Allokationsethik

Austausch alltäglicher Sorgen oder Freuden

Moderator: Moderatoren

mici

Beitrag von mici »

Das schöne Wetter von heute morgen ist weg.
Ja, das ist irgendwie weg, hier auch :-(

Noch mal ne andere Frage: Eine Straßenbahn rast steil bergab auf eine Gruppe von fünf Menschen zu, die sich nicht mehr rechtzeitig in Sicherheit bringen können. Sie werden alle sterben, wenn der Fahrer nicht in letzter Sekunde die Straßenbahn auf ein Nebengleis lenkt. Unglücklicherweise steht dort jedoch auch ein Mensch, der dann sterben müsste.
Sollte er die Straßenbahn umlenken?
AmoebeMS

Beitrag von AmoebeMS »

Der Straßenbahnfahrer sollte vorher einen Kaffee trinken, wie ich es jetzt erst mal tue!!! :lol:

Und dann eine Münze werfen! :roll:
mici

Beitrag von mici »

Apropos Kaffeetrinken: Ich habe heute mein Geld zu Hause vergessen, kann mir einer was leihen?
Und dann eine Münze werfen!
Die Sache mit der Münze hat in der Tat den Vorteil, dass man allen Beteiligten eine gleiche Überlebenschance einräumt. Aber kann der Münzwurf überhaupt als (moralische) Handlung gewertet werden oder fungiert er nicht eher als Vehikel, um sich einer moralisch schwierigen Entscheidungsfrage zu entziehen? Also, handelt jemand moralisch, der in oben beschriebener Situation den Zufall entscheiden lässt, wer überlebt und wer stirbt?
AmoebeMS

Beitrag von AmoebeMS »

Moment mal,

das war ein Scherz, Mici!

Das hat doch nichts mit Ethik zu tun.

Hilfe, du verwendest meinen Ausspruch ja als .... ja als .... was weiß ich.... als "Hilfe". Nix da.

Münzen kann man werfen, aber bei einer ethischen Fragestellung? Gleiches Recht für alle, in dem man das Schicksal entscheiden läßt? 6 Menschen und man lässt sie um ihr Leben würfeln, Streichhölzer ziehen oder eine Münze werfen. Das ist etwas zu viel des Guten, findest du nicht? Hierbei geht es um Leben und Tod und darüber soll der Zufall entscheiden? Hm. Nö. In gewissen Situationen stimme ich zu, dass solche Dinge Einfluss nehmen sollten, aber wenn es um Leben oder Tod geht? Ich weiß nicht recht.
mici

Beitrag von mici »

Münzewerfen ist irgendwie ungemessen für eine Entscheidung über Leben und Tod. Da gebe ich Dir ja völlig Recht.
Aber
Gleiches Recht für alle
dem würdest Du schon zustimmen, oder? Wie will man das erreichen, wenn nicht durch den Münzwurf (bzw. den Zufall)?
Oder meinst Du, gleiches Recht für alle ist vielleicht gar nicht zu erreichen in einer solchen Situation? Das könnte sein. Ich glaube fast, das es so ist, nur verstehe ich dann immer noch nicht, WARUM es moralisch geboten sein soll (wenn auch mit Bauchschmerzen), die fünf zu retten und nicht David (bin jetzt wieder im ersten Beispiel).

Wenn wir David nicht bitten sollten, selbst auf die Medizin zu verzichten, um das Leben von fünf anderen zu retten, wie können wir dann moralisch im Recht sein, GENAU DIESE Entscheidung zu fällen, die David für sich immer ablehnen würde?

Also eigentlich haben ja alle gesagt, dass es keine moralisch einwandfreie Lösung für das Problem gibt. Trotzdem würde man in einer oben beschriebenen Situation die Mehrheit retten und nicht die Minderheit. Und ich glaube, dass es dafür keine moralische Grundlage gibt und man kein Unrecht beginge, wenn man den einen (statt der vielen) retten würde.
Ich weiß halt nur noch nicht genau, warum ich das glaube
:lol:
Birdee

Beitrag von Birdee »

:shock: :roll: ....
....kein Thema für mich....

*grübel*
AmoebeMS

Beitrag von AmoebeMS »

Gleiches Recht für alle kann man aber nicht unbedingt mit der Fragestellung erreichen, auch wenn es gilt!

Ist das nicht genau der Punkt? Es geht immer „einer“ drauf!

Aber was ist nun besser? Dass 5 Menschen sterben oder nur einer? Der Kopf sagt, dass 5 überleben und nur einer stirbt. Aber warum? Gute Frage. Es geht ja nicht um Mathe, wo 5 höher ist als 1, sondern wohl eher um die geretteten Leben.

Warum eher die Mehr- als die Minderheit? Nun ja, hier geht es um Menschenleben. Das höchste Gut der Erde. Yepp, ich stelle mich mal dezent über Pflanzen, Bäume und Tiere und nicht weil ich ein „Tier“ bin, sondern ein Mensch mit Überlebenswillen. Ich möchte ja leben.

Wenn ich die Wahl habe mehr Menschenleben zu retten als nur eines, dann würde ich das auch tun. Warum? Weil mein Instinkt mich dazu treibt, nicht mehr und nicht weniger. Für mich hat es weniger mir Moral zu tun. Ich denke an dieser Stelle zb auch an die Menschen, die mit dem Verlust eines Geliebten leben müssen. 50 sind weniger als 250. So als Beispiel. Das hat – so wie du annimmst – auch nichts mehr mit einer moralischen Grundlage zu tun. Rette ich einen oder rette ich viele? Hm? Immerhin habe ich ja JEMANDEN gerettet. Warum schätzt man dann EINEN weniger als VIELE ein?

Vielleicht weil man einfach nur Mensch ist und ein Ur-Instinkt mit im Spiel ist? Ich vermag nicht zu sagen, woher dieser Instinkt stammt, nämlich Mehrheit von Minderheit in solchen Bespielen zu trennen, aber ich tippe mal stark auf den „Ur-Instinkt“. Mehr ist besser als weniger.

Wie bei einer Mutter.

Das eigene Überleben zählt nicht, wenn es um die Brut geht.

Okay, ich haue nicht ab, wie eine Schildkröte, lege also meine Eier und verdrücke mich, in der Hoffnung, dass alle irgendwann das Wasser erreichen. Haben Schildkröten eine Seele???
mici

Beitrag von mici »

Hallo Amoebe,

erstmal vielen Dank, dass Du Dich auf die Diskussion einlässt! Ich setz mich mit Euren Argumenten auseinander, weil es einfach sein kann, dass ich in der Prüfung mit ähnlichen Argumenten konfrontiert werde und dann bin ich besser gewappnet, hoffentlich! :lol:
Gleiches Recht für alle kann man aber nicht unbedingt mit der Fragestellung erreichen, auch wenn es gilt!
Ja, das ist der Punkt, einer geht immer "drauf", insofern kann gleiches Recht für alle nicht gelten. Aber müsste es dann nicht wenigstens darum gehen, allen die gleiche CHANCE zu geben, zu den Überlebenden zu gehören? Eben indem man z.B. eine Münze wirft?
Aber was ist nun besser? Dass 5 Menschen sterben oder nur einer? Der Kopf sagt, dass 5 überleben und nur einer stirbt. Aber warum? Gute Frage. Es geht ja nicht um Mathe, wo 5 höher ist als 1, sondern wohl eher um die geretteten Leben.
Sagen wir mal, ein Mensch ist unendlich viel wert. Dann sind fünf Menschen 5x unendlich viel Wert. Aber 5xunendlich ist nicht mehr, als 1xunendlich. Also rein rechnerisch, meine ich.

Vielleicht müsste man sich fragen, für wen der Tod schlimmer ist? Für den einen oder für jeden der fünf? Also mal angenommen, David gehört die Medizin, könnte man sich vorstellen, dass die fünf anfangen zu argumentieren: "Hör mal David, Du musst doch einsehen, dass es besser ist, wenn wir überleben! Sicherlich ist Dein Tod sehr, sehr schlimm, aber siehst Du nicht auch, dass unser Tod fünfmal schlimmer ist? Der Tod eines jeden von uns ist im Vergleich zu Deinem Tod natürlich nicht besser oder schlechter, aber der Tod von uns allen ist für jeden Einzelnen von uns viel schlimmer, als Dein Tod." Ich bin nicht sicher, ob David überzeugt werden kann.

Ich weiß nicht, ob die Überlegung überhaupt richtig ist, aber wenn David niemals in Betracht ziehen würde, den fünfen die Medizin zu geben, weil ihm sein eigener Tod nun mal als das Schlimmste erscheint, schlimmer, als der Tod der fünf anderen zusammengenommen, dann weiß ich nicht, ob ich moralisch verpflichtet sein kann, diese Entscheidung zu fällen und fünf zu retten, als David. Denn ist es nicht so, dass der Entscheidung für die fünf die Annahme zugrunde liegt, dass sich das Leid bzw. der Verlust jedes Einzelnen zu einem fünffachen Verlust addiert? Und ich bin nicht sicher, ob es so ist, weil doch der Tod für einen Menschen "an sich" ein schlimmes Ereignis ist. Wenn ich eine der fünf wäre, dann würde doch mein persönlicher Tod nicht deshalb zu einem schlimmeren Ereignis für mich, weil vier weitere Menschen auch sterben. Deswegen meine ich, dass nicht ein Mensch gegen fünf Menschen abgewogen werden muss, sondern dass der Tod des einen nur gegen den Tod EINES anderen der fünf abgewogen werden kann. Und aus dieser Perspektive kann ich dann nicht mehr behaupten, dass ich mich für die fünf entscheiden würde, weil eben dann David stirbt, dessen Tod nur in Relation zu EiNEM der fünf zu sehen ist.
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Marika
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Beitrag von Marika »

Kurz also zu "David": Nein, man sollte ihn nicht überzeugen, sein Leben für die anderen zu geben, denn von Natur aus schützt jeder sein eigenes Leben - das ist NICHT logisch, sondern emotional und wohl auch genetisch bedingt und ein "natürlicher Reflex"... obwohl - wenn ich so darüber nachdenke, dann ist es ja doch wieder Logisch, im Sinne der Arterhaltung??? Ein Paradoxon??? 8)

Es wäre moralisch für mich persönlich jedenfalls verwerflich jemanden zum "Sterben" zu überreden für andere. Wenn er es aus freien Stücken tut ist es o.k., denn meine Meinung ist, jeder kann mit seinem Leben tun was er will - auch wenn das bedeutet es zu "beenden".

Es wäre vielleicht logisch, David zu überreden - weil "das Wohl Vieler steht über dem Wohl des Einzelnen" - aber emotional, ethisch und moralisch verwerflich für mich, da ich alles andere als ein logischer Mensch bin.... :wink: ... obwohl wenn es ums eigene Lebeng geht, werde ich wieder "logisch"? Ist der natürliche Instinkt logisch oder emotional oder beides?

Liebe Grüße von
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
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