ich hatte mich bereits vor fast einem Jahr hier angemeldet (als ich bereits ca. 6 Monate gesund war), wurde dann aber doch nicht recht aktiv. Das möchte ich aber nun ändern. Da ich aktuell – noch ganz frisch – mit meinem 2. Kind schwanger bin, arbeite ich nochmal meine ganze Geschichte erneut auf und möchte mich gerne mit anderen betroffenen Müttern austauschen und gerne auch anderen Mamis beistehen, die aktuell noch in der Krise stecken.
Meine PPD hat bei mir ca. 6 Wochen nach der Geburt meiner Tochter Hayley im Dez. 2008 angefangen. Ursachen waren wohl die Überlastung mit einem „Schreikind“, ein plötzliches (geplantes, vorübergehendes) alleine Sein mit dem „Schreikind“, eine geplante Reise mit dem „Schreikind“, eine Überfunktion der Schilddrüse (die danach in eine Unterfunktion überging). Es kam irgendwie alles zusammen und mein Körper sagte….nee…bis hier und nicht weiter.
Es fing alles mit plötzlichen extremen Schlafstörungen an (auf besagter Reise 4 Nächte ohne jeglichen Schlaf). Dadurch war ich natürlich auch extrem müde und ausgelaugt. Dazu kam Herzrasen, Übelkeit, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust. Ich habe erst eine Weile gebraucht, zu verstehen, was da mit mir passiert und dass es sich wirklich um die Krankheit PPD handelt. Nicht im Leben hätte ich mir vorstellen können, dass ich eine Depression bekommen könnte. Ich war und bin doch immer so positiv….
Meine Schwester hat dann Licht und Schatten entdeckt und sich genauer informiert. Immer mehr wurde nun klar, dass die Symptome doch durchaus für eine Depression sprachen. Aus irgendwelchen Gründen hatte ich zu der Zeit das Forum immer wieder übersehen und erst aus einem Fernsehbericht davon erfahren, als ich schon wieder gesund war. Leider hatte ich deswegen nur wenige Gespräche mit Betroffenen, aber mit vielen gesunden Müttern. Ich bin immer sehr offen mit der Krankheit umgegangen und habe mich nicht versteckt.
Leider waren meine Frauenärztin und auch meine Hebamme in meiner größten Not keine wirklich großen Hilfen. Gerade jetzt denke ich darüber viel nach und im Nachhinein fühlte sich das für mich an, als wenn ich am Ertrinken war, aber keiner zieht mich raus. Ich schrie förmlich nach Hilfe, aber es kamen nur Ratschläge, die entweder total falsch waren oder mir in der Situation einfach nicht helfen konnten. Denn ich brauchte jemanden, der mich an den Händen packt und aus dem Wasser zieht, bevor ich untergehe. Ich sehe mich heute wieder mit meiner sechs Wochen alten Tochter, wie wir ans andere Ende der Stadt fahren, uns durch den kalten Schnee und Wind kämpfen, um dann von der empfohlenen „Notstation“ weiter schicken zu lassen, weil wir da völlig fehl am Platz waren. Als nächstes saßen wir in der Notaufnahme im Krankenhaus. Da es aber noch mehrere schlimme „Notfälle“ gab, saß ich dort mit meinem Säugling über 3 Stunden, bevor ich aufgab, mich von meinen Eltern abholen ließ und wieder nach Hause ging, in dem Glauben, dass wir das doch alleine schaffen würden.
Ein einziger Lichtblick in der ganzen Geschichte war die Mitarbeiterin vom örtlichen Gesundheitsamt, die sich schon während ihrer Routine-Überprüfung und Beratung bei mir zu Hause, sehr viele Gedanken machte, wie man mir helfen könne. Da es eine sehr geburtenstarke Zeit war, ist sie leider erst bei mir gewesen, als die allerschlimmste Verzweiflung schon abgeklungen war. Mein Mann ist wieder zu Hause gewesen und hat alles stehen und liegen lassen, um bei mir zu sein. Aber trotzdem ließ sie nicht locker und half mir, wo sie nur konnte, suchte nach Lösungen, erledigte Gespräche für mich und ich fand eine Unterstützung, wie ich sie mir bei einer öffentlich Angestellten niemals vorgestellt hätte. Sie gab mir Ihre Handynummer für Notfälle und besuchte mich später in der Klinik, brachte mir Blumen und Artikel mit, die meine Krankheit oder die Symptome betrafen. Ich wünschte es gäbe mehr von diesen engagierten Menschen!
Letztendlich bin ich dann in Berlin im Krankhaus Weißensee in Behandlung bekommen, da die dort eine spezielle Mutter-Kind-Sprechstunde haben, auch wenn das immer eine Stunde Autofahrt bedeutete. Ich wurde auf Mirtazapin eingestellt, was kurz gut ging, aber nach nur ein paar Wochen hatte ich schon den ersten Rückfall. Ich habe mich ziemlich durch den ganzen Sommer geschleppt, mit einigen Tagen die besser waren, aber immer mit der Depression im Nacken und der größten Angst, allein zu sein, vor allem alleine mit meinem Kind. Ziemlich lange war es nur „das Kind“…selten meine Tochter oder mein Kind. Immerhin hatte ich dann wieder besser geschlafen. Ab Oktober 2009 ging es dann wieder richtig schlimm bergab.
Die Schlafstörungen fingen wieder an. Inzwischen hatte ich auch schon Zyprexa wegen meinen Angstzuständen dazu bekommen und wurde nun auch noch mit Tavor behandelt. Die Angst vor einer Abhängigkeit war sehr groß, gleichzeitig wollte ich aber auch nur, dass es mir besser geht. Heute bin ich mir auch sicher, dass diese Ärztin im Krankhaus Weißensee, absolut falsche Entscheidungen getroffen hat. Im Endeffekt habe ich mich dann doch nochmal für einen Klinikaufenthalt (bei mir ganz in der Nähe)entschlossen. Leider war Hayley schon zu alt für eine Mutter-Kind-Station. Sie wurde dann vorzeitig bei einer Tagesmutter eingewöhnt, was gottseidank sehr schnell ging und gleich am ersten Tag, an dem sie alleine bei der Tagesmutter blieb, bin ich in die Klinik gegangen. Das war meine „Rettung“….mein Schutzraum, Erholungsort und ich bekam endlich ein Medikament, das half. Dort war ich dann 7 Wochen, Tavor und Zyprexa wurden ausgeschlichen und ich bekam Trevilor dazu. Das große Glück war, dass die Klinik nur 5 Fußminuten von unserer Wohnung entfernt war und dass ich jeden Nachmittag und am Wochenende nach Hause konnte. So verlor ich den Anschluss nicht ganz von meinem Kind. Mein Mann kümmerte sich vor allem um die Maus. Kurz vor Weihnachten 2009 - fast ein Jahr nach der Geburt - wurde ich entlassen und war seitdem stabil.
Seit ca. 1,5 Jahren bin ich wieder ganz die "Alte", d.h. ich kann mich voll und ganz an meinem Kind erfreuen und es vor allem lieben, lieben, lieben


Kurz nach meiner Entlassung war unser Mutter-Tochter-Verhältnis noch nicht wieder ganz geheilt, auch das braucht seine Zeit. Sie hing verständlicherweise noch sehr an ihrem Papa und Mama wurde noch oft zurückgewiesen, was erstmal verletzend ist. Das Blatt hat sich aber sehr gewendet und inzwischen sind wir beide ein Herz und eine Seele. Mama ist ganz wichtig geworden, wir knuddeln und kuscheln viel (wenn der Wirbelwind das mal zulässt

Bis zuletzt habe ich 75 mg Trevilor eingenommen (vorher 300), das ich jetzt spontan ganz abgesetzt habe, als ich von der neuen Schwangerschaft erfuhr. Ich habe leichte Absetzerscheinungen, aber die lassen sich gottseidank aushalten. Dummerweise wurde ich genau jetzt von meinem behandelnden Psychiater (Institutsambulanz) versetzt und hatte die Entscheidung ganz alleine getroffen.
Ich hoffe ganz stark, dass mir die Depression dieses Mal erspart bleibt und ich ein Babyjahr haben darf, dass ich voll und ganz genießen kann.