation behalten. Dort haben sie sie mich nicht stillen lassen und ich musste richtig darum kämpfen.

Sie ist ein Schreibaby. Ich dachte jeden Tag, ich schaffe das nicht mehr. Sie wollte einfach nicht aufhören zu schreien und ich habe mir ständig Vorwürfe gemacht, dass ich daran schuld bin weil ich sie nach der Geburt im Stich gelassen habe. Nächtelang habe ich geweint, meistens heimlich. Von meinem Mann bin ich völlig entfremdet, und ich fühle mich so einsam wie noch nie in meinem Leben. Nach zwei Schritten bin ich total entkräftet und wenn etwas unvorhergesehenes passiert, breche ich in Tränen aus und würde am liebsten weglaufen. Ich schrubbe z.B. den Ofen über Ewigkeiten und weine weil er nicht perfekt sauber wird, dabei habe ich das vorher nie so eng gesehen. Ich habe richtig Angst, mit meiner Kleinen alleine zu sein, und werfe mir das ständig vor. Mein Gedankenkarussel dreht und dreht sich, immer und immer wieder male ich mir dieselben Situationen aus, um mein Leben wenigestens in meinem Kopf perfekter zu machen. Nachts ist es besonders schlimm und 3-4 Stunden Gesamtschlaf sind keine Seltenheit.

_____________________________________________

Ich habe noch nie leichtfertig Hilfe annehmen können und daher war es ein Riesenschritt für mich, als ich nach einem halben Jahr bei Schatten und Licht angerufen habe. Daraufhin wurde ich ins Bezirkskrankenhaus geschickt, aber dort wurde leider alles nur noch schlimmer. Keiner dort kannte sich mit Wochenbettdepressionen aus und sie meinten ich soll halt einfach mal durchschlafen und das Kind nachts abgeben. Behandeln konnten sie mich nicht weil sie keine Babys annehmen. Sie schickten mir eine Hebamme, die aber meistens nur gesagt hat, was ich denn habe, das Kind wär doch nicht so laut und andere hätten es viel schlechter. (Kaum war die Hebamme da war die kleine Maus ja auch ruhig und brav). Außerdem ist nicht mein Kind das Problem sondern meine eigenen Gefühle. Ich traue mich kaum darüber zu reden wie ich mich fühle, weil ich nicht will dass die Leute denken, ich würde meine Tochter nicht lieben. Freunde habe ich nicht mehr, die haben sich schon bald verkrümelt als die Süße so viel geschrien hat.

Mein Mann und meine Familie meinen, ich bräuchte keine Hilfe und ich wäre nur wegen dem Schlafmangel so schlecht drauf. (Die Kleine schläft sehr sehr schlecht und ich selbst brauche oft Stunden um einzuschlafen und wache beim kleinsten Geräusch auf) Aber ich habe seit 19 Jahren Schlafprobleme und weiß, wie sich Schlafmangel anfühlt. Das hier ist anders, es geht tiefer und ich komme alleine nicht mehr raus.
Ich will noch ein zweites Kind, aber meine Familie reagierte entsetzt (so von wegen du kommst doch mit dem einen Kind schon nicht klar). Natürlich möchte ich vorher auch erst einmal das Geburtstrauma aufarbeiten...

Aber nun traue ich mich gar nicht mehr, mir Hilfe zu suchen. Ich habe das Gefühl ich wäre undankbar, würde überreagieren und mich wichtig machen wollen. Immer wieder habe ich das Telefon in der Hand und möchte einen Therapeuten suchen und lege dann zitternd beim ersten Klingeln auf. Wenn ich durchhalte, geht nie jemand hin und ich weiß auch nicht, wie ich überhaupt einen Therapeuten finden soll, der sich mit dem Thema auskennt.
Ich möchte doch nur EINMAL ernst genommen werden :(

Ich hoffe dass mir hier jemand Tipps dazu geben kann und auch dazu, wie man wieder unter Menschen kommt, denn diese Einsamkeit dazu ist unerträglich.

Oh je, tut mir leid wegen dem endlos langen Getexte, irgendwie musste das mal raus,

ich hoffe hier einige Gleichgesinnte zu treffen,

Viele liebe Grüße,
mondschatten
nikky77

Beitrag von nikky77 »

Hallo,

Herzlich willkommen! Hier bist du goldrichtig!!!

Mir kommt auch einiges von deiner Geschichte bekannt vor,,,,und wahrscheinlich noch vielen anderen hier.
Gut, dass du hier angekommen bist,,,,erzähl einfach alles was dir auf den Herzen liegt, ist ungemein erleichternd.
Such dir einen guten Psychater/ Neurologen meine hat mir einen Psychologen die für mich in Frage kommen nennen können.

Mein Sohn ist gestern auch 10 Monate geworden ;-)

l.g

Nicki
Mami2009

Beitrag von Mami2009 »

Hallo,

auch ich kenne vieles von dir geschriebene nur zu gut und bin kürzlich auf diese Seite gestoßen und hab erst dann gewusst was wohl mit mir los ist. Allerdings wird mein Sohn schon bald 3. Habe das alles ewig mit mir rumgeschleppt und wusste nicht was es war.
Meine Hebamme hat mir geraten meinen Hausarzt mit in die Suche eines Therapeuten einzubinden. Würde sie auch selber machen ,aber sie ist im Urlaub.
So bist du auf der sicheren Seite, dass die Suche in die Gänge kommt und man nicht ewig diesen Gedanken mit sich rumträgt "soll ich oder soll ich nicht anrufen".
Und tatsächlich war ich erfolgreicher als meine Ärztin und das in nur einem Tag. Nächste Woche schaue ich mir die erste Therapeutin an.

Liebe Grüße,
Mami2009
Landi

Beitrag von Landi »

Ach Gott Du Arme.... sei Dir sicher, Du bist nicht alleine.
Alles was Du denkst und fühlst ist normal und es ist sehr schade das Dir niemand so richtig zur Seite steht...

Drum mußt Du das übernehmen.. Nimm das ernst und such Dir Hilfe, ich weiß das es sehr frustrierend ist, wenn man nicht gleich bei der ersten Stelle die dringend benötigte Hilfe bekommt... Ich bin auch immer wieder überrascht wie wenig selbst Fachpersonal wie Hebammen usw. mit dem Thema umgehen können.

Es gibt ein ganz tolles Buch von der Brooke Shiels.. Vielleicht magst das mal lesen, ich fand das absolut Klasse, die hat im Abspann einen total genialen Text verfasst.....Mir hat das geholfen...

Ich drück Dir die Daumen das Du ganz bald jemand findest der Dich da rausholt aus dem ganzen Kram...
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 10636
Registriert: 04:06:2005 16:05

Beitrag von Marika »

Hallo,

schön, dass du hier bist!

Du hast leider einen unschöne Erfahrung im KH und mit der Hebamme gemacht :x und dein Umfeld macht auch lieber die Augen zu. ABER: es gibt die tolle und professionelle Hilfe da draußen!

Wie schon geschrieben wurde, würde ich dir empfehlen, deinen Hausarzt aufzusuchen und um eine Überweisung zu einem Psychiater/Psychologen zu bekommen. Dein Hausarzt kann dir auch bei der Suche und sogar bei der Terminvereinbarung helfen. Meiner hat damals auch bei einem Psychiater angerufen und die Dringlichkeit geschildert - ich hatte innerhalb 3 Tagen einen Termin!

An dieser Stelle werde ich wieder mal sauer, weil die Igrnoranz da draußen ob unserer Krankheit so groß ist. Sogar Hebammen (!!!!!!) - also DIE Fachpersonen an sich, handeln oft immer noch wie im Mittelalter. Sorry, das bringt dich jetzt nicht weiter. Aber es soll dir zeigen, dass es NICHT an dir liegt, sondern an der Gesellschaft, dass dir nicht geholfen wurde. Du bist NICHT undankbar, du brauchst Hilfe und die steht dir auch zu.

Hier wäre noch eine Übersicht von Fac hpersonen, die mit Schatten und Licht zusammen arbeiten:

http://www.schatten-und-licht.de/joomla ... hleute.pdf

Gibt nicht auf und nimm das ganze nicht so hin. Hol dir Hilfe!!!!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
mondschatten

Beitrag von mondschatten »

Vielen lieben Dank für eure Antworten,

leider habe ich keinen wirklichen Hausarzt, ich war in den letzten drei Jahren erst einmal bei einem Arzt. Deshalb habe ich es gestern selbst in die Hand genommen.
Ich habe gesehen dass hier auch einige mitlesen, deswegen schreibe ich meinen Weg zur Therapie auf, vielleicht motiviert er die ein oder andere:

Ich habe mir die Liste der niedergelassenen Psychologen der Krankenkasse heruntergeladen und einfach einen nach dem anderen angerufen. Da man dabei immer auf einem Anrufbeantworter landet habe ich mir einen Wochenplan mit den jeweiligen Sprechzeiten angelegt. Eine einzige habe ich direkt erreicht, sie meinte dass ihre Wartezeit ein dreiviertel Jahr beträgt und ich bei allen Kollegen damit rechnen müsste. Sie gab mir die Nummer der

Koordinationsstelle Psychotherapie der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern
Bezirksstelle Oberpfalz
Tel. 01805-809680
(Mo - Do 9.00 Uhr bis 17.00 Uhr, Fr 9.00 bis 13.00 Uhr)
Dort werden freie Therapieplätze koordiniert und vermittelt.

Dann das Wunder: Eine Psychologin hat mich zurückgerufen (ich habe keine Nachricht auf den Anrufbeantworter gesprochen, sie hat einfach meine Nummer bei den verpassten Anrufen gesehen). Aus Zufall ist ihre Warteliste gerade leer geworden, und sie hat mir für morgen einen Termin gegeben. Zwar hat sie keinen festen Therpieplatz frei, aber immer wenn ein Termin frei wird könnte sie mich reinquetschen!!! :P

Ich bin sehr aufgeregt und habe ziemlich Angst vor dem Termin morgen. Mein Mann ist irgendwie sauer und hört immer absichtlich weg, außerdem weigert er sich das Wort Psychologe auch nur auszusprechen :(

Ich danke euch noch einmal für eure Mutmachenden Worte, das hat mir viel bedeutet!

Liebe Grüße,
mondschatten
Mami2009

Beitrag von Mami2009 »

Wow, da hast du doch glatt einen schnelleren Termin als ich bekommen. Glückwunsch!
Berichte mal wie es war. Ich darf ja noch bis nächste Woche warten.
Meinen Mann habe ich bewusst bisher nicht ins Thema eingebunden. Ich glaube er wäre mir zur Zeit auch keine Hilfe, vielleicht sogar das Gegenteil. Wobei ich ihn wohl nun einweihen darf, da ich zwei Kinder während der Behandlung unterbringen muss. Der größere ist im Kiga bis frühen Mittag, aber der Jüngere halt noch nicht.

LG,
Mami2009i
Antworten