Sind es Depressionen oder hängt es an was anderem?

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Jonni00

Sind es Depressionen oder hängt es an was anderem?

Beitrag von Jonni00 »


Hallo ihr!

Nach langem schreibe ich nun doch mal hier rein.. hab es lange vor mir hergeschoben, in der Hoffnung es erledigt sich von selbst.

Kurz zu mir: ich bin 21 , habe ein 10 Monate alte Tochter und bin seit 3 1/2 Jahren mit meinem Freund zusammen.

Seitdem unsere Mia auf der Welt ist, läfut irgendwie alles schief, kein Tag geht vorbei, ohne das ich nicht mindestens einmal Mia oder mein Freund angemeckert habe, weil mir die Neren flöten gehen. Ich bin so schnell reizbar und dann brauch man mich nur was belangloses Fragen und ich gehe in die Luft. Vor allem wenn Mia wieder arg am qäungeln ist, oder schreit, weil sie nicht schlafen mag, gehen echt die Nerven mit mir durch und ich muss schwer kämpfen, das mir die Hand nicht ausrutscht (habe sie noch nie geschlagen, aber angst das es doch mal passiert). Ich weiß echt nicht weiter, ich schrei sie an und hinter her tut es mir unendlich leid.

Mit meinem Freund ist es genau so, ich gehe ihn nur noch an, selten fällt ein gutes Wort, ich bin einfach nur genervt jeden Tag. Jeden Tag derselbe trott.... Ich hasse mich dafür, das ich so bin, aber ich kann es nicht ändern...

Es macht mich unzufrieden jeden Tag zu hause zu sein (gehe nur 2mal abends für ca. 3Std. arbeiten), und das ich für dieses Jahr keine Stelle bekommen hab, macht mich noch mehr wütend. Außerdem hab ich noch ein ziemliches Problem mit meinem Körper, fühle mich nicht wohl, und esse aus Frust und langweile, was alles noch schlimmer macht...

Aber das ist nebensächlich... Am meisten habe ich angst, das ich irgendwann meiner Tochter was antue, wenn ich meine Nerven verliere.. Dabei liiebe ich sie so sehr.....

Was kann ich tun?

LG Johanna
Milla

Beitrag von Milla »

Hallo Johanna!

Diese extreme Reizbarkeit habe ich mal am Anfang meiner PPD vor 1 Jahr gehabt.Als ich dann auf Anraten meiner Psychotherapeutin ca. 10 Monate später (?)meine Schilddrüsenwerte messen ließ (Blutentnahme) ,stellte sich heraus,daß ich an einer Unterfunktion der Schilddrüse (=zu wenig Schilddrüsenhormone) leide,welche wegen einer Entzündung kam (es handelt sich um die Hashimoto-Krankheit,eine autoimmune Erlrankung der SD,bei der das Abwehrsystem die eigene SD zerstört,weshalb diese immer weniger SD-Hormone herstellt,was Kraft-und Antriebslosigkeit und Depression hervorruft,unter anderem).

Es ist bei mir sehr wahrscheinlich so,daß ich an einer postpartalen Thyreoiditis (-is bedeutet Entzündung,Thyreo=SD)gelitten habe,welche sich in der Anfangszeit durch eine vorübergende Überfunktion kennzeichnet:da viel SD-Gewebe auf ein Mal vom Abwehrsystem zerstört wird,werden viel SD-.Hormone auf ein Mal in den Blutkreislauf freigesetzt,was zu Überfunktionssymtome wie Rastlosigkeit,Unruhe,Schlaflosigkeit,extreme Reizbarkeit , usw. führt.
Im Laufe der Zeit verschwinden dann die ÜF-Symptome und eine schleichende Unterfunktion mit extremer Müdigkeit/Antriebslosigkeit/Kraftlosigkeit,usw. stellt sich ein.

Die Behandlung besteht dann in der Einnahme von künstlichem SD-Hormon (meist Levothyroxin) und dem Vermeiden von Jod (Jodsalz,Vitaminepräparat mit Jod,Meersalzbad,usw.).

Es ist deshalb sehr wichtig,daß du so schnell wie möglich bei einem guten Arzt abklärst,ob du an dieser Krankheit leidest.Ich empfehle dir,gleich zu einem SD-Spezialisten (meist Nuklearmediziner,am Besten in einem Klinikum) zu gehen und dort dich auf SD-Über-bzw.Unterfunktion überprüfen zu lassen.Sehr wichtig,ist daß gleich die Antikörper gemessen werden,denn hohe Werte weisen auf eine Entzündung (welche im Ultraschall auch lesbar ist) bzw. die Hashimoto-Krankheit hin.

Sonst kann diese extreme Reizbarkeit auch Symptom einer "normalen" (=nicht SD-bedingt) postpartalen Depression.Aber ,ob du eine Entzündung der SD hast oder nicht,muß eine evtl.Depression mit AD behandelt werden.Mir hat hochdosiertes Johanniskraut sehr gut und schnell (4 bis 6 Wochen)geholfen.Als ich es genommen habe,war ich aber schon in der starken Unterfunktionsphase.Wenn du jetzt an einer Überfunktion leidest,weiß ich nicht,ob Johanniskraut dir da helfen kann.Lasse also deine SD-Werte sobald wie möglich messen.

Ich denke,am Besten, gehe baldmöglichst zu Spezialisten und lasse dich untersuchen:
-SD-Spezialisten (SD-Überfunktion?Entzündung?)
-Psychiater (Depression?)
-Frauenarzt für einen Hormonspiegel denn sowohl Progesteron-wie Östrogenemangel können eine Depression auslösen (und die Pille auch!Nimmst du sie?).

Ansonsten kann ich deine Gefühle sehr gut verstehen:so ging es mir auch fast 1 Jahr lang (wobei diese extreme Reizbarkeit nur ca. 2 Monate anhielt um dann in eine immer größer werdende Kraftlosigkeit/Antriebslosigkeit zu übergehen,was typisch für die postpartale Thyreoiditis ist).Meinen Mann und meine Kinder habe ich am Anfang fast täglich angeschrien,ich bin wegen jeder Kleinigkeit ausgerastet,was meine Ehe in eine große Krise gestürzt hat.Was mein Status als Hausfrau anbelangt:obwohl ich jetztt seit März 06 nicht mehr depressiv bin,komme ich damit auch überhaupt nicht zurecht.Ich hasse sogar den Haushalt,wie du schreibst,diesen Alltagstrott und fühle mich oft sehr einsam und unterfordert.

Liebe Johanna,wie du gerade lesen kannst,bist du nicht allein mit deinen negativen Hausfrau-und Müttergefühlen.Vielen Müttern geht es so.Man soll deswegen keine Schuldgefühle empfinden,sondern sich eingestehen,daß man psychich krank ist (und wegen der Krankheit überfordert) und schnellmöglichst handeln,d.h. Hilfe suchen.

In meinen Tipps (Signatur) kannst übrigens weitere Links finden.

Freue mich sehr auf deine Antwort!
Jonni00

Beitrag von Jonni00 »

Hallo Mila!

Danke für deine Antwort :-)

Wusste gar nicht, das Depressionen auch von der Schilddrüse herkommen. War vor ca. 2 Jahren mal bei so einem Arzt für Sd-Untersuchungen, und da war alles ok. Aber ich werde dann mal einen Termin machen, und das alles nochmal durchchecken lassen.

Ich weiß nicht so recht, wo ich einen Psychotherpeuten finden soll. Meinem Hausarzt möchte ich mich nicht anvertrauen, der ist zwar nett, aber für sowas nicht geeignet. Hatte schon öfters mal das Telefon in der Hand und wollt meine Hebamme anrufen, die ist super lieb, aber irgendwie schaff ich es nicht mich dazu durchzuringen.

Achso, die Pille nehme ich, seit letzten Jahr November ca. Aber dacor also von Geburt (September) bis November (pille einahme) wars auch schon so wie jetzt, nur nicht so schlimm. Im Moment kommen noch täglich starke Kopfschmerzen und unruhige Nächte hinzu. Aber am schlimmsten ist die Reizbarkeit... unsere Beziehung leidet (wie es auch bei euch war) sehr darunter!

Ich frage mich sehr oft, ob Mia überhaupt ein glückliches Kind ist, wenn ich sie mal wieder grundlos angeschrien habe... Mir tut das so leid, ich möchte gar nicht so sein zu ihr!..

LG
Milla

Beitrag von Milla »

Hi Johanna!

Also Kopfschmerzen und unruhige Nächte,das klingt wohl nach Überfunktionssymptomen.Ich wette, daß du an postpartaler Threoiditis oder an einer Überfunktion leidest!Hälst du mich am Laufenden,was deine SD-Untersuchung anbelangt?

Es kann übrigens sein,daß du vor 2 Jahren gar nichts an der SD hattest,denn wie der Name zeigt,wird die postpartale Thyreoiditid erst nach der Geburt ausgelöst (Gründe sind nicht bekannt,aber Hormone,Stress, vielleicht auch zu viel Jod spielen evtl. eine Rolle).Bei mir fing alles 3 Monate später an,in den ersten 3 Monaten war ich vollkommen normal.

Die Adresse meiner Psychologin hat mir damals mein Psychiater gegeben.Sie ist sehr nett,einfühlsam,wenn auch die Therapie selber (Gespräche) mir herrlich gesagt nicht mehr viel bringt (am Anfang schon).

Mich hat diese Reizbarkeit auch verrückt gemacht.Ich hatte das Gefühl,gegen meinen eigenen Willen,ein Monster zu sein.Und ich glaube , daß mein Mann und meine Schwiegermutter das auch ernsthaft geglaubt haben.Als ob ich vom Teufel besessen gewesen wäre.Und die Schuldgefühle den Kindern gegenüber,dieses Gefühl,mit der Erziehung und Pflege total überfordert zu sein,eine Rabenmutter zu sein,weil ich mit meinen Kindern so agressiv war (meiner schreienden Tochter habe ich mal einen Klaps auf den Po und sogar ein Mal den Kopf gegeben,mein Sohn hat auch was von mir bekommen,obwohl ich grundsätzlich gegen Gewalt in jeglicher Form in der Erziehung bin).Das war die Hölle!

Mein Mann hat lange nicht verstanden , was los mit mir war.Er hat sich im Laufe der Zeit immer mehr distanziert und ist manchmal sogar richtig agressiv geworden (Türrahmen kaputt gemacht).

Seitdem ich aber in ärtzlicher Behandlung bin,mein Verhalten eine Erklärung hat (Depression bzw. Hashimoto), geht es in unserer Ehe langsam bergauf.Wobei ich merke,daß diese PPD meinen Mann sehr mitgenommen hat.Auf sowas war er keinerlei vorbereitet.Ich glaube sogar,daß er jetzt selber depressiv ist.Jetzt gehen wir bald zu einer Eheberatung,um die letzten Pb zu beheben.

Tja, Johanna,ich hoffe,die Ärtze finden bald eine Lösung für dich!

Was dein Kind anbelangt:es ist klar,daß diese Wutanfälle deinem Kind nicht gut tun.Aber ich glaube nicht,daß es ihm lebenslang schaden wird.Seitdem es mir besser geht,spiele ich und lache viel mit meiner Tochter und ich sehe,daß es ihr sehr gut tun:sie ist selber viel fröhlicher geworden,mutiger,selbtsbewußter (?)...obwohl sie als Baby kaum mit mir gelacht hat.Wahrscheinlich,weil ich nicht die Kraft hatte,mit ihr zu spielen und zu lachen.

Mein Psychiater hat mir übrigens gegen diese Wutanfälle Tabletten gegeben:das sind zwar Benzodiazepine (Tafil 0,5 mg),aber nur im Notfall genommen,machen sie nicht abhängig.Innerhalb 20-30 Minuten ist man damit viel ruhiger und kann mit dem Stress gelassener umgehen.Sie haben mir sehr oft geholfen,jetzt brauche ich kaum noch.

Sonst kannst du ja,bis du eine Diagnose und eine ärtzliche Behandlung hast,mit Pflanzen versuchen:Passionsblume (Sidroga,helfen regelmäßig eingenommen wirklich gut),Hopfen,Baldrian.

Und dazu Hmöopathie:
*Helonias dioica
*Zincum Valeriana
(Siehe das Buch von Markus Wiesenhauer "Homöopathie für die Seele").

Gehe also morgens gleich zum Hausarzt und verlange eine Überweisung zum Nuklearmediziner (Siehe Adressen in meinen Tipps),zum Frauenarzt und Psychiater.Und nehme baldmöglichst einen Termin bei diesen Spezialisten.Sage den Arzthelferinnen, daß du eine postpartale Depression hast und daß es sich deswegen um einen dringenden Fall handelt!

Mach´s gut und gute Nacht!
Sas

Beitrag von Sas »

Hallo Johanna, ich begrüße Dich jetzt auch mal und schließe mich der Milla an. Zufälligerweise habe ich auch Hashimoto, aber nicht das Du jetzt glaubst dass wir alle hier Hashi haben. Eine Depression kann auch ganz andere Ursachen haben. Aber milla hat recht, lass Dich testen. Ich weiß nicht, ob die Hashimoto Krankheit bei mir die Depression verursacht hat. Vielleicht unter anderem. Ich leide vermutlich schon sehr lange daran, sie wurde zwei Jahre vor der Schwangerschaft festgestellt. Damals war ich aber noch nicht depressiv. Bevor Du zum Psychologen gehst solltest Du erstmal einen Neurologen aufsuchen, vielleicht findest Du ja auch einen, der gleichzeitig Psychotherapie macht. Auf jeden Fall kann der Neurologe Dich an den Psychologen überweisen und er hat auch sicher Adressen.
Guck doch auch mal auf der Liste hier auf der Homepage. Vielleicht ist ja jemand bei Dir in der Nähe von den Leuten, die hier empfohlen werden.

Ich kann Dir nur sagen, es gibt Hilfe und auch Du wirst eines Tages wieder lachen können. Ich habe es nicht für möglich gehalten, als ich selbst in der Hölle war, aber es ist so.
Liebe Grüße, Saskia
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