Liebe Katharina,
na das hat ja was von Seelenverwandtschaft
Gerne erzähle ich dir etwas über das Studium und wie ich dazu gekommen bin.
Also eigentlich wollte ich seit ich denken kann Tiermedizin studieren. Als ich dann mein Abi hatte, sah es schlecht aus mit einem Studienplatz, weil ich den Numerus Clausus nicht erreicht habe.
Ich wollte dann halt warten und bis dahin eine Ausbildung machen.
Als ich dann aber mit Tieren gearbeitet habe, ist mir klar geworden, dass die Tiere mein Hobby bleiben sollen, weil man sonst schnell die Freude daran verliert. Mit Tieren zu arbeiten bedeutet immer finanziell Interessen abschätzen: was lohnt sich, was ist das Tier seinem Besitzer wert.
Ich habe dann eine Ausbildung zur Krankenschwester gemacht und habe in der Psychiatrie gearbeitet. Da habe ich gemerkt, dass es absolut das ist, was ich machen möchte. Ich hatte einen guten Draht zu den Leuten und gutes Feedback bekommen.
Allerdings habe ich mir das Studium nicht mehr zugetraut, weil es sehr heftig, lang und die späteren Arbeitsbedingungen eine Katastrophe sind.
Ich war aber mit dem Beruf nur Krankenschwester zu sein und so einen begrenzten Handlungsspielraum und wenig Anerkennung zu haben sehr unglücklich.
Als dann mein kleiner Sohn auf die Welt kam, stand für mich eigentlich fest, dass ich Soziale Arbeit studieren werde, um so mehr für die Menschen tun zu können.
Nachdem ich dann über sieben Monate in der Psychiatrie war und als meine Depression kein Ende nahm, habe ich kapituliert und wollte nur noch sterben.
Irgendwann habe ich aber durch die Gesprächstherapie wieder Mut bekommen und weiter gekämpft, gegen die Krankheit und die Stigmatisierung, die ich deutlich zu spüren bekommen habe.
Irgendwann hat sich meine Einstellung zum Leben geändert. Ich genieße jetzt jeden kleinen Moment, in dem es mir gut geht und freue mich über jeden noch so kleinen Fortschritt.
Ich denke jetzt, ich habe nur dieses Leben und bin selbst dafür verantwortlich wie ich es mir gestalte, abgesehen von dieser sch.. Krankheit natürlich.
Ich habe in dieser Beziehung mehr selbstvertrauen gewonnen und mich entschieden doch Medizin zu studieren,, weil es mehr für mich ist als ein Job, es ist schon so etwas wie Berufung. Es ist genau mein Ding und da können die Bedingungen noch so schlecht und das Studium noch so hart und lange sein.
Irgendwie muss sein Leben doch füllen. Und arbeiten kann ich noch genug, bis ich irgendwann tot umfalle.
Ich hatte mich zwischen durch immer wieder über die ZVS beworben und nur Ablehnungsbescheide bekommen.
Jetzt hatte ich aber genug Wartezeit zusammen und sofort einen Studienplatz bekommen.
Das Grundstudium ist eine harte Nummer, weil man in den Grundlagenfächern Physik, Chemie,.. kaum Bezug zur Klinik hat und völlig sinnlose Dinge lernen muss.
Aber wenn man diese Durststrecke übersteht wird es in den klinischen Fächern viel interessanter.
Auf der linken Arschbacke kann man das Studium nicht absitzen, es ist ein tagesfüllendes Programm und erfordert sehr viel Fleiß.
Das alles macht mir aber gar nichts mehr aus, denn ich weiß ja wo ich hin
will, auch wenn das Studium durch Kind und Krankheit länger dauern wird.
Es gibt einige in meinem Semester, die auch über Wartezeit einen Studienplatz bekommen haben. Die haben auch schon ganz andere Dinge vorher gemacht oder auch schon Kinder zuhause.
Das Medizinstudium selber ist absolut nicht für Mütter ausgelegt. Irgendwelche Unterstützung oder Rücksicht kann man dort nicht erwarten.
Dieser Fachbereich ist, was das angeht noch in der Steinzeit.
Also alles selbst organisieren, weil viele Seminare gar nicht mit den Kita Öffnungszeiten harmonieren.
Ich habe hier ins lokale Blättchen inseriert und geschrieben, wer Tagesmutter für meinen Sohn werden möchte für 200 Euro im Monat.
Regulär kostet eine Tagesmutter zwischen 400 und 800 Euro, aber das Geld haben wir natürlich nicht.
Wir haben dann eine ganz tolle Tagesmutter bekommen, die Erzieherin in Elternzeit ist und zwei kleine Kinder im Alter von Levin hat. Sie ist eine ganz tolle Mutter und Levin fühlt sich sehr wohl bei ihr und wächst so gesehen auch nicht als Einzelkind auf.
Er geht jetzt 4 Tage in der Woche ganztags dort hin und einen Tag bleibe ich mit ihm zuhause, damit wir auch noch Zeit für einander haben. Das klappt sehr gut und wenn ich nachmittags mal eher zurück bin, hole ich ihn direkt ab. In den Semesterferien ist er dann komplett zuhause.
Finanziell ist es bei uns sehr eng, weil wir nur das Gehalt von meinem Mann und etwas BaföG zur Verfügung haben. Ich muss nebenbei noch etwas arbeiten, damit wir über die Runden kommen.
Diese Zeit geht natürlich vom Studium ab, aber wie gesagt, dann dauert es halt länger bis ich fertig bin.
Finanziell hängt es dann total von deiner Situation ab. Wenn du sehr wenig geld zur Verfügung hast, kannst du Unterstützung vom Jugendamt bekommen für die Kinderbetreuungskosten. Uns haben die leider nur ausgelacht.
Dann ist die Frage, ob du einen BaföG Anspruch hast oder ob du noch etwas dazu verdienen kannst.
Insgesamt würde ich sagen, liegen einem eine Menge Steine im Weg, wenn man dieses Studium machen möchte und nicht mehr 18 J und ungebunden ist, aber es ist mit etwas Organisationsgeschick zu realisieren.
Wenn es dir so geht wie mir, dann mach es auf jeden Fall.
Wegen der Chance auf einen Studienplatz musst du dich mal bei der ZVS informieren, es hängt davon ab, wie deine Abi Note ist und wieviel Zeit du zusammen hast, in der du nicht studiert hast. Die Zeit als du in der Uni eingeschrieben warst wird nicht mitgezählt.
Vielleicht helfen dir die Infos etwas. Sonst frag noch weiter, wenn du noch mehr wissen möchtest.
Ganz lieben Gruß
Kate