Hi Nicole!
Das Pb kenne ich nur zu gut,diese postpartale Depression hätte beinahe unsere Ehe zerstört.
Wir haben uns deswegen oft bis auf´s Messer gestritten und ich wäre nach einem heftigen Streit im Januar 2006 fast aus dem Fenster gesprungen,weil ich nicht mehr konnte.
Dann habe ich mir ärtzliche Hilfe geholt:am gleichen Tag den Notdienst angerufen,durch den Dienstarzt einen schnellen Termin beim Psychiater bekommen , ein AD genommen (Johanniskraut statt Sertralin und Paroxetin,da ich das erste nicht vertragen hatte) und eine psychotherapeutische Therapie angefangen.
Seitdem ist der Stein der Genesung ins Rollen gebracht worden,es geht mir und meiner Ehe besser,wenn auch noch nicht 100% OK.
Mein Mann zeigt jetzt viel mehr Verständnis als vorher für meine Pb,wir verstehen uns viel besser,heute z.B. haben wir einen sehr harmonievollen Tag miteinander verbracht,wir streiten immer weniger miteinander.
Ich denke jetzt,daß wir es geschafft haben,mehr Verständnis füreinander zu erlangen,weil jeder einen Schritt in die Richtung des Anderen gemacht hat.Ich habe z.B. gelernt (erkannt),daß ich ihm sehr oft die Schuld für meine Überforderungsgefühle gegeben habe und so für Ehezoff gesorgt habe.Ging es mir schlecht,dann war er daran schuld:wie du schreibst,hatte ich das Gefühl eine "Haussklavin" zu sein,ein "Esel", der eine viel zu große Last zu tragen hatte (2 Kinder-3,5 und 1 Jahr alt).Dann habe ich meine schlechte Laune an ihm abreagiert,indem ich ihn an diesen schlechten Tagen für Kleinigkeiten kritisiert habe:er mache im Garten nichts,halfe mir nicht im Haushalt,ging immer von zu Hause weg,wenn ich ihn gerade brauchte,z.B. die Kleine schrie und ich dringend Entlastung brauchte.
Oft war er selber für Kleinigkeiten unangemessen gereizt und löste so einen Ehestreit aus:erinnerte ich ihm z.B., daß er sich die Hände gründlich waschen sollte,nachdem er die Mülltonnen auf die Strasse gebracht hatte,dann wurde er zornig,weil er sich wahrscheinlich bevormundet fühlte.
Ich weiß nicht genau,wie wir das geschafft haben,aber jetzt lernen wir langsam,die Bedürfnisse des Anderen besser wahrzunehmen,uns gegenseitig zu entlasten und unsere Gefühle zu respektieren.
Ich versuche,ihn nicht mehr zu kritisieren (oder schimpfen), ihn nicht mehr zu bevormunden und er versucht,mich im Haushalt,bei der Kinderpflege etwas zu helfen.
Am Samstag z.B. hat er den ganzen Tag bei Freunden verbracht (von 9.30 bis 18 Uhr!), während ich mich um den Haushalt und die Kleine gekümmert habe.(Der Große war bei der Oma,eine große Entlastung,die ich sehr schätze!).Es fiel mir nicht so schwer wie sonst ,weil wir eine Abmachung hatten:ich schenke ihm einen kinderfreien Tag,er schenkt mir einen (fast) kinder-und haushaltsfreien Tag (heute Pfingstmontag,da er gestern unterwegs war,sprich meine Mutter zum Flughafen gebracht hat und seine Mutter und unseren Sohn nach Stuttgart,wo sie 5 Tage Urlaub verbringen).
Dieser Tag habe ich richtig genossen!Meine Tochter hat uns eine gute Nacht geschenkt,da sie diesmal durchgeschlafen hat,so daß wir beiden richtig erholt waren.Ich habe nur die Kleine gewickelt ,gefüttert und angezogen und dann hat er die Kleine zum Spazierengehen genommen.So konnte ich in Ruhe frühstücken,meine Gymnastik vor dem Fernseher treiben und duschen,einfach herrlich!
Dann ging es ins Restaurant,so daß mir das Kochen und Aufräumen/Putzen erspart blieb und nach dem Nachmittagsschläfchen meiner Tochter bekam ich wieder kinderfreie Stunden!
Mein Mann hat mir die letzten beiden Nächte angeboten,die Kleine nachts auch zu füttern (sie kommt 1 Mal pro Nacht,trinkt eine Flasche Milch).Ich war durch den Besuch meiner Mutter und den schlechten Schlaf meiner Tochter in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag (sie schrie von 1.30 bis 4 Uhr quasi ununterbrochen und wachte wieder um 6 Uhr auf!) richtig ausgebrannt und ich hatte ihm gesagt,ich bräuchte dringend mal 1-2 Nächte,wo ich durchschlafen könnte.Spontan bat er mir an,die Kleine zu füttern.Vielleicht weil ich diesmal nicht agressiv meine Wünsche äußerten (Nach dem Motto:"Dieses Sch***leben,ich kann nicht mehr,ich möchte abhauen!") sondern meine Bedürfnisse eher ...neutral mitteilte:"Mensch,ich bin so müde,so fertig,ich möchte so gerne mal ein paar Nächte richtig durchschlafen!"
Ja, ich habe in der Kommunikation die letzten Zeiten wirklich viel gelernt und ich denke,mein Mann auch.
Ich denke,unsere Männer können sich in unsere Situation nicht einfühlen,weil:
*sie eine Depression nicht selber erlebt haben (wie leidvoll es ist,kann nur verstehen,wer eine durchgemacht hat-denn von außen her sieht man einfach nichts!)
*sie den Beruf Haushalt+Kind nicht selber ausgeübt haben,sie wissen einfach gar nicht,wie stressig und anspruchsvoll die Kinderpflege und die Haushaltsführung ist.
*sie nicht wie wir unter chronischem Schlafmangel leiden-Ich bin sicher,daß er 50-80% der PPD ausmacht!
*sie den Stress,den schreiende Babys-Kleinkinder auf die Psyche und den Körper haben,gar nicht kennen,da sie tagsüber außer Haus sind und sich um die Kinder meist nicht selbst kümmern,wenn sie zu Hause sind.
Ja,wenn die Frau Kinder kriegt und nicht mehr außer Hause arbeitet,leben Mann und Frau nicht mehr auf demselben Planeten,haben völlig unterschiedliche Erfahrungen und daher Einstellungen,verstehen also die Sichtweise des Anderen nicht mehr (wie stressig ein 9 Stunden Arbeitstag außer Hause sein kann,weißich erhlich nicht mehr!).
Dazu kommt der wahnsinnige Stress,die schalflose Nächte,das ständige Schreien des Babys,die Mehrarbeit im Haushalt (mehr Wäsche zum Waschen,Bügeln,mehr zum Kochen,Aufräumen,Putzen,usw.),also eine wahnsinnige psychiche und körperliche Belastung,gekoppelt mit Schlafmangel,zu wenig (oder gar keine!) Zeit für sich selbst,für die Partnerschaft,für Sex,also eine große Belastung und wenig Erholungsmöglichkeiten.
Dieser chronische Stress ist reines Gift für die Partnerschaft:man ist ständig genervt,gereizt,kann nicht mehr neutral miteinander sprechen,der Ton wird oft agressiv,man streitet sich deswegen öfter,versteht den Anderen nicht mehr,hat das Gefühl,von ihm nicht mehr verstanden zu werden,man ist dann noch verzweifelter,depressiver,denkt an Trennung/Scheidung,als ob der Partner schuld an der eigenen Misere wäre.
Ich denke deswegen,daß es wichtig ist,zu versuchen,die Sichtweise des Anderen zu verstehen, ihn nicht mehr mit Vorwürfen und Kritiken zu häufen,sondern zu versuchen,ihn für seine eigene Position zu gewinnen,ihm zu verstehen zu geben,daß man durch die tägliche Belastung ausgepowert ist und deswegen Entlastung im Alltag braucht:
*eine Nacht zum Durchschlafen pro Woche
*ein Vormittag zum Ausschlafen (wenn man stillt)
*abends das Baby füttern/wickeln/bespaßen,damit man 1 Stunde für sich allein hat.
*einen Nachmittag/Tag für sich allein in der Woche
*usw.
"Mein Therapeutin sagt mir immer, ich soll ihm zeigen, wenn es mir schlecht geht. Ich wiederrum denke immer, er muß es doch sehen! Und sträube mich dagegen ihm immer wieder zu sagen: Hey, heute geht es mir beschi....., nimm mir doch mal z. B. für einen Moment die Kleine ab. "
Ja, das solltest du versuchen zu lernen.Denn ohne Entlastung geht nichts.
Die Tabletten helfen schon,aber wenn die Ursache der PPD,sprich der chronische Schlafmangel und die alltägliche Belastung mit keine oder wenige Erholungsphasen weiter bestehen,kann die Depression,die chronische Müdigkeit nicht verschwinden.
Also muß man versuchen,das Leid an der Wurzel zu packen,sprich die Wurzel so weit es geht beseitigen,sprich mehr schlafen und mehr Entlastung im Alltag bekommen.
Versuche doch eine Haushalthilfe zu bekommen .Schon 2-3 Stunden pro Tag können sehr hilfreich sein und kostet ca. 100 Euros pro Monat (siehe meine Tipps oben).Die Therapeutin soll einen Attest schreiben,so wird sie eher genehmigt (Begründung=Vermeidung eines Krankenhausaufenthalt).Hilfe immer wieder verlängern lassen!
So,liebe Nicole,es war sehr lange heute (habe Zeit!

).Bitte,verzweifle nicht.Versuche,deinen Mann für deine Pb zu gewinnen,suche evtl. eine Eheberatung mit ihm auf und/oder frage deine Therapeutin,ob er ein Mal mitkommen könnte und ihr gemeinsam euere Kommunikationspb besprechen könnt.
Jetzt muß ich aufhören,meine Tochter hat Hunger!