Verlernt man in einer Krise, was man eigentlich schon weiss?

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Muschelkalk

Verlernt man in einer Krise, was man eigentlich schon weiss?

Beitrag von Muschelkalk »

Hallo, ihr Lieben!

Ich wurschtel mich langsam aus meinem Tief raus. Und jetzt fällt es mir interessanterweise auch wieder leichter, die Situation einigermassen objektiv zu betrachten. Kennt Ihr das? Man steckt plötzlich so tief drinn, dass Dinge, die man vorher "durchschaut" hat, wieder im Nebel liegen...und das führt dann dazu, dass man die Hoffnung verliert...

Das ist so seltsam. Wäre das nicht so, wäre ich vermutlich kerngesund, da dann eine Krise keine Krise mehr wäre.

Muschelkalk
valentina

Beitrag von valentina »

:-) Liebe Muschelkalk
Das ist wahrscheinlich das ganz gemeine an dieser Krankheit. Die Vernunft funktioniert ja noch vollkommen. Wir durchschauen auch die Situation, können eigentlich genau beschreiben, was da abläuft, wie es nicht sein sollte. Aber wenn du drinnsteckst nützt es dir gar nichts. Ich wusst ja theoretisch auch wie man atmet. Ich wusste von der Schwangerschaftgymnastik genau wie man das Hypperventilieren verhindern kann. Das nützte mir aber während einer Panikattacke nichts. Ich hatte trotzdem das Gefühl gleich zu ersticken. Ich glaube, deshalb ist auch der Leidensdruck der Krankheit so gross. Wir können sozusagen beobachten, was mit uns passiert, aber in einer schlimmen Krise nichts dagegen tun. Das ist der Unterschied zu den psychischen Erkrankungen, wo die Vernunft nicht mehr spielt, wo die Betroffenen meinen ihre Welt sei real, oder sich einbilden jemand anderes zu sein, oder Stimmen hören und meinen sie seien echt. Davor hatte ich immer schreckliche Angst. Ich hatte immer solche Angst verrückt zu werden. Irgendwie können wir eigentlich froh sein, dass die Vernunft bei uns noch da ist. Irgendwie ist das sehr beruhigend. Ach, was sind wir bescheiden geworden? :!: Liebe Grüsse Valentina
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallo ihr Beiden!

Auch ich hatte in einem Tief oft das Gefühl und die Angst, alles was ich schon gelernt hatte, wieder zu verlieren und ganz von vorne anfangen zu müssen. Es ist wie Valentina schreibt: man weiß genau, was zu tun wäre, wie es nicht laufen sollte - aber man ist in dem Moment machtlos und kann buchstäblich zuschauen, was die PPD mit einem anstellt. Der Verstand hat alles genau geschnallt, aber wir haben dann trotzdem Angst, Panik oder sind Hoffnungslos.

Das ist es wohl, was diese PPD wirklich so quälend macht, die Machtlosigkeit seinem Verstand zu folgen und statt dessen total im Tief zu versinken. Aber: Aus jedem Tief habe ich eine neue Erkenntniss gezogen - das war bis jetzt jedes Mal so. Und immer dachte ich mir - dieses Tief bringt mich sicher diesmal nicht weiter, jetzt wird es wieder ganz schlimm. Aber es ist NIE so eingetreten. Ich hatte wirklich nach jedem Tief ein "A-HA" Erlebniss!!!

Also - nix ist weg - im Gegenteil, man lernt dazu!!!

Liebe Grüße von
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
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