Ich fühle mich einsam

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Zoraya

Ich fühle mich einsam

Beitrag von Zoraya »

und bin doch nicht in der Lage, Beziehungen aufrecht zu erhalten...

Seit langer Zeit mal wieder ein Wort von mir. Ich bin ja seit Ende Juli von meinem Mann getrennt, mittlerweile bin ich umgezogen und eigentlich immer im Stress.

Meine Maus geht in die Krippe, sie hat sich da jetzt ganz gut eingewöhnt, dennoch habe ich einfach dauernd ein schlechtes Gewissen. Ich gebe sie um 8:30 dort ab, hetze dann meist ungefrühstückt zum Job, und kurz nach 1700 Uhr hole ich sie ab. Ich finde das furchtbar für sie, sie ist ja erst 16 Monate, aber andererseits habe ich Angst davor, meinen Job zu verlieren. Teilzeit wäre für mich nicht interessant, weil ich momentan sowieso kaum Geld habe durch die Wahnsinnsbeträge, die ich allein für Miete und Kita ausgebe...

Und dann das Alleinsein. Es gab jetzt vor Weihnachten etliche Gelegenheiten von der Krippe und von der Arbeit aus zu geselligen Veranstaltungen. Eigentlich wollte ich überall hin, aber dann wurde entweder die Maus krank oder ich, oder ich saß im Job fest. Und trotzdem... ich ertappe mich dabei, dass ich eigentlich ganz froh bin, nicht unter die Leute gegangen zu sein, weil ich mich dann wieder überfordert gefühlt hätte, die Fragen nach meinem Mann, letztens habe ich in der Krippe geheult, weil alles so schwer war... und es mir alles so unendlich peinlich ist/war. Naja.

Wenn ich so von Euch lese, dass Ihr Euch mit anderen Müttern trefft und so, dann werde ich total traurig. Ich kanns einfach nicht, finde keinen Kontakt und schäme mich auch meistens, wenn ich doch mal jemanden gefunden habe.

Mir macht das vor Allem Angst wegen meiner Tochter, ich will nicht, dass sie so scheu und misstrauisch wird wie ich. Ich weiß nicht, ob hier überhaupt jemand ist, dem es so geht wie mir, manchmal möchte ich ausbrechen mit meiner Tochter aus diesem Teufelskreis, weiß aber nicht wie.

Traurige Grüße
Zoraya
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Marika
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Beitrag von Marika »

Liebe Zoraya!

Komm mal her und lass dich feste drücken!!! *überdenkopfstreichel* Du ich kann dich sehr gut verstehen! Das alles ist auch alles andere als leicht - du leistest ja enorm viel für deine Tochter und um über die Runden zu kommen. Und jetzt ist dazu noch Weihnachten wo man immer wieder diese Erwartungshaltung aufgedrückt bekommt von wegen "Familie, schönes Fest, Geselligkeit, Friede-Freude-Eierkuchen". Wenn es dann in den eigenen 4 Wänden nicht so ist, kommen schlechtes Gewissen und auch Traurigekeit hoch. Ging mir grad auch so, als ich mit meinem Mann ernsthaft über Trennung geredet habe.
Und in dieser Traurigkeit, konnte ich plötzlich auch schlechter raus gehen, in die Spielgruppe oder andere Mamas treffen. Ich wollte mich lieber alleine mit meiner Traurigkeit "spüren".

Weißt du, du mußt auch keinen Marathon an Krabbelgruppe, Mamatreffen usw. durchmachen, wenn dir einfach nicht danach ist. Deine Kleine geht ja in die Kita und dadurch auch schon viel Abwechslung - brauchst also wirklich kein schlechtes Gewissen zu haben. Sieh es als Bereicherung für deine Kleine an!!! Und danach bist du für sie da. Natürlich würde es DIR auf jeden Fall gut tun, auch unter Leute zu kommen - mit und auch ohne deine Kleine. Vielleicht kannst du dir ja doch mal einen kleinen Ruck geben, und doch mal zu so einer Veranstaltung gehen, die du in letzter Zeit verpasst hast. Kann jemand auf deine Kleine mal schauen? Hast du vielleicht eine nette Arbeitskollegin, mit der du evtl. mal einen Kaffee trinken gehen könntest oder ein bissl bummeln?

Ich weiß, dass sind jetzt alles nette Vorschläge, aber oft fällt einem so was seeeehr schwer und kostet Überwindung! Aber wenn du erstmal raus gegangen bist, geht es leichter. Ich weiß das aus meiner eigenen Erfahrung. Versuch es, du wirst sehen es tut dir/euch gut!

Alles Liebe von
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Zoelita

Beitrag von Zoelita »

Hallo Zoraya,

ich kann Deine Gefühle total verstehen. Wir machen hier auch grad eine schlimme Krise durch und ich weiß nicht wie es weiter gehen soll. Fühle mich auch einsam. Ich mag auch nicht mehr mit den Leuten reden. Vor allem nicht über meine Probleme. Wenn ich mir vorstelle, vielleicht bald mit meiner Kleinen allein zu leben, wird mir ganz anders. Und dann auch noch Weihnachten...

Wie verbringt ihr denn die Festtage? Kannst Du Dir nicht jemanden einladen, Verwandschaft, oder eine Freundin? Das würde Dich bestimmt etwas entlasten. Oder ihr besucht jemanden. Ich weiß, es ist total schwer, aber versuche, trotzdem raus zu gehen. Du mußt ja nicht jeden Tag Programm machen, einmal die Woche reicht schon. Wir gehen einmal die Woche zum Kinderturnen. Ich rede da auch nicht andauernd mit den anderen Müttern. Aber wir sind unter Leuten und Zoe kann sich austoben.
Kann sein, daß da doch mal jemand auf der gleichen "Wellenlänge" ist.

Bitte, bitte mache Dir keine Vorwürfe, daß Deine Tochter in den KiGa geht. Wenn sie sich dort wohl fühlt, fehlt es ihr an nichts. Ich habe mich auch lange mit Schuldgefühlen gequält( meine ist auch im KiGa seit sie 14 Monate ist). Eine Kinderpsychologin hat mal zu mir gesagt, daß es nur in Deutschland so verpönt ist, die Kinder in Betreuung zu geben. In Frankreich zum Beispiel oder in Skandinavien ist es völlig normal, daß die Kiddies Vollzeit im KiGa sind. Sogar bei den Ur-Völkern ist es so, daß die Mütter zum Arbeiten aufs Feld oder in den Wald gehen, und die Kinder bleiben im Dorf bei einer Tante oder Großmutter. Nur von uneren Müttern wird verlangt, daß sie ihre Kinder allein großziehen. Die kleinen Mäuse brauchen auch den Umgang mit anderen Kindern und unterschiedlichen Bezugspersonen. So lernen sie soziales Verhalten und können Vergleiche ziehen. Das ist wichtig für die Entwicklung. So ich hoffe das war jetzt nicht zu durcheinander.

Ich wünsch Dir alles gute und daß es Dir bald besser geht.

Nina
Zoraya

Beitrag von Zoraya »

Liebe Marika, liebe Zoelita,
vielen Dank für die netten Mails. Es hat mich sehr berührt, was ihr geschrieben habt, und ich bin dankbar, dass ich wieder mal in Kontakt komme mit meinen Gefühlen - also nicht nur denen des Enttäuschtseins und Alleinseins. Es tut gut, wenn ihr mir mitteilt, ihr könntet mich verstehen.

Es ist tatsächlich so, dass mich auch der Weihnachtsrummel niedermacht. Seit Wochen laufen im Radio dauernd Weihnachtslieder, und weil ich es nicht mehr ausgehalten habe, habe ich mir jetzt sogar die Baby-CD von meiner Tochter reingelegt, damit ich mal was Fröhliches höre, was nicht mit Weihnachten zu tun hat.

Ich habe nichts auf die Reihe bekommen, nicht mal einen Adventkranz (wo sollte ich den auch hinstellen?) und letztendlich hat sogar die Lichterkette vom letzten Jahr den Geist aufgegeben. Ich hätte so gerne ein paar Plätzchen gebacken, mal jemanden eingeladen ... ich habe es nicht geschafft. Auf der Arbeit war die Hölle los, weil dort momentan "umstrukturiert" wird, sprich, die Leute werden teilweise rausgeschmissen, und ich bin in jedem der Meetings drin gesessen, wo es um die Wurscht ging. Nicht nur die psychische Belastung ist nicht unerheblich - das Ganze nimmt mittlerweile fast meinen ganzen Arbeitstag ein. Meine eigentliche Arbeit bleibt liegen. Ich renne also mit einen - eigentlich unnötigen, ich weiß - schlechten Gewissen von der Arbeit zur Krippe - und morgens, naja, habe ich ja schon geschrieben. Wenn ich mit der Maus abends daheim bin, bin ich meist total platt und froh, wenn sie schläft... was mich auch wieder fertig macht.

Ich rede mir das auch dauernd ein, dass es in Frankreich z.B. anders ist mit der Einstellung zu Kitas. Aber, diese miese Gefühl bleibt, ganz besonders, wenn ich mich abends irgendwie überfordert fühle mit der Kleinen und dann auch noch in der Furcht lebe, total zu vereinsamen. Es gibt schon zwei sehr nette Kolleginnen, Marika, die mich ja auch mehrfach eingeladen haben, aber ich habe es einfach nicht gepackt... war zu platt oder zu traurig, dachte, dass ich mich so niemandem zumuten kann.

Jetzt am Freitag hatte ich frei. Wochenlang habe ich auf diesen Tag hingearbeitet, immer dann, wenns ganz krass wurde, habe ich mir gesagt, das mache ich an dem Freitag. Und was war? Ich bin planlos durch die Stadt gehetzt und habe mich superunwohl gefühlt, es kam sogar mal der Gedanke, ich würde doch ganz gerne grade arbeiten... Naja, heute ging es mir etwas besser.

Weihnachten fahre ich weg, zu meinen Eltern, in der Hoffnung, dass wir uns dieses Weihnachtsfest nicht streiten. :roll: Vielleicht wäre es ganz gut, daheim zu bleiben, und jemanden einzuladen. Da meine Eltern aber sehr alt sind, wir weit voneinander entfernt wohnen und sie die Maus so gerne wieder sehen wollen, gehe ich hin. Allerdings auch, um Tanten und Cousinen zu treffen, die ich seit Jahren nicht mehr gesehen habe, das möchte ich auch und das ist mir wichtig.

Es ist irgendwie ein Teufelskreis mit dem keine Zeit haben und sich dann nciht aufraffen können, merke ich gerade. Ich überlege schon länger, ob ich mich so mit dem Job und mit der Situation weiter arrangieren kann. Spätestens wenn meine Maus in den KiGa geht, werde ich mir was anderes überlegen müssen wegen der Betreuungszeiten... Gut, mit meinem Mann ging es dann auch irgendwann ziemlich schnell mit einer Entscheidung, nachdem ich lange sehr unzufrieden gewesen war.

In jedem Falle habe ich es mir irgendwie leichter vorgestellt, alleinerziehend zu sein. Jeder hat mir dazu geraten, mich von meinem Mann zu trennen und letztendlich ging es ja dann nicht anders. Trotzdem, der Wunsch ist halt einfach brennend da, sich mit jemandem austauschen zu können. Und ich fühle mich mit vielem allein gelassen.

Viele Grüße und euch ein frohes Fest
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