Brauche BITTE etwas Zuspruch

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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plüschkopf

Brauche BITTE etwas Zuspruch

Beitrag von plüschkopf »

Hallo Ihr Lieben,

ich bin ziemlich am Ende und heute schon den ganzen Tag am Weinen. Ich versuch es mal zusammenzufassen:

Ich bin fast in der 30. Woche schwanger (28+6). Die Schwangerschaft war ungeplant, und sie ist der Horror für mich. Ab der 6. SSW hatte ich Blutungen - mal leichte Schmierblutungen, mal richtig rote Sturzblutungen. Dreimal war ich stationär in der Klinik: einmal wegen Blutungen, einmal wegen vorzeitigen Blasensprungs in der 20. SSW, dann nochmal wegen schlechter Blutwerte. Die Fruchtblase hat sich wieder verschlossen (woran keiner mehr glaubte - in der Klinik wurde ich bei Einlieferung schonmal für die Not-OP vorbereitet "die bestimmt heute Nacht sein muss"). Es kamen dann noch ein paar Blutungen, mehr als regelstark, von der Plazenta. Aber meine Maus ist eine Kampf-Maus wie es scheint. Seit Weihnachten bin ich nun erstmals blutungsfrei.

Jetzt, wo es nur noch 10 Wochen bis zur Entbindung sind, legt sich der Stress also etwas. Schlagartig habe ich Gelegenheit mir über einen Sachverhalt Gedanken zu machen, der in den letzten Wochen in den Hintergrund rutschte: dass ich gar kein zweites Kind haben wollte. Mich dem nicht gewachsen fühle. Meine Grosse war mehr als 12 Monate lang Schreibaby, und dafür gebe ich mir bis heute die Schuld. Ich war so vernarrt in mein Baby, aber es hat mich abgelehnt und nur angeschrien. Ich hatte immer diese Träume, in denen sie mir im Badewasser ertrank oder ich sie sonstwie aus Unachtsamkeit umbrachte. Irgendwann schlief ich überhaupt nicht mehr, weil ich sie sogar dann schreien hörte, wenn sie gar nicht schrie.
Ich würde gerne meine ganze Kraft darauf verwenden, es wenigstens jetzt richtig zu machen. Aber da ist nun der kleine "Einschleicher", vor dem ich unendliche Angst habe. Denn ich weiss nicht mehr, wie ich die Zeit damals rumgebracht habe - ich bin mir aber sicher, das schaffe ich nicht nochmal. Bei meiner Grossen war ich immer happy, wenn ich sie spürte - jetzt bin ich sogar manchmal genervt und murmle "gib doch endlich Ruhe" wenn das Baby im Bauch rumstrampelt. Und dann weine ich, weil ich sowas Herzloses denke. Deshalb kann ich darüber auch mit niemandem reden, alle würden mich verdammen.

Die Träume fangen auch wieder an. Dabei träume ich aber nie vom Baby, es ist immer meine Grosse, der ein Unglück passiert. Ich taste dann panisch neben mich, ob sie noch atmet. Bin enttäuscht, wenn sie lieber beim Papa kuschelt als bei mir. Was soll ich nur tun? Plötzlich steht auch wieder das Thema "Geburt" im Raum. Bislang haben wir daran keinen Gedanken verschwendet, denn die Wahrscheinlichkeit, dass die Schwangerschaft fortbestehen würde, lag ja unter 10%. Genau wie meine erste liegt auch die zweite Kleine dauernd in Querlage, ist in Grösse und Gewicht ihrer Zeit voraus - ich soll mich dem Gedanken an einen weiteren Kaiserschnitt nicht verschliessen. Dabei hab ich den ersten doch noch nichtmal verkraftet, warum auch immer...

Und bei aller Panik vor der Geburt denke ich zuerst an meine Grosse: weil ich beim KS ja eine Woche in der Klinik bin, anschliessend nicht toben kann usw. Ich will aber mit ihr toben. Ich will sie nicht abweisen. Schlagartig ist das Gedankenkarussell wieder da, ich hatte es nicht vermisst. Dazu hab ich Angst, dass das alles nicht an dem Ungeborenen vorübergegangen ist: dass sowohl die Schwangerschaft als auch meine Grundhaltung das arme Kind schon jetzt verkorkst haben, es vielleicht sogar krank oder behindert sein wird.

Ich werde so langsam panisch, und die Situation zermürbt mich. Aber es tut ganz gut, es wenigstens mal aufzuschreiben. Ich fühl mich grad so arg allein. Der einzige, mit dem ich gesprochen habe, war mein Mann. Aber unsere Beziehung ist nicht mehr sehr harmonisch, seit das erste Kind auf der Welt ist, und er versteht mich auch nicht ("Bis zur Geburt ist doch noch eeeewig hin. Wart doch mal ab."). Ich kann mir gar nicht vorstellen, ihn bei der Geburt dabei zu haben, das traue ich mich aber nicht ihm zu sagen.

Könnt Ihr mir was Aufbauendes sagen? Raten? Die Ärzte interessiert das nicht, die sehen nur die (zahlreichen) medizinischen Aspekte dieser Schwangerschaft. Und ich solle froh sein.

Vielen dank fürs Lesen.
plüschkopf
lotte

Re: Brauche BITTE etwas Zuspruch

Beitrag von lotte »

Hey Du,

es ist ja fast schon logisch, dass Du durch diese recht komplizierte Schwangerschaft nicht sooo richtig entspannt in die Zukunft sehen kannst. Und es ist auch klar, dass dann verstärkt die Ängste kommen. Und Erinnerungen an Deine erste Babyzeit. Übrigens: niemand ist schuld, wenn das Baby ein Schreibaby ist. Da spielen ja auch oft rein körperliche Faktoren eine Rolle, deswegen hilft in vielen Fällen ein Osthepot, der nach eventuellen Schiefständen beim Baby schaut.

Und Dein noch nicht geborenes Kind wird auch nicht behindert oder verkorkst, weil Du jetzt Angst hast. Viel wichtiger ist ja, dass Du danach eine gute Bindung zu ihr aufbauen kannst. Sprich mit den Leuten im KH offen darüber, auch dass Du schon einen KS hattest und den nicht gut weggesteckt hast.

Wenn Du nach der Geburt nicht 100% für deine erste Tochter da sein kannst: mach Dir bitte deswegen keinen Stress. Du wirst es später wieder mit ihr können. Schau, dass Dein Mann oder Freundin was mit deiner Grossen allein machen können am Anfang, dass sie sich wichtig und gut aufgehoben fühlt. Und freu Dich, dass sie gerne mit Deinem Mann kuschelt statt enttäuscht darüber zu sein ;)

Tja, das mit Deinem Mann: er steht aber trotz ungeplanter SS voll hinter Dir, ja? Warum willst Du ihn denn nicht dabei haben? Es ist besser, ihr sprecht Eure vielleicht versteckten Konflikte vor der Geburt aus, danach bleibt erst mal nicht so viel Zeit für Euch als Paar.

Weiss Dein Frauenarzt wie Du Dich fühlst?

LG
Lotte
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Marika
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Re: Brauche BITTE etwas Zuspruch

Beitrag von Marika »

Hallo,

eine weitere Möglichkeit wäre, wenn du Kontakt zu einer Hebammenpraxis aufnimmst. Gerade weil du dich von deinem Umfeld - Mann, Ärzte - mit deinen Ängsten und Sorgen allein gelassen fühlst, könnte eine Hebamme hier gut ansetzen.

Und: deine Ängste verstehe ich völlig, deine Schwangerschaft ist ja wirklich sehr schwierig und auch ungeplant. Da ist es völlig klar, dass du viele Zweifel, Fragen und eben Ängste hast. Deswegen ist mir die Hebammenpraxis eingefallen - vielleicht wäre das etwas für dich?
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
claudi

Re: Brauche BITTE etwas Zuspruch

Beitrag von claudi »

Oh das kenne ich sehr gut , also vor lauter Angst und Anspannung verlierst du das gefühl für alles .
Ich hatte immer Blutungen , eine Fehlgeburt :-( habe 3 Kinder , eines gehört meinem Mann , lebt aber hier . Ich hatte Angst habe es mir nie zugetraut , aber Du wächst dahinein glaube Mir . Du und Dein Baby habt noch keine Zeit gehabt um Euch auf Positives zu konzentrieren . Ich glaube es ist ein Schutzmechanismus den Du Dir verinnerlicht hast . Du wirst nicht raus kommen aus der Anspannung . Du bist darin gefangen . . . Schau Du bist immer ins KKH wenn Du blutungen hattest und hast Dich behandeln lassen , wölltest Du diese Kind nicht und wärest Herzlos wäre es sicher anders gekommen .

Du musst Dich nicht schämen für Diese Gedanken , alleine das sie Dir etwas ausmachen und Du schreibst , beweist genau das es Dir nicht schnuppe is . Du fühlst Dich sogar schlecht wegen der Gedanken ..... das ist der beweis dafür das Du da was in Dir spürst und schon Verantwortung dafür übernimmst . Du hattest soviel Stress in der letzten Zeit und dann noch diese Angst die tief sizt wegen dem Schreikind . Das ist anstrengend , aber ich habe 3 , davon hat einer sehr sehr viel geschrien . Du musst also nicht das Pech haben das es nochmal so ist . Such Dir eine Hebamme die Du gleich einweihst dann hast Du Jemanden der sofort und akut da ist . Auch machen Diese oft Entspannende Akkupkt .

Als letztes solltest Du Dir vor der Geburt nochmal einen Termin in einer Schreiambulanz nehmen , die nehmen Diese Angst mit einer Sitzung meist . Bau Dir ein Hilfeplannetz auf damit genug Menschen Bescheid wissen .
plüschkopf

Re: Brauche BITTE etwas Zuspruch

Beitrag von plüschkopf »

Hallo,

vielen Dank für eure Antworten.

Nach den (eher schlechten) Erfahrungen, die ich mit meiner Hebamme nach der 1. Geburt gemacht hatte, habe ich mich diesmal frühzeitig um Hebammenbetreuung gekümmert, hatte sogar eine Beleghebamme. Aber die hat sich nicht gekümmert, war nicht wirklich erreichbar für mich, hat immer nur Einzeiler per Mail geschickt (und das auch gerne mal mit drei Wochen Verzögerung). Also hab ich sie in die Wüste geschickt. Habe jetzt tatsächlich noch jemanden mit freien Kapazitäten gefunden, die lerne ich diese Woche persönlich kennen, und ich hoffe, mich mit ihr wirklich austauschen zu können.

Die Beziehung zu meinem Mann ist u.a. deshalb so schwierig, weil er manchmal mehr wie mein zweites Kind ist. Mit der Geburt des ersten Kindes ergab sich dann, dass ich Mutter war - und nur noch das. Ich hab mich für mein Schreikind regelrecht aufgeopfert, denn der Gedanke an Fremdbetreuung ist mir (bis heute!) unerträglich. Wir hatten keine Ommas, Oppas oder Freunde in der Nähe, die uns das Kind mal abgenommen hätten, und wenn, dann hätte ich es nicht in Anspruch nehmen können. Ich kann es schlecht in Worte fassen. Ich fürchte, ich klinge mehr als psycho, wenn ich es versuche. Jedenfalls haben wir seither eigentlich keine Beziehung mehr gehabt, die wollten wir nun so langsam wieder in der Vordergrund rücken. Wir hatten fast 2 Jahre nach der Geburt also das erste (und bisher einzige) Mal wieder Sex (durch die Hochrisikoschwangerschaft ist das jetzt eh streng verboten) - und daraus resultiert die Geburt, die uns in 9 Wochen bevorsteht... entgegen jeder Wahrscheinlichkeit...

Mein Arzt weiss bloss, dass ich Angst habe, aber er sieht halt lediglich die medizinischen Aspekte. Und die Hebamme in der Klinik meinte nur fröhlich, das gibt sich alles, ich müsse das Kleine nur erst in den Armen halten. Damit mag sie ja vielleict auch recht haben, die Zeit bis dahin ist lang. Und ich hab soooo Angst, nach der Geburt genauso in ein Loch zu fallen wie nach der 1. Zumal das hier mit Sicherheit meine letzte Schwangerschaft ist. Ich sollte sie geniessen, und ich werde wohl immer darum trauern, dass ich es nicht konnte. Es ist ganz komisch, aber seit dem Kaiserschnitt traue ich mich nicht mehr, den Mund aufzumachen. Vorher war ich echt nicht auf den Mund gefallen! Aber jetzt?! Ich fühle mich von allem und jedem direkt persönlich angegriffen und merke dann, dass ich kurz vorm Heulen bin - und dann sage ich lieber nichts. Insofern lasse ich mich inzwischen recht schnell unterbuttern bzw. wehre mich nicht, wenn der Arzt mal wieder kaum Zeit für mich hat. Rein vom Kopf her weiss ich, dass ich da mein Recht einfordern könnte, aber ich bin dazu nicht in der Lage. Ich weiss auch nicht. Ich bin grad total durcheinander.

Liebe Grüsse,
plüschkopf
lotte

Re: Brauche BITTE etwas Zuspruch

Beitrag von lotte »

Dann drücke ich Dir alle Daumen für das Treffen mit der neuen Hebamme.

Wenn ich ehrlich sein soll: Die Beziehung zu Deinem Mann sehe ich als etwas problematisch an (denn DU hast ihn ja unbewusst oder bewusst dazu "verdonnert", dass Ihr keine Paar-Beziehung mehr hattet nach der Geburt). Das ist nach einer Geburt für eine Zeit lang sicher recht normal, dass Mama und Kind eine starke Einheit bilden, aber je unabhängiger das Baby wird, desto mehr sollte sich diese Symbiose auch wieder nach aussen hin öffnen können. Sicher, mit einem Schreibaby kann sich das alles noch mal verzögern, weil Du Dir als Mutter vielleicht unbewusst die Schuld dafür gegeben hast.

Ich denke, die Geburt Eures zweiten Kindes wäre jetzt eine gute Gelegenheit, auch als Paar wieder mehr zusammenzuwachsen. Binde ihn früh mit ein, auch oder gerade, wenn das Kind schwierig, laut etc ist. Du wirst ohnehin merken (und das schreibe ich nicht, weil ich Dir Angst machen will), dass Du es mit 2 Kindern allein nicht so gut schaffen kannst. Da wird sich evtl. auch später noch mal die Frage nach der "Fremdbetreuung" stellen, die du dann vielleicht etwas gelassener angehen kannst, weil Du merkst, dass Du auch Zeit für Dich brauchst ;)

LG
Lotte
DanaSun

Re: Brauche BITTE etwas Zuspruch

Beitrag von DanaSun »

Hallo

Ich weiß leider genau wie du dich fühlst . Mir erging es fast ebenso wie dir .
Nach 10 Jahren wurde ich nochmal schwanger , ich wollte dieses BaBy einfach nicht , nie habe ich eine Verbindung zu ihm verspürt und die Schwangerschaft war bis zum Schluß die Hölle und auch die Geburt kaum besser. Zu allem Überfluss ist auch ein Schreibaby und mein Partner keine Unterstützung , die beiden Großen sind eifersüchtig ohne Ende.

ich kann dir leider kaum Zuspruch geben , ich würde es so gerne . Aber deine kleine Maus ist noch nicht da und vllt ist sie viel lieber als deine Große. Klammer dich an diese Hoffnung . Ich weiß , wie schwer es fällt jemanden zu finden , dem man all seine Gedanken mitteilen kann , besonders die Gedanken , wofür man sich selbst hasst . Darum habe ich mich an diese Gruppe hier gewandt. Es wenigstens von der Seele schreiben zu können ohne Angst der ständigen Verurteilung , warum man sowas denkt , wo man selbst genug Schuldgefühle hat , das hilft wenigstens ein bissl.

Und schon schreit mein Kleiner wieder :( .... ich mag nicht mehr
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