PPD - wie lange ist es möglich?

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

Moderator: Moderatoren

Antworten
hexchen1975

PPD - wie lange ist es möglich?

Beitrag von hexchen1975 »

Hallo,

ich mache mir gerade so meine Gedanken über PPD. In vielen "Geschichten" bzw. Berichten von Euch finde ich mich wieder.
Meine Hausärztin aber tat das Thema "PPD" einfach ab, weil mein Sohn schon 13 Monate alt ist.
Nun ist es aber so, dass ich schon seit der Geburt nicht mehr richtig aus dem "Quark" komme. Damals hat mir meine Hebamme nicht geholfen und danach hatte ich auch niemandem, um mit ihm zu reden.
Ich rede mit meinem Mann darüber, aber ich glaube, wenn ich zuviel erzähle, hat er nur Angst um seinen Sohn.
Ich habe hier auch schon Sachen zertrümmert. Zuletzt eine Glasscheibe. Ich hatte einen regelrechten Nervenzusammenbruch (glaube ich). Das war in der Tauf-Vorbereitungsphase im Februar.

Ich habe eine Mutter-Kind-Kur beantragt - abgelehnt.
Natürlich lege ich Widerspruch ein, aber ich bin wieder ganz unten seitdem. Ich bin nur noch mies drauf. Mein Mann bekommt alles ab. Mein Sohn merkt es sicher auch.
Oft stehe oder sitze ich nur teilnahmslos herum und in zu nix in der Lage. Einfach nur völlig leer. Ohne Gefühle oder sonst etwas.

Ich weiss nichts anderes, als dass es eine PPD ist - meinetwegen auch eine verschleppte. Oder geht die immer von alleine weg nach einer gewissen Zeit?

Danke für zu-lesen,
Yvonne
hanna

Beitrag von hanna »

Liebe Yvonne

Ich würde mich nicht an dem Begriff "PPD" festhalten, es ist egal,wie das Kind heisst, solange Du das Gefühl hast, etwas stimmt nicht, es geht Dir nicht gut, dann sollte das Grund genug für eine Ärztin sein, etwas zu unternehmen.
Meine Thera (und sie ist Ärztin) meinte auch zuerst: "Wochenbettdepression? Sie sind doch nicht mehr im WOchenbett?" (das war 3 Monate nach der Geburt). Sie hat dementsprechend nie die "Diagnose PPD" gestellt - sie hat überhaupt nie eine Diagnose gestellt. Aber sie hat mich von Anfang an ernst genommen und wir/ich haben sofort etwas unternommen, heute geht es mir wieder sehr gut.
Eine PPD ist eine Depression wie andere. es spielt deshalb eigentlich keine Rolle, ob Du eine verschleppte oder eine aktuelle oder überhaupt eine PPD hast. Ich würde nicht aufgeben, suche weiterhin Hilfe und schildere Deine Probleme und warum Du das Gefühl hast, Hilfe zu brauchen. Denn wichtig ist schon, dass man etwas unternimmt, sonst riskierst Du nicht nur eine langfristige Einbusse an Lebensqualität, sondern eine Verschlimmerung der "Symptome".
alles Gute
Hanna
hexchen1975

Beitrag von hexchen1975 »

Hallo Hanna,

es ist gut, dass Du es so sagst. Ich will auch eigentlich meiner Ärztin nichts. Sie nimmt mich ernst, hat sich gleich darum gekümmert, dass ich eine Mutter-Kind-Kur bekomme und ist auch jetzt völlig erbost, dass die abgelehnt haben. Sie schreibt mir wieder was Entsprechendes.
Ich nehme Johanniskraut gegen leichte bis mittlere Depressionen - also eine Depression hat sie schon diagnostiziert.
Du hast recht - es ist egal, woher sie kommt (erstmal).
Ich hoffe sehr, dass mir die MUKIKUR hilft, wenn ich sie bekomme.

Aber so lange niemand wirklich gesagt hat, dass ich eine Depression habe, so lange wird es nur heruntergespielt bzw. nicht richtig ernst genommen.
Mein Mann denkt auch langsam, dass ich spinne. Tagelang ist alles gut und dann "aus heiterem Himmel" bekomme ich Wutausbrüche oder muss einfach raus. Er ist dann wie vor den Kopf geschlagen und fragt mich dann, was denn jetzt aktuell passiert sei. Er versteht es nicht, dass nichts "aktuell passiert" sein muss, sondern dass so ein kleines Tröpfchen auf den heißen Stein meine Fassade bröckeln lässt. Zumindest dann, wenn wir alleine sind.

Heute habe ich meine Hebamme getroffen. Ein paar lauwarme Worte gewechselt. Und ich könnte mir in den Hintern beißen, dass ich immer "alles prima" sage, wenn mich wer fragt, wie es mir geht. Aber auf die Frage hin, wann denn das nächste Kind komme, habe ich dann doch mal einen Satz zu meinem Bandscheibenvorfall und meiner beantragten Mutter-Kind-Kur gesagt --- schon war sie weg... ok, sie hatte nen Geburtsvorbereitungskurs zu leiten, aber so gehts mir ja mit jedem.

Außer meiner besten Freundin. Der kann ich mein Leid klagen. Aber da hab ich Schuldgefühle... erstens hat sie selbst noch kein Kind und ich will es ihr ja nicht madig machen. Und zweitens hat sie vor einem Jahr ihre Mutetr verloren (die letzte aus ihrer Familie, die sie überhaupt noch hatte, nachdem alle anderen auch an Krebs gestorben sind) und selbst genug zu verarbeiten.

Also ko** ich mich hier aus und Ihr müsst es ertragen ;-)

Liebe Grüße,
Yvonne
hanna

Beitrag von hanna »

Hee, zum ausk** ist das hier ja da!

Ich habe auch Johanniskraut genommen und ich hatte den Eindruck, dass es meine Grundstimmung schon sehr besserte. Ich war aber gleichzeitig in der Therapie bei meiner Ärztin, das hat mir vor allem geholfen, obwohl ich gar nicht so richtig sagen kann, wie konkret.
Ich hatte lange Zeit nicht das Gefühl, depressiv zu sein. Ich war vor allem sehr gereizt und vor allem hatte ich immer das Gefühl, permanent am Anschlag, überfordert zu sein. Mit der Zeit hatte ich Angst, bei und mit den Kindern zu sein, ich dachte, ich sei einfach nicht fähig, Mutter zu sein, ich konnte nichts entscheiden, nichts unternehmen und hatte Angst, einkaufen zu gehen. Heute scheinen mir das Gefühle wie aus einer anderen Welt (obwohl: überfordert fühle ich mich auch heute noch oft, wer nicht, bei Kleinkindern? :wink: . nur heute zieht es mich nicht mehr so runter, ich weiss, dass diese Stressphasen auch vorbei gehen.

Ich habe übrigens trotz fehlender (oder nicht kommunizierter) Diagnose immer gesagt, ich hätte Depressionen bekommen nach der Geburt, also den Leuten, denen ich das erzählen wollte. Es hat mich nie jemand gefragt: Wer hat denn das diagnostiziert.... :D

LG Hanna
hexchen1975

Beitrag von hexchen1975 »

Ja, meine Grundstimmung ist auch besser. Immerhin bin ihc nicht mehr JEDEN Freitag völlig aus dem Häuschen. Komisch, es war/ist oft freitags. Immer dann, wenn mein Mann mal was früher frei hat und wir Zeit miteinander verbringen könnten. Ich glaube aber, dass ich dann den Kopf schon so voller Pläne habe, die ich einfach durch den kleinsten Mucks meines Mannes gefährdet sehe.
Aber irgendwie ohne dass ich es wirklich WEISS und WILL.

Ich finde mich in der Beschreibung Deiner Situation völlig wieder.
Es fängt jetzt an, dass ich zum Teil Angst habe vor meinen Reaktionen. Heute morgen zum Beispiel hat mein Sohn mich getreten, als er auf dem Wickeltisch lag. Voll auf die Brust. Das hat so richtig weh getan. Ich trau mich gar nicht zu erzählen, wie meine Gedanken waren. Letztendlich hab ich ihn ignoriert für den rest des Anziehens und auch beim Runtertragen. Das tat mir aber gleichzeitig sooo in der Seele weh. Ich kanns keinem sagen. Ich will keine kalte Mama sein. ich will meinem Kind Liebe und Geborgenheit geben und vermitteln.

Die kleinsten Dinge überfordern mich. Letztens war mein Sohn den ganzen Tag sehr aggressiv. Wahrscheinlich eine normale Phase. Er haut dann rum, auch in mein Gesicht. Sag ich NEIN, dann macht er es grad nochmal. Und ich kann es einfach nicht ertragen. Ich hab mit meinem Mann drüber gesprochen. Und dann macht er einen Spaß und sagt "das Aggressive hat er von Dir". SO!
Natürlich bin ich oft aggressiv. Ich versuche es aber auch nicht vor meinem Sohn zu sein. Das gelingt nicht immer. Tagelang habe ich mir Gedanken gemacht, wegen dieser unbedachten Äußerung. Ich kam oft auf den Schluß, daß es das Beste wäre, wenn ich meinen Sohn von jemand anders erziehen lasse.

Genau wie mein Problem mit meiner Selbständigkeit: ich komme nicht mehr wirklich zum Arbeiten. Dazu kommt mein bandscheibenvorfall, der mich zeitweise nicht lange am Stück sitzen oder stehen lässt - schon gar nicht, wenn ich noch viel mit meinem Sohn unterwegs bin. Das wird aber alles besser so langsam. Auf jeden Fall hatte mein Mann dann die rettende Idee: Ich solle mir wieder einen festen Job mit festem Einkommen suchen und er nimmt sich Erziehungsurlaub. TOLL! Damit hat er mich auch wieder in so eine Phase gebracht: Will er nicht, dass ich selbständig bin? Wie soll ich in einem Angestelltenverhältnis 8 Stunden sitzen können - ohne mich mal zwischendrin hinzulegen? Wieso hat er das damals nicht vorgeschlagen, als es mir noch gut ging und ich voll leistungsfähig war? Aber da kam es für ihn überhaupt nicht in Frage.

Versteh mich nicht falsch. Mein Mann würde alles für mich bzw. uns tun. Er geht voll in seiner Vaterrolle auf - das geht sogar soweit, dass ICH eifersüchtig bin.

Aber Du hast recht: wer es diagnostiziert hat, interessiert nachher wahrscheinlich niemanden mehr.

LG,
Yvonne
hanna

Beitrag von hanna »

Ich kenne diese Gefühle auch, auch die Wut und Traurigkeit, die einen umgibt, wenn man so Situationen wie am Wickeltisch erlebt. Dass man da wütend und auch (mental) agressiv wird, ist normal. Ich glaube, ein grosser Unterschied zu der Zeit, als es mir noch schlecht ging ist, dass mich das nicht so fertig macht. Ich habe letzten Dienstag auch plötzlich angefangen zu weinen, weil meine Tochter (4) einfach extrem frech war und irgendwie immer noch einen draufgesetzt hat. Ich weinte nicht wirklich wegen ihr, aber irgendwie fühlte ich mich so hilflos. Früher hätte ich das noch vielmehr hinterfragt (eben, ich bin nicht dir Richtige für Kinder, meine Kinder sollten eine toughe und starke Mutter haben, ich bin zu nichts fähig etc,....). Heute ist das eine Sache von 5 Minuten... ich bin ins Schlafzimmer, habe die Türe zu gemacht und ein bisschen geweint, durchgeatmet, mich dann beruhigt und (immer noch etwas sauer) wieder rausgekommen und habe meiner TOchter ruhig sagen können, dass ich das nicht akzeptiere und dass ich keine Lust habe, mit ihr jetzt ins Hallenbad zu gehen, wenn sie mir so freche Antworten gibt. Sie hat sich dann 5 Minuten später von selber entschuldigt und gut wars.
Ich finde, es wird auch einfacher, wenn die Kinder etwas älter sind und man mit ihnen einigermassen kommunizieren kann.
Zur Selbständigkeit woltle ich nur sagen: Ich arbeite ja auch, noch im Angestelltenverhältnis und ab Jan 09 wahrscheinlich selbständig. Ich bin überzeugt, dass man nicht richtig arbeiten kann, wenn die Kinder nicht wirklich 100% betreut werden. Ich habe aufgehört, an den Tagen, an denen ich zu Hause bin, zu arbeiten. Es geht einfach nicht. Natürlich ist das eine Budgetfrage, ob und welche Kinderbetreuung man in Anspruch nimmt. Aber der Versuch, beides parallel und aneinander vorbei zu tun, wird m.E. immer scheitern.

Lg Hanna
ubure

Beitrag von ubure »

Hallo Ihr beiden,

Hanna, Du hast ja schon gesagt, dass es im Prinzip völlig wurscht ist, wie das Kind heißt - die Konsequenzen müssen eh die selben bleiben: Behandlung!

Aber nur zur Info: eine PPD kann jederzeit während des ersten Jahres nach der Geburt auftreten (mal wieder so eine Uninformiertheit, hier auch Deiner Ärztin und Thera, Hanna).

Yvonne,
lass Dich nciht unerkriegen davon, dass Dich niemand so recht ernst nehmen will. Selbst wenn die Diagnose "Depression" steht, ist das für die meisten Menschen etwas völlig Abstraktes und wird meist einfach mit Schwäche gleich gesetzt (dabei sollten sie lieber auf Knien rutschend dem lieben Gott danken, dass sie noch keine richtige Depression mitmachen mussten 8) ). Wichtig ist, dass Du dran bleibst und am Besten Deinen Mann auch zur Therapie (wenn Du eine machst) mitnimmst. Ich hab's schon oft erzählt: mein Mann, der wirklich ein für alles offener, herzensguter und vor allem wirklich intelligenter Mensch ist, hat mehr als drei Jahre gebraucht, um das Ganze einigermaßen zu begreifen. Was ich durchmachen musste, hat er gesehen, verstehen und vorstellen kann er sich das alles aber heute noch nicht richtig.

Kopf hoch!

LG,
Inez
hexchen1975

Beitrag von hexchen1975 »

Hallo Hanna,

das ist auch meine Überzeugung mittlerweile: Dass man nicht mal so nebenher arbeiten kann. Kind im Laufstall und 10 Minuten arbeiten. Bevor man sich dann richtig konzenriert hat, ist es schon wieder vorbei mit der Ruhe. Oder mal eben während des Mittagsschlafes. Benjamin hat normal immer 3 Std. geschlafen, aber nicht, wenn ich was arbeiten musste. Dann entweder gar nicht oder nur ein Stündchen.
Und außerdem: Essen oder gar Entspannen tu ich gar nicht mehr. Sobald ich kinderfreie Zeit habe, arbeite ich. Das heißt, ich versuche es. Gelingt mir nicht immer, weil ich oft den Kopf nicht frei habe. Nur wenn Kunden mich richtig nerven und es zeitlich wirklich drängt, bekomme ich meinen Ar*** hoch.
Echt unbefriedigend die Situation.
Heute zum Beispiel waren wir beim Augenarzt. Das hat den ganzen Vormittag in Anspruch genommen. Sohnemann ist so aufgekratzt, dass er fast nicht geschlafen hätte - aber jetzt *hoff* höre ich nichts mehr.

Hallo Inez,
da ich (Ex-)Panikerin bin, weiss ich genau, was Du meinst. 2002 hatte ich die erste Panikattacke. Es ging nachher so weit, dass ich das Haus nicht mehr verlassen habe - kurzzeitig aber nur. Aber für längere Autofahrten zum Beispiel hatte ich immer Ausreden, um mich zu drücken - was auch die Teilnahme an Familienfeiern einschloß. Und mein Mann fragte noch nach Jahren, wenn ich mal wieder irgendwo nicht hinwollte: "Was hast Du denn? Bist Du krank?"
Wenn ich eine Grippe habe, dann ist es greifbar. Alles andere ist eigentlich nicht da - nur dann ganz plötzlich aus heiterem Himmel (für die Umgebung). Zum Teil musste ich mich dann rechtfertigen und mir Gedanken machen, weil die Familie so langsam vielleicht stutzig wird und sich so ihre eigenen Gedanken macht. Meist hat mein Mann dann irgendwelche Krankheiten erfunden - so ganz erfunden wars meist nicht, da ich als Begleiterscheinung ja eh Durchfall, Bauchschmerzen oder sonstigen Kram hatte. Also hatte ich dann ne Magen-Darm-Grippe... Ich hätte jedes Mal aus der Haut fahren können, wenn er nach Hause kam und von allen Gute Besserung gewünscht hat. *grrrrrrrrrrrr*
Ich hatte auch immer das Gefühl, dass es für ihn dann auch so war. Also dass er sich auch mit der Magen-Darm-Grippe angefreundet hat. Das war halt was, was alle hatten.
Einmal hab ich mich der Schwiegermutter anvertraut (die leider nicht richtig zuhören kann). Weil sie selbst mal ähnlich "dran" war. Sie hatte aber nur Floskeln übrig. "musste doch keine Angst haben" und so etwas in der Richtung.
Danach wurde nie wieder drüber gesprochen. War mir auch ganz recht.


So, jetzt versuch ich mal was zu arbeiten ;-))

Liebe Grüße,
Yvonne
Antworten