Die Hölle in uns

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

Moderator: Moderatoren

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Martina

Die Hölle in uns

Beitrag von Martina »

Kennt ihr das von Franz Kafka:

"Wenn du vor mir stehst und mich ansiehst, was weißt du von den Schmerzen, die in mir sind und was weiß ich von deinen. Und wenn ich mich vor dir niederwerfen würde und weinen und erzählen, was wüsstest du von mir mehr als von der Hölle, wenn dir jemand erzählt, sie ist heiß und fürchterlich. Schon darum sollten wir Menschen voreinander so ehrfürchtig, so nachdenklich (...) stehen, wie vor dem Eingang zur Hölle."

Ich bin froh, dass ich dieses Forum gefunden habe, wo man einander versteht und man diese inneren Schmerzen nicht "erklären" muss - was nicht betroffene eh nie nachvollziehen können.

Heute ist mal wieder ein nicht so guter Tag und ich könnte mir vorstellen, dass Franz Kafka einen fiesen Roman aus meinen Gefühlen machen könnte. Sowas nach dem Motto, kleiner Wurm (ich) wird von Schlange (mein Kind) aufgefressen, langsam und quälend.

Liebe Grüße an alle
Martina (mit Pattex-Kind auf Schoß)
valentina

Beitrag von valentina »

:-) Liebe Martina
Dieses Zitat sagt alles, was man nicht ausdrücken kann. Das Wort Hölle kommt mir immer in den Sinn, wenn ich an meine schlimmsten Zeiten zurückdenke. Und es ist einfach so schön, wenn es Menschen gibt, die das eins zu eins verstehen. Man muss nichts erklären, alles ist klar. Kein Mensch ,der nicht in dieser Hölle war, kann es nachvollziehen. Das erwarten wir ja auch gar nicht. Ich schätze Menschen, die es wenigstens im Gespräch versuchen, echte Hilfe anbieten. Die schlechten Gefühle kann dir niemand abnehmen, aber man kann anderen Druck abnehmen. Was ich gar nicht abkann, sind diese Pseudopsychologen, die dir gute Ratschläge erteilen wollen, ohne die geringste Ahnung womit wir es zu tun haben. In deinem Fall kann ich nachvollziehen, dass du manchmal fast verzweifelst. Ein Kind allein grosszuziehen ist bestimmt sehr belastend, vor allem wenn es im Trotzalter ist. Man kann nirgends Ballast abwerfen, alles hängt an dir. Wenn sie krank ist, wenn sie nervig ist, wenn sie schlecht schläft, die ganze Verantwortung! Das ist ein enormer Druck, und Druck ist Gift bei PPD. Aber halte dir vor Augen, dass dein Kind grösser wird, verständiger und das macht vieles lechter. Und du wirst ja auch nicht immer alleine bleiben. Versuch dir möglichst viele Freiräume zu schaffen und spanne den Vater des Kindes ein so gut es möglich ist. Ich wünsche dir viel Kraft :!: Liebe Grüsse :!: Valentina
Martina

Beitrag von Martina »

valentina hat geschrieben:Was ich gar nicht abkann, sind diese Pseudopsychologen, die dir gute Ratschläge erteilen wollen, ohne die geringste Ahnung womit wir es zu tun haben.
Hallo Valentina,

damit hast du nur zu Recht. Dazu kommen dann noch die, die meinen, Psychologen seien überflüssig, Depressionen Einbildung und man müsse sich nur ein Bisschen zusammenreißen und sich selbst aus dem Mist ziehen.

Ach ja und dann noch die, die meinen, man gefällt sich in seiner Leidenden-Rolle *kotz* (sorry).

Ja, ich finde es überhaupt nicht einfach, in meiner Situation zu sein, aber was kann man machen... Ich muss da jetzt wohl durch.

Danke für deine lieben Worte!

LG
Martina
Jenny

Beitrag von Jenny »

Liebe Martina,

da wir gerade bei den literarischen Zitaten sind, zu deinem letzten Beitrag fällt mir ein Zitat aus dem Theaterstück "Huis clos" (Geschlossene Gesellschaft, ich glaube von - net schlagen! - Andre Maurois ein:

"L'enfer - ce sont les autres" Die Hölle- das sind die anderen.
Die nämlich, die dir durch unverständnis und Arroganz dein Leid noch schwerer machen.
Vielleicht sollten wir alle daran denken, wenn uns Dummschwätzer mal wieder das Leben zur Hölle machen - und sie, zumindest gedanklich, zu selbiger schicken.
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