Ich bin neu hier (lang)

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

Moderator: Moderatoren

Antworten
NadinemitZwillis

Ich bin neu hier (lang)

Beitrag von NadinemitZwillis »

Hallo!

Ich bin neu hier auf dieser Seite und möchte mich gerne mal vorstellen und habe dann auch direkt ein paar Fragen.

Ich bin 36 Jahre alt, war Lehrerin bis zu meiner Schwangerschaft. Wir haben uns schon seit langem ein Kind gewünscht und sind auch einige Stadien der künstlichen Befruchtung durchlaufen. Wie unendlich glücklich waren wir dann, als es hieß, ich sei mit Zwillingen schwanger. Da meine Schule in einem sozialen Brennpunkt liegt, bin ich direkt krankgeschrieben worden. Ich hatte eine wundervolle Schwangerschaft und habe mich pudelwohl bis auf die letzten Wochen gefühlt, wo ich durch Vorwehen mehr und mehr liegen musste. Anna und Lukas kamen dann 3 Wochen per Kaiserschnitt zu früh auf die Welt, waren aber gesund und munter. Da an diesem Wochenende jedoch unglaublich viele Geburten in dem KH waren, wurden die Beiden auf die Frühchenstation verlegt. Der Weg dorthin führte durch zig Flure, man musste mehrere Aufzüge benutzen und es war für mich mit den Schmerzen des KS ein beschwerlicher Weg alleine zu meinen Kindern. Die Kinderkrankenschwestern behandelten mich stets ein wenig, als ob sie eh alles besser wüssten. Umso froher war ich dann, als wir drei am 29.04. dann die Klinik gemeinsam verlassen durften. Am letzten Abend im KH überkam mich dann auf einmal die Angst, wie ich das alles mit den Zwillingen alleine bewältigen soll. Aber ich beruhigte mich, dass mein Mann ja noch 2 Wochen Urlaub hatte und bis dahin alles soweit klappen würde. Diese 2 Wochen verliefen auch recht harmonisch, ich musste nur öfters heulen aus nichtigen Gründen, dachte aber da noch, es wäre der ganz normale Babyblues. Jedoch merkte ich, dass mir irgendwie die große totale Mutterliebe zu diesen zwei süßen Babies fehlte und ich machte mir deshalb viele Schuldgefühle.
Dann ging mein Mann wieder arbeiten und die ersten 3 Wochen klappte auch alles recht gut. Ich merkte jedoch, wie ich immer erschöpfter wurde, obwohl wir nie richtig schlimme Nächte mir den Beiden hatten. Jedoch wollte ich gerne die Superzwillingsmami sein, die gut aussieht, deren Haushalt perfekt läuft, deren Babies immer super sauber und adrett ausschauen und die nie schreien sollten. Mit der Zeit wurde ich immer müder und merkte gleichzeitig, dass irgendetwas nicht stimmte: morgens kam ich immer schlechter aus dem Bett, ich hatte richtige Angst vor den Stunden alleine ohne meinen Mann und war immer ängstlich, wenn einer von den Beiden weinte, was sie weiß Gott nicht oft getan haben und war froh, wenn sie schliefen. Es wurde plötzlich von Tag zu Tag schlimmer, ich war nur noch traurig, wollte mein altes Leben zurück, fühlte mich gleichzeit schuldig, weil ich mir diese Kinder doch sehr gewünscht hatte, isolierte mich immer mehr von der Außenwelt und weinte sehr oft. Nachts schlief ich auch immer schlechter, lebte in einer dauernden inneren Anspannung.
Über das Fronleichnam-Wochenende spitzte sich die Lage dann zu, ich war fast unfähig, etwas im Haushalt zu tun, wusste nicht, was ich mit den Babies tun sollte und war innerlich wie gelähmt und weinte fast den ganzen Tag. Mein Mann und meine Mutter haben sich alles immer und immer wieder angehört und halfen mir, wie sie nur konnten. An diesem Wochenende wurde mir klar, du musst etwas unternehmen, damit es nicht noch schlimmer wird. Ich ging zu meiner FÄ, die sofort eine postnatale Depression feststellte und mich zu einer befreundeten Psychotherapeutin schicken wollte, die jedoch in der hiesigen Landesklinik arbeitet. Das schreckte mich so ab, dass ich dort nich hingehen wollte. Widerwillig überwies sich mich dann zu einem anderen Psychiater. Dieser speiste mich mich einem Antidepressiva und den Worten: "Es gibt Menschen, die werden beim Anblick eines 3 km² großen Garten depressiv und bei Ihnen sind es halt die Zwillinge." Ich dachte, komm, nehme mal das Medikament (Gymbalta), vielleicht hilft es ja schon. Was dann folgte, war die Hölle: ich nahm das Medikament und es putschte mich derart auf, dass ich nachts gar nicht mehr schlief, Atemnot und Angstattacken hatte. Nach der zweiten so verbrachten Nacht, zwang mein Mann mich dazu, zu der von meiner FÄ befürworteten Psychologin in die Ambulanz in der Klinik zu fahren. Ich tat dies und es war meine erste Rettung: Sie hörte mir zu, hatte für alles Verständnis, es war einfach schön, sich mal alles von der Seele reden zu können. Als erstes verschrieb sie mir direkt eine Haushaltshilfe. Dann verschrieb sie mir Aponal 5 für dreimal täglich und Taxilan 25mg für morgens und abends. Die beruhigende Wirkung setzte direkt noch am Abend ein, ich schlief 9 Stunden durch und fühlte mich am nächsten Tag schon viel, viel besser. Ja, und dann kam etwas anderes dazwischen: gerade als ich mich abends ins Bett legen wollte, bekam ich plötzlich Koliken vom Feinsten, konnte nicht mehr gehen, stehen, sitzen oder liegen. Mein Mann rief schließlich voller Verzweiflung den Krankenwagen. Ich wurde ins KH gefahren und dort stellte man eine schwerste Gallenkolik fest, 18 Steine in der Gallenblase und 3 auf dem Weg in die Bauchspeicheldrüse. Ich musste natürlich dort bleiben und wurde in der darauffolgenden Woche zweimal operiert. Zu Hause lief zum Glück alles reibungslos weiter dank der schon eingestellten Haushaltshilfe und den beiden Omas, die Zwillinge waren bestens versorgt. Für mich bedeutete der KH-Aufenthalt eine Art Zwangsabstand von den Babies, ich konnte viel in Ruhe nachdenken und mir meine nun neue Lebensrolle vor Augen führen. Letzte Woche Montag bin ich aus dem KH entlassen worden: Ich sehne mich nun nicht mehr nach meinem alten Leben, habe die neue Rolle weitestgehend akzeptiert. Jedoch leide ich immer noch unter Stimmungsschwankungen, bin oft noch sehr müde und antriebslos und bin nur unendlich froh, dass ich durch die Haushaltshilfe eine strukturierten Tag habe.
So, nun schreien gerade die Beiden nach ihrem Fläschchen, so dass ich hier mal unterbrechen muss.

Meine Fragen: Wer kennt die Medis, die ich nehme und ihre Wirkung? Ich soll diese erst einmal für 6 Monate einnehmen und gehe alle 3 Woche zur Gesprächstherapie.
Wann kann ich damit rechnen, dass es mal dauerhaft besser wird und ich mich nicht mehr so müde und manchmal überfordert fühle. Ich habe nämlich den Eindruck, dass die Dosis an Medis ausreichend für mich ist.

Über Antworten würde ich mich natürlich sehr freuen!

Nadine
Sas

Beitrag von Sas »

Hallo Nadine,

Leider kenne ich deine Medis nicht, aber es dauert in der Regel mindestens 14 Tage, bis Antidepressiva wirken.
Die Frage, wann es besser wird, ist sehr schwierig zu beantworten, da nicht alles bei jedem gleich wirkt. Es kann sein, dass es nur wenige Wochen dauert, es kann aber auch lange dauern. Bei mir waren die ersten 6-8 wochen die schlimmsten. Danach gings. Meine PPP ist jetzt 11 Monate her und ich habe immer noch ab und zu depressive Schwankungen , aber lange nicht mehr so schlimm.

Ich denke, Du darfst Dich da nicht unter Druck setzen. Wichtig ist: ES VERGEHT!!!!

LG, Saskia
Christina

Beitrag von Christina »

Hallo Nadine,

das was du schreibst hört sich schlimm an und ich wünsche dir das bald alles wieder gut wird. Leider kenne ich mich mit Medikamenten nicht besonders gut aus, ich habe die die ich genommen habe nur kurz genommen da ich eigentlich kein besonder Freund von den chemischen Keulen bin. Ich habe gottseidank eine anderen Weg raus aus dieser Hölle gefunden. Ich bin 4 Jahre in diesem Albtraum dringestreckt und bin jetzt seit über einem Jahr wieder gesund. Vieleicht hast du ja Lust meine Geschichte auf meiner Homepage zu lesen und etwas über meine Heilmethode zu hören.

Ich wünsche dir alles gute
Grüße
Christina
Anke
power user
Beiträge: 527
Registriert: 23:03:2005 23:13
Wohnort: Ostfildern

Beitrag von Anke »

Hallo Nadine,

da hast Du ja auch einiges in kurzer Zeit mitmachen müssen.

Ich kenne von Deinen Medikamenten das Taxilan, das ich vor ca. 4,5 Jahren zusammen mit Saroten und Tavor genommen habe. Die Dosierung von Taxilan kann ich Dir leider im Moment nicht mehr sagen, es war aber ordentlich (ich glaube 3 oder 4 mal täglich/insgesamt ca. 100 mg), da ich in einer Klinik war.

Taxilan ist überwiegend für Angst- und Panikattacken gut. Ganz genau kann ich nicht mehr die Wirkung sagen, da ich ja parallel drei verschiedene Medikamente nahm. Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich auch (teilweise) sehr müde war; das war allerdings nötig, sonst wäre ich viel zu hippelig gewesen.

Die Medikamente habe ich gut vertragen, nachdem mein erstes Medikament nicht angeschlagen hatte oder zu niedrig dosiert war. Die Wirkung tritt nach ca. 2 - 3 Wochen ein.

Ich wünsche Dir weiterhin gute und schnelle Genesung, viel Kraft und Geduld - Du wirst wieder gesund!
Viele Grüße von Anke

"Die Zeit heilt alle Wunden..."
Antworten