Schlechtes Gewissen

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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tiba2

Schlechtes Gewissen

Beitrag von tiba2 »

Hallo Leute!

Muss mal ein bissl was loswerden, irgendwie plagt mich schlechtes Gewissen, und das auch noch in vielen Punkten.

Erstens, ich hatte einen Kaiserschnitt wegen BEL. Ich wusste das natürlich schon vorher, konnte mich drauf einstellen, aber irgendwie werd ich das Gefühl nicht los, dass ich zugelassen habe, dass sie da "rausgerissen" wurde, obgleich sie vielleicht noch nicht dazu bereit gewesen ist. Sie ist ein liebes und braves Kind, also sie dürfte keinen seelischen Schaden davon getragen haben, aber trotzdem hängt es mir irgendwie nach.

Dann hab ich ja nach der Geburt eine PPD entwickelt, die 4 Monate andauerte, und da konnte ich mich nicht gut um sie kümmern. Außerdem hab ich vieles gedacht und gesagt, für das ich mich heute irrsinnig schäme.

Und dann ist da noch das mit dem Einzelkind. Irgendwie möchte ich nur ein Kind haben, sei es die Kaiserschnitterfahrung, die PPD, oder wer weiß was, irgendwie hab ich das Gefühl, dass ich nur ein Kind möchte. Da hab ich aber wieder das Gefühl, dass ich ihr viel vorenthalte, dass ihr dann alleine irgendwas fehlt. Das ich irgendwie egoistisch bin.

Und weil sich mein Lebensgefährte und ich die Karenz aufgeteilt haben und ich momentan arbeiten gehe habe ich ihr gegenüber ein schlechtes Gewissen, so als ob ich sie im Stich lassen würde.

So geht es mir gut nur irgendwie wurmt mich das.

LG Tiba
Störenfrieda

Beitrag von Störenfrieda »

Ich werde das Gefühl nicht los, dass das ein ganz grundlegendes Problem von Müttern ist: Jede findet immer und überall etwas, wegen dem es sich lohnt, ein schlechtes Gewissen zu haben! Alle Welt tut so aufgeklärt und verständnisvoll heutzutage, aber dennoch ist es so, dass man permanent mit irgendwelchen Empfehlungen und Ratschlägen bombardiert wird, was das beste fürs Kind sei. Und wenn es das nicht ist, dann wird man Opfer seiner eigenen verqueren Vorstellungen.

Das ist Crap! (Sorry!) Also, ich meine nicht, was Du fühlst, sondern alles, was uns dazu bewegt, uns so zu fühlen. Über die aus Deiner Sicht suoptimale Geburt wirst Du hinwegkommen, Deine Tochter ist es bestimmt schon. Ich glaube nicht im ernst, dass es bei ihr einen bleibenden Schaden hinterlassen hat. Meine Oma hat meinen Vater, wenn er als Baby geschriehen hat, in der Wiege auf den Speicher gestellt und die Tür zugemacht. Und sie ist eine total liebe Frau! Und auch wenn ich das nun wirklich nicht zur Nachahmung empfehlen würde, geht es meinem Vater heute gut! :-) Heutzutage bekommt man ja manchmal den Eindruck vermittelt, das Kind könnte traumatisiert werden, wenn man nur mal im falschen Moment aufs Klo geht, anstatt es durch die Wohnung zu tragen.

Das arme Kind hier, das arme Kind da. Dein Kind hat offensichtlich eine Mutter, die es sehr, sehr liebt, sonst würdest Du Dir ja gar nicht so viele Gedanken machen. DAS ist wichtig. Der Rest ist optional. Und als Einzelkind lebt es sich doch auch nicht schlecht?

Freue Dich, dass es Dir wieder gut geht, und quäle Dich nicht mit Überlegungen, was alles noch hätte besser laufen können und besser laufen sollte. Carpe diem! :-)
Landi

Beitrag von Landi »

Liebe Tiba,

ich kann das total verstehen, ich hatte auch einen Kaiserschnitt, aber ich hab dazu eigentlich eher ein positives Gefühl, obwohl ich den KS furchtbar fand (für mich)... Wir waren 10 Tage drüber, alles dicht und keine Anzeichen einer Geburt und da ich Angst vor einer natürlichen Geburt hatte, mein Kind recht groß und schwer war hab ich einen KS bekommen...Ich denke das kurze rausschneiden aus dem Bauch ist oft weniger stressig fürs Kind als ein stundenlanger Kampf und ein Durchquetschen durchs Becken usw.. Das hat mir mal ein Arzt gesagt. Was ich damit sagen will: man kann es so oder so sehen..

Eine PPD hatte ich nicht, aber heftige Zwangsgedanken und ich war in der ersten Zeit absolut unfähig mich um mein Kind zu kümmern, bei mir war mein Freund 10 Wochen daheim und selbst danach hatte ich täglich Unterstützung. Schuldgefühle hab ich deswegen nicht, ich konnte ja auch nichts dafür das es mir so schlecht ging, das ich mich nicht ganz um ihn kümmern konnte...Aber manchmal wenn ich daran denke das wir 3 Monate Zeit miteinander verloren haben, die superschön hätte sein können.... - das tut mir manchmal sehr weh....überhaupt das das alles so überschattet war von seelischen Schmerzen und irgendwie hatte ich mir alles anders vorgestellt..

Ich glaube "schlechtes Gewissen" ist derzweite Vornamen von uns Müttern :-)

Kennst Du das Buch: "Muttergefühle - Gesamtausgabe".. ? Kauf Dir das mal, das ist super und beschäftigt sich genau mit dem ganzen seelischen Kram, dazu ist es noch amüsant geschrieben...

Lieben Gruß Bea
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallo,

ich denke auch manchmal, wir Mamas sind dazu "geboren" Schuldgefühle zu empfinden.

Siehs doch mal so: Ohne KS würden viele Mamas und Kinder die Geburt geschädigt oder gar nicht überstehen - wir früher. Daher ist diese Geburtsmethode sehr berechtigt und wir können froh sein, sie zu haben. Das mit dem Einzelkind: Jede Lebensform und Familienkonstellation hat Vor-und-Nachteile. Ich bin selber ein Einzelkind und habe es genossen, mein Sohn wird ebenfalls ein Einzelkind bleiben und vermisst NICHTS!!!! Ach ja - mein Sohn kam per KS zur Welt - für mich ein Segen! Ich und er wären vor 100 Jahren bei der selben Situation gestorben. :idea: Stehe selbstbewußt hinter deinen Entscheidungen!!!

Renne nicht den Meinungen der Gesellschaft hinter hier, die sagt: man braucht 2,3 Kinder :roll: und hat natürliche Geburten vorzuweisen um eine "Frau" zu sein. Jeder hat das Recht sein Leben so zu leben, wie er will! So ein Gruppenzwang braucht niemand!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
tasi

Beitrag von tasi »

liebe tiba..

was du da bescheibst sind denke ich ganz normale gefühle einer besorgten mama die das beste für ihr baby will..

auch ich hatte einen kaiserschnitt.. und das auch noch wegen meines miserablen psychischen zustands vor der geburt!! ich hatte solche angst um mein baby, da man mir 2 wochen vorher sagte meine plazenta funktioniere nicht mehr richtig und ich solle sofort kommen wenn die kindsbewegungen schwächer werden..ich habe keine nacht mehr geschlafen und bin durchgedreht.. da wollte ich den kaiserschnitt, damit die seelische qual endlich vorbei ist..
auch ich hatte mit schuldgefühlen zu kämpfen.. aber es ging in dem moment einfach nicht anders!! und es war denke ich doch die richtige entscheidung..
so auch bei dir.. mach dir keine vorwürfe.. du hast das getan was du in dem moment für richtig gehalten hast..

und - wenn du nur ein kind möchtest ist das vollkommen in ordnung und ganz allein deine entscheidung..
ich bin selbst einzelkind und mir hat es nicht geschadet und ich habe nie darunter gelitten.. habe ein sehr gutes verhältnis zu meinen eltern und habe als kind eben viel mit freunden gespielt statt mit geschwistern..
ich selbst kann mir momentan auch noch nicht vorstellen noch ein weiteres kind zu bekommen..

bleib dir treu liebe tiba.. triffst du entscheidungen mit dem herzen ist es auch für dein baby das richtige!!

liebe grüße
tasi
tiba2

Beitrag von tiba2 »

Hallo!

Danke für eure lieben Antworten. Jetzt gehts mir schon besser.

Irgendwie bin ich ja auch froh über den Kaiserschnitt, denn wie sich bei der OP herausgestellt hat, ist sie nicht nur falsch rum gelegen, sie hatte auch noch die Nabelschnur um den Hals gewickelt. Also wer weiß, wie eine natürliche Geburt verlaufen wäre... :? , es hätte nichts, aber auch alles passieren können.

In meiner schweren Zeit sind wir zu meinen Eltern aufs Land gezogen, damit ich Unterstützung habe, und es hat uns da draußen so gut gefallen, dass wir jetzt bei meinen Eltern den Dachausbau machen. Da denk ich mir auch oft, war das eine gute Entscheidung für die Kleine, oder hätten wir uns doch lieber eine eigene Wohnung suchen sollen? Ich meine, sie wächst mit den Eltern und den Großeltern auf, noch dazu mit einem riesen Garten, Hunden, Pferden, Enten,....! Ich glaube, dass das nicht schlecht ist, aber sicher bin ich mir nicht.

Das stimmt, man wird überall bombadiert, "und, wann kommt das Zweite?", dann sag ich immer, eigentlich will ich nur ein Kind, und dann meinen die Leute immer, das ist aber schade, die hat ja dann niemanden zum spielen.

@ Landi: das Buch besorg ich mir auf jeden Fall!

lg tiba
tasi

Beitrag von tasi »

liebe tiba..

du bist wirklich ein sehr empathischer, mitfühlender mensch, der sich viele gedanken darüber macht was andere denken und immer möchte dass es anderen gut geht..
das ist eine schöne eigenschaft.. bewahre sie dir..
jedoch solltest du auch dich selbst darüber nicht vergessen.. auch deine bedürfnisse und wünsche sind wichtig.. sonst bricht man irgendwann zusammen..

wenn es euch bei deinen eltern gut gefällt, finde ich es richtig, dass ihr euch entschieden habt dort hin zu ziehen.. denn wenn ihr euch dort wohl fühlt, wird sich auch eure tochter dort wohl fühlen - ganz bestimmt..
mit eltern, großeltern und tieren - ist doch super!!
da kann man später als einzelkind übrigens auch super freunde einladen :)

bleib wie du bist tiba - aber vergiss dich selbst nicht..

fühl dich gedrückt

tasi
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