Zwangsverhalten

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Ulli

Zwangsverhalten

Beitrag von Ulli »

Hallo zusammen,

irgendwie ging mein Beitrag den ich vorher geschrieben habe verloren........also nochmal;-)

wem von euch ist wie mir aufgefallen, dass er schon zwanghaftes Verhalten in seiner Ursprungsfamilie kennengelernt hat?
Ich sehe das heute zum Glück mit Distanz.Es gelingt mir nicht immer...aber immer öfter;-).In meiner Familie kann ich ihn aber das ein oder andere mal beobachten.
Für mein Leben möchte ich so wenig Zwang wie möglich.Dann lieber schon etwas in Richtung chaotisch.
Ich glaube viel Zwang entsteht auch aus Angst.Manchmal ist es dann diese Angst doch einen andern Weg zu gehen als den bisher.
Ich finde den Zwang einfach nur schrecklich.Er ist erdrückend für die Seele.
Was meint ihr dazu?

Liebe Grüsse
Ulli
Daniela 05

Beitrag von Daniela 05 »

Hallo Ulli,

ich bin ganz deiner Meinung - Angst und Zwang bedingen einander.
´
Je größer die Angst umso massiver der Zwang...vielleicht ist dir schon aufgefallen , dass wir Zwängler alle so ein bisschen Kontrollfreaks sind ;-)

Wir kontrollieren Gedanken, Emotionen...aus Angst vor dem Kontrollverlust.... (eventuell doch auszuticken oder Situationen nicht mehr im Griff zu haben)

Zwang , Depressionen und Angst sind bei uns in der Familie auch kein Fremdwort und ich bin der Meinung , das 95% der Ursachen dieser Krankheit im Aufwachsen und in dem Umgang mit uns liegen...teils durch Lernen am Modell, teils durch Konditionierung....

Angststörungen und Depressionen basieren, denke ich, auf Erfahrungen und Konflikten die man in der Kindheit gemacht hat. Hat man die Angst positiv mit Hilfe von Anderen bewältigt, so wird kein Schaden entstehen.usw...


Ui ich merk schon das wird zu theoretisch... :oops:

Jedenfalls kann ich dir nur zustimmen - Zwang ist erdrückend und raubt einem die letzte Kraft und Motivation

Alles Liebe

Dani
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Marika
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Beitrag von Marika »

Ein liebes Hallo!

Ich litt sehr unter ZG und habe viele Dinge auch "zwanghaft" gemacht, wie ich in meiner Therapie dann heraus gefunden habe. Bei mir ist es wirkich so, dass mein Papa auch schon immer ein zwanghafter Mensch war und ist und dazu noch seeeehr perfektionistisch. Das hat in der Kindheit natürlich auf mich abgefärbt, obwohl mein Daddy ein ganz, ganz lieber ist und mir immer nur das allerbste mit auf den Lebensweg geben wollte. Unbewußt ist aber aus seinem Bedrüfniss mich zu schützen und mich daher zu lehren, alles korrekt zu machen, alles zig mal zu kontrollieren und nach "Plan" zu machen der Zwang auf mich über gegangen. Er ist auch sehr grüblerisch und mach sich Sorgen oder sieht Gefahren, wo keine sind. Das sehe ich jetzt wieder sehr gut, da Noah (sein einziges Enkelchen) viel mit ihm zusammen ist. Sogar beim malen mit Buntstiften hat Opa Angst, Noah (3 Jahre alt) könnte sich mit dem Stift ein Auge ausstechen.... :roll: :lol:

Viele Jahre habe ich nach perfektionistischen Regeln gelebt, nach starren Verhaltensmustern und zwanghaftem Verhalten. Allerdings war es da noch in einem Rahmen, der mich "nur" oft unglücklich, ausgelaugt und müde gemacht hatte. Zwangsgedanken hatte ich zwar schon mal in meiner Kindheit und auch Zwangsrituale, aber ich hatte sie nicht als solche erkannt. Jahrelang "mußte" ich zwanghaft schlank sein, kontrollierte penibelst was ich aß, kontrollierte Herd und Haustüre immer 3x (Papa hat das auch so gemacht :wink: ), jeden Freitag MUSSTE die ganze Wohnung bis spätestens 15:00 Uhr blitzblank sein - sonst bekam ich die Kriese. Das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus meinem früheren Leben - ich war nicht wirklich enspannt und glücklich damit.

Mit der Geburt von Noah dann brach alles zusammen: schwere Depression mit akuten Angstzuständen, Panikattacken und Zwangsgedanken. Ab da war ich gezwungen (hier passt das Wort wirklich :wink: ) endlich mal zu schauen, was da passiert ist, was dazu geführt hat. Neben dem Hormonsturz nach der Geburt, war es eindeutig mein Hang zum Perfektionismus, mein eher ängstliches und grüblerisches Naturell und der Hang zum zwanghaftem Verhalten.

Angst und Zwang sind wie "Bruder und Schwester" und ergänzen sich (leider) perfekt. ZG oder zwanghaftes Verhalten ist immer der Versuch SICHERHEIT und KONTROLLE über Situationen (die meist sonst Angst machen) oder Menschen zu erlangen, damit ja nichts schlimmes passiert. Unterläßt man dann diverse zwanghafte "Rituale" oder Handlungen, bekommt man ANGST. Wegen dieser Angst fällt man dann wieder in den Zwang - es ist ein Teufelskreis. Das selbe gilt für ZG - man ist ständig bestrebt, ja nichts falsches zu denken und kommt dann mal ein Gedanke, der "komisch" ist aber völlig normal, bekommen wir ANGST. Aus dieser Angst dann denken wir diesen Gedanken (oder neue) immer und immer wieder um ja nicht zu verpassen, wenn wir wirklich "verrückt" werden. :roll: :lol:

Ach mei, heute kann ich darüber lachen, weil ich das zwanhafte und die ZG erfolgreich in meiner Therapie ablegen konnte und heute eine Lebensqualität voll Selbstvertrauen und Selbstliebe habe, die ich die 33 Jahre davor nicht ansatzweise hatte. Auch mein Papa profitiert von meiner Therapie... auch bei ihm ist der Zwang milder geworden, weil ich ihm immer erzählt habe, was ich so gelernt habe. Und wenn er heute mal sagt.... "aber die Schaukel ist viel zu hoch, Noah könnte stürzen und so unglücklich fallen, dass er im Rollstuhl sitzt... ich kenne da eine Geschichte...." dann sagen einfach alle: STOP Papa - der Zwang klopft an! :wink:

Liebe Grüße von
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
wintermami

Beitrag von wintermami »

hallo Ulli,

ich habe hier viele beiträge von ZG-en gelesen und dann wurde es mir klar, wie ich meine gedanken einordnen kann. habe dann das richtige stichwort gefunden und noch etwas mehr gelesen und das hat mir sehr geholfen und momentan lasse ich mich durch meine gedanken nicht so stark beeinflussen. also ich habe angst, aber ich gehe damit um, so gut und so rationel wie ich es kann. es ist nicht leicht und es bedeutet mehrmals stress am tag, aber momentan ist es auszuhalten. (schwieriger ist es mit den gedanken, für die man sich schämt, weil sie so schlimm sind, aber es ist zum glück nicht immer da.)

nun zu deiner frage: ohne zweifel werden wir in der familie sehr stark beeinflusst, aber ich merke an mir, dass ich auf bestimmte ängste oder zweifel von anderen besonders empfänglich bin. so habe ich viele ZG-en durch meinen mann entwickelt, der in meinen augen selbst definitiv kein "zwängler" ist. zum glück. er achtet einfach nur sehr z.b. auf die sicherheit von unserem kind (dreck-krankheit-falsche haltung) etc. aber er übertreibt nicht wirklich. bei mir kommt es aber viel intensiver an, d.h. ich stelle mir sofort vor, dass alles nacheinander passieren könnte, was er gern vermeiden will. er nennt das "gefahrenbewusstsein" und ich krieg ZG-en.

in meiner "normalen" verfassung hätte ich zu ihm einfach gesagt - "jetzt übertreib's nicht", "lass mich doch in ruhe mit deinem...", "ist ja nicht so tragisch, wenn....". nur jetzt, kaum ist er in die arbeit und ich allein, denke ich nach - vielleicht hat er recht, vielleicht ist jetzt schon zu spät, es könnte das und jenes passieren. und er erinnert sich 2h später nicht einmal daran, was er gesagt hat.

hmm.... ich hoffe ich habe mich nicht allzu wirr ausgedrückt. ich meine, dass wir durch die krankheit erschöpft sind und der zwang mit der angst geben uns den rest, dann erfahren wir immer wieder stress und sind nur noch verunsichert und müde. ein teufelskreis. so geht's mir zumindest. aber ich hoffe, dass es bald besser wird.

der drang alles richtig und ja nichts falsch zu machen - das kommt sicherlich zu gutem teil von der erziehung.

liebe grüße,
wintermami
wintermami

Beitrag von wintermami »

ach ja, ich habe am wochenende von meinen vielen ängsten mit meinem mann gesprochen und das hat mir sehr gut getan und mir zum teil auch gezeigt wie irrsinnig diese ängste sind/waren. das hat mich gestärkt.

heute habe ich gemerkt, dass ich wieder komplett neue gedanken entwickelt habe, auf dem weg nach hause hatte ich wieder neue furchtbare ideen...

und dann habe ich plötzlich gadacht - hmm - du bist ja richtig kreativ in deinem wirren kopf 8) ich habe dann bewusst noch etwas schwarzen humor gemacht und es war nicht mehr so schlimm.

nur gegen die angst, die mir sagt - was wenn es jetzt aber doch passiert, wenn du doch durchdrehst, ..., gegen die kann ich nichts machen. die ist einfach nur widerlich und nimmt mir jede freude an dem tag.

lg,
wintermami.
Ulli

Beitrag von Ulli »

Hallo zusammen,
danke für eure Antworten.
Ich konnte vieles lesen, was ir auch bekannt ist.
Ich glaube auch dass es viele menschen gibt, die zwanghaft sind aber es vielleicht nie Gelegenheit gibt im Leben dass es so rauskommt wie bei uns.
So blöd es sich anhört aber ich glaube jeder von uns hat die Chance bekommen sich dem zu stellen und ein befreiteres Leben dadurch zu führen.

Liebe grüsse
Ulli
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Marika
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Beitrag von Marika »

Liebe Ulli,

bin ganz deiner Meinung!!! :D :wink:

Liebe Grüße von
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Daniela 05

Beitrag von Daniela 05 »

Ganz richtig !!

Liebe Grüße
Dani
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