Allgemeine Frage Erfahrungsberichte Leben nach der PPD (Lang

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Melherm

Allgemeine Frage Erfahrungsberichte Leben nach der PPD (Lang

Beitrag von Melherm »

Hallo,

habe doch mal eine allgemeine Frage. Weiß zwar nicht, ob ich in der richtigen Abteilung schreibe, aber ich denke, dass das erstmal egal ist.

Wie erlebt ihr euer Leben nach der PPD? Seit ihr völlig symptomfrei oder gibt es hier und da irgendwas was zurückgeblieben ist? Meine Therapeutin meinte zu mir, dass ich auf richtige Stresssituationen bzw. heftige Belastungen mein ganzes Leben wohl immer wieder mal mit ZG reagieren werde. Ist das bei euch so?
Muss oft daran denken, dass ich nicht viele schöne Erinnerungen an die Geburt meiner Tochter habe und auch die Zeit danach war nicht besonders schön. Wenn ich mir heute Fotos von damals anschaue, dann tut es mir immer noch verdammt weh, dass ich damals nicht die Liebe für meine Kleine empfunden habe, wie ich sie heute empfinde. Hoffentlich langweile ich hier keinen. Aber auch wenn ich heute ab und zu ZG habe, dann ist es doch anders als damals. Früher konnte ich mich über gar nichts freuen. Sogar als meine Tochter auf die Welt kam (mit Saugglocke) dachte ich (ich bin keine Rabenmutter, versteht mich nicht falsch) aber ich dachte, mein Gott sie ist aber häßlich... :oops: Heute ist sie für mich das hübscheste Mädchen auf der Welt. Auch wenn meine Kleine ein Wunschkind war, hätte ich mir vielleicht etwas mehr Zeit lassen sollen, sie zu bekommen. Aber wann ist der richtige Zeitpunkt. Ständig musste man sich anhören, dass man mehr oder weniger eine Rabenmutter ist. Wie du gehst schon wieder arbeiten und die Kleine?! Ist es denn nicht richtig auch an den Job zu denken? Ohne ihn könnte ich meiner Tochter doch nichts bieten, auch wenn mein Mann ebenfalls arbeiten geht. Hätte ich damals es in Kauf nehmen sollen arbeitslos zu werden? Diese Fragen habe ich mich ständig gestellt. Heute denke ich mir, LMAA... Macht es besser. Bin ich eine schlechte Mutter, wenn ich nicht rund um die Uhr mit meiner Kleinen spiele? Meine Therapeutin hat zu mir mal einen entscheidenen Satz gesagt, den ich zwar hier und da mal vergesse, aber sie meinte: In keiner Familie läuft es harmonisch ab. Überall gibt es Probleme, niemand ist perfekt. Sie stellte mir die Frage, was ich überhaupt ein Bild von einer Mutter hätte. Dieses Bild wird einem doch jeden Tag im Fernsehn vorgespielt. Ich bin halt eine Mutter mit Ecken und Kanten, aber das finde ich nicht schlimm. Habe mir viele Macken von meinem Mann angelernt und ich denke, hört sich vielleicht blöd an, aber darum bin ich an einer PPD erkrankt. Ich liebe meinen Mann über alles, das ist keine Frage... Aber es ist schon komisch, wie man die Allüren eines anderen annehmen kann. (Hätte er mal meine angenommen :lol: . Naja, ich komme vom Thema ab. Erzählt mir bitte, wie euer Leben jetzt nach der PPD ist.
Lieben Gruß
Melissa
PS Nobody is perfect
Mone1974

Beitrag von Mone1974 »

Ich kann Dir leider keine Antwort geben, da ich noch mitten drin bin, aber mich würde Deine Frage auch interessieren.
Meine Neurologin hat gesagt, irgendwann ist es vorbei und man fragt sich, wer man eigentlich in dieser Zeit war.
Ich hoffe, daß es irgendwann völlig vorbei ist.
Aber ich habe auch Angst, daß ein bißchen was zurückbleibt.
Wie Du schon sagtest, in Stresssituationen vielleicht doch wieder ZG oder Panikattacken??
Mein Beruf ist nicht gerade der ruhigste und meine Kollegen müssen sich schon auf mich verlassen können.
Falls also was übrig bleibt muß ich mir Gedanken machen, ob ich DEN Berufszweig noch ausüben kann und das möchte ich eigentlich schon.
Jetzt damit wieder anzufangen, wäre etwas früh, dafür ist die Angst noch zu groß. Aber bald möchte ich schon gerne wieder. Vielleicht, wenn ich die Therapie angefangen habe und sie mir auch ein wenig hilft.

Vielleicht können uns die anderen mehr dazu sagen,

Gruß Simone
Julia73

Beitrag von Julia73 »

Liebe Melissa,

ich weiß nicht, ob ich es schon "geschafft" habe. Aber ich kann sagen, dass ich mich wieder sehr gut fühle. Gerade heute erst hatte ich einen riesen Krach mit meinem Partner und ich habe weder mit ZG noch mit Panikattacken reagiert. Das ist mir aber erst eben gerade aufgefallen, als ich dein Posting las …

Ich glaube, dass auf jeden Fall irgendwann der Zeitpunkt kommt, an dem man fühlt, dass es vorbei ist, nur: Das kriegt man nicht mit. Das geht wahrscheinlich so schleichend, dass man es erst viel später realisiert.

Und auch wenn ich mein Leben lang ab und zu ZG habe, macht mir das jetzt nichts mehr aus, dass es so sein könnte … Denn ich weiß sie mittlerweile zu nehmen und damit umzugehen. Sollen sie nur kommen :). Jeder Mensch hat Krisen und jeder Mensch reagiert darauf unterschiedlich … Wir Zwängler halt mit diesen Gedanken und andere mit anderen Symptomen …

Wichtig für mich ist mittlerweile: Das Gelernte durch die Krise kann mir keiner mehr nehmen, auch wenn es die schlimmste Zeit in meinem Leben war und ich sicherlich hoffe, dass es mir nie wieder so schlecht gehen muss, kann ich doch sagen, dass es mir etwas gebracht hat … Schon komisch, ich hätte vor Monaten nie gedacht, dass ich sowas mal fühlen könnte.

Kopf hoch, du wirst wieder ein ganz normales, lebenswertes Leben führen, mit allen Höhen und Tiefen, die zu einem Leben dazu gerhören.

Ganz liebe Grüße
Julia
Mara

Beitrag von Mara »

Also, bei mir ist das so:
an 355 Tagen im Jahr bin ich ohne Beeinträchtigung. An 5 Tagen fühle ich mich nicht so toll und habe das Gefühl Unruhezustände lauern auf mich. Aber insgesamt denke ich öfter mal daran. Ich habe - wie hier vor kurzem auch mal beschrieben - immer noch Platzangst in Fahrstühlen. Und das Gefühl erinnert mich an meine Panikattacken früher.
Mara
Micha

An Melissa

Beitrag von Micha »

Liebe Melissa,

ja ich bin so ein PPD-Danach-Fall auch wenn ich zwischenzeitlich wegen Tablettenreduktion eine zweite Depression hatte.

Also mir geht es, mit Tabletten (die ich mein Leben lang nehmen muß), sehr gut. Ich bezeichne mich aber nicht im "klassischem Sinne" als geheilt, weil ich eben noch die Medikamente brauche. Aber ein Diabetiker braucht auch sein Insulin oder ein Herzkranker seine Tropfen.

Bin ich wieder "die Alte"? Ganz klar NEIN. Die Krankheit hat mich geprägt und verformt um mich zu einem neuen Menschen zu formen. Aber man kann nach einer Depression auch nicht einfach da anknüpfen wo man vorher war, einfach weitermachen als sei nichts geschehen.

Ich trauere auch der Zeit nach, die ich mit meinem Baby verpasst habe, gerade wenn ich Fotos anschaue. Diese Zeit ist mir so fremd, als wenn sie ohne mich stattgefunden hat.

In Stresssituationen bekomme ich auch heute noch leichte Panik aber ich glaube das ist normal, kriegt jeder andere auch.

Aber, wie mein Arzt sagte und ich auch schon gelesen habe, kann jeder Depressive zu 100% geheilt werden.

Liebe Grüße, Micha
Melherm

Beitrag von Melherm »

Hallo zusammen,

vielen Dank für eure Antworten. Mich hat das einfach nur interessiert. Ich habe meine PPD schon überstanden. Das dieser Schicksalsschlag uns treffen musste, konnte man ja nicht ahnen. Nur verzweifle ich manchmal, da ich meine jetzige Therapie mit der alten Therapie immer vergleiche. Jemand im Forum hat geschrieben, dass man auch vor der PPD schlechte Tage hatte, nur dass man nicht das Gefühl einer Depression kannte. Klar hat man in seinem Leben nach wie vor schlechte Tage. Bei mir ist das nur so, dass ich die schlechten Tage immer mit der Depression von damals in Verbindung bringe. Ich hoffe, ihr versteht was ich meine. Seit dem ganzen Sch... auf gut Deutsch gesagt, kann ich auch keine schlechten Nachrichten in Verbindung mit Kindern mehr hören. Schlimm fand ich die Sachen vor der Depression auch, aber seit dem ich die Kleine habe, könnte ich bei Straftaten in Zusammenhang mit Kindern einfach nur los heulen. Meine Therapeutin meinte, dass das auch eine schlimme Sache sei, man sollte sich dieses nur nicht zu Herzen nehmen, weil es einen selber ja nicht betrifft. Recht hat sie, aber einfach ist es nicht.
Entschuldigt bitte, wenn ich so durcheinander schreibe.
Ich hänge meinem "alten" Leben einfach nur nach. Es macht mich einfach nur wütend. :x Ich weiß auch besser mit den Gedanken um zu gehen, bzw. mal besser mal schlechter.... Ich für mich selbst, werde wahrscheinlich immer hier und da Gedanken haben. Nur bin ich zu Hause diejenige, die die "Hosen" an hat und für jeden die starke Schulter hinhalten muss. Das mache ich ja auch gerne, aber auch ich möchte mich einfach mal fallen lassen können. Wenn ich während des Eisprungs bzw. der Periode schlechte Tage habe und ich sag es meinem Mann, sagt er mir, dass es ihm auch schlecht geht. Das ist das, was ich meine. Ich weiß, dass es ihm immer wieder schlecht geht, aber ich bin auch da. Ich hatte während meiner Krankheit nicht die Unterstützung von meinem Mann, nicht diese Unterstützung, wie ich ihn während seiner Krankheit unterstütze. Ich möchte hier auch nicht los jammern. Nur mir fehlt das einfach, sich einfach nur mal fallen lassen zu können. Wenn ich meinem Mann damals von meinen Gedanken erzählt habe, da meinte er zu mir, lass mich in Ruhe, dass will ich nicht hören. Er hat das verdammte Glück einfach, dass ich damals an einer PPD erkrankt bin, da ich ihm jetzt mit seinen Zwangsgedanken helfen kann. Es gibt aber auch Tage, da kann ich mir das einfach nicht reinziehen.... Ich bin immer für ihn da, darum bin ich seine Frau, nur hätte ich mir das damals auch gewünscht. Aber zum Glück wird es ihm in der Zunkunft auch wieder besser gehen und dann weiß auch er mit den Gedanken umzugehen. Mich hat es das letzte Jahr einfach nur mit runtergezogen. Auch heute muss ich noch daran denken, wie ich ihn in die Psychiatrie gebracht habe. Das ist wahrscheinlich normal, dass man nach so einer kurzen Zeit da noch dran denkt, nur möchte ich das alles langsam vergessen. Das musste ich jetzt einfach zu der ganzen Sache loswerden.


Euch Frauen, die noch mitten in der PPD sind, möchte ich auch Mut machen. Klar geht es vorüber und danach fühlt man sich wie ein neuer Mensch.. Ich habe es bei mir so gemerkt, dass es mir einfach zu lästig wurde, immer zu meiner Therapeutin hinzugehen. Auch alle anderen werden es schaffen, diese schwere Krise zu überstehen. Es wird ja höchstwahrscheinlich keinem das passieren, was bei uns in der Familie passiert ist. Meine zweite Therapie mache ich auch nur, aufgrund das was mit meinem Mann passiert ist... Eine Depression ist auf jeden Fall zu 100% heilbar. Ich habe daran auch nie geglaubt, aber es ist so (halt bei mir hin und wieder mit Nachwehen ) :?

Es ist einfach nur schade, dass den Frauen, denen das schönste Geschenk auf Erden gemacht wird, an so was zu knabbern haben.

Liebe Grüße an Euch alle
Melissa
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